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Das Haus des grauen Grauens

Das Georg-Flöter-Haus ist eines der hässlichsten Altersheime, die ich jemals gesehen habe. Es handelt sich bei dem Bau um das ehemalige Verwaltungsgebäude der Maschinenfabrik Walter F. Baggermann & Söhne GmbH & Co. KG und so sieht es von außen und vor allem von innen auch aus.
Eine schmucklose Fassade mit gleichförmigen quadratischen Fenstern, der Haupteingang direkt an der Kastanienstraße, einer viel befahrenen Hauptverkehrsstraße, und im Inneren nichts als lange, schmale, schier endlose Gänge mit einer im Viermeterabstand aufgereihten Folge von Türen und das auf sechs Etagen.

In beinahe jedem dieser recht kleinen Zimmer sind zwei Bewohner untergebracht, nur die etwas Betuchteren haben ein Zimmer für sich ganz alleine und konnten einige wenige Möbelstücke von zu Hause mitbringen.

Zu Hause? Zu Hause fühlt sich im Georg-Flöter-Haus niemand, zumindest habe ich diesen Eindruck gewonnen, denn alle, mit denen ich sprach, fühlen sich dort wie im Wartesaal des Todes. Schmucklos, abstoßend und unherzlich präsentiert sich das Haus und die wenigen Dinge, die man mit viel Phantasie dem Bereich Dekoration und Wohnambiente zuordnen könnte, erschöpfen sich in jeweils einer jämmerlich dürren Yuccapalme pro Etage und einem doch eher ungepflegten großen Aquarium in der kleinen Eingangshalle.

Dort sitzt, wie einst der Pförtner der Maschinenbauverwaltung, die immer gleiche Schwester Agnes hinter dickem Glas und röhrt die Besucher durch ein zellophanvergittertes Sprechloch an: „Zum wem?“

„Zu Frau Vogelsberger, bitte.“

„Vogelsberger Anna, 23.1.1923 oder Vogelsberger, Käthchen, 1.12.1919?“

„Zu Tante Kätchen.“

„Aufzug links, dritter Stock, Zimmer 325.“

Ratschpeng und schon ist die kleine Glasluke wieder zu. Kein Lächeln, kein Gruß, kein Bitteschön, kein Dankeschön, einfach nur Ratschpeng.

So ähnlich wie den Angehörigen von Tante Kätchen, geht es jedem Besucher im Georg-Flöter-Heim und jedesmal, wenn ich dort hin muß, etwa um mit einem Bewohner oder einer Bewohnerin über eine Bestattungsvorsorge zu sprechen, geht es auch mir so. Obwohl – das kommt nicht ganz so oft vor, wie in manchen anderen Heimen, denn es muß schon ein ganz neuer Bewohner sein, der noch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist, damit er sich für unser Institut entscheidet. Im Georg-Flöter-Heim sieht es die Verwaltung am liebsten, wenn alle Bewohner eine Vorsorge bei der Pietät Eichenlaub abschließen. „Die machen das immer für uns“, sagt die Heimleiterin und zeigt nicht ohne Stolz auf drei winzige Flachbildfernseher, die in der kargen ehemaligen Verwaltungskantine direkt nebeneinander von der Decke hängen und alle in großer Lautstärke ein jeweils anderes Programm zeigen. „Die sind vom Herrn Scherer von der Eichenlaub, die hat der uns geschenkt.“

Ich schaue sie ebenso vielsagend, wie verständnislos an, denn ich kann es nicht begreifen, daß sie das so freimütig und offen erzählt. Letzt Endes ist das Bestechung, die Pietät Eichenlaub verschenkt drei Fernseher für zusammen vielleicht 1000 Euro und bekommt dafür im Jahr 50 bis 100 Bestattungen auf dem Silbertablett serviert.

