DIREKTKONTAKT

TV/Medien

Journalismus ist nicht leicht.

Die „Neue Presse – Coburg“ unterhält eine Rubrik, in der sich „aufgeregte Leserinnen und Leser“ mit ihren Anliegen an eine „Leseranwältin“ wenden können.
So etwas haben viele Zeitungen und Radiosender und sehr häufig werde ich von den Journalisten kontaktiert, um ihnen die Zusammenhänge zu erläutern (denn von der Bestattungsbranche versteht ja kaum jemand was) und ein Interview abzugeben.

So fragte also die „Neue Presse“

Wie bereits besprochen, sende ich Ihnen ein paar Fragen zu, welche uns eine aufgeregte Leserin stellte. Anlass hierfür waren die aus Berlin nach Polen verschwundenen Särge.

1. Wie kann es passieren, dass ein Leichenwagen geklaut werden kann?
2. Wie kann es sein, dass es Bestatter gibt, bzw. es schaffen, teuer gekauften Särge gegen billigere austauschen?
3. Arbeiten mehrere Personen für solche illegale Vorhaben zusammen oder ist es die Tat eines Einzelnen?
4. Wie kann man sich als Bürger gegen solches schützen?
5. Gibt es Prüfer, Richtlinien oder Gesetze für Bestatter?

Ich habe mir viel Mühe gegeben und eine halbe Stunde meiner Lebenszeit in die Beantwortung der Fragen investiert. Meine Antworten sind etwas ausführlich, weil ich ja nie weiß, wie viel Platz die jeweils anfragende Zeitung dem Ganzen später einräumt. Einmal hatte ich auf knappe Fragen knapp geantwortet und dann hatte man 3 x 4 cm Text daraus gemacht und ein Foto von mir fast A5-groß daneben gepackt…

Also schrieb ich der „Neuen Presse“:

1. Wie kann es passieren, dass ein Leichenwagen geklaut werden kann?

Bei den gestohlenen Bestattungsfahrzeugen handelte es sich um von außen ganz herkömmliche weiße Transporter ohne Aufschrift. Die Diebe aus Polen hatten es im aktuellen Fall ganz offensichtlich auf die Fahrzeuge an sich abgesehen und dürften über die Beladung eher weniger erfreut gewesen sein. Die Fahrzeuge standen leicht zugänglich auf dem Hof einer Überführungsfirma.
Aber ansonsten sind natürlich auch ganz normale Leichenwagen nicht davor gefeiht, von Dieben entwendet zu werden, wenngleich die Wahrscheinlichkeit eher als sehr gering einzustufen ist. Der Markt für gestohlene Leichenwagen ist nur sehr begrenzt und zudem haben die Fahrzeuge oft aufgrund ihrer Beschriftung und Aufmachung einen zu hohen Wiedererkennungswert.

2. Wie kann es sein, dass es Bestatter gibt, bzw. es schaffen, teuer gekauften Särge gegen billigere austauschen?

Es werden pro Jahr in Deutschland ca. 820.000 Bestattungen zur absoluten Zufriedenheit der Kunden von fast 7.000 Bestattern durchgeführt. Eine vor geraumer Zeit durchgeführte Umfrage ergab, daß unter denjenigen, die selbst schon einmal eine Bestattung in Auftrag gegeben haben, der Grad der Zufriedenheit bei weit über 90% liegt. Diejenigen hingegen, die selbst noch nie etwas mit einem Bestatter zu tun hatten, geben zu 80% an, Bestatter seien Betrüger und Abzocker.
Von diesen Leuten hört man auch immer wieder die Behauptung, Bestatter würden Särge austauschen.
Es soll auch tatsächlich so etwas im Einzellfall schon mal gegeben haben. Vom Ablauf her wäre das so vorstellbar, daß der Sarg, nachdem die Trauerfeier stattgefunden hat, vor der Fahrt zum Krematorium gegen ein preiswerteres Modell ausgetauscht wird.
In der Realität ist es aber so, daß für Feuerbestattungen ohnehin keine wirklich teuren Särge Verwendung finden. Der Gewinn, den ein Bestatter machen würde, wenn er einen Sarg für 400 Euro gegen einen für 300 Euro austauschte, wäre so gering, daß der Aufwand, die Leiche zusätzlich hin- und her zu fahren, sie umzubetten und den bereits gebrauchten Sarg wieder aufzuarbeiten, sich nicht lohnen würde.

