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Geschichten

Hauke den Lukas!

Also, wenn Sie die Traueranzeige für meinen Mann in die Zeitung machen, dann darf da auf keinen Fall sein Name stehen!“

„Wie bitte? Der Name ist doch essentiell für so eine Anzeige.“

„Natürlich soll der Name drinstehen, aber nicht DER Name.“

„Warten Sie mal, lassen Sie mich mal in die Unterlagen schauen. Also, Ihr Mann hieß Hauke Steiner. Das ist doch ein schöner Name. Warum sollten wir nicht Steiner schreiben?“

„Steiner können Sie natürlich hinschreiben. Steiner ist ein schöner Name, den habe ich gerne angenommen. Ich wollte ja erst einen Doppelnamen, ich bin ja eine geborene Frühweck und meine Schüler kannten mich nur als Frau Frühweck. Aber wir haben die Hochzeit damals extra in die Sommerferien gelegt, weil ich nach den Ferien eine neue Klasse bekommen habe und die brauchten sich dann nicht umgewöhnen. Um den Steiner geht es ja auch nicht, es geht um den Hauke!“

„Hauke?“

„Ist doch schön!“

„Hauke ist aber ein Frauenname! Ich bin Philologin und interessiere mich natürlich auch im pädagogischen Sinne für unsere Muttersprache. Und Hauke ist ein friesischer Frauenname. Fragen Sie mich nicht, was meine Schwiegereltern, Gott hab sie selig, sich dabei gedacht haben, meinem Mann damals ausgerechnet diesen Namen gegeben zu haben.“

„Vielleicht waren die Namen knapp, damals nach dem Krieg?“

„Was?“

„Nur so.“

„Na ja, wie dem auch sei, ich habe ihm gesagt, Du kannst machen was Du willst, mit Deinem Schnurrbart siehst Du eher aus wie Lukas der Lokomotivführer und deshalb nenne ich Dich Lukas.“

„Lukas? Sie haben Ihren Mann also einfach immer Lukas genannt, obwohl er Hauke hieß?“

„Hauke geht ja gar nicht!“

„Egal, mir ist es wirklich egal, aber ich finde an Hauke nichts Schlimmes.“

„Da soll Lukas stehen in der Anzeige.“

„Okay, kein Problem. Obwohl …“

„Obwohl was?“

„Ich meine ja, daß Hauke durchaus nicht nur ein Frauenname ist.“

„Was? Sie als Bestatter wollen mir als Philologin erklären, wie die deutsche Sprache funktioniert? Ich habe Deutsch, Sport und Erdkunde auf Lehramt studiert!“

„Da kann ich nicht mithalten, ich habe bloß Psychologie, Germanistik und Linguistik studiert, unter anderem.“

„Wie jetzt? Sie sind doch Bestatter!“

„Und? Unsere Bundeskanzlerin ist Physikerin, der Bundespräsident ist Pastor und die Kassiererin bei ALDI ist Friseuse! Wer arbeitet schon in seinem gelernten Beruf?“

„Ja aber Hauke ist trotzdem ein Frauenname.“

„Es ist die friesische Form von Hugo.“

„Was? Wie kommen Sie denn auf sowas? Das ist nordisch, so wie Frauke!“

„In Frauke steckt ja auch das Wort Frau schon drin, es bedeutet soviel wie kleine Frau, Frauchen sozusagen. Aber Hauke ist ein Name, der friesisch für Hugo steht und durchaus auch mal für Mädchen genommen wird. Aber an sich ist das meiner Meinung nach eher ein Männername.“

„Nix da, der heißt Lukas!“

„Kein Ding, ihm kann es nichts mehr schaden, wenn das jetzt auch so in seiner Todesanzeige steht, machen wir gerne.“

„Sie sollten das mal nachlesen! Ich habe nämlich recht!“

„Sicher, Sie sind ja auch Lehrerin!“

„Eben!“


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

keine vorhanden

Geschichten

Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 28. Oktober 2014 | Peter Wilhelm 28. Oktober 2014

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Picho
9 Jahre zuvor

Der „Schimmelreiter“ von T. Storm scheint wohl im Germanistikstudium nicht mehr vorzukommen…

Reply to  Picho
9 Jahre zuvor

Das dachte ich auch.

Immerhin habe ich aus dem Buch meinen Namen. Diese Frau hätte ich direkt wieder abgeschossen.

turtle of doom
9 Jahre zuvor

Gnihihihihihi. Nach dem Krieg waren die Namen knapp. 😀

Lochkartenstanzer
Reply to  turtle of doom
9 Jahre zuvor

Und ich dachte immer, nach dem Krieg sind viel Namen wieder freigeworden.

Und natürlich haben Lehrerinnen immer recht.

9 Jahre zuvor

Da gibt man sich alle Mühe, die Vorurteile, die man gegenüber Lehrern hegt, abzulegen, und dann kommt ein Lehrer des Weges…

Georg
9 Jahre zuvor

Gott weiss alles
Lehrer wissen alles Besser

😉
Namen sind nur Schall und Rauch
Meine Mutter wurde unter dem Namen Marie-Luise gemeldet und getauft aber sie wurde zeit ihres lebens immer Mariechen genannt,selbst Schreiben von Behörden und ihr BPA machten dort keine Ausnahme,die Geburtsurkunde war das einzige Dokument auf dem ihr eigentlicher Name vermerkt war

Rita Eva Neeser
9 Jahre zuvor

Wie lange war der arme Hauke-Lukas mit diesen süssen Weibchen verheiratet? 🙂

Einer der beliebtesten Politiker in der Schweiz heisst Adolf – der liess sich nicht in Lukas umtaufen

Georg
Reply to  Rita Eva Neeser
9 Jahre zuvor

2012 oder 2013 konnte man in der hiesigen Zeitung in den Geburtsanzeigen lesen das die Eltern des kleine Adolf erfreut seien über seine Ankunft,scheint wieder im kommen zu sein der Name oder Opa hat viel,sehr viel zu vererben *Brrrrr*

LeaMaximoon
9 Jahre zuvor

Nach dem Krieg waren die Namen knapp….. klasse! 😀 😀

Solange nicht Namen wie Gkgfkfnbd dabei rausgekommen sind…
oder immer noch zuviele Adolfs nach dem Krieg übrig geblieben sind … 😉

Chris
9 Jahre zuvor

so „Änderungen“ gibt es öfter – ich kenne einen „Reinhart“, dem das „t“ nicht gefiel und er sich immer „Reinhard“ nannte.

Während der 1000 Jahre gab es auch kuriose Vornamen. Ich weiß von einem Herrn, der „Karl, der Große“ im Pass stehen hat!

Big Al
9 Jahre zuvor

“Vielleicht waren die Namen knapp, damals nach dem Krieg?”

“Was?”

“Nur so.”

Hahaha. Danke.

Zegge
9 Jahre zuvor

Wenn ich bei solchen Sturköpfen nicht gleich an die Decke gehen würde, würde ich gerade auf dem Boden liegen vor Lachen.

Dennoch danke dass wir daran teilhaben dürfen, groooooßartig *hihi*

janndh
9 Jahre zuvor

Seltsame Namen gibts mehr als genug.

Zb sitzt oder saß bis letzes Jahr ein Gajus Julius Cäsar.

Rainer Zufall ist auch ein echter Name.

Und nach dem Krieg waren es wohl richtig schlimm, mein Opa hat mal rausgehauen: damals in Dresden nach dem Krieg wir waren so arm, wir mussten sogar unsere Kinder selber machen 🙂




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