Nein, so sei das ja nicht, schließlich seien die Fernseher nicht für sie persönlich gewesen, sondern als Spende für die alten Menschen abgegeben worden und dafür hätte die Pietät Eichenlaub sogar eine Spendenquittung von der als gemeinnützig anerkannten Georg-Flöter-Gedächtnis-Stiftung e.V. erhalten. „Sie sehen, das hat alles seine Richtigkeit und erst letztens haben wir für jeden Bewohner einen wunderbaren Schlüsselanhänger mit dem Eichenlaub-Symbol und einem Einkaufswagenchip bekommen.“

Tolles Geschenk für alte, gebrechliche Leute, die ganz überwiegend das Heim nicht mehr verlassen können und sowieso kein Geld zum Einkaufen haben…

„Wir haben im Keller ständig so eine Abholwanne von der Pietät Eichenlaub stehen, da tun wir dann die Toten rein, wenn der Arzt da war, der kommt immer um 17 Uhr, und irgendwann wenn’s dunkel ist, kommen die und holen die Leichen da ab. Wir haben mit denen keine Arbeit, keinen Ärger und die machen das schon seit Jahren für uns.“

Ich muß gar nicht fragen, was mit den anderen Toten ist, wenn die ‚Wanne‘ unten im Keller gerade mal belegt ist, eine Kühlung oder einen extra Raum für Verstorbene hat das Georg-Flöter-Heim nämlich nicht.
Die bleiben einfach auf dem Zimmer liegen, das war schon immer so in diesem Heim und die Bewohner kennen das schon.
Wenn vor einem Zimmer ein Stuhl steht, auf dem ein alter Mensch sitzt, der mit glanzlosem Blick stur die Wand gegenüber anschaut, dann ist es warm in den Zimmern und in dem Zimmer, vor dem er sitzt, liegt sein Zimmergenosse oder seine Zimmergenossin und gammelt, seit Stunden in Todesstarre verharrend, vor sich hin.
„Gut, daß Ihr kommt, die Frau Kohlsupp müffelt schon“, sagte einmal eine alte Dame, von der ich weiß, daß sie ihr ganzes langes Berufsleben lang Kindern das Lesen und Schreiben beigebracht hatte.

Es ist draußen schon dunkel, endlich dunkel genug, daß wir ins Georg-Flöter-Heim fahren können, denn dort darf man ja nur dann Verstorbene abholen, wenn’s keiner sieht. Manni ist noch in der Firma und hat Särge gekloppt, wie wir das nennen, wenn die roh aus der Fabrik angekommenen Särge innen mit der vorgeschriebenen Schichtung und Bespannung versehen und die Griffe und Sargfüße angebracht werden.
Ich bestelle keinen Extrafahrer, den ich bezahlen müßte, sondern beschließe, mit Manni zu fahren. So fahre ich mit dem Aufzug zu Manni runter und wir beladen den Bestattungswagen mit einer Abholtrage, kontrollieren noch einmal den silbernen Bestatterkoffer und fahren zusammen zum Heim des grauen Grauens.
Unterwegs schimpfen wir uns gegenseitig was über dieses Heim vor und jeder von uns kennt eine besondere Geschichte von dort. Manni erzählt, er sei einmal mit einem Fahrer dort gewesen um im Zimmer 215, die Nummer würde er niemals vergessen, einen 89-jährigen Mann abzuholen. Wie so oft hatte sich der Mitbewohner mit einem Stuhl auf den Gang gesetzt und als Manni den ansprach, ob das das Zimmer von Herrn Wolpert sei, ist der Alte tot vom Stuhl auf den Gang gefallen.
Hinterher habe es dann geheißen, der sei erst Minuten vorher gestorben, doch Manni schwört, bei dem hätte die Leichenstarre schon längst eingesetzt gehabt, ein untrügliches Zeichen, daß der Verstorbene über viele Stunden tot auf dem Stuhl gesessen haben musste, ohne daß es jemand bemerkt hatte.
Das könne gar nicht sein, hieß es damals von den Pflegerinnen, auf dem Karteiblatt seien regelmäßig die Kennziffern für die einzelnen Pflegedienstleistungen eingetragen worden.

