DIREKTKONTAKT

Frag den Bestatter

Das Röcheln und Aufblähen der Leiche

Ich hätte da eine spezielle Frage. Im Internet steht mehrfach zu lesen, dass Tote am Anfang nach dem Tod, und später während der Verwesung gruselige Geräusche machen und alle möglichen Leute verängstigen (Ärzte, Bestatter, etc.).

Ich vermute es handelt sich hierbei um Verwesungsgase die sich in der Lunge aufstauen, und dann gibt die Leiche beizeiten eine Art Röcheln von sich wenn diese entweichen – ist das korrekt?
Dies dürfte aber nur möglich sein in der Anfangsphase der Verwesung, die ersten vier fünf Tage vielleicht, weil später wenn die schwarze Marmorierung einsetzt und die nasse Fäulnis, die Zunge anschwillt und keinerlei Gase mehr entweichen können und die Leiche sich immer mehr aufbläht weil sie quasi luftdicht abgeschottet ist.

Allerdings stand im Internet, dass Leichen auch während der schwarzen Fäulnis besonders gruselige Geräusche machen – um welche Geräusche handelt es sich hierbei? Ich habe diesbezüglich leider keine medizinische Erklärung, weil sie in diesem Stadium luftdicht abgeschottet ist und Luft erst dann wiederum einige Tage darauf erneut entweichen kann, wenn Maden erste Löcher durch das Bauchfell und Haut gefressen haben.

Im Internet steht viel. Auch wenn man manches mehrfach findet, bedeutet das nicht, daß der Wahrheitsgehalt steigt oder wahrscheinlicher wird. Oft wird auch eine Fehlinformation einfach nur mehrfach aufgegriffen.
Der Leute, die da Nennenswertes und Neues schreiben sind da wenige; Leute, die dieses aber aufgreifen, derer sind da viele.

Ärzte, Pflegepersonal und Bestatter haben häufig mit Verstorbenen zu tun, ihnen ist hier sozusagen nichts Menschliches fremd.
Es ist also kaum anzunehmen, daß Menschen aus diesen Berufsfeldern verängstigt sind, wenn Verstorbene Geräusche von sich geben.

Richtig ist, daß sich in einem Leichnam Luft befindet und Gase bilden. Diese entweichen dort, wo sie auch beim lebenden Menschen entweichen, mit ganz ähnlichen Geräuschen.
Das von Ihnen beschriebene Stadium der Verwesung wird üblicherweise im Rahmen des Medizin-, Pflege- oder Bestattungswesens nicht erreicht.
Die Verstorbenen werden im Zuge der Leichenversorgung gekühlt und möglichst rasch beigesetzt. Ein Vergehen bis hin zu Fäulnisprozessen ist hier nicht zu beobachten.
Auch werden die Verstorbenen nicht oder nur selten von Maden zerfressen oder von Würmern vertilgt. Für die Zersetzung sind vielmehr Mikroorganismen verantwortlich.
Verstorbene werden üblicherweise so tief bestattet, daß ein Befall mit Insektenlarven kaum vorkommen kann.

Anders sieht das aus, wenn es sich um Verstorbene handelt, die lange unentdeckt blieben, etwa in einem Wald.
Hier hat man es regelmäßig auch mit Tierfraß zu tun. Die intakte, fast mumifizierte Leiche, die nach Monaten oder Jahren im Wald gefunden wird, ist eine Krimilegende.
Große wie kleine Tiere würden sich an einer unter freiem Himmel befindlichen Leiche schon nach sehr kurzer Zeit gütlich tun und Öffnungen schaffen, die die beschriebene Geräuschentwicklung eher unwahrscheinlich erscheinen lassen.

Unter ganz seltenen Umständen kann es vorkommen, daß sich ein Leichnam auch in der von Ihnen beschriebenen Weise verändert.
Man kann aber nicht sagen, daß dann exakt dieses oder jenes eintritt. Die luftdicht verschlossene Leiche, die sich immer weiter aufbläht, ist nichts, das oft vorkommt oder regelmäßig beobachtet werden kann.
Vielmehr haben wir es mit verschiedenen Faktoren zu tun, die alle auf den Leichnam einwirken. Das ist die Einwirkung von Darm- und Körperbakterien, die von innen her eine Zersetzung bewirken. Das ist die Einflußnahme von Insekten und größeren Tieren. Das sind Witterung und Fragen der äußeren Einwirkung auf den Leichnam.
Mit anderen Worten: Es gibt kein Szenario, in dem generell das eintritt, was Sie beschreiben. Es könnte eintreten, ohne Frage.

