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Der Tod ist eine gute Erfindung der Natur. Er schafft Platz für Neues.

Wie wird der Mund einer Leiche verschlossen?

Da schreibt mir jemand heute Morgen seinen Schmerz und seine Erleichterung. Ich darf es mit Euch teilen:

Jetzt ist der Opa weg.

Gestern haben wir meinen Vater in die geschlossene Abteilung der Nervenklinik gebracht.

Obwohl wir alle schon seit Jahren leiden, ist das doch ein Akt. Seinen eigenen Vater da abzuliefern. Mitbekommen, wie er beim Blutabnehmen die Nadel rausreißt und dann das ganze Blut umherspritzt. Schreit. Festgebundenwerden muss…

Aber wir konnten nicht mehr. Insbesondere meine Mutter hat vollkommen ihr Leben nur noch für ihn gelebt. Grau ist sie geworden, verbraucht, abgemagert. Kein Wunder ohne Schlaf. Ich bewundere sie, dass sie noch so viel Humor hatte. Ich wäre schon – und war es teilweise – am Ende meiner Nerven. Mein hoher Blutdruck kommt nicht von ungefähr.

Wenn ich mit meiner Tochter Rechnen übe, dann denke ich: das hat dir dein Vater beigebracht. Und oft sehe ich noch die Urkunden, wo unser Betrieb für besondere Leistungen prämiert wurde. Das hat er alles geleistet. Und das Haus gebaut. Die Renovierung. 700.000 Mark Schulden damals. Alles abbezahlt.

Nur hat er es versäumt, rechtzeitig Platz zu machen.

Und dann wieder wird mir klar, dass er das alles erst in Angriff genommen hatte, als *sein eigener* Vater bereits weg, gestorben, war. 1975 starb mein Opa. 1977 ging das große Renovieren los.

Der Tod ist eine gute Erfindung der Natur. Er schafft Platz für Neues.

Hört sich das zynisch an? Das ist es auch. Es ist meine Art, damit fertig zu werden. Andere ergeben sich in Trauer, viele suchen Kontakt zu Freunden, ich muss alles immer rationalisieren.

Demenz ist eine Erkrankung, bei der kein richtiger Abschied mehr möglich ist. Der Mann, der mein Vater war, ist schon lange nicht mehr hier. Davongeschlichen hat er sich, oder besser, wurde er durch die Krankheit. Die Persönlichkeit ist fast völlig verschwunden. Zurückgeblieben ist ein ängstlicher, sturer, manchmal bösartiger Mensch, der mit meinem Vater nicht mal mehr äußerlich viel gemeinsam hat. Mich erkennt er nicht mal mehr.

Gestern also. Wie schnell es dann ging, hat uns selber überrascht. Es scheint da ein paar magische Worte zu geben, die Ärzte in Bewegung setzen. „Er hatte ein Messer in der Hand“ ist wohl ein wichtiges. Das stimmt übrigens, wir hatten schon richtig Angst, oder besser, Sorge, dass da etwas passieren könnte. Vielleicht wollte er nur Kuchen schneiden. Oder aber den Nachbarn an die Gurgel, der meiner Mutter zum Geburtstag gratuliert und sie dabei in den Arm genommen hatte. Man weiß halt nicht mehr, was im Restgehirn vor sich geht. Längst lebt er in seiner eigenen Welt (aber tun wir das nicht alle?).

Oma ist dann im Krankentransporter mitgefahren, der ihn in die 30 km entfernte Stadt gebracht hat. Als dann meine Tochter von der Schule kam, haben wir auf den Anruf gewartet. Ich hatte schon die Befürchtung (und ja, es war eine Befürchtung), dass Oma mit dem Taxi kommt und der Opa wieder hinten drin sitzt.

Doch diesmal hat sie es durchgezogen. Also ist er nun in der Stadt in einem Stadtteil, verwinkelt, klein, viele enge Gassen und eine schöne Gegend, um alt zu werden. Dementsprechend viele Alters- und Pflegeheime dort. Dort kann mein Vater, wenn er denn mal mit Medikamenten ruhig gestellt ist, noch ein paar schöne Jahre verleben.