Ich kenne eine andere Geschichte. Mit einem anderen Fahrer hatten wir aus einem Zimmer die verstorbene Frau Sattler abgeholt, ein kleines, schmales Mütterchen im oberschlesischen dunklen Kleid mit den kleinen weißen Blümchen. Pflegerin Renate Grobklotz, die trotz ihres Namens zu den wirklich netten Leuten im Georg-Flöter-Heim gehört, war uns noch hinterher gelaufen und hatte uns eine LIDL-Tüte mit den persönlichen Habseligkeiten der Verstorbenen mitgegeben. „Da ist noch frische Unterwäsche, der Rosenkranz und das Gebiss der alten Frau drin.“

In unserem Vorbereitungsraum hatten wir Frau Sattler dann zurecht gemacht und ihr unter anderem das schlecht sitzende Gebiss wieder eingesetzt. Diese Zähne mussten ihr zu wesentlich besseren Zeiten mal gepasst haben, jedenfalls bekam unser Prosektur-Mitarbeiter und Werkstattleiter Herr Huber die Zähne nur mit einem speziellen Kleber fest, den man u.a. auch für die Lippen nehmen kann. „Nur mit dem Kleber ist es gegangen, das war vielleicht eine schwere Geburt, aber jetzt sieht sie schön aus“, lautete hinterher sein Rapport und kaum war der Kleber unlösbar getrocknet, ging das Telefon und ein total wütender Mann beschimpfte uns, weil wir angeblich die falschen Zähne mitgenommen hätten. Die, die wir mitgenommen hätten, gehören nämlich seiner Mutter, Frau Schlotzki, und die könne mit den Zähnen von der toten Frau Sattler nicht kauen…

Ich weiß jetzt nicht, was das Georg-Flöter-Heim damals gemacht hat, um Frau Schlotzki wieder zu Zähnen zu verhelfen. Jedenfalls konnten wir ihr die, die bei Sattler im Mund an den Kiefer geklebt waren, nicht mehr geben. Manni meint, die hätten Frau Schlotzki so lange irgendwelche Zähne aus dem Fundus gegeben, bis passende dabei gewesen seien; ich hingegen tendiere mehr zu der Theorie, daß die alte Schlotzki von dem Tag an nur noch Suppe bekommen hatte.

Heute ist die Wanne im Keller von einem dicken Mann belegt, das kann nicht unser Kandidat sein, denn wir sollen eine knapp neunzig Jahre alt gewordene Frau abholen. Also geht’s hoch in die Halle, wo Schwester Agnes, ohne hochzuschauen, kurz das runde Glastürchen hinter dem vergilbten Zellophan aufmacht und „Zimmer Dreielf!“ brüllt. Ratschpeng.

Mit dem Aufzug geht es hoch, 311 liegt gleich gegenüber vom Aufzug. Wir öffnen vorsichtig die Tür, es ist ein Zweibettzimmer, es ist düster. Ein Zimmer wie viele in diesem Heim. Im Schein von Mannis Taschenlampe sehen wir an der Wand über jedem Bett jeweils ein Foto von einem jungen Soldaten in Wehrmachtsuniform, untrügliches Zeichen für mehr als 60-jährige Witwenschaft der Zimmerbewohnerinnen…

Manni läßt den Lichtkegel über die Betten wandern, in jedem liegt eine regungslose Gestalt, weiße Bettdecken. Wir schauen uns fragend an, da kommt auf einmal unter der Bettdecke des linken Betts eine alte, magere, knochige Hand hervor und zeigt mit ausgestrecktem Zeigefinder auf das andere Bett und aus den Tiefen des Kopfkissens sagt eine hohe Altfrauenstimme: „Die da! Ich nicht!“

Wir müssen ein Grinsen unterdrücken, schalten die Deckenbeleuchtung ein und tun schnell unsere Arbeit und nicht ein einziges Mal rührt sich die noch lebende Frau oder schaut zu uns herüber.

Auf der Rückfahrt macht Manni die Situation nach. Er lässt den Unterkiefer schlaff herunterhängen und sagt mit ton- und kraftloser Stimme bei ausgestrecktem Zeigefinger: „Die da! Ich nicht!“
Wir lachen…
Was soll man auch sonst tun.


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

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Die Geschichten und Berichte über Menschen sind u.a. Erzählungen und Kurzgeschichten aus der Welt der Bestatter.

