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Geschichten

Die Zionisten sind es!

Wie wird der Mund einer Leiche verschlossen?

Ich habe ja sowieso ein gestörtes Verhältnis zum Esoterischen und zur Homöopathie.
Mir sagte mal ein Mediziner: „Homöopathie ist so, als würde man in Frankfurt einen Autoschlüssel in den Main werfen, um in Köln mit einem Schluck Wasser aus dem Rhein sein Auto aufzuschließen.“

Genug gehetzt.

Frau Mirtloff kam zu uns ins Bestattungshaus, um sich für eine Stelle im Büro zu bewerben. Sündhaft teure 34.000 Euro nahm uns nämlich der Steuerberater für einen all inclusive Service ab, und da Frau Büser zu dieser Zeit bereits etwas kürzer trat und nur noch 80% der Zeit arbeitete, suchte ich also Ersatz für sie und dieser Ersatz sollte auch fit in Buchhaltung sein und die gesamte Vorbereitung und Buchung innerbetrieblich erledigen.

Die Referenzen von Frau Mirtloff konnten sich sehen lassen, es befanden sich zahlreiche namhafte Firmen darunter. Zahlreiche? Ein bißchen viele waren das. Warum war sie nirgendwo länger als zwei, drei Jahre beschäftigt?

Egal, das würde sich im persönlichen Gespräch klären.

Die 40jährige sah sehr hübsch aus. Lockiges Haar mag ich sowieso und in das Braun ihrer Haare hatte sich hier und da schon ein graues Härchen verirrt, was auch ganz nett aussah. Ihre Kleidung war geschmackvoll und sah nicht billig aus und überhaupt machte die Frau einen gepflegten Eindruck.
Ich schwieg sie eine Weile an, blätterte zum wievielten Male ihre Bewerbungsunterlagen durch und schaute sie zwischendurch immer mal wieder an.
Das macht die Menschen nervös, ich weiß, aber ich tat das mit Absicht. An der Art, wie sie in dieser wartenden Situation reagieren, kann man meiner Meinung nach schon einiges ablesen.

Frau Mirtloff bewahrte die Ruhe, knetete zwar etwas hektisch ihre Finger, hielt aber meinem Blick stand und bewahrte ich freundliches Lächeln. Keine Spur von Verunsicherung.

„So, und Sie würden sich zutrauen die Buchhaltung für unseren Betrieb mit einem guten Dutzend Mitarbeitern, dem Stammhaus und zwei Filialen abzuwickeln?“

„Ja, das dürfte kein Problem sein, ich war Buchhalterin bei Witzendonk, Hemmerling und Partner, da waren es viermal so viel Mitarbeiter und das habe ich auch hinbekommen.“

„Sind Sie fit in der Backstorm-Finanzsoftware?“

„Ja, klar, die kenne ich gut.“

„Na, dann gehen wir mal durch die Firma und ich zeige Ihnen alles, vor allem das Büro, das unsere neue Kraft dann beziehen soll. Alles ganz neu gemacht, extra für die Buchhaltung.“

„Moment mal, soll das heißen, daß ich hier arbeiten soll?“

„Ja sicher, wo denn sonst?“

„Ich dachte, ich könnte mir die Arbeit mit nach Hause nehmen.“

„Nach Hause? Nee, das kommt nicht in Frage. Sie sollen ja auch die erste Dame im Hauptbüro etwas entlasten und außerdem brauche ich den Buchhalter hier im Haus, schon wegen der ständig notwendigen Kommunikation.“

„Aber Sie haben Laserdrucker!“

„Ja sicher.“

„Das geht gar nicht.“

„Haben Sie eine Allergie, oder was?“

„Nein, wegen der Nanopartikel!“

„Ah, Sie meinen wegen des Tonerstaubs? Da müssen Sie sich keine Sorgen machen, die Laserdrucker und Kopierer stehen im Geräteraum, dort wird die Luft abgesaugt. Wenn Sie wollen, stellen wir Ihren Drucker auch da rein.“

