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Geschichten

Der Blonde mit dem irren Blick -21-

Beleidigt waren die beiden Künstler in ihren Wagen gestiegen und davon gefahren. Die Allerliebste schüttelte nur den Kopf und schimpfte: „Ich glaube, die spinnen! Machen hier ein Theater, wie Zwerg Nase beim Kacken von Ziegelsteinen und haben selbst nur gekochten Reis im Hirn! Die sollen doch froh sein, dass sie auftreten können. Gut sind sie ja, das will ich gar nicht sagen, und ich mag die ja auch, das weisst du. Aber was die in der letzten Zeit angestellt haben, das geht auf keine Kuhhaut, ja nicht einmal auf eine riesengrosse Dinosaurierhaut. Überleg doch mal, was du da schon alles reingebuttert hast, nur um denen eine Chance zu geben. Und was wirst du dafür bekommen?“

Die Antwort auf ihre Frage gab ich ihr erst, als wir schon wieder auf der Autobahn waren.

„Tja, ich habe eben hinterher den schönen Film. Den kann man für alles Mögliche verwenden, ins Blog stellen, bei YouTube veröffentlichen und den könnte ich auch den verschiedenen Fernsehredakteuren zeigen, die ich so kenne und vielleicht beisst ja einer an. Du sagst doch immer, das die Geschichten ins Fernsehen gehören, so als Serie oder so. Genau dafür haben wir den Film gemacht.“

„Na, wenn das mal wahr würde! Ich würde es dir so gönnen, du schreibst wirklich gut und verstehst es, die Spannungsbögen bis ins Unerträgliche zu steigern, um den Leser dann wieder aufzufangen. Und lachen kann man auch immer mal wieder. Da kann man bestimmt schöne Drehbücher von machen.“

Eine Stunde später kamen wir am Gasthof „Schwarze Mühle“ an. Der Gastwirt, ein mittelgroßer, untersetzter Mann mit roten Bäckchen und großen Augen, rieb sich schon die Hände und freute sich sehr, uns zu sehen. „Kommt rein, kommt rein, ich hab‘ was Leckeres für euch gekocht!“
Von den beiden Künstlern war weit und breit nichts zu sehen und ich zog es vor, dem Wirt nichts davon zu erzählen, dass ich insgeheim befürchtete, die zwei könnten eventuell einfach fernbleiben.

Während wir aßen, erzählte der Mann die ganze Zeit und ich gewann den Eindruck, einem Philosophen und Universalgenie, gefangen im Körper eines Küchenmeisters, gegenüber zu sitzen. Was dieser Mann alles wußte, mit was für Zitaten der um sich warf und wie er es verstand, uns klug und witzig zu unterhalten, das sucht seinesgleichen!

Nach dem Essen zeigte er uns den großen und den kleinen Saal und allmählich begann er sich zu wundern, wo denn die Künstler blieben.

„Ich habe denen ja extra zwei Fremdenzimmer bei mir im Haus frei gehalten. Die anderen Zimmer sind alle für die Fans ausgebucht und viele kommen ja noch direkt hier aus der Gegend, manche werden auch noch so anreisen, ich habe auf unserer Webseite Reklame gemacht und Plakate überall ausgehängt. Es kommen viele Leute, aber letztlich bin ich gespannt, wie viel es werden. Ich habe doch mal den großen Saal gerichtet.“

Die Allerliebste und ich waren in einem nahegelegenen Hotel untergebracht, wohin wir uns dann auch begaben. Die Zimmer hatte uns der Wirt der „Schwarzen Mühle“ gebucht, er fand, wir sollten nicht mit den anderen Leuten zusammen auf einer Etage wohnen, da bekäme man dann keine Ruhe. Uns war es recht.

Zu unserem Hotel gehörte ein Restaurant und nachdem wir uns an der Rezeption eingetragen hatten, rief jemand aus eben diesem Restaurant:“Huhu, hier sind wir!“

Lizzy und Heiner!