Dann haben wir Oma abgeholt. Sichtlich abgekämpft von dem ganzen Theater, hat sie sich ohne große Abschiedszeremonie von ihm gelöst und steigt bei mir ins Auto ein. „Blöde Fahrerei“, meint sie noch, als wir Berg rauf, runter und durch die engen Gassen fahren. Als wir dann endlich auf der Autobahn Richtung Heimat steuern, fragt sie verhalten: „Meinst du, wir könnten noch am Supermarkt halten? Ich brauch noch Waschmittel. “

Seit Monaten war sie nicht mehr so glücklich beim Einkaufen. Ich glaube, sie lebt jetzt wieder auf.


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Die Geschichten und Berichte über Menschen sind u.a. Erzählungen und Kurzgeschichten aus der Welt der Bestatter.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 31. Mai 2012 | Peter Wilhelm 31. Mai 2012

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32 Kommentare
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Ma Rode
12 Jahre zuvor

Auch wenn es sich erst mal komisch liest, das ist für mich alles sowas von nachvollziehbar! Mütze ab für das in-Worte-fassen, was man sich sonst eigentlich nicht traut, denn was sollen die Leute denken?

Bianca
Reply to  Ma Rode
4 Jahre zuvor

Alle Kommentare habe ich nicht gelesen. Ein guter Text! Sehr realistisch und weitsichtig. Ich kann an dieser Stelle beitragen, ich hatte eine Stiefoma mit MS und meine leibliche oma hatte Alzheimer. Ich stellte mir oft die Frage, was mir lieber wäre, wenn ich hätte wählen müssen. Meine Entscheidung wäre immer für den Geist weniger für den körper gefallen! Heute sitze ich im rolli. Nicht für immer,aber für immer wieder lange und irgendwann für ganz.ich bereue meine entscheidung nicht. Danke Konni.

Kirstin
12 Jahre zuvor

Viele beugen sich dem Leid vor Scharm den mitmenschen gegenüber. Ich persönlich finde den Schritt der Oma gut. So lange Sie nicht das gefühl selbst hat ihren Mann abgeschoben zu haben sondern es so sieht das sie ihm ein „neues“ Leben somit ermöglichte, ist das alles doch legitim.
Danke, fürs teilhaben an solch einem Abschnitt des Lebens.

12 Jahre zuvor

Kann mich Ma Rode nur anschließen. Diese Worte lassen mich ziemlich nachdenklich zurück.

Buchhalter
12 Jahre zuvor

Letzte Woche kam mein Schwiegervater ins Pflegeheim. Krank und dement. Außer seiner Frau erkennt er seit Jahren niemanden mehr. Ich kann es nachvollziehen, könnte es aber nicht in so einfühlsamen Worten beschreiben. Danke.

Karin
12 Jahre zuvor

Schließe mich meinen Vorrednern an – sehr guter Beitrag!

12 Jahre zuvor

Demenz und Alzheimer sind wirklich tückische Krankheiten. Wer sie nicht selbst aktiv erlebt hat, der tut sich schwer daran, diese Schilderungen nachzuvollziehen. Ich freue mich für die Betroffenen, dass sie diesen schweren Schritt gehen konnten und neue Kraft daraus schöpfen können, ohne sich an Zweifel und Vorwürfen aufzureiben.

Winnie
12 Jahre zuvor

Ja sie lebt jetzt wieder auf. Das kann sich aber sehr schnell ändern, wenn die kurze „Freude“ platz für die Vergangenheit macht. Dann, wenn sie anfängt über die früheren, schöneren Jahre nachzudenken und sich vielleicht (oder auch sicher) fragt, ob es denn wohl wirklich richtig war, den Mann „abzuschieben“. Es machen sich irgendwie (unsinnige) Schuldgefühle breit. Diese Gedanken kommen, ob man es will oder nicht. Wir haben so etwas schon mehrmals durchgemacht und jedes mal waren wir aufs neue „überrascht“. Das Gefühl jemanden abgeschoben zu haben, obwohl es schlicht und einfach die einzige Lösung war. Auch wenn diese kranken Menschen niemandem etwas antun (wie in unseren Fällen), können sie doch nicht mehr auf die Menschheit losgelassen werden. Wenn Du so damit umgehen kannst, sei froh und behalte es bei. Lass Dir bloß von keinem der ohnehin nicht wirklich was mit bekommen hat worum es geht, einreden, dass da doch noch Zeit war. Das ist sicherlich falsch. Es gibt in diesen Fällen keine „richtige“ Zeit. Es gibt nur ein: „hätten wir das früher gemacht, bevor dies… Weiterlesen »