„Nein, die Nanopartikel vom Papier.“

„Papier? Wie jetzt?“

„Haben Sie mal ein Paket Druckerpapier da?“

„Bittesehr, hier ist eins.“

„Sehen Sie, wenn ich das öffne und mit dem Finger über die Schneidkante des Stapels reibe, habe ich weißen Staub auf den Fingern.“

„Jetzt, wo sie’s sagen…“

„Und das sind die geheimen Nanopartikel.“

„Ja, nee, is‘ klar.“

„Ist wirklich so! Haben Sie da noch nie was von gehört?“

„Nein, nicht wirklich. Ich dachte immer, das Papier sei so ganz leicht bestäubt, damit es besser durch die Maschinen läuft, oder so.“

„Nein, das sind Nanopartikel, die von der amerikanischen Regierung auf das Papier gemacht werden.“

„Ach, und warum tun die das?“

„Das Stichwort ist Gedankenkontrolle!“

„Nee, wirklich?“

„Ja, aber sicher doch! Durch diese geheime chemische Substanz bekommen die Amis und die Zionisten Kontrolle über unsere Gedanken.“

„Sie meinen, wenn ich mir ein Blatt Papier auf den Kopf lege, kann George Bush sehen, was ich denke?“

„Ja, und Goldblum.“

„Wer ist Goldblum?“

„Der Weltjude, der das alles hier regiert und kontrolliert, der Herr über alle Systeme.“

„Ich dachte immer, das wäre Bill Gates.“

„Der auch! Sehen Sie, Sie wissen ja doch Bescheid! Der Bill Gates, der finanziert das alles, genau wie die Chem-Trails.“

„Die was?“

„Chem-Trails, diese Streifen hinter den Flugzeugen. Sie sind die sichtbaren Beweise dafür, daß von diesen Flugzeugen Chemikalien versprüht werden.“

„Ach was. Und ich Dummerchen dachte immer, das wären Kondensstreifen, Feuchtigkeit und so…“

„Ja, das sollen wir denken, das ist das Ergebnis der Gehirnwäsche durch die Nano-Partikel auf dem Papier. In Wirklichkeit versprüht die geheime Weltregierung, also Gates, Steve Jobs, Elton John und Goldblum, also diese ganzen Zionisten und Illuminaten da einen Wirkstoff, der uns unfruchtbar macht. Oder haben Sie schon mal einen Chemtrail über Indien oder Afrika gesehen?“

„Hm, ich war zwar schon mal in Indien und ich war auch schon in Afrika, aber jetzt wo sie’s sagen, an Kondensstreifen kann ich mich nicht erinnern. Aber ich bin ja auch schon älter und habe immer viel Rindfleisch gegessen.“

„Sehen Sie! Nur bei uns wird das versprüht. Die wollen, daß wir aussterben, damit die Horden aus den anderen Ländern später unseren Platz einnehmen können.“

„Und wofür soll das gut sein?“

„Wir wissen zu viel.“

„Ich nicht, ich weiß ja nichtmals mehr, ob da in Indien und Afrika ein gestreifter Himmel war.“

„Wir sind denen zu schlau geworden, wir müssen langsam weg und dann kommen die Afrikaner und Asiaten und übernehmen hier alles.“

„Und die sind nicht so schlau?“

„Die werden von Monsanto, das ist der Geheimdienst der geheimen Weltregierung, durch als Düngemittel getarnte Stoffe dumm gehalten.“

„Also, die geheime Weltregierung, in der auch Elton John sitzt, haben noch mal einen noch geheimeren Geheimdienst, also um mit SAT1 zu reden, ist der also geheim-geheim?“

„Ja richtig. Und Elton John ist nach Bill Gates der Schlimmste!“

„Ausgerechnet der, den hör‘ ich so gerne.“

„Ich sag‘ jetzt nichts mehr, ich habe mich schon zu weit aus dem Fenster gelehnt, wenn die das mitbekommen, dann bin ich morgen weg.“

„Wer jetzt? Und wie weg?“

„Die! Und Menschen verschwinden, einfach so, ohne daß es einer merkt.“

„Wie denn?“

„In den Telefonzellen.“

„Was sie nicht sagen!“

„Doch, da öffnet sich der Boden und man ist weg.“

„Gott sei Dank habe ich ein Handy.“

„Um Himmels Willen! Damit setzen Sie sich der Bestrahlung durch die Illuminaten aus. Sie können da gar nichts mehr von mitbekommen.“