„Ja, da sind wir!“ lachte Lizzy und meinte dann mit einem vielsagenden Augenaufschlag: „Die Zimmer in der ‚Schwarzen Mühle‘ sind ja eine Katastrophe! Haben wir uns im Internet angeguckt, da wäre ja mal heftigster Renovierungsbedarf. Aber hier ist nett! Ganz modern! Ganz schööööön!“

„Und wer zahlt das?“ fragte ich.

„Wie? Wer zahlt das? Natürlich der Veranstalter!“ meinte Heiner und grinste ebenso auffällig breit wie seine Partnerin und wieder flackerte dieser irre Blick durch seine Augen und einmal mehr fragte ich mich, was die beiden wohl für seltsame Drogen nehmen.

„Nee, oder?“ fragte ich die beiden: „Der Wirt hat für euch doch zwei Zimmer bei sich reserviert….“

„Pi pa po la trallala!“ krähte Lizzy ausgelassen: „Uns doch egal! Ein Künstler muss sich nach seinem Auftritt richtig zurückziehen können. Außerdem wollen wir doch hinterher noch feiern. Da haben wir uns erkundigt, wo ihr pennt und voilà, da sind wir!“

„Ja aber“, wandte ich wieder ein: „Der Wirt kann euch doch seine Zimmer in seinem Haus quasi kostenlos geben, hier für diese Zimmer muss er doch bezahlen, so geht das doch nicht.“

Heiner legte seinen Arm um meine Schultern, lächelte milde und sprach zu mir, wie man sonst nur zu einem spricht, der seine Hose mit einem Strick zubindet und der nur bei Vollmond mit einem Schiffchen aus Alupapier auf dem Kopf aufs Klo geht: „Ja, sieh mal, wir werden denen heute Abend ein so feines und tolles Programm hinlegen, da werden die sich hier in der Provinz noch nach Jahren die Fingerchen nach lecken. Wirst schon sehen, der zahlt unsere Zimmer gern.“

„Na, da bin ich aber gespannt! Besser wäre, ihr würdet euch bei dem mal melden. Der weiss ja noch gar nicht, dass ihr da seid und der macht sich schon Sorgen. Johnny heißt der Mann, Johnny Keller!“

„Oh Johnny, o Johnny!“ trällerte Lizzy gutgelaunt und warf mir einen spitzbübischen Blick zu: „Wird schon, Alter! Wird schon!“

Die Allerliebste und ich warfen uns auch Blicke zu, aber die waren nicht spitzbübisch, sondern so vielsagend, wie die Wikipedia zwischen den Buchstaben A wie Ausbeutung und Z wie Zappenduster.

Unser Zimmer war schön, oben unterm Dach, viele Balken, offene Bauweise, sehr hoch, sehr hell und alles neu renoviert.
„Da lässt’s sich leben!“ rief die Allerliebste, nahm Anlauf und liess sich rückwärts aufs Bett fallen, um sich dann von der gut gefederten Matratze wieder hochkatapultieren zu lassen…
…so war wenigstens ihr Plan…

Sie nahm also Anlauf, dann drehte sie sich, was ich kaum für möglich hielt, in einer Art Pirouette einmal um 180 Grad und landete tatsächlich auf dem Rücken. Bevor sie aber wieder zurückkatapultiert wurde, hörte man ein knirschendes Geräusch, das war das Mäppchen mit meiner Lesebrille, und nach dem Zurückkatapultieren hörte man abermals ein Geräusch, diesmal ein klatschendes, das war der Aufprall der Allerliebsten auf ihrem Mann, das war und bin ich.

Lacht nicht, liebe Leser, das war so!

