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Ärztliche Leichenschau – so wird richtig abgerechnet

Immer wieder kommt es zu Nachfragen, wie die Untersuchung eines Toten durch den Arzt abzurechnen ist.
Bei der Abrechnung der Untersuchung eines Toten – inklusive Feststellung des Todes und der Ausstellung des Leichenschauscheins – gibt es einige Besonderheiten zu beachten.

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Merkblatt der Ärztekammer Saarland zur Abrechnung der Leichenschau

Die Ärztekammer des Saarlandes hat zum 15.1.2018 ein neues Merkblatt für Ärzte herausgegeben.
Darin wird exakt erklärt, wann der Arzt wie viel abrechnen darf.
Die Angaben düften weitestgehend auch für andere Bundesländer gültig sein.

Ratgeber für Schwerhörige

Das Merkblatt kann hier heruntergeladen werden: https://bestatterweblog.de/wp-content/uploads/AerztekammerK-0019-Merkblatt-Abrechnung-der-Leichenschau.pdf

Verpflichtung

Ärzte sind gesetzlich zur Leichenschau verpflichtet.

Keine Übernahme der Kosten durch die gesetzliche Krankenversicherung

Die Untersuchung eines Toten – also die Todesfeststellung, die Diagnose und die Ausstellung des Leichenschauscheins – wird nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) getragen.

Abrechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte

Diese Tätigkeiten sind somit immer nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) mit der GOÄ-Ziffer 100 (gegebenenfalls weitere Ziffern bis 107) abzurechnen.

Was kann abgerechnet werden?

Für die Ziffer 100 (Punktzahl 250) können zwischen 14,47 Euro und 33,52 Euro, mit Begründung bis zu 51,00 Euro angesetzt werden.
Die Ziffer 51 kann also nur bei schwierigen Fällen kann mit triftiger schriftlicher Begründung bis 3,5fachen des Satzes abgerechnet werden.
Das könnte beispielsweise bei einem Suizidopfer, das im Wald gefunden wurde, der Fall sein.
Manche rechnen auch mit dieser Begründung 3,5-fach ab:

„Erhöhter Faktor, da LS nachts bei unbekannter Person im ärztl. Bereitschaftsdienst mit entsprechenden Rückfragen beim Pflegepersonal erfolgte.“

Die Abrechnung der Ziffer 51 mit 3,5-facher Steigerung ist selten Bestandteil von Beschwerden.

Da der Arzt diese Leistung in der Regel außerhalb seiner Praxis, Arbeitsstätte oder Wohnung erbringt, kann auch ein Wegegeld nach § 8 GOÄ berechnet werden.

Keine Besuchsgebühr GOÄ 50, oder doch?

Immer wieder gibt es Konfusion bezüglich GOÄ-Ziffer 50 (Besuchsgebühr 1facher Satz 18,65 Euro), die gerne und häufig zusätzlich abgerechnet wird.
Das ist aber nur dann korrekt, wenn der Patient noch lebte und einer Behandlung durch den Arzt bedurfte.
Mit der Behauptung, nur der Arzt könne feststellen, ob der Patient noch lebte, und er deshalb den Patienten so lange als lebend betrachte, bis er den Tod festgestellt hat, begibt sich der Arzt auf sehr dünnes Eis. Derartige Honorarforderungen werden regelmäßig nach Beschwerde gekippt.

Nur wenn der Patient wirklich beim Eintreffen des Arztes noch lebte, oder aber wenn er von den Angehörigen zu einem lebenden/sterbenden, aber noch nicht toten Patienten gerufen wurde, nur dann kann der Arzt bei Privatversicherten die GOÄ-Ziffer 50 ansetzen.