3. Arbeiten mehrere Personen für solche illegale Vorhaben zusammen oder ist es die Tat eines Einzelnen?

Man kann ein Bestattungsunternehmen nicht alleine betreiben, die Anatomie und das Gewicht eines Menschen erfordern zum Transport und Einbetten immer eine weitere Person. Würde jemand also solche Machenschaften durchführen wollen, bräuchte er zumindest einen Helfer.

4. Wie kann man sich als Bürger gegen solches schützen?

Es sind keine besonderen Maßnahmen notwendig, da man in aller Regel überall in Deutschland auf anständige Bestatter treffen wird. Wichtig ist es, sich mit Freunden und Verwandten darüber auszutauschen, mit welchen Bestatter sie zufrieden waren. Besondere Vorsicht wüde ich persönlich bei den Billigbestattern aus dem Internet walten lassen und bei den Bestattern, die mit sensationell günstigen Preisen werben.

5. Gibt es Prüfer, Richtlinien oder Gesetze für Bestatter?

Jedes Bundesland hat ein eigenes Bestattungsgesetz, jeder Friedhof eine eigene Friedhofssatzung. Überdies gibt es die Norm DIN EN 15017 über das Bestattungswesen. Aufgrund dieser Gesetze, Satzungen und Richtlinien arbeiten die Bestatter.
Bestatter sind der jeweiligen Handwerkskammer in Rolle A oder B angeschlossen, es gibt teilweise Innungen und eine Kontrolle durch die staatlichen Behörden.
Inwieweit die Arbeit der Bestatterverbände hier wirklich eine Kontrollfunktion ausübt, wird höchst unterschiedlich gesehen.

Grundsätzlich sollte man sich zu Lebzeiten umfassend informieren, wenn man nicht aktuell von einem Trauerfall betroffen ist, dann treffen einen die zu fällenden Entscheidungen nicht unvorbereitet und man schlittert auch nicht kopflos durch das ganze Verfahren. Trauernde sind oft nicht in der Lage, selbst zu entscheiden, was sinnvoll und notwendig ist. Deshalb auch der Rat, eine nicht betroffene Person mit zum Beratungsgespräch zu nehmen.

So, und das hier erschien dann in der „Neuen Presse“:

Sorge um ordnungsgemäße Bestattung
Eine NP-Leserin hat eine Frage zur Feuerbestattung. Sie ist besorgt, dass der für den Verstorbenen teuer gekaufte Sarg auf dem Weg ins Krematorium gegen einen billigeren Sarg ersetzt werden könnte. Die NP fragt zunächst Toni Hanrieder vom Bestatterverband Bayern. Toni Hanrieder vom Bestatterverband Bayern versichert, dass diese Besorgnis völlig unangebracht sei.

Peter Wilhelm, Publizist mit langjähriger Erfahrung im Bestattungswesen erläutert darüber hinaus: „Es werden pro Jahr in Deutschland rund 82 000 Bestattungen zur absoluten Zufriedenheit der Kunden von fast 7000 Bestattern durchgeführt.“

Die Behauptung, Bestatter würden Särge austauschen werde immer mal wieder laut. So etwas sei im Einzelfall wohl auch schon einmal vorgekommen. Normalerweise sei es aber so, dass für Feuerbestattungen ohnehin keine wirklich teuren Särge Verwendung finden würden. Wilhelm: „Der Gewinn, den ein Bestatter machen würde, wenn er einen Sarg für 400 Euro gegen einen für 300 Euro austauscht, wäre so gering, dass der Aufwand, die Leiche zusätzlich hin- und her zu fahren, sie umzubetten und den bereits gebrauchten Sarg wieder aufzuarbeiten, sich nicht lohnen würde.“

Um sich zusätzlich zu vergewissern, sei es allerdings immer von Vorteil, ein zertifiziertes Bestattungsunternehmen zu wählen.