Ich also, auf dem Rücken liegend, beschwert mit was-weiss-denn-ich-wieviel und -alles-was-ich-jetzt-schreiben-würde-wäre-mein-Tod Kilogramm auf mir, wedelte mit Armen und Beinen, bekam kaum noch Luft, was vor allem daran lag, dass das ansonsten sehr niedliche linke Knie der auf mir liegenden Frau just vor dem Auf-mir-Liegen mich da getroffen hatte, wo der Papst kleine Glöckchen hat.

Ist jetzt Schluss mit dem Lachen?!

Das war so!

Brille kaputt, Aussengebamsel verstaucht, Rücken!

Natürlich tat das der Allerliebsten leid und sie tröstete mich, liebkoste mich, entschuldigte sich – aber alles das hält das vermaledeite Weib bis heute nicht davon ab, just diese Geschichte immer wieder gerne zum Besten zu geben, vor allem dann, wenn ich versuche, besonders seriös zu wirken.


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

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Geschichten

Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 8 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 5. März 2014 | Peter Wilhelm 5. März 2014

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11 Kommentare
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Elke ( Fännin )
10 Jahre zuvor

Bitte weiter!!!

Die blöden Blocks sind weg. Danke. Man kann alles uneingeschränkt lesen.
Danke PeterTom.

melonja
10 Jahre zuvor

Pfft… lach…stöhn… Oh Gott, ich hab Bilder im Kopf. Bitte schnell weiter schreiben, damit die wieder weggehen…

Michi
10 Jahre zuvor

Von einem Wirt namens Johnny Keller (oder so ähnlich) meine ich schonmal gehört zu haben 😀

Aber die Geschichte ist ja fiktiv und Namensähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind purer Zufall…

10 Jahre zuvor

„Lacht nicht, liebe Leser, das war so!“

Na, das hast du doch irgendwo wirklich mal erlebt und dann hier eingebaut – in diese erfundene Geschichte. Sehr geschickt von dir. 🙂

10 Jahre zuvor

*muhahaha* diese Bilder. Dieses Kopfkino!
*ganz viel Gedankenwaschseife holend* Sooo kann man ganz schnell wach werden… *lacht immer noch*

Held in Ausbildung
10 Jahre zuvor

Herrlich! *Lachträne wegwisch* Ich habs grad bildlich im Kopf 🙂 🙂 Krach-Klatsch

Christina
10 Jahre zuvor

Öhm, könnte Deine Herzallerliebste mal eine genaue Anleitung hinsichtlich des Sprunges schreiben, damit die mitlesenden Damen ihre Männer auch mal so überraschen können ????

Vor allem der letzte Teil mit dem Knie würde interessieren, wie man da so zielgenau trifft …

*ganz lieb guck*

comicfreak
10 Jahre zuvor

*winsel*
..bittebitte weiter!!
Ich war ja bei der Fiktion nicht dabei..!

Hajo
10 Jahre zuvor

„Machen hier ein Theater, wie Zwerg Nase beim Kacken von Ziegelsteinen und haben selbst nur gekochten Reis im Hirn!“
„.. wie man sonst nur zu einem spricht, der seine Hose mit einem Strick zubindet und der nur bei Vollmond mit einem Schiffchen aus Alupapier auf dem Kopf aufs Klo geht“
Peter, bei derartigen Zitaten fällt es mir schwer, auch noch etwas Energie für Mitleid mit Dir zu aktivieren 😀

10 Jahre zuvor

Mir bleibt das Lachen etwas im Halse stecken. Ich hatte damals ganz am Rande ein bisschen was von Lizzy und Heiner mitbekommen mir eingebildet, so etwas Ähnliches schon mal am Rande mitbekommen zu haben, weil ich wenigstens kurz bei dem natürlich erfundenen Treffen im Saarland Sauerland war. Ich fand es damals nur etwas seltsam. Jetzt zu lesen, was dem alles vorwegging, ist schon heftig!

vom Kommentarhausmeister redigiert

10 Jahre zuvor

Natürlich, natürlich. Da habe ich mich vielleicht etwas missverständlich ausgedrückt 🙂




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