Bei gesetzlich Versicherten ist der Besuch dann nach EBM über die Kassenärztliche Vereinigung abzurechnen.
Eventuell kann ein Zuschlag für einen Besuch zur ungelegenen Zeit hinzugerechnet werden.
Beispiel: „Zuschlag 06.00 Uhr – 08.00 Uhr Euro 10,49“
und/oder: „Zuschlag Sa., So., Feiertag Euro 12,82“

Aus der Praxis:

GOP 100 als Abfederung für die Nichtberechnung der GOÄ 50

Einige Ärzte rechnen die GOP 100 mit dem Faktor 3,5 ab. Begründung: „Hausbesuch zur Leistungserbringung erforderlich – Zeitbedarf“. Dadurch wird die Nichtvergütung der GOP 50 (die aber mit dem Steigerungsfaktor 0,00 = 0,00 € in der Rechnung angesetzt wird) zwar nicht völlig ausgeglichen, aber wenigstens abgefedert.

Zusatzkennzeichnung dringlich NICHT anbringen

Manche Ärzte bringen auch die Zusatzkennzeichnungen für den dringlichen oder Nachtbesuch bzw. den Besuch an Wochenenden oder Feiertagen an.
Das allerdings geht nicht, weil die Zuschläge zur Ziffer 100 nicht abrechenbar sind, sondern nur zu einer Besuchsziffer (E-J, K2 sind nach dem Leistungsverzeichnis „Zuschläge zu den Leistungen nach den Nummern 45 bis 62“) oder den Ziffern 1, 3-8 (A-D, K1 sind „Zuschläge zu Beratungen und Untersuchungen nach den Nummern 1, 3, 4, 5, 6, 7 oder 8“). Der Ansatz bei der Leichenschau ist also nicht zulässig (und verwirklicht im Regelfall zudem den Tatbestand des Betrugs). Insofern ist davon abzuraten.

Klärung der Todesursache

Unter Umständen darf auch die GOÄ Nr. 4 analog angesetzt werden (=Klärung der Todesumstände – auch 3,5-fache Steigerung erlaubt). Das bietet sich nach Meinung mancher Ärzte besonders dann an, wenn es sich bei dem Verstorbenen nicht um einen eigenen Patienten handelt.
Die Nr. 4 kann auch bei eigenen Patienten infrage kommen, wenn der Arzt weiß, dass der jetzt tote Patient beispielsweise noch wenige Tage zuvor bei ihm in der Praxis war und kein Verdacht auf einen plötzlichen Tod aufkommen konnte. Bei eigenen Palliativpatienten kommt die Nr. 4 nicht in Betracht.
Regelmäßig wird die Ziffer 4 aber bei Beschwerden von Angehörigen durch die Landesärztekammern gestrichen. Der Arzt muß dann eine berichtigte Honorarrechnung stellen und den zuviel geforderten Betrag in Abzug bringen.

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(© Foto Dirk R.S.)

Die Ärztekammer Westfalen-Lippe (vgl. Westfälisches Ärzteblatt, 2/1998, S. 9ff) sowie Wezel/Liebold zu Nr. 100 und Lang zu Nr. 100 vertreten die Auffassung, daß bei der Ausführung eines Besuches zur Ausübung der Leichenschau auch eine Besuchsgebühr nach Nr. 50 berechnet werden kann.
Dies hat zur Konsequenz, daß auch die entsprechenden Zuschläge nach den Nummern E – H berechnet werden können.

Quelle: Anästhesiekommentar zur GOÄ, Von A. Schleppers und W. Weißauer, Herausgeber Berufsverband Deutscher Anästhesisten

Zusätzliche Gebühren

Wendet sich der Arzt nach der Todesfeststellungen den Angehörigen zu, beispielsweise um diese zu behandeln, handelt es sich um einen eigenen Fall.
Beantwortet der Arzt den Angehörigen noch nichtmedizinische Fragen, kann er eventuell die GOÄ-Ziffer 56 (Verweilgebühren) berechnen.
Außerdem könnte der Arzt noch Formularkosten – z.B. wenn das amtliche Leichenschauformular dem Arzt nicht kostenlos zur Verfügung gestellt wird – nach § 10 Abs. 1 GOÄ zusätzlich angesetzt werden.