12 Jahre zuvor

Mein Vater erkannte am Schluß fast nur noch mich. Nicht einmal meine 15 Jahre ältere Schwester erkannte er immer auf Anhieb. Erst wenn sie beruhigend auf ihn einredete, kam es meistens irgendwann. Gut, von den letzten 15 Jahren seines Lebens lebte ich 13 Jahre bei ihm. Demenz/Alzheimer ist wirklich eine furchtbare Krankheit. Gefangen im eigenen Geist, Erinnerungen verloren. Mein Vater konnte sich manchmal an seine Jugend und die Kriegsjahre erinnern. Aber nicht, was er vor 5 Minuten gegessen hat oder wo er gestern war. Aber in sein Haus, das auch sein Elternhaus war und in dem er mit kurzer Unterbrechung Zeit seines Lebens wohnte, fand er fast immer zurück. Als mein Vater (der liebste Mensch, den man sich vorstellen kann) nachts im Krankenhaus mit einem Messer auf eine Krankenschwester losgegangen ist (er war damals schon 86, wog nur noch ~55-60 Kilo aber sie brauchten 4 Pfleger, um ihn zu bändigen) mussten wir auch einsehen, daß es nur noch mit professioneller Hilfe geht. Für ein Jahr war er in einer Nervenheilanstalt. Die letzten paar Tage war… Weiterlesen »

Tine
12 Jahre zuvor

ZITAT:
„Demenz ist eine Erkrankung, bei der kein richtiger Abschied mehr möglich ist. Der Mann, der mein Vater war, ist schon lange nicht mehr hier. Davongeschlichen hat er sich, oder besser, wurde er durch die Krankheit. Die Persönlichkeit ist fast völlig verschwunden. Zurückgeblieben ist ein ängstlicher, sturer, manchmal bösartiger Mensch, der mit meinem Vater nicht mal mehr äußerlich viel gemeinsam hat. Mich erkennt er nicht mal mehr. “

———————

Wahre Worte, traurig zwar => aber wahr…
Danke für diesen schönen Taxt…uas dem echten Leben!

12 Jahre zuvor

Es sind, wie sich hier in den Kommentaren auch wieder zeigt, sehr, sehr viele Familien davon betroffen. Und die meisten leiden still vor sich hin, manchmal heimlich hoffend, der Tod möge dem doch endlich ein gnädiges Ende bereiten, und dann wieder ein schlechtes Gewissen habend, „so etwas“ auch nur gedacht zu haben.
In unserer Familie gab es auch eine ähnliche Situation. Wenn man 24 Stunden am Tag 7 Tage die Woche nur noch aufpassen muss, wenn der Partner Angriffen ausgesetzt ist, MUSS man spästestens die Notbremse ziehen. Und keiner, der es selbst nicht erlebt hat, sollte versuchen jemandem ein schlechtes Gewissen einzureden und von Abschiebung zu reden.
In unserem Fall war der Tod schließlich gnädig, und mein Vater verstarb kurz nach seiner Verlegung ins Krankenhaus.

Auxsburgerin
12 Jahre zuvor

„Der Tod ist eine gute Erfindung der Natur. Er schafft Platz für Neues.“
dass ist ein Spruch den man nicht treffender formulieren kann.
Wenn ein geliebter Mensch von uns geht ist das immer eine verdammt große Umstellung, die aber wie es im Spruch heißt, es schafft Platz für Neues….neues Leben,junges Leben,Veränderungen.
Meine Oma sagt immer:“Wenn ein alter Mensch geht, hat ein junger wieder mehr Platz und kann sich entfalten.“
Was im großen und ganzen genau das gleiche ist.

Tonnie
12 Jahre zuvor

Da kann man einfach nur sagen: Amen.