Lesezeit ca.: 11 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 2. Juni 2012 | Peter Wilhelm 2. Juni 2012

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tinkerbell
13 Jahre zuvor

Georg Flöter? Hat der nicht in der LINDENSTRASSE mitgespielt? Wusste gar nicht, das der ´ne Stiftung hat… Danke für die Geschichte.

undertaker mike
13 Jahre zuvor

Danke für die Geschichte….
eigentlich verdammt traurig so ein wartsaal… aber leider wirklich realität….

Christians Ex
13 Jahre zuvor

Mich gruselte es bei der Beschreibung schon: so ein einförmiges Ambiente wäre für mich nämlich das ideale Umfeld, die falsche Tür zu erwischen. Da wirst ja deppert!

13 Jahre zuvor

Wir hatten mal eine Küchenhilfe, die hat das genau so beschrieben. Die war früher im Altenheim.

Jede Stadt hat wohl ihre Pietät Eichenlaub.

Glückauf
13 Jahre zuvor

Zum ersten mal glaube ich einen Schauplatz wiedererkennen zu können.
Altenheim Flottenstrasse in Duisburg.
Schade nur das es wohl mehrere solche Senioren KZ’s gibt.

Thomas

Karin
13 Jahre zuvor

Der in der Lindenstrasse war Carsten Flöter, oder besser gesagt is er noch

13 Jahre zuvor

Au Mann! Übelübel!
Erinnert mich dumpf an mein Betriebspraktikum vor siebendrölfzig
Jahren im Altenheim. Puh!
Ich bin dann keine Altenpflegerin geworden…

Aber nochmal:

Georg
Flöter
Kastanienstrasse
Anna
Käthe

Was macht den der werte Herr Bestatter Sonntags um zehnvorsieben? ;o)

Liebe Grüße
Die NähMa!

der kleine Tierfreund
13 Jahre zuvor

…in meinem Kopf sind nun ganz viele Gedanken,die irgendwie alle mit einem Ausrufezeichen enden.Und würde ich sie alle aufschreiben,bliebe mir heute keine Zeit mehr,mich andersweitig zu betätigen…
So sollte kein Mensch sein Ende erleben müssen.
Nur gut,dass die Geschichte mit einem „heiteren“ Ende aufhört.

Emilio
13 Jahre zuvor

@der kleine Tierfreund:
Nein, sie hört nicht mit einem „heiteren“ Ende auf. Für mich hört Sie mit der Erkenntnis auf, dass man dieses System nicht ohne weiteres durchbrechen kann und das „gut gemeint“ das Gegenteil von „gut“ ist. Ich würde jedes mal, wenn ich so ein Ding (das Wort „Altenheim“ benutze ich hier nicht, das wäre eine Beleidigung für jedes Altenheim) betreten müsste, innerlich abstumpfen müssen, um das zu ertragen. Und das will ich nicht.

Kirstin
13 Jahre zuvor

Meine Freundin arbeitet in solch einem Heim. Sie sagt das sie als Pflegekräfte leider alles so vorgeschrieben bekommen mit Zeit und Plan.
Wenn meine Mama einmal so Alt werden sollte für solch ein Heim, dann schaue ich mir das auch genauer vorher an. Lieber zahle ich zu als das meine Mama in so einem grauenhaften Insitut kommt.

Glückauf
13 Jahre zuvor

Leider ist es mithilfe der Industrie möglich ein Altenheim wie einen Bauernhof zu führen.
Computergesteuerte Lüftung und „Unterhaltung“ durch dauerberieselung.
Die Sondennahrung wird über Zeitschaltuhr verabreicht und einmal am Tag geht einer vorbei Windeln wechseln.

Welchseldruckmatrazen machen ein Personalintensives umlagern überflüssig und dank der Videotechnik kann eine Hilfskraft locker 2 Stationen überwachen.

der Martin
13 Jahre zuvor

Georg Uecker spielt Carsten Flöter und das Ergebnis ist Georg-Flöter.

Erschreckend, was für einen Rotz man in seinem Hirn ablegt

Sensenmann
13 Jahre zuvor

[i]“Die da! Ich nicht!“[/i]

Die Szene bewegt sich irgendwo zwischen surreal und grausam 🙁 Wie abgestumpft müssen die [strike]Insassen[/strike] Bewohner denn sein, wenn sie nicht einmal rausgehen, während der Bestatter seine Arbeit tut?

