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Bestattet oder entsorgt? Aarau verklagt

Billigbestattungen sind ein echtes Geschäft. Viele Menschen haben heute keinen großen Bezug mehr zur den althergebrachten Bestattungstraditionen und manchem ist es schlichtweg egal, wie ein evtl. mißliebiger Angehöriger unter die Erde kommt. Anderen fehlt das Geld für eine umfangreichere Bestattung und leider gibt es auch Menschen, die meinen, daß man egal bei was, nur lange genug im Internet suchen muß, um ein Angebot zu finden, daß bei gleicher Leistung unglaublich viel günstiger sein kann.

Das funktioniert vielleicht, wenn man einen exakt definierten Artikel aus dem Bereich der Unterhaltungselektronik bei verschiedenen Preisportalen sucht und dann einen sehr günstigen Anbieter herausfindet. Aber selbst dann bleiben die Fragen offen, ob die Dienstleistung dieses oft unbekannten Lieferanten tatsächlich so erbracht wird, wie man es sich vorstellt und das böse Erwachen kommt dann oft erst im Falle von Reklamationen oder wenn man die Ware zurücksenden will und sein Geld dann doch nicht zurück bekommt.

Bestattungen lassen sich nicht 1:1 vergleichen, jede ist anders und jede muß individuell kalkuliert werden. Das und die undurchsichtige Preispolitik der Bestatter erschweren einen Preisvergleich sowieso.
Doch grundsätzlich muß man sagen, daß selbst für eine einfache aber würdevolle Beisetzung gewisse Arbeitsabläufe zwingend erforderlich sind, die einfach ihren Preis haben. Dieser ergibt sich aus dem dauernden Aufrechterhalten von Logistik und Dienstbereitschaft, dem personellen und zeitlichen Aufwand und dem Einsatz von Gerätschaften, Logistik und Verbrauchsmaterialien. Hinzu kommen die vom Kunden gewünschten oder gesetzlich vorgeschriebenen Waren, die der Bestatter liefert.

Aufmerksame Leser des Bestatterweblogs wissen, daß Pietätwaren, sprich Särge, Urnen, Decken und Hemden, im Einkauf recht günstig sind. Das sind Textilien und viele Geräte der Unterhaltungselektronik aber auch. Allein also aufgrund der Erkenntnis, daß manche Ware vom Händler günstig eingekauft werden kann, darf man nicht schließen, daß es zwangsläufig auch einen Händler geben muß, der die Ware nahezu zu diesem Einkaufspreis abgibt. Dieser Eindruck wird durch die rote „Ich bin doch nicht blöd“-Reklame zwar erweckt, aber nicht gehalten, denn unterm Strich müssen alle Kaufleute mit dem Verkauf der Ware Geld verdienen und das tut man für gewöhnlich, indem man Waren günstig einkauft und teurer weiterverkauft.

Mit anderen Worten: Geschenkt bekommt man nirgendwo etwas und alles hat seinen Preis.

Wenn nun aber ein Bestatter seine Dienstleistung zu einem Preis anbietet, bei dem andere Bestatter abwinken müssen, weil das für sie für so wenig Geld nicht durchführbar ist, dann muß dieser Bestatter an irgendeiner Stelle gewaltig einsparen.
Einsparen kann man z.B. beim Personal. Es gibt Menschen, die bereit sind für sehr wenig Geld zu arbeiten, doch wie es um deren Qualifikation, Auftreten und Seriosität bestellt ist, bleibt einfach fraglich.
Fortbildung, betriebsinterne Schulung und die Vermittlung von handwerklichem Grundwissen kosten nämlich auch Geld und das schlägt sich auch in der Entlohnung nieder.
Selbst wenn also der Billigbestatter an seinen Waren nicht so viel verdient, wie ein anderer Bestatter, etwa weil er größere Mengen zu besseren Konditionen einkauft, bleibt ein bestimmter Kostenpunkt vorhanden, der die notwendige Logistik finanzieren muß.