Pu der Zucker
12 Jahre zuvor

Nein, bitte kein schlechtes Gewissen! Einen Alzheimerpatienten zu Hause zu pflegen, ist für Angehörige eine fast übermenschliche Leistung. Da hängt so viel von früher dran, früher, als Opa noch „normal“ war. „Er muss das doch noch wissen“ war auch in meiner Familie der oft gehörte, verzweifelte Seufzer.
Aber tagsüber ununterbrochen horchen, schauen, drauf achten, dass er nicht wieder ausbüxt, und nachts keinen ruhigen Schlaf mehr, weil er schon wieder im Dunkeln auf der Treppe rumgeistert – das hält niemand durch, ohne irgendwann zusammenzuklappen.
Ganz abgesehen mal von all den „lustigen“ Eskapaden, die mehrmals pro Woche für Aufregung sorgten und beileibe nicht besonders appetitlich waren.
Der Menschheit wäre für die Zukunft wohl insgesamt eher mit kürzerer LebensERWARTUNG und dafür besserer LebensQUALITÄT geholfen. Ja OK, ich weiß, bessere Medikamente, Essen usw. – längeres Leben. Aber was hilft es mir, wenn ich statistisch gesehen 95 werde, davon aber (ebenfalls statistisch gesehen) 25 Jahre in Demenz verbringe? Das ist für mich kein Gewinn.

Ma Rode
12 Jahre zuvor

@Pu der Zucker: kürzere Lebenserwatung, dafür bessere lebensqualität! Genauso hätte ich das auch gern, würde mir wünschen, mein Leben so leben zu können. Ich lege keinen Wert darauf, hornalt zu werden, ich habe große Furcht um meine Lebensqualität, wenn ich älter (und damit auch Kandidat dieser oben beschriebenen Alterserscheinungsformen) werde. Nennt mich zynisch, aber so isses!
Ich weiss, aussuchen kann ich es mir leider nicht.

12 Jahre zuvor

Zunächst mal: Die Patienten leiden nur solange, wie sie WISSEN, dass sie verändert sind. Ist die Phase vorbei, leiden sie nicht mehr unter der Demenz oder dem Alzheimer. das hab ich hier gemerkt. Sie finden es nicht toll, wenn auf einmal fremde Leute im Zimmer sitzen und sie duzen – in deren Alter sollten doch Fremde bitte das „Sie“ benutzen. Tochter? Häh?

Aber der Leidensdruck für die Angehörigen ist unglaublich und für viele unerträglich. Von der eigenen Mutter gesiezt zu werden, weil sie glaubt, es wäre der Pflegedienst, Panikattacken auszuhalten, weil die Fremden in der eigenen Wohnung sich so breitmachen…das ist etwas, was nicht viele aushalten, ohne dabei langsam vor die Hunde zu gehen.

Jeder muss selbst wissen, wann seine persönliche Schmerzgrenze erreicht ist. Und dann muss man die Konsequenzen ziehen. Und alle Klugscheißer sollen doch die Sonne putzen gehen. Echt mal.

DIE pflegen schließlich nicht.

Designierter Komposti
12 Jahre zuvor

Nein, nicht zynisch. Absolut nachvollziehbar. Und nebenbei bemerkt: ganz sicher die richtige Entscheidung in dieser trostlosen Situation.

12 Jahre zuvor

Demenz ist sicher manchem körperlichen Leiden im Alter gleichzusetzen. Wenn nicht sogar schlimmer. Heute sagt man sicher, man möchte das selbst gar nicht erleben am eigenen Leibe. Aber was ist, wenn es wirklich so weit ist?

Ist schon wirklich ein trauriges Ding, was die Natur da geschaffen hat. Aber vielleicht ist der Mensch wirklich nie für ein so hohes Alter gedacht gewesen …