„Und dieses Laminat will mich auch holen?“

„Illuminaten heißen die! Das sind Freimaurer, Mormonen, Scientology und wie sie alle heißen.“

„Und Elton John!“

„Der auch! Schon mal ’ne Elton John Platte rückwärts gehört?“

„Ach kommen Sie! Jetzt kommen Sie mir aber nicht mit der Geschichte, daß da satanische Botschaften zu hören sind, das ist doch ein alter Hut!“

„Nein, so dumm bin ich auch nicht, aber da sind Wellen und Schwingungen drauf, das gibt so ein eierndes Geräusch wenn es rückwärts läuft, und mit diesen Wellen werden wir hypnotisiert. Was meinen Sie, warum tagtäglich Elton John überall auf der Welt gespielt wird.“

„So, ja nun, hm, ab wann könnten Sie denn bei uns anfangen?“

„Wie jetzt?“

„Ab wann Sie anfangen könnten.“

„Ab sofort.“

„Au, das ist schade, wir suchen erst ab nächsten Monat jemanden. Schön, daß Sie hier waren.“

Geschichten

Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 8 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 13. März 2015 | Peter Wilhelm 13. März 2015

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22 Kommentare
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Alle Kommentare anzeigen
Claudia
9 Jahre zuvor

Ich hab ne genaue Vorstellung, warum ein Mensch, den ich kenne, keinen Job findet…. diese Beschreibung trifft es sehr genau. Danke dafür 🙂

Konni Scheller
9 Jahre zuvor
Rumpel
9 Jahre zuvor

Endlich eine Erklärung! Nanopartikel! Jetzt weiss ich, warum der eine oder andere Kollege wirres Zeug redet 🙂

misanthropia
9 Jahre zuvor

… und ich dachte echt dass mal anthrax-briefe verschickt wurden… das waren bestimmt auch nur nano-partikel. vom briefpapier. alles eine gigantische verschwörung!!!

Nanny Ogg
9 Jahre zuvor

Du hast eine Eigenschaft, die ich bewundere: Du kannst dem größten Deppen erstaunlich lange zuhören. Bei mir wäre die spätestens nach drei Sätzen draußen gewesen.

turtle of doom
Reply to  Nanny Ogg
9 Jahre zuvor

Verscheuche ein gutes Studienobjekt nie…

Reply to  turtle of doom
9 Jahre zuvor

That’s why!

Reply to  Nanny Ogg
9 Jahre zuvor

Die vom Server errechnete Lesezeit für diesen Dialog liegt bei sechs Minuten.
Was meinst Du, wie wenig das dann in der gesprochenen Version war?
🙂

Frau Katze
9 Jahre zuvor

Und ich mach mir schon ins Hemd, wenn ich mal nen Kettenbrief nicht gleich weiter sende….. xD

turtle of doom
9 Jahre zuvor

Am Schluss hätte ich ihr den Job angeboten – unter der Bedingung, dass sie beweisen kann, nicht im Auftrag von IHNEN zu handeln.

Hrhrhrhrhrrr.

Hash
9 Jahre zuvor

Nebenbei bemerkt finde ich es sehr schön, dass das Kirchenfenster wieder da ist. 🙂

Reply to  Hash
9 Jahre zuvor

Das freut mich, dass es Dir gefällt. Es hatten viele danach gefragt.

Jeanne
9 Jahre zuvor

Nun ja… die Frau glänzt mit ihrem sehr gefährlichen Halbwissen… Wirft einiges Durcheinander und hat anscheinend nicht wirklich den Durchblick…; kein Wunder bei solchen Menschen, dass über sie gelacht wird (und alle anderen gleich mit, die sowas ansprechen)
Wenn man nichts wirklich weiß; dann ist es besser den Mund zu halten… Ansonsten können Google und ein gewisser IQ auch schon sehr behilflich sein… vor allem aber die Fähigkeit selber zu DENKEN 😉

Georg
Reply to  Jeanne
9 Jahre zuvor

Google??? Wird doch auch von denen kontrolliert……………..

