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Der Seemann ist weg!

Wow, das hätte ich ja nicht geglaubt. Heute ist der Seemann endlich von Bord gegangen. Seit vier Jahren dümpelte der im Hafen und wartete, daß man ihn abholt.

Ach so, ihr wißt nicht, um was es geht? Klar!
Also der Seemann war eigentlich kein wirklicher Seemann, sondern ein Partikulier, also ein Rheinschiffer. Fast zwanzig Jahre ist er mit seinem Schiff den Rhein rauf und runter geschippert, dann hatte ihn das große Aussterben der Rheinschiffe erwischt. Das Schiff kam unter den Hammer, die Ehe ging in die Brüche und der Seemann landete zuerst auf der Straße, dann als Matrose auf einem großen Schubverband. Gesundheitliche Gründe zwangen ihn, hier in unserer Stadt endgültig an Land zu gehen. Am Rande der Stadt bewohnte er 15 Jahre lang einen winzigen Wohnwagen, den er kostenlos hinter einer Laube in einer jener Kleingartenanlagen abstellen durfte, in der man noch Lauben nach Herzenslust aufstellen darf.

Vor vier Jahren rief uns dann Helmut an, ihm gehört die Laube und auch er hatte dort seinen festen Wohnsitz. Der Seemann sei gestorben und was er denn jetzt machen müsse, wollte er wissen. Wir holten den Seemann in seinem Wohnwagen ab und ich erinnere mich noch heute an den Geruch, der in diesem Wohnwagen herrschte. Eine Mischung aus Kochdunst, Zigaretten und Schweißfüßen. 72 Jahre war er alt geworden, ein kleines, drahtiges Männlein. Helmut konnte natürlich auch nicht für die Bestattung aufkommen und außerdem gäbe es da ja Kinder, zumindest von einer Tochter wußte er, die solle in Hannover, Hamburg oder Bremerhaven wohnen. Toll! Mit diesen Angaben war die Frau nicht aufzutreiben.

In Absprache mit den Behörden und der Sozialverwaltung wurde der Seemann dann eingeäschert. Irgendwann kamen dann die Leute vom Krematorium auf uns zu und baten uns, doch die Urne mal mitzunehmen, die stünde da jetzt schon seit Monaten und könne nicht beigesetzt werden. Die Friedhofsbehörde suchte immer noch nach der Tochter, um einerseits einen Kostenträger für die Bestattung zu finden und andererseits zu erfahren, wo die Urne beigesetzt werden solle.
Normalerweise hätte man die Urne anonym oder in einem Urnenreihengrab beigesetzt. In diesem Fall wartete man ungewöhnlicherweise und hat dann das Beisetzen einfach vergessen. Das war vor vier Jahren und so lange stand die Urne mit der Asche des Seemannes bei uns im Regal.

Doch siehe da, gestern kam per Post eine Urnenanforderung aus Nürnberg. Denn genau da, und keineswegs in Norddeutschland, wohnt die Tochter. Offenbar hatte sie seit Ewigkeiten keinen Kontakt zum Vater, nicht gewusst das er gestorben ist und erst jetzt durch die Behörden davon erfahren. Wie es aussieht, kann die Urne wohl im Grab der Schwiegereltern beigesetzt werden.

Heute Vormittag ist das Paket mit der Urne zur Post gebracht worden.

Gute Reise, Seemann!


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Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 28. Mai 2012 | Peter Wilhelm 28. Mai 2012

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16 Jahre zuvor

Ich nehme an, ihr habt nicht "Junge, komm bald wieder" gesungen 🙂

Hm, ich hätte ihm eine Seebestattung gewünscht, schade, dass das nicht klappt.

Thomas
16 Jahre zuvor

Schon interessant, daß man sich bei uns die Urne zwar nicht in amerikanischer Weise auf den Kaminsims stellen darf, es aber andererseits keinen stört, wenn sie ein paar Jahre beim Bestatter rumsteht.

Blümchen
16 Jahre zuvor

Noch interessanter finde ich die Versendung im Postpaket…

Ich möchte, nicht irgendwann in einem Pappkarton im gelben Postauto durch die Gegend gefahren werden!

