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HIV und Hepatitis – Aufbahrung möglich?

Mein Name ist N. und vor einer Woche ist mein Bruder gestorben.
Wir wollten Abschied nehmen, aber der Bestatter hat das abgelehnt mit der Begründung, dass mein Bruder HIV und Hepatitis C hätte.
Meine Frage ist: War das richtig so oder gab es eine Möglichkeit des Abschieds mit offenen Sarg .
Ich bedanke mich für Ihre Zeit und eine Antwort
Mit freundlichen Grüßen
N.

Heutzutage ist eine kurze Abschiednahme am Sarg bei Vorliegen von HIV und HVC unter streng kontrollierten Bedingungen möglich.
Ein Kontakt mit dem Verstorbenen und mit der Innenseite des Sarges ist zu vermeiden.

Gemäß dieser Vorstellungen würde man als Bestatter die Angehörigen zur Abschiednahme begleiten, den Sarg kurz öffnen und bis zum Ende der Abschiednahme dabei bleiben. Eventuell würde man noch Einweghandschuhe an die Familie ausgeben und eine Desinfektion sicherstellen.

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Das weiß aber nicht jeder Bestatter. Und nicht jeder Bestatter muß mit diesen Abläufen vertraut sein.
Grundsätzlich ist die Haltung der Bestatter bei einem sogenannten „infektiösen Verstorbenen“, Vorsicht walten zu lassen und meist eine Aufbahrung oder Abschiednahme am Sarg abzulehnen. So wird und wurde das auch gelehrt und empfohlen.
Ein Bestatter, der so vorgeht, macht also im Rahmen seiner Möglichkeiten alles richtig.

Grundsätzlich gilt aber, daß der Verstorbene dem Bestatter nicht gehört oder er der alleinige Verfügungsberechtigte ist. Als Familie kann man nachbohren und mit etwas Druck seine Wünsche umsetzen. Im Zweifelsfall hilft ein Anruf beim Gesundheitsamt, um sich aufklären zu lassen, was geht und was nicht geht.

Ich würde also das Verhalten des Bestatters nicht als falsch bezeichnen. Er hat im Sinne der öffentlichen Hygiene alles richtig gemacht.
Mit etwas mehr Aufwand und know-how hätte man aber auch Ihren Wunsch kontrolliert erfüllen können.

Auf der anderen Seite geht der Bestatter ein großes Risiko ein.
Die Kommunikation zwischen Krankenhäusern und Bestattern ist oft nur minimal.
Bei anderen Hepatitisformen, beispielsweise Hepatitis B und E ist eine Aufbahrung im offenen Sarg nicht möglich.

Kommt es durch die Aufbahrung eines infektiösen Verstorbenen zu Problemen, steht der Bestatter unter Umständen in der Haftung, was bis hin zur Untersagung seines Gewerbes gehen kann.

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Deshalb stehen über 4.000 Artikel in dieser Rubrik hier. Nach und nach, so wie ich die Zeit finde, räume ich hier auf.

Lesezeit ca.: 2 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: | Peter Wilhelm 27. Juni 2017

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13 Kommentare
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6 Jahre zuvor

Wozu der Aufwand? Der Tote schwitzt doch keine Viren aus. Zu Lebzeiten konnte man sich auch nur über Körperflüssigkeiten anstecken, und die wird man mit dem Toten wohl nicht austauschen.

Christina
Reply to  Peter Wilhelm
6 Jahre zuvor

@Peter Wilhelm:

Danke für die Aufklärung.

Jetzt lese ich schon seit ca 10 Jahren Dein Blog, dachte, ich kenne fast alles, aber darauf wäre ich nicht gekommen.

Reply to  Peter Wilhelm
6 Jahre zuvor

@Peter Wilhelm:
Danke für deine Antwort. Ich halte die Gefahr dennoch für gering. HIV braucht eine recht hohe Viruslast zur Übertragung, selbst wenn man mit Körperflüssigkeiten in Kontakt kommt. Körperflüssigkeiten heißt in diesem Fall vor allem Blut und Sperma, beides wird eher nicht der Fall sein. Alle anderen Körperflüssigkeiten haben normalerweise eine zu geringe Viruslast. Dazu müsste auch eine geeignete Eintrittspforte vorhanden sein, die bei intakter Haut der Angehörigen nicht gegeben ist.
Natürlich ist Vorsicht besser als Nachsicht, aber man muss hier auch nicht den Teufel an die Wand malen.
Eine Abschiednahme wegen HIV zu verwehren halte ich für übertrieben. Eventuell wäre es für die Bestatter sinnvoll sich zum Thema Infektionskrankheiten mit dem örtlichen Hygieniker des Krankenhauses zusammen zu setzen und für die gängigen Krankheiten eine Übersicht der Maßnahmen zusammen zu stellen.