SteffKo
9 Jahre zuvor

Ausgedachte Story. Im Ansatz unterhaltsam aber überspitzt dargestellt. Ein bisschen zurücknehmen und es wird glaubwürdiger.

berit
Reply to  SteffKo
9 Jahre zuvor

Amen.

ein anderer Stefan
Reply to  SteffKo
9 Jahre zuvor

Aah ja. Selbst wenn es ausgedacht sein sollte (ich würde mal eher von ausgeschmückt ausgehen, wenn überhaupt), das schlimme dabei ist, dass es solche verwirrten Seelen tatsächlich gibt.

Im übrigen freue ich mich, eine professionelle und nachvollziehbare Kritik zu lesen.

Reply to  SteffKo
9 Jahre zuvor

Hi, nein, die Geschichte ist weder ausgedacht, noch ausgeschmückt, allenfalls durch die Weglassung übrigen Geplänkels gerafft und durch die Mühle der Erinnerung gelaufen. Die gute Frau wohnte nicht weit entfernt und sie hat später tatsächlich einmal für uns gearbeitet und auf dem Friedhof die Kondolenzlisten ausgelegt und Trauerfeiern betreut. In dieser Zeit hat sie einen Hund bekommen. Es war eine schöne Rottweiler-Hündin, die sich eigentlich ihr Sohn, ein Kneipenbesitzer, angeschafft hatte, um damit anzugeben. Die Hündin war aber einfach zu brav, um als gefährlicher Kneipenbesitzer-Beschützerhund zu taugen, also wurde sie an die Mutter abgeschoben. Die Frau hat begonnen, die Hündin nur noch vegetarisch zu ernähren. Nicht etwa mit Hundefutter, das ja sowieso zu einem großen Teil aus pflanzlichen Stoffen gemacht wird, sondern mit selbstgekochten Gemüse. Daraufhin wurde die Hündin leider krank, mager und apathisch. Hilfe holte sich die Frau bei einem Tierarzt. Das war aber kein Tierarzt im herkömmlichen Sinne, sondern einer, der sich „Reverend“ nannte, keine Praxis unterhielt, sondern seine Behandlungen per Post durchführte. Zu diesem Zweck mußte man ein Foto des Hundes kommentarlos… Weiterlesen »

Alex
Reply to  Peter Wilhelm
9 Jahre zuvor

Das traurige ist ja, dass die Frau wahrscheinlich noch auf dem Sterbebett überzeugt davon war, dass an ihrem frühen Tod die Zionisten mit ihren Chemtrails und Nanopartike schuld waren.
Leider kann ich das Denkmuster relativ gut nachvollziehen, da ich in einem davon durchtränkten Umfeld aufgewachsen bin und Jahre gebraucht habe, um mich selber von der Paranoia unzähliger Verschwörungstheorien zu befreien. Aber während ich noch immer finde, dass selbst schuld ist, wenn jemand für sich auf diesem Tripp reiten will, weil es als erwachsener mündiger Mensch theoretisch möglich ist, das Hirn einzuschalten – hört das Spass spätestens dann auf, wenn Tiere oder Kinder mit hineingezogen werden, die sich nicht dagegen wehren können.

Astrid
9 Jahre zuvor

Ich weiß zwar dass es viele dieser wirren Menschen gibt, sehr viele landen irgendwann in Dauerarbeitslosigkeit und wenn ihr Hirn ihnen richtig übel mitspielt irgendwann „freiwillig“ auf der Straße, aber dennoch will es in mein Hirn nicht rein, dass auch viele noch „normal“ funktionierende, ansonsten kluge Menschen auch manchmal so komplett falsch abbiegen können. Man möchte sowas ja nicht wahr haben…

Astrid
9 Jahre zuvor

Ach ja, das Fenster an der Seite mochte ich auch immer sehr 🙂

3-plus-1
9 Jahre zuvor

Also ich weiß nicht was ihr habt, einfach mal das Wissen zu Geld machen und sich auf der anderen Seite bewerben:

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