Zunächst einmal vermisse ich die notwendige Sorgfalt. Es werden in Deutschland nicht nur 82.000 sondern zehnmal mehr Sterbefälle, nämlich 820.000 im Jahr abgewickelt.
Und der Zusatz, „es sei ein Vorteil, ein zertifiziertes Bestattungsunternehmen zu wählen“ stammt auch nicht von mir, sondern offenbar von dem eingangs zitierten T. Hanrieder, denn ich bin da völlig gegenteiliger Meinung.
Ich sage immer wieder, daß kein Abzeichen, kein Qualitätslogo und kein „Zertifikat“ garantiert, daß die Angehörigen anständig behandelt werden und daß es sich bei diesem Bestatter nicht um einen Muschniknurks handelt.

Gehen wir einmal liebevoll davon aus, daß es alle Bestatter gut mit ihren Kunden meinen und vom Grundsatz her ehrliche Menschen sind. So muß es doch einen Auslöser dafür geben, daß manche, wenige versuchen, ihre Kunden „über den Tisch zu ziehen“. Da es sich nicht um die Lust am kriminellen Tun handelt, wovon wir einfach mal ausgehen dürfen, wird es der Versuch sein, mehr Geld aus einem Sterbefall herauszuziehen.
Der Grund dafür kann reine Gier sein, ist aber in den meisten Fällen reine Verzweiflung. Wegbrechende Aufträge, sinkende Sterbezahlen, aktive Konkurrenz in der Nähe, alles das kann ein Grund dafür sein, daß ein Bestatter auf knurksige Gedanken kommt. Das soll nichts beschönigen, beileibe nicht! Es soll nur sagen, daß das jedem Bestatter so gehen könnte und somit quer durch die Republik jede Art von Bestatter rein theoretisch in Frage käme. Und Not, kriminelle Energie und böses Tun erwachsen aus Situationen und aus Menschen heraus, unabhängig davon, ob man nun eine Landesbestatterzettelchen an der Tür hat oder nicht.

Wenn ich immer wieder lese, wie sehr doch Verbandsabzeichen angeblich vor Abzockerei schützen, bekomme ich Lust, alle ruchbar gewordenen Fälle der letzten Jahre mal nachzurecherchieren, um herauszufinden ob und ggf. wie viele der Abzocker evtl. doch in einem Berufsverband Mitglied waren.

In „TV / Medien“ veröffentliche ich Berichte über TV-Sendungen und Medienerwähnungen zum Thema Bestattungen.

Lesezeit ca.: 9 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: | Peter Wilhelm 3. November 2012

Lesen Sie bitte auch:


Abonnieren
Benachrichtige mich bei
10 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Lichtstrahl
11 Jahre zuvor

Hallo Tom, warum lässt du dir nicht Korrekturfahnen zum gegen lesen schicken? Es ist doch ärgerlich, wenn der eigene Text so verquer dargestellt wird. Ich finde es aber gut, wenn Journalisten sich an so einen sachlichen und seriösen Fachmann wie dich, wenden können.