Aber wie ist es um diese Logistik bestellt? Verwendet der Bestatter einen anständigen Bestattungswagen, verfügt er über geeignete Lagermöglichkeiten für die Verstorbenen, sind die Toten dort wirklich gut aufgehoben?

Hier steht im Moment in Berlin einmal mehr das Unternehmen Aarau im Rampenlicht. Bei einer Überführung wurde ein Fahrzeug von Aarau fotografiert. Ein herkömmlicher roter Lieferwagen, ein paar Umzugskisten, gestapelte Billigsärge und ein paar Gurte sind alles was in der billigen Holzverschalung des Laderaumes herumliegt. Keine abwaschbaren Oberflächen, keine sichtbaren geeigneten Vorrichtungen zur Arretierung des Sarges oder der Trage, keine erkennbare ordentliche Be- und Entlüftung des Laderaums.
Abgesehen vom Lieferwagenlook des Laderaums macht auch das Fahrzeug an sich, schon durch die Farbgebung, nicht den Eindruck eines würdigen Bestattungswagens.

Hierüber berichtet, nach einem Telefonat mit mir, auch der „rbb“ in diesem Beitrag hier:

aarau-billigtransporter

Branche / Kommune

Berichte und Kommentare zu Verwaltungen, Kirchen, Friedhofsträgern und der gesamten Bestattungsbranche.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: | Peter Wilhelm 27. März 2013

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28 Kommentare
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Glückauf
11 Jahre zuvor

Steht denn irgenwo wie ein Bestattungsfahrzeug ausgestattet sein muß?
Ja klar, wir erwarten einen gediegenen Kombi / Kleinbus ordentlich und sauber.
Aber hier geht es nicht um erwartungen.
Was sagt der Gesetzgeber? gibt es eine DIN?

Chris
11 Jahre zuvor

wenn genau angegeben ist, was für 499.- T€ geleistet und geliefert wird (oder auch nicht…) sehe ich durchaus einen Markt für so etwas.

Es gibt Leute, denen nach dem Tod alles egal ist – ein bekannter Fernsehmoderator sagte auf das Thema „eigener Tod und Bestattunsgswunsch“ angesprochen: „Dazu habe ich keinen Bezug – von mir aus kann man mich auf die Müllkippe werfen.“

Für so jemanden reicht doch der rote Transporter und der Billigsarg mit Flachdeckel, nicht?

Lochkartenstanzer
Reply to  Chris
11 Jahre zuvor

> Für so jemanden reicht doch der rote Transporter und der Billigsarg mit Flachdeckel, nicht?

Da reicht auch eine (große) Biotonne.

lks

Micha I
Reply to  Lochkartenstanzer
11 Jahre zuvor

da gehören, glaub ich aber keine Knochen rein……

wool
Reply to  Chris
11 Jahre zuvor

Naja – es kann dem Toten selbst reichlich egal sein was nach seinem Tod passiert, denn er ist ja dann in den meisten Fällen tot und hat damit im allgemeinen ein Aufmerksamkeitsdefizit.
aber, wie auch schon oft hier erwähnt wurde, ist das mit der Beerdigung und dem Ort zur Andacht gerade für Hinterbliebene wichtig bzgl. Abschied, Trauer und Erinnerung. Und damit ist es dann eher fraglich, ob diese mit dem „lebendigen“ Rot und der eher „praktischen“ Art des Beförderungsmittels „ihren Frieden finden“.

Bescheid
Reply to  wool
11 Jahre zuvor

Sehr schön „ein Aufmerksamkeitsdefizit“
Ich glaube das haben auch viele Lebende 😉

Wolfram
Reply to  Chris
11 Jahre zuvor

1TDM waren tausend DM, also sind 499 T€ knapp ne halbe Million – oh ja, dafür besteht ein Markt, ziemlich klar begrenzt.