Fällt sowas denn unter würdevolle Behandlung? Hätte die Tochter ihren Vater nicht abholen können/müssen/sollen? Oder macht das nach einem vierjährigen Dasein als Staubfänger auch keinen Unterschied? *überleg*

Leroy
16 Jahre zuvor

Ihr verschickt sie per Post? Wie darf ich mir das vorstellen? Geht ihr dann ganz normal ins Postamt, lasst das Paket wiegen, pappt die Briefmarken drauf und jut is?

Matthias
16 Jahre zuvor

Über die Urne + Post-Geschichte wurden doch schon sooo viele Einträge und Kommentare geschrieben…

Merowig
16 Jahre zuvor

Nett dasdas quasi doch noch eine Art "Happy End" bekam

undertaker
16 Jahre zuvor

Kurz nochmals zu der Aufbewahrung und dem Transport von Urnen.

Urnen dürfen nur in Krematorien, vorübergehend in Bestattungshäusern und auf Friedhöfen (usw.) aufbewahrt werden. Eine Aushändigung an Verwandte ist nur in Ausnahmefällen, etwa zur Verbringung ins Ausland, möglich. Wer eine Urne daheim aufbewahren möchte oder die Asche ausstreuen möchte, findet hier im Weblog die entsprechenden Anregungen und Informationen zu diesem Thema.

Dass Urnen manchmal über Jahre in Krematorien oder Bestattungsinstituten stehen, ist nichts Ungewöhnliches.

Nach dem allgemeinen Verständnis ist der Verstorbene durch die Einäscherung vergangen und in der Urne befinden sich nur die unvergänglichen Überreste, die nicht als "Leiche" im herkömmlichen Sinne anzusehen sind. Schon deshalb ist es ebenfalls nichts Ungewöhnliches, die Urnen per Post zu versenden.

Ich finde im Übrigen an der Post auch nichts Despektierliches oder Unwürdiges, daß man denen nicht zutrauen dürfte, Urnen zu transportieren. Irgendwelche Verluste hatten wir bei dieser Transportart noch nicht zu verzeichnen. Jedenfalls wäre es ökologisch und ökonomisch nicht vertretbar ständig Päckchen von 3 Kilo Gewicht mit einem Leichenwagen quer durch die Republik zu fahren.

quietschfidel
16 Jahre zuvor

Wird so ein Paket besonders gekennzeichnet, bzw. weiss die Post von dem Inhalt und kann auf diese Pakete besonders aufpassen? Denn schliesslich "verliert" die Post (DHL) täglich ca. 2000 Pakete.

GERWildcat
16 Jahre zuvor

@quietschfidel: wenn die post die am Tag wirklich verlieren würde, würden etwa 10% aller Pakete nicht ankommen. die 2000 Pakete gehn im Jahr verloren.

Ich hab mal bei einem der 12 großen HUBs der Post gearbeitet und da wurde im Jahr etwa 140 Pakete verloren. Und das meist nichtmal im HUB sondern in den Poststellen im Einzugsgebiet. Da fällt mal was hinter den Rollwagen zwischen 2 Schränke, und wird dann 5 Jahre später gefunden…

quietschfidel
16 Jahre zuvor

Ich bezog mich auf diesen Artikel:
http://www.rp-online.de/public/article/aktuelles/

Fincut
16 Jahre zuvor

@GERWildcat:

Die Post verliert 70.000 Briefe und 2.000 Pakete pro Tag: http://www.rp-online.de/public/article/aktuelles/

Manchmal frage ich mich wie schön die Welt wäre, wenn jeder, der sagt "Ich habe da mal gearbeitet, ich weiß dass…" auch tatsächlich irgendwie etwas sinnvolles wüsste.

@Bestatter:

Ich finde die Geschichte sehr traurig. Ich hoffe, dass es jemanden geben wird, er nach meinem Tod da ist und sich um mich kümmert, mich unter die Erde bringt einmal tief Luft holt.

undertaker
16 Jahre zuvor

Ich bezweifele, dass die behaupteten Zahlen stimmen. Rund 750 Tonnen (p.a.) Briefpost verdampft ja nicht einfach. Dagegen spricht auch die doch recht geringe Zahl von Beschwerden, die in dem Artikel angeführt werden. Unzweifelhaft gibt es immer Schwund, aber 70.000 Briefe wären ein Hohn. Das glaube ich nicht. Auch 2.000 Pakete am Tag halte ich für mehr als unglaubwürdig. Das wären 20 ganze Paketwagen.

Ich glaube für diese Zahlen sind diejenigen Anbieter bei einem großen Online-Auktionshaus verantwortlich, die bloß behaupten, sie hätten etwas abgeschickt.