Rena
12 Jahre zuvor

Meine Oma väterlicherseits ist 100 Jahre und etwas drüber geworden. Ob sie dement war, kann ich nicht beurteilen. Zumindest hat sie meine Kinder nicht erkannt (ok, wir wohnen auch weiter weg und haben sie nur selten gesehen). Für sie war auch nie wichtig, wie es den Kindern geht. Wichtiger für sie war: gut in der Schule/Beruf zu sein. Sie hat bei meinen Eltern im Haus in einer Einliegerwohnung gewohnt. Tagein – tagaus mussten meine Eltern springen (die 5 Geschwister meines Vaters waren immer nur mit „guten“ Ratschlägen zur Hand, aber selten körperlich). September war sie 100 geworden, im Januar war dann „Komplettausfall“. Meine Eltern haben in ihr Wohnzimmer ein Krankenbett gestellt und einen Pflegedienst beauftragt. Vier Wochen lag sie im Bett, ohne etwas tun zu können. Dann ist sie gestorben. Meine Oma mütterlicherseits war 95 Jahre alt. Ist man wirklich dement, wenn man mehr in der Vergangenheit lebt? Für mich war es bisher immer so, dass das ein „normaler“ Zustand bei älteren Menschen ist. Nein, ich möchte nie ein Pflegefall werden. Egal, ob körperlich oder… Weiterlesen »

Kommentator
12 Jahre zuvor

Jeden Tag leben…

Ich danke dem Autor, dass er seine Erlebnisse und seinen Standpunkt mit uns teilt – ein berührender und wahrer Text, und die Kommentare vertiefen und/oder ergänzen das Bild.
Danke auch an TOM, dass er solchen Themen und Standpunkten (mal wieder, mal wieder) Raum und Rahmen gibt.

Hajo
12 Jahre zuvor

auch ich meine, dass da nichts Zynisches bei dieser Aussage ist, wir müssen Tag für Tag daran denken, dass unser Dasein auf diesem Planeten – so schön er auch sein mag – endlich ist.
Ich würde mir (für meinen Sohn) wünschen, dass mein „Abgang“ so rücksichtsvoll (weil ohne all zu lange Leidenszeit) wie bei meinen Eltern sein wird
.. ist das zynisch?

Anonym
12 Jahre zuvor

Ich denke, es ist relativ normal, wenn ein älterer Mensch mehr in der Vergangenheit lebt. Mein Großvater war bis zuletzt geistig auf der Höhe, aber die letzten 10? 20? Jahre sprach er meine Mutter oft mit dem Namen ihrer Mutter und mich mit dem Namen meiner Mutter an.
Wenn du die Gegenwart nicht mehr geregelt kriegst, dann wirds bös.

Christians Ex
12 Jahre zuvor

(He, seit wann merkt sich die Seite meine Daten nnicht mehr??)

Tilda
12 Jahre zuvor

Danke Tom und danke für die Erlaubnis es hier mit uns zu teilen.

Ich möchte allen am Thema interessierten Lesern ein Buch empfehlen.

Lisa Genova „Mein Leben ohne Gestern“
ISBN: 978-3785760161 (gibts unterdessen auch als TB)
Zum Inhalt: Stellen Sie sich vor, all Ihre Erinnerungen – gute, schlechte, schmerzhafte, leidenschaftliche – werden nach und nach aus Ihrem Gedächtnis gelöscht und Sie können absolut nichts dagegen tun.

Ein sehr berührender Roman und mir gehts wie einem anderen Leser, der dazu schrieb, am liebsten würde er jedem Fremden zurufen, er möge doch dieses Buch lesen. Meine Ausgabe bereist jetzt gerade den gesamten Freundeskreis.

Sibylle Luise
12 Jahre zuvor

Danke für den Mut, das so aufzuschreiben; danke dafür, dass Sie uns über Tom daran teilhaben ließen. Ich kann mich sehr gut in diese Situation hineinversetzen. Im Januar ist meine Mutter mit 74 Jahren gestorben, nachdem sie fast drei Jahre lang den Vater (jetzt 93) gepflegt hat. Er hat dann von sich aus beschlossen, ins Heim zu ziehen und im Februar haben wir ihn in ein zum Glück sehr gutes Heim bringen können. Heute habe ich einen kleinen Ausflug mit ihm gemacht. Obwohl wir nur drei Stunden unterwegs waren, war es mal wieder sehr anstrengend, denn er ist zwar nicht wirklich dement, aber manchmal sehr verwirrt und unglaublich stur. So wollte er unbedingt im Blumengeschäft Blumenpostkarten kaufen – aber die hatten keine, was er gar nicht glauben konnte, weswegen er bestimmt fünf Verkäufer angesprochen hat. Mein Einwand: „Gibt’s hier nicht, wir müssen in eine Buchhandlung gehen“ nützte nichts. Dann habe ich ihn in ein Café eingeladen – und da jammerte er mal wieder drüber, dass ich immer zu viel Geld ausgebe und dass die Torte… Weiterlesen »