Chris
Reply to  Wolfram
11 Jahre zuvor

T€ ist meine Privatabkürzung für „Teuro“ 😉

Ludger
11 Jahre zuvor

Das ist ganz klar ein Verstoß gegen die Gesetze und gegen die für Bestattungen geltende Norm.
Nach dem Berliner Bestattungsgesetz muß ein Bestattungswagen verwendet werden.
Was ein Bestattungswagen ist, kann man sich nicht einfach aussuchen, hierzu gibt es bauliche Vorschriften.
Dieses Fahrzeug ist vielleicht für einen Schrottsammler brauchbar aber nicht als Bestatter.

melancholia
11 Jahre zuvor

Ich werde das Gefühl nicht los, dass auch bei dem Thema Tod und Bestattung ein Wertewandel stattfindet.
Vom liebevoll gepflegten Grab der verstorbenen Großeltern hin zur anonymen „Entsorgung“, die noch vor wenigen Jahren kaum denkbar war. Vielleicht steht das Phänomen auch in Zusammenhang mit der schwindenden Religiosität vieler Menschen.
Mir macht das etwas Angst.
Wenn zum Zeitpunkt meines Todes auch in Österreich „Diskontbestattungen“ angeboten werden, werden meine Hinterbliebenen wohl auch versuchen, mich kostengünstig los zu werden. Ob ich mir eine würdevolle Erdbestattung im Familiengrab wünsche – es wird ihnen schlicht egal sein.

Lochkartenstanzer
Reply to  melancholia
11 Jahre zuvor

Ich glaube nicht, daß die „Entsorgung“ etwas mit der Religiösität zu tun hat, sonder eher mit dem Wertewandel.

Und wenn man persönlich „nicht so enden“ will, für den gibt es die Bestattungsvorsorge, auf die Tom in gefühlt jedem zweiten Blogeintrag hinweist. da kann man alles regeln und die „Erben“ könne im Quadrat hüpfen, wenn es ihnen nicht paßt. Siehe dazu auch http://bestatterweblog.de/ein-ganz-ganz-schlichter-mann/

Peer
Reply to  melancholia
11 Jahre zuvor

vielleicht stellen nur immer mehr leute fest, dass das giessen der grosseltern kein „wert“ ist und dass man sich besser mit den leuten beschaeftigen sollte, die noch leben.

Micha I
Reply to  melancholia
11 Jahre zuvor

dazu gibt es eine Lösung: Bestattungsvorsorge. Habe selbst vor einiger Zeit ein Beratungsgespräch gehabt, weil ich bestimmen will was geht und nicht das Amt. Ohne Angehörige ist das eh so ne Sache.

lupus
11 Jahre zuvor

Ist Das vielleich ein normal Firmelieferwagen?
Ich meine so für Leersärge, Blumengestecke, Getränke, Tische, Bänke halt alles was man noch neben dem Leichentrasport so als firmenlogistik brauch?

juergen

Helma
Reply to  lupus
11 Jahre zuvor

Im Beitrag wird doch deutlich gesagt, dass dieser Wagen gekommen ist um einen Verstorbenen abzuholen.

zufriedener Kunde
11 Jahre zuvor

Wir lassen uns immer von AARAU bestatten und sind mit Herrn SCHNEIDER sehr zufrieden.
Würden da jederzeit wieder hingehen und bestatten lassen.
Alles Hetze und Kampagne hier.

Lochkartenstanzer
Reply to  zufriedener Kunde
11 Jahre zuvor

Wie oft wurden Sie denn schon bestattet? 🙂

Chris
Reply to  zufriedener Kunde
11 Jahre zuvor

…es behauptet hier niemand, dass die Fa. Aarau nicht in der Lage ist, eine würdevolle Bestattung durchzuführen.