Ich hoffe, niemals etwas mit solch einer Verwahranstalt zu tun zu haben.

13 Jahre zuvor

Mich gruselts.
Meine Güte, was für Zustände. Ab in die Wanne, wenn du tot bist. Da kannst du nicht rausrutschen.
Muss für die Bestatter aber auch nicht einfach sein, z.B. so einen schweren Herrn heraus zu bekommen.

Anni
13 Jahre zuvor

@ Sensenmann: Wer sagt dann, dass die Bewohnerin überhaupt in der Lage war, das Bett allein zu verlassen? Vielleicht wurde sie ins Bett gebracht und musste das alles über sich ergehen lassen, ob sie wollte oder nicht… 🙁

Shark
13 Jahre zuvor

@ Sensenmann:

Genau. Die Mitbewohnerin soll sich gefälligt selbst aus dem Bett hiefen und sich selbst anziehen und auf den Flur gehen, egal wie gebrechlich sie ist.
Schon mal überlegt, dass sie das vielleicht nicht konnte und es am Personal [bzw. am (Zeit-)Mangel des selbigen] lag, das die besagte Mitinsassin zusammen mit der Leiche im selben Zimmer liegen musste? Ich glaube freiwillig tut das so schnell keiner.

Abraxa
13 Jahre zuvor

Hätte ich eine Geschichte wie diese damals schon gehört, ich wäre wohl niemals Altenpflegerin geworden.
Das ist einfach widerlich und menschenunwürdig.
Ich habe bereits beschlossen, nie wieder in so einem Menschen-Verwahr-Kasten zu arbeiten, denn das, was ich erlebt habe, hat mir schon gereicht.
Mal ehrlich – wundert sich bei solchen Geschichten nich irgendjemand über den hohen Krankenstand und die vielen Burnout-Fälle in unserem Berufsstand?

LuzieFehr
13 Jahre zuvor

.. ich muss direkt mal pause machen, erst recht nach dem artikel.
ich, bekennde süchtige des BwB, sollte erstmal tief durchatmen, dann schreiben oder es lassen.
meinen mitlesende „mutter“ weiß warum! .. ich platz gleich.
adeeeleee und schönes WE ..

*mich wegschubbs*

13 Jahre zuvor

Wenn’s bei mir mal soweit ist, dann möchte ich doch lieber ein paar Jährchen früher den Löffel abgeben anstatt das Ende meines Lebens in so einer Verwahranstalt zu verbringen… traurig, sowas.

Glückauf
13 Jahre zuvor

Wie bei anderen sachen auch, so muss man auch hier einfach mal mit wachen Augen durch die Welt laufen.
Wenn ein Altenheim unter der Trägerschaft einer AG läuft, so kann dies nix gutes bedeuten.
Eine AG ist ein Wirtschaftsunternehmen welches einzig einem Zweck verpflichtet ist.
Möglichst viel Rendite für die Aktionäre.
Die billigere Windel wird gekauft und die billigere Pflegekraft wird eingestellt.

Arbeitszeit wird so ausgereitzt, das in möglichst wenig Zeit möglichst viel Wirtschaftsgut (alte Menschen) betreut/ abgearbeitet werden kann.

Idealerweise haben die Herren vorstände es auch nicht mit harten verhanldungspartnern zu tun wie etwa Lokführern oder Piloten sondern müssen lediglich ein paar Gutmenschen bei laune halten.
Da wird einmal gesagt:
Das können Sie doch für den ARMEN,ALTEN,KRANKEN Opa Kawutke tun oder?
Der hat doch niemanden!
Und schon knickt Schwester Beata ein und macht überstunden.
Warum?………….. weil, das kann sie doch auch nicht machen.