Wie oft habe ich schon gehört: "Der Scheck ist in der Post!"

Fincut
16 Jahre zuvor

@undertaker:

Wen interessiert, was Du glaubst oder nicht glaubst? Ich habe einen Paketschwund von über 5%. Ich glaube die Zahlen sofort.

powerseller
16 Jahre zuvor

Ich versende pro Jahr etwa 4.000 Pakete mit DHL. Ich habe alle Paketdienste ausprobiert und bin jetzt seit langer Zeit bei DHL, weil da der geringste Schwund ist. Von den etwa 15-20 Sendungen pro Tag, die ich aufgebe, sind in den letzten zwei Jahren genau 8 unauffindbar geblieben.

Wer mir erzählt, dass 5% verloren gehen, der verpackt entweder schlecht, kann keine richtigen Adressen schreiben oder hat einen falschen Paketdienst.

mikamo
16 Jahre zuvor

@Fincut: Warum bist du eigentlich immer so unhöflich und herabwürdigend? Wen interessiert eigentlich, was du glaubst oder nicht glaubst?

Lim_Dul
16 Jahre zuvor

Diese Zahlen sind Schwachsinn. Wenn man sich die Mühe macht, etwas zu recherchieren, findet man folgenden Beleg:

05.12.2005 | Richtigstellung: Verlust von Briefsendungen

In unregelmäßigen Abständen taucht seit ca. einem Jahr in Veröffentlichungen die Zahl von täglich bis zu 70.000 verloren gegangenen Briefen auf – Briefe, die nicht zugestellt wurden oder nicht zugestellt werden konnten. In manchen Veröffentlichungen wird dabei auch der DVPT mit dieser Aussage in Verbindungen gebracht.

Erneut – wie schon im vergangenen Jahr – weisen wir unmissverständlich darauf hin, dass diese Aussage nicht mit dem DVPT in Verbindung gebracht werden kann. Diese Zahlen wurden von uns niemals genannt und wir halten sie darüber hinaus für völlig falsch und nicht belegbar. Eine konkrete Zahl an verlorengegangenen oder nicht zugestellten Briefen könnten ausschließlich die Deutsche Post AG sowie die rund 900 lizenzierten Briefdienstleister, die in diesem Markt tätig sind, nennen.
http://www.dvpt.de/Default.aspx?tabid=37&mid=

LeSmou
16 Jahre zuvor

2000 pakete am tag? ja nee is klar. auch verbraucherschützer haben nicht immer recht. rechne mal hoch. das sind ca. 700.000 pakete im jahr. durchschnittlich wiegen meine pakete (nicht päckchen!!) sicherlich 2-3 kg. da ich mich als absoluten durchschnitt betrachte *g* bedeutet das 1400-2100 Tonnen pakete verschwinden mal einfach so im jahr. also in den letzten 5 jahren 7000 tonnen. eher noch mehr. wo sind die denn hin? wurmloch?

Christian
16 Jahre zuvor

@Fincut:

Mich interessiert was er denkt und glaubt, wenn dem nicht so wäre, würde ich hier nicht mitlesen. Ich muß nicht einer Meinung mit ihm sein, aber interessieren tud es mich schon.

Tobias
16 Jahre zuvor

Keine Sorge, dieser Fincut fällt auch in anderen Blogs eher nicht so positiv auf. Zum Beispiel beim Shopblogger.

Louffi
16 Jahre zuvor

Ach, Fincut hat sich eine neue Spielwiese zum Trollen gesucht…

kr51-2
16 Jahre zuvor

zur Post: naja…

Habe vor ~ einer Woche einen Brief erhalten. Er war in Plastik eingetütet (nicht eingeschweißt), auf der Tüte steht: "Die Sendung wurde leider beschädigt und deshalb von der Deutschen Post mit Kunststoffhülle versehen.".

Dumm nur, dass der wichtigere Teil des Inhaltes fehlt.

Nach einer Anfrage/Reklamation, die dankenswerterweise die Postfrau umgehend eingereicht hat, wird "zur Ersatzfrage" auf die in den Postfilialen ausliegenden AGB verwiesen – wie das für einen normalen Brief aussieht, kann ich mir jetzt schon denken.

Bei den paar Briefen, die ich pro Jahr erhalte, kann dieser eine schon 5% ausmachen 😛




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