Aber die wird dann halt ein bisschen mehr als 499,- oder 999,- kosten – nicht, Herr Kunde???

ein anderer Stefan
11 Jahre zuvor

Tja, sogar die Farbe des Wagens passt zu „Geiz ist Geil“…

Beobachter
11 Jahre zuvor

„Wir lassen uns immer von AARAU bestatten und sind mit Herrn SCHNEIDER sehr zufrieden.
Würden da jederzeit wieder hingehen und bestatten lassen.“

Unglaublich, das kann doch nur ein Troll sein 😉

Lotte
11 Jahre zuvor

Also Leute, es geht auf Ostern zu, der „zufriedene Kunde“ lässt sich von Aarau genau einmal im Jahr bestatten. Jedes Mal zu Karfreitag… und Ostern steht er wieder auf…

Das nennt man Stammkundschaft… wetten, das er eine Stempelkarte von der Firma hat? So wie beim Bäcker… 10 Beerdigungen, dann gibt es die 11. 50 % billiger.

Und… es gibt nicht nur einen Wertewandel bei Beerdigungen, sondern schlichtweg auch viele Familien, die sich keine Beerdigung wie früher üblich war, mehr leisten können.

Micha I
11 Jahre zuvor

heute leben die Familien eben räumlich weit entfernt. Nicht wie früher, wo es noch mehr Zusammenhalt gegeben hat. Grad auch arbeitsmäßig verstreuen sich alle in alle Winde

Sacha
Reply to  Micha I
11 Jahre zuvor

„…vom Winde verweht“…an was erinnert mich das?

Alexander
11 Jahre zuvor

Auch wenn viele Menschen keinen innigen Bezug mehr zur Bestattungskultur haben, so denke ich das sie dennoch einen würdevollen Transport ihres lieben Menschen wünschen und keinen Transporter wo noch Kartons mitfahren. Als nächstes kommt dann die offene Pritsche mit Baustellenplane darüber? Da muss man sich schon fragen ob das Geschäftsmodell von dem Kollegen nicht überarbeitet werden sollte wenn er keine ordentlichen Transporte sicherstellen kann. Es geht hier bei auch nicht nur um den äusserlichen Anschein, sondern besonders acuh um die Hygiene. Es gibt nicht wenige Verstorbene die infektiös sind. So ein einfacher Transporter ist nicht zu reinigen!

Duncan
Reply to  Alexander
10 Jahre zuvor

pfft- offener Pferdewagen ist der Ursprung des Ganzen. Später dann nicht mehr das Fuhrwerk des Bauern oder Tischlers oder wer gerade einen Wagen hatte, sondern der gesonderte schwarze Wagen mit Baldachin von Rappen gezogen, solle heute ja auch wieder modern sein….
Also Wandel gab’s schon immer. Und damit auch eine Anpassung an die wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten.
Wenn diese steil Bergab gehen, geht auch die Vorstellung von einer Bestattung ihren Weg.

Schnuffel
10 Jahre zuvor

Das schlimme an der Sache ist, dass der Kunde diese Preise mittlerweile beim “ herkömmlichen Bestatter“ erwartet, dieser in der Regel aber nicht bereit ist von den hohen Qualitätsansprüchen abzuweichen … Wobei, mit dem Bollerwagen … 😉
Was ich nicht verstehe ist, warum die Auftraggeber beim Vorfahren dieses Fahrzeuges nicht sofort vom Vertrag zurück treten und stattdessen ihre lieben Verstorbenen damit auch noch überführen lassen.
Eine preiswerte Bestattung gibts auch beim Bestatter um die Ecke, kostet zwar etwas mehr, aber man muss sich beim Überführungsfahrzeug nicht vor den Nachbarn schämen. Dem sieht man nicht an, ob der Verstorbene preiswert oder teuer bestattet wird.

Wolfram
Reply to  Schnuffel
10 Jahre zuvor

Warum die Hinterbliebenen nicht…? Weil sie dieses Photo erst im Fernsehen sehen, sie sind ja bei dieser Überführung von einem Bestattungshaus zum anderen nicht dabei. Zuhause oder im KH abgeholt hatte die Leiche ja die Bestatterin, die das Photo gemacht hat.

Und auf die Nachbarn würde ich pfeifen. In jedem Fall. Soll jeder vor seiner Tür kehren, da hat er genug Dreck.




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