Ingrid Hoerner
6 Jahre zuvor

Grundsätzlich gilt aber, dass der Verstorbene dem Bestatter nicht gehört oder er der alleinige Verfügungsberechtigte ist. Ja, so ist es, aber das muss der Angehörige erst einmal wissen! Als Familie kann man nachbohren und mit etwas Druck seine Wünsche umsetzen. Im Zweifelsfall hilft ein Anruf beim Gesundheitsamt, um sich aufklären zu lassen, was geht und was nicht geht. Hier liegt der Hund begraben, denn dazu sind die meisten Menschen in dieser Situation eben nicht in der Lage und das wird entsprechend vom Bestatter oder auch anderen Institutionen ausgenutzt. Ich habe das vor vielen Jahren bei folgender Situation selbst erlebt. Die Ehefrau hatte mit dem Pfarrer eine Verabschiedung (Trauerfeier) abgesprochen und es gab dann kurz vorher von einigen Herren, die zusammen mit dem Verstorbenen im Schützenverein waren eine wirklich tolle Idee. Man wollte den Verstorbenen durch die Trauerhalle zum Ausgang bis zum Bestatterfahrzeug tragen und dort selbst einladen. Dazu war angedacht, dass die anderen Personen aus dem Schützenverein das letzte „Halali“ blasen würden. Für meinen Bestatter und mich, wäre diese Änderung, den Wagen nach vorne an… Weiterlesen »

Ingrid Hoerner
Reply to  Peter Wilhelm
6 Jahre zuvor

@Peter Wilhelm: Lieber Peter, wenn es nicht so häufig vorkommen würde, dann wäre es sicherlich auch nicht immer wieder Thema in diversen TV-Recherchen. Ich bin ja genau wie Du der Meinung, dass man sich frühzeitig, im besten Falle eben wenn der Sensenmann noch nicht in der Tür steht, um das Thema kümmern sollte. Dann ist der Verstand klar und man kann in Ruhe sich bei verschiedenen Bestattern beraten lassen und Preise geben lassen. Ich sehe das Problem aber auch immer darin, dass die Menschen versuchen Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Sie haben eben nicht den fachlichen Hintergrund. Zum Testen hatte ich mal eine Dame in einem Ort dazu gebeten es für sich selbst zu versuchen und sie hat mir dann letztlich mitgeteilt: „Frau Hoerner, ich werde aus den diversen Angeboten nicht schlau, denn jeder versucht es mir anders schmackhaft zu machen, dass ich bei ihm einen Vorsorgevertrag abschließen soll.“ Dabei wollte sie doch nur ein Angebot für die „günstigste“ Möglichkeit einer Feuerbestattung mit einem ganz einfachen Sarg ohne Feier haben. Die Preise lagen dann bei… Weiterlesen »

Petrus
6 Jahre zuvor

oh, so etwas kenne ich aus meiner beruflichen Vergangenheit (Reisereklamationen). Nach der Reise reklamiert Kunde: „Beim Veranstalter XY wäre es viel billiger gewesen. Ich fordere Sie auf, uns den Differenzbetrag in Höhe von … umgehend zu überweisen!“

Unser Textbaustein: „Sie hatten vor Ihrer Buchung die Möglichkeit eines linearen Preisvergleichs …“
🙂

Petrus
6 Jahre zuvor

vorab: mein obiger Kommentar war eigentlich für den thread der angeblichen Kölner Abzocke gedacht – ich hatte mich von den neuesten Kommentaren hier dazu verleiten lassen, das hier zu schreiben, und nicht dort. sorry.
——————–
Nun aber zum Thema: Man kann nicht vorsichtig genug sein. Beispiel. In der Kirche, in der ich Mesner war, gab es eine „Fürstengruft“ mit 26 Särgen. 25 Särge Zinn, einer aus Holz, abgeschlossen. Das war der „Transportsarg“ eines Markgrafen, der im 18. Jahrhundert in Italien an der Pest gestorben war. Pfarrer und ich, beide historisch interessiert, haben uns gesagt: Wir brauchen eigentlich nur einen Schlosser, dann können wir da mal nachschauen, wie es so drinnen im Sarg ausschaut. Vorsichtshalber vorher noch einen Arzt gefragt und Sachverhalt geschildert.

Arzt: „Sarg nicht öffnen! Pest-Sporen können noch nach Jahrhunderten aktiv sein!“

Reply to  Petrus
6 Jahre zuvor

@Petrus:
Y. pestis ist auch eine ganz andere Baustelle als HIV. Daher meine Empfehlung an die Bestatter sich mit einem Hygieniker zusammen zu setzen und die entsprechenden Maßnahmen für Infektionskrankheiten zu bestimmen. Dadurch kann man zum einen den Schutz für Personal und Angehörige sicherstellen, wie auch einen würdigen Abschied ermöglichen.

Josef
6 Jahre zuvor

Ist es nicht so, das irgendwann nach Eintritt des Todes auch die Viren im Körper absterben?
Hat mir mal ein Amtsarzt bei der zweiten Leichenschau erzählt.

Siv
6 Jahre zuvor

Und wieder mal sehr spannend diesen Blog zu lesen, das war mir so nicht klar. Vor allem nicht, dass es bei unterschiedlichen Formen der Hepatitis unterschiedlich streng gehandhabt werden muss. Aber ich bin auch nicht vom Fach. Danke jedenfalls für diesen Blog!!!




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