Siehe auch hier: Stadien der Verwesung

In „Frag den Bestatter“ findest Du meine Antworten auf Fragen von Leserinnen und Lesern. Diese Fragen sind zum Teil Inhalte Dritter, die mich tagtäglich auf den verschiedensten Wegen erreichen. Es handelt sich also um meist nicht bearbeitete und nicht auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfte Fragen Dritter. Für die Fragen sind allein die Übersender der Mitteilungen verantwortlich. Ich mache mir die Aussagen nicht zu eigen.
Ich erteile Auskünfte ausschließlich aufgrund meiner Erfahrung und erbringe keine Rechts-, Steuer- und Medizinberatung.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: | Peter Wilhelm 9. November 2015

Lesen Sie bitte auch:


Abonnieren
Benachrichtige mich bei
10 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
8 Jahre zuvor

Ein Kollege aus Hessen, den wir mal durch Zufall im Standesamt hier getroffen haben hat mal erzählt, dass sein Chef das immer als Rülpsen verkauft hat. Den Angehörigen hat es nicht gut gefallen, er hat wohl öfter mal bei Abholungen beiläufig erwähnt, dass das Essen vor dem Tod wohl sehr gut geschmeckt habe. Fand ich auch nicht so super.

Bewareofdecay
Reply to  orchidician
7 Jahre zuvor

Vor allem wird kurz nach dem Tod im Zuge der Verwesung das Gehirn flüssig und braun, wobei das Zweite allerdings auch manchmal schon zu Lebzeiten passiert.

Anna
8 Jahre zuvor

oder die Tote, welche im Leben an starker Pollenallergie litt, mit Blumen auf dem Ruhekissen und der kalten im Sarg liegt, deswegen ein letztes Mal herzhaft davon niesen muss.
Sehr zu Schrecken der um den Sarg stehenden Angehörigen, die nur einen letzten Blick auf die teure Verblichene werfen wollten.

Josef
8 Jahre zuvor

Dass gibt es schon, wenn wir früher einen Verstorbenen bewegt haben, etwa beim ankleiden, kamen schon mal Rülpser! Wenn man aber diesen Job länger macht, ist einem nichts menschliches mehr fremd.

Christians Ex
Reply to  Josef
8 Jahre zuvor

@Josef:
Erinnert mich daran, wie eine alte Nachbarin im Haus verstorben ist. Sie war im Hof einfach umgekippt, und meine Mutter rief den Hausarzt, der gegenüber seine Praxis hatte. Als er und ein Helfer die alte Dame umdrehen wollten, haben sie meine Mutter beiseitegeschickt – es könne sein, dass die Verstorbene durch die Bewegung seufzt, und das sollte sie nicht so mitbekommen.

Josef
Reply to  Christians Ex
8 Jahre zuvor

@ Christians Ex

Ja, es kann sich wie Rülpsen anhören, oder auch wie ein Gluckern. Die Angehörigen weg zu schicken ist sehr sinnvoll, so etwas würde ihnen immer in Erinnerung bleiben!

sterbenisnix
Reply to  Josef
7 Jahre zuvor

Die Leiche hatte gerade zuvor zuviel Sprudel getrunken

Bewareofdecay
7 Jahre zuvor

Ernsthaft- so unheimlich das erscheinen mag-das hat lediglich mit verbliebener Luft im Körper zu tun und sollte „entmystifiziert“ werden, dann denke ich, ist es leichter zu ertragen.

Bewareofdecay
7 Jahre zuvor

Die gruseligsten Geräusche verursacht die braune Fäulnis.

sterbenisnix
7 Jahre zuvor

Die Leichen stöhnen, weil sie still liegen und warten müssen, bis sie jemand versorgt. Manche würden vielleicht lieber einen Ausflug machen…




Rechtliches


10
0
Was sind Deine Gedanken dazu? Kommentiere bittex
Skip to content