Big Al
13 Jahre zuvor

@ Glückauf.
Genau auf den Punkt getroffen.
B. A.

ein anderer Stefan
13 Jahre zuvor

Leider muss man sagen, dass es dazu keine AG braucht – ich habe letztens erst gelesen, dass die Diakonie da auch genug schwarze Schafe in ihren Reihen hat – „Sie wissen ja, die wirtschaftliche Lage, der Druck auf dem Markt“, seufzt der Direktor, die Leute nicken verständnisvoll, und im Keller schuftet die polnische Hilfskraft für nicht mal genug Geld, um sich davon ne anständige Wohnung zu leisten – ach nein, wir wollen ja nicht diskriminieren, es gibt ja auch genug Deutsche, die drei Jobs brauchen, um über die Runden zu kommen. Auch die Arbeitgeber, bei denen man eigentlich so etwas wie soziale Verantwortung voraussetzt, sind leider nicht unbedingt besser.

Ich hoffe nur, dass meine Vorsorge ausreicht, um im Alter einigermaßen würdevoll zu leben – ach, darum muss ich mir ja keine Sorgen machen, bis dahin ist das Rentenalter ja sowieso „flexibel“ und liegt ein Jahr nach dem Datum des sozialverträglichen Ablebens…

Stjama
13 Jahre zuvor

Traurig ist gar kein Ausdruck 🙁 Sind das dann nur Menschen ohne Angehörige, die dort landen? Man sollte doch meinen, dass liebende Familienmitglieder versuchen würden, etwas gegen solche Zustände zu unternehmen. Vielleicht bin ich aber auch einfach naiv?

Aber die zuletzt beschriebene Situation hat wirklich etwas sehr Komisches, das muss ich zugeben 😉

Smilla
13 Jahre zuvor

Da kann ich Stefan vor mir nur beipflichten, dazu braucht es keine AG und es ist nicht nur bei Altenheimen so, es wird auch in anderen Unternehmen immer wirtschaftlich gedacht werden müssen. Die Frage ist nur, wie weit geht man dabei? Gerade wenn es schlecht geht, dann wird´s kritisch…. Wenn ich mir den Umgang mit den Kindern ansehe, die jetzt wieder als die Grippewelle war, trotzdem in die Schule geschickt wurden, weil die Eltern arbeiten müssen oder das Kind was verpassen könnte, die werden mit Medis gedopt und dann hängen und rotzen die sich durch die Schulzeit, bis sie nach Hause können- und das ist schon im Kindergarten so! Da sagt mir doch eine Nachbarin- Ärztin- der Kindergarten wäre klasse, da würde sie nicht von ihrer Schicht gerufen werden, wenn das Kind mal Fieber hat, da gäbe es dann eine Paracetamol und gut wäre es…als sie mein verdattertes Gesicht sah, meinte sie beschwichtigend, das wäre juristisch korrekt, die wäre ausgebildete Krankenschwester…da dachte ich, ich spinne. Wenn ich mal alt bin, dann sind diese Kinder, die,… Weiterlesen »

Tom
13 Jahre zuvor

Klar ist die Situation grotesk und wohl auch nur mit Lachen zu ertragen, aber wenn man dann mal drüber nachdenkt, ist es eigentlich nur traurig, dass es solche Zustände geben kann.

ein anderer Stefan
13 Jahre zuvor

Lustig? Ja, das nennt man dann wohl Galgenhumor oder bittere Ironie. Der Zyniker in mir meint dazu, dass es ja keinen großen Unterschied macht, welche der beiden Damen die Bestatter nun abholen – die eine ist nur rein klinisch-medizynisch noch nicht tot.

Grundsätzlich ist ja nicht die Frage, dass alle sparen und wirtschaftlich denken müssen – das ist wohl unbestritten. Wenn wir aber meinen, uns die Menschlichkeit sparen zu können und nur noch der Shareholder Value zählt (oder ein Äquivalent in anderen Bereichen), dann gruselts mich richtig, dann geraten wir trotz Klimaerwärmung in eine Eiszeit. Die Frage ist ist nicht, was wir uns leisten können – die Frage muss lauten, was _wollen_ wir uns leisten? Und das Thema Altenpflege ist in unserer alternden Gesellschaft eines, das eine immer größere Bedeutung erhält. Wenn da der alte Mensch nur auf Stundensätze und Fallzahlen, also auf Rechengrößen, reduziert wird, kommen solche Häuser mit lebenden Toten wie das in Toms Beispiel dabei heraus.