11 Jahre zuvor

Ja, Journalisten sind wirklich schlimm – ich war auch mal eine – aber am Ende des Tages doch nur Menschen. Wetten, der gute Schreiberling hat sich nichts Böses dabei gedacht, die beiden Quellen irgendwie zu einer zu vermengen und dann war es ja auch schon 16.30 Uhr und das Ding musste raus…ICH hätte das damals natürlich peinlichst auseinander gehalten, aber wie bei den Bestattern gilt auch bei den Journalisten: Gütesiegel (in dem Fall eine richtig echte Zeitung mit Verlagshaus dahinter) bringen nicht immer was…;-)

Skrenn
11 Jahre zuvor

Sowohl im beruflichen Bereich als auch privat habe ich zuweilen mit der Presse zu tun bzw. werde mit Artikeln konfrontiert, zu deren thematischen Inhalt ich umständehalber mehr Hintergrundinformationen habe. Ich bin regelmäßig entsetzt über die Darstellung und inhaltliche Verfremdung dessen, um was es geht. Von der Hüpfer-Presse (ihr wisst schon…) erwartet man ja eigentlich nichts anderes, aber die wird ja auch nur wegen des vermeintlich guten Sportteils gelesen. Und auch von den im örtlichen Anzeigenblatt veröffentlichten Artikeln erwarte ich nicht ernsthaft mehr journalistische Qualität, denn die kann der eingesetzte Praktikant wohl nicht liefern. Aber auch die so genannten seriösen Medien hängen da ziemlich durch. Die Gründe interpretiere ich vielfältig: Ein fachfremder Laie muß ein komplextes Thema, welches er selbst nicht richtig versteht, auf wenig Platz einer Masse Mensch vermitteln, er muß einen Interesse weckenden Ansatz finden, der je nach Ausrichtung des Mediums auch mal etwas reißerischer sein darf oder aber das Thema ist ein lästiger Lückenfüller und muß zeitsparend abgearbeitet werden. Aus meiner Erfahrung heraus rege ich mich schon lange nicht mehr über journalistisch vermittelte… Weiterlesen »

ein anderer Stefan
11 Jahre zuvor

Regionale Tageszeitungen sind vom Niveau her oft nicht viel über der Sensationspresse anzusiedeln, weil man offenbar meint, da mithalten zu müssen. Mitunter meint der Chefredakteur auch noch, Politik betreiben zu müssen oder hat seine eigene Agenda. Wenn das Blatt dann auch noch keine ernsthafte Konkurrenz hat, führt das auch nicht zu einer Verbesserung des Niveaus. Über allem schwebt das Damoklesschwert des Kostendrucks, der dazu führt, dass „freie“ Mitarbeiter mit schlechter Bezahlung die Arbeit machen. Ich wundere mich schon lange nicht mehr über die Qualität der Presse.

Konni Scheller
11 Jahre zuvor

Die Coburger Neue Presse hatte ich auch schon (leicht) unangenehm kennengelernt. Ich mag es nicht, wenn Fotos von mir veröffentlicht werden, die dann lediglich mit „Foto: red“ gekennzeichnet werden. Auf Nachfrage gab es dann „Das ist bei uns so Usus“. Toll. 🙁

Name
Reply to  Konni Scheller
11 Jahre zuvor

Interessehalber: Weswegen stört Sie das, und was würden Sie stattdessen erwarten?

Ma Rode
Reply to  Name
11 Jahre zuvor

@Name: vielleicht erwartet der im Artikel Erwähnte die Nennung seines Namens als Urheber. Es gibt ja sowas wie Persönlichkeitsrecht oder Recht am eigenen Bild Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Recht_am_eigenen_Bild.

Chris
11 Jahre zuvor

…Zeitungen, auch seriöse, schreiben oft einen Riesenmist. Ich sehe es daran, dass ich mich beruflich – genau wie TOM – auf einem bestimmten Gebiet sehr gut auskenne. Was darüber oft in den Zeitungen steht – da mag man gar nicht daran denken, wie das bei anderen Themen ausschaut…

Und da sind sie wieder – die RIESENMARGEN der Bestatter: Wenn 7000 Betriebe von 82000 Bestattungen im Jahr leben können – man, das sind Gewinnspannen… 