Rechnungsempfänger

Die Rechnung für die Leichenschau ist an diejenigen Personen zu richten, welche die Bestattungskosten tragen müssen, in der Regel die nächsten Verwandten bzw. die Erben.
Der Einfachheit halber kann die Rechnung an das Bestattungsinstitut geschickt werden, welches diese Kosten dann mit den Angehörigen abrechnet.
Allerdings muß in diesem, wie in jedem anderen Fall, die Rechnung auf die Angehörigen ausgestellt werden! Keinesfalls ist der Bestatter Gebührenschuldner oder Rechnungsempfänger!
Diese Zahlungsverpflichtung der Erben ergibt sich aus dem BGB, die Pflicht der anderen Angehörigen, soweit sie nicht Erben sind, aus dem BGB und ggfs. dem Landesbestattungsgesetz.
Ärzte sollten die Adresse des Rechnungsempfängers beim Bestatter erfragen oder gleich bei der Leichenschau erheben. Die korrekt adressierten Papiere können dann an den Bestatter gesandt werden, einfacher ist es jedoch, direkt mit den Angehörigen abzurechnen.
Sind die Erben nicht ausfindig zu machen, muss die Sozialbehörde oder Gemeindeverwaltung für die Kosten aufkommen.

Leichenschaupapiere sind kein Druckmittel

Zu beachten ist jedoch, daß es unzulässig ist, Teile der Leichenschaupapiere zurück zu behalten und als Druckmittel zur sofortigen Bezahlung der Gebühren zu verwenden.
Das tun manche Ärzte, und erwarten, daß der Bestatter am nächsten Tag einen Mitarbeiter in die Praxis schickt, um die fehlenden Unterlagen „auszulösen“.
Das ist nicht zulässig, da der Bestatter den Leichnam ohne die vollständigen Papiere nicht überführen darf!
Entstehen dem Bestatter hierdurch zusätzliche Kosten, etwa Fahrtkosten/Personalaufwand, kann er diese Kosten vom Arzt zurückverlangen.
Stehen die Bestatter vor dem Problem, daß sie aufgrund fehlender, unvollständiger oder nicht unterschriebener Papiere einen Leichnam nicht transportieren können, so rufen sie regelmäßig die Polizei. Im Zuge der Aufrechtherhaltung der öffentlichen Ordnung und Hygiene rückt dann die Polizei beim betreffen Arzt an und erbittet mit Nachdruck die fehlenden Papiere. Diesen Ärger, vor allem wenn es bei vollem Wartezimmer vor allen Patienten geschieht, sollten Ärzte unbedingt vermeiden.

Beispielabrechnung:

Die Abrechnung kann dann folgendermaßen aussehen:

GOÄ Nr. 100 – 3,5-fach: 51 Euro
WN25 Wegegeld (Nacht 10-25 km) 25,56 Euro
Sachkosten Todesbescheinigung: ca. 3 Euro

Vorsicht beim Umgang mit der Materie!

Landesärztekammern, Krankenkassen und Verbraucherschützer beobachten das Handeln der Ärzte in diesem sensiblen Bereich sehr genau. Schon kleinste Abrechnungsfehler werden häufig medial als Ärzteskandal oder Betrugsaffäre ausgeschlachtet.
Ärzte tun demnach gut daran, sich auf die oben angegebenen Abrechnungs-Tips zu halten.

§ Hinweis:

Diese Einschätzung beruht auf meinen persönlichen Erfahrungen und gibt ausschließlich meine Meinung wieder. Zu Rechts-, Steuer- und medizinischen Themen sollten Sie immer einen ausgewiesenen Fachmann fragen. Das ist oft günstiger als man denkt. Verlassen Sie sich nie auf Erkenntnisse, die Sie sich nur im Internet zusammengefischt haben!

http://www.focus.de/panorama/welt/leichenschau-und-totenschein-wenn-aerzte-um-die-allerletzten-euros-schachern_id_4282575.html
https://www.aerzteblatt-sachsen-anhalt.de/ausgabe/kammermitteilungen/72-kammermitteilungen-04-2013/173-die-abrechnung-der-aerztlichen-leichenschau.html


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