Nefa
13 Jahre zuvor

Auf der einen Seite muss immer wirtschaftlich und vernünftig gearbeitet werden, was ja auch irgendwo verständlich ist, schließlich zahlen wir ja letztendlich selber dafür. Aber es gibt auch eine andere Seite: Mein Papa arbeitet seit gut 25 Jahren als Hausmeister und Mann-für-alles in einem Alten- und Behindertenheim auf dem Dorf. Es ist ein wirklich schönes Heim, in einem renovierten Fachwerkbau, wo sich die Pflegekräfte noch darum kümmern, was mit ihren Schützlingen ist, so gut es geht. Gestern erzählte er mir, dass sie ein Audit für das Altenheim hatten. Daraufhin wurden die Älteren u.a. zum Mittagessen befragt, ob man sie denn gefragt hätte, was sie essen wollen. Von 5 Leuten die gefragt wurden, waren 3 geistig nicht mehr in der Lage eine Antwort zu geben, einer sagte „Neee“ und der Fünfte sagte „ich krieg eh nie das was ich will“. Die Sache ist allerdings die, dass die Prüfer davon ausgehen, dass die Leute am Tag zuvor gefragt werden, was sie essen wollen. Das Essen muss aber bereits 4 Wochen vorher bestellt werden (Es gibt immer zwei… Weiterlesen »

auchnochda
13 Jahre zuvor

Ja, ja die Wirtschaftlichkeit und die Pflege.
Ist ein Jahr her, mache Aushilfe in einem ganz edlen, schnieken Nobelhaus für Demenzerkrankte. Das Ambiente vom Feinsten, die Leitung legt ganz viel Wert darauf das sie das Tophaus in der Stadt sind, wenn es um Demenzpflege geht.

Ich frage die nette Dauernachtwache wie es ihr denn so bei der Arbeit geht. Sie plaudert aus dem Nähkästchen…..die Heimleitung lief mal mit der, damals noch ganz neuen PDL durchs Haus, und im Treppenhaus konnte die Mitarbeiterin dann hören wie die Heimleitung zur PDL sagt:“Einige der Mitarbeiter hier sind einfach nur dumm wie Brot!“

Als ich die nette Kollegin dann trösten wollte, mit der Bemerkung das sie in diesem Haus zum Trost bestimmt ordentlich bezahlt wird, lachte sie nur, und meinte sie wäre zusätzlich zu ihrer 30Stunden/Woche Arbeit auf Hartz4 angewiesen.

Mir ist heute noch schlecht, wenn ich daran denke. So gehen die mit Pflegekräften um. Leider kein Witz.

13 Jahre zuvor

@auchnochda: Wenn ich schon was gegessen hätte, hinge ich jetzt über der Schüssel! Boah! Da macht nicht nur meine Mandelentzündung, dass ich „nen Hals“ hab. Hat mal irgendwer was, dass ich mit meiner hilflosen Wut mal eben zerstören kann?

Sonne
13 Jahre zuvor

wahrhaftig ein haus des grauens….eine sehr traurige vorstellung, daß es sowas wirklich gibt….ich könnte unter diesen umständen wohl nie dort arbeiten, die alten tun mir so leid 🙁

sarah:-)
13 Jahre zuvor

Die alte frau ist ja cool…
die da, ich nicht 😉
Danke für die tolle Geschichte

Millhouse
13 Jahre zuvor

Es ist eine Schande, dass es in unserem Land Einrichtungen dieser Art gibt.
Leider kenne ich in unserer Gemeinde zwei ähnliche Heime. Bei dem Einen (70er Jahre Plattenbau vom Typ Landratsamt) bleiben die Verstorbenen auch auf dem Zinmmer weil der Aufzug zum Aussegnungsraum häufig defekt und der Keller schlecht gekühlt ist. In dem Anderen (Alt, Älter, am Ältesten) musst Du mit der Ferno Trage durch den Speisesaal. Und da sitzt eigentlich immer jemand. Schon traurig.

Tzosch
13 Jahre zuvor

Hoffentlich bleibt mir sowas mal erspart! Lieber einfach „plötzlich umfallen“.

Smilla
13 Jahre zuvor

Was ist eine Ferno-Trage?!

Sensenmann
13 Jahre zuvor

@Smilla: Ferno ist eine Firma, die Tragen für den Rettungsdienst, aber auch für Bestatter herstellt.

http://www.lmgtfy.com/?q=Ferno 😛

Big Al
13 Jahre zuvor

@ Smilla.
…ähnlich wie „Tempo“ statt Taschentuch zu sagen…
Obwohl ich mich frage ob „Trage“ nicht einfacher, weil kürzer ist.
@ Millhouse.
In Krankfurt, ich meine Frankfurt am Main soll in manchen Altenheimen mit einem (!) richtigen (!) Sarg (!) abgeholt und auch noch durch den Haupteingang rausgerattert werden.
Unwürdig für die Verstorbenen nochmal so den noch Lebenden vorgeführt zu werden, eine Zumutung für die Bewohner, Besucher usw. Denn es heißt dann im Schweinsgalopp durchdonnern. Da kommen die Verstorbenen nochmal so richtig in Schwung.
Pietät? Wozu?
Kotz.
B. A.

Daki
13 Jahre zuvor

Süß die omi 😉 aber das läuft mir sicherheit nicht in allen häusern so ab . klar ist das schon erscheckend und grausam und respektlos wie in manchen heimen mit den bewohnern umgegangen wird.. und grad die die von außen kommen haben den besten überblick was da abläuft .. aber zum glück gibt es auch ausnahmen … bei uns im heim ist das auch so das die bewohner duch den haupteingang abgeholt werden wenn es sein muss auch mitten am tag .. bei uns ist das auch so gewollt.. gehört halt dazu und fünde hat schon was mit würde zu tun .. den bew nicht einfach wie abfall zu behandeln und still und heimlich abzuholen damit das bloß keiner mitbekommt.!

Thom
13 Jahre zuvor

Hi,
ich finde es sehr gut, daß Du einmal erzählst, wie mit Menschen umgegangen wird, nur, weil sie wehrlos sind. („Die Würde des Menschen ist unantastbar“)
Mach´ weiter so!
Ab und zu sehe ich in Deinen Blog ´rein, man kann sogar was lernen und ich lese ihn gern!
Vielen Dank dafür.

Persephone
12 Jahre zuvor

…. die beschriebenen Situationen erinnern mich fast ein wenig an den (hoffentlich) fiktionalen Film „2030 Aufstand der Alten“ (zu finden in der zdf mediathek). Man kann nur hoffen, dass das dargestellte Szenario trotz allem weiterhin eine SF-Horrorgeschichte bleibt…. Irgendwie hab ich da aber so meine Zweifel.

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1227358/2030—Aufstand-der-Alten

esther
12 Jahre zuvor

@Sendemann:Ich finde es mehr schlimm,das die frau in dem zimmer war und geschlafen hat,neben einer toten…

Josef
8 Jahre zuvor

Solche Seniorenheime kenne ich auch, in einem hatte man Jahrzehnte lang einen würdigen Abschiedsraum, aber dann musste man auch dort durch das ganze Haus. Einmal traf ich dort, als ich den Aufzug verlassen wollte den Hausmeister, obwohl er sah das ich einen Verstorbenen abholte, giftete er mich an: Wird das heute noch was? In einem anderen Heim wurde verlangt, das man zum Haupteingang rein und wieder raus geht, auf den Fluren standen die Tische, an denen die Leute saßen und frühstückten, und wir schoben mit dem Sarg vorbei! In einer anderen Einrichtung wiederum gab es auch einen vom Heim favorisierten Bestatter, wenn der falsche Name am BKW stand, hatte man schlechte Karten! Und diesmal in einem Krankenhaus hat man uns fünfundvierzig Minuten warten lassen, als endlich ein Pfleger in die Prosektur kam, und uns den Verstorbenen übergab, war die Stunde voll. Der Pfleger übergab uns auch noch die persönlichen Dinge des Verstorbenen, und sagte frech grinsend: Dass die Sachen ja an die Angehörigen weiter gegeben werden! Wie ich mal auf dem Friedhof einen Mitarbeiter des… Weiterlesen »




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