Clara
12 Jahre zuvor

Danke für die Möglichkeit, die Gedanken zu teilen…
Zum Thema „abschieben / schlechtes Gewissen“: ich wurde mit knapp 40 Jahren Vollwaise. Dafür bin ich nicht dankbar, ich wünsche, meine Eltern wären noch am Leben.
Doch es hat nicht sollen sein, das Schicksal hat(te) anderes mit mir vor…
Für eines jedoch BIN ich dankbar: ich werde mich nie um Eltern kümmern „müssen“, die an Alzheimer o.ä. erkranken…

12 Jahre zuvor

Danke für diesen großartigen und ehrlichen Text.

SunFire
12 Jahre zuvor

Nicht böse gemeint, aber fällt mir hier als Einzigem auf, dass „Der Tod ist eine gute Erfindung der Natur. Er schafft Platz für Neues.“ ein Zitat von Steve Jobs aus dem Jahre 2005 vor Studenten ist?

der mit dem Text
12 Jahre zuvor

@SunFire. Stimmt. Das war Absicht. Diesen Text hatte ich kurz vorher gelesen, als ich das in die Tastatur hackte.

Heute haben wir Wäsche gebracht. Mein Vater war sichtlich mit Medikamenten ruhig gestellt. Aber der Pfleger machte einen einfühlsamen Eindruck. Meine Mutter setzte sich dann zu ihm und hat begonnen ihn zu streicheln. Es hat einige Minuten gedauert, bis er sie erkannt hat.

Der Abschied war noch schwerer.

Immer noch hegt meine Mutter die Hoffnung, er werde eines Tages wieder heimkehren. Ich glaube nicht daran. Er ist einfach schon zu weit.

Jetzt wird er täglich gewaschen und rasiert, notfalls auch mit sanfter oder weniger sanfter Überredung und riecht auch wieder menschenwürdig. Einen Freund hat er auch schon gefunden.

Winnie
12 Jahre zuvor

Als damals meine Tante im Heim (Geschlossene) war, sagte sie immer zu ihrer Schwester (meiner Mutter): „Mein Schwester das olle Luder, die hat mich hier rein gebracht.“
Diesen Standartsatz (weil sie immer wieder wiederholt hat) hat sich meine Mutter leider sehr zu Herzen genommen. Sie konnte nicht verstehen, dass das doch gar nicht wirklich ihre Schwester war, die das sagte.
Sie hat die Tante auch immer wieder raus geholt, sogar mit in den Urlaub genommen. Und mein Vater hat das alles mit gemacht.

Ich weiß nicht wie die das immer geschafft haben, ich war schon immer geschafft, wenn ich nach kurzem Besuch aus dem Heim raus war.

Der Alte
12 Jahre zuvor

Ich bin rein zufällig auf die Seite gekommen.
Finde es aber sehr gut über solche Probleme zu reden.
Ich könnte ja der Nächste sein. Bin zwar erst 72 Jahre,
aber man kann ja so schlecht selber feststellen ob Demenz
einen schon erwischt hat.
Mit wie viel Jahre sollte man Platz machen für das Neue ??
Ich habe mir vorgenommen 106 Jahre alt zu werden.
Hoffentlich ohne Alterssturheit und geistiger Umnachtung,
sonst macht das Hiersein doch keinen Spaß.

12 Jahre zuvor

@Tilda: Danke für die Buchempfehlung von Lisa Genova „Mein Leben ohne Gestern“ (Originaltitel „Still Alice“)

Habe das Buch jetzt durch und es war sehr berührend. Nachdem ich es fertig gelesen hatte, musste ich eine halbe Stunde weinen – um meinen verstorbenen Vater und um alle Menschen mit Alzheimer – und ich weine gewiss nicht oft.

Ich kann das Buch jedem nur wärmstens empfehlen!

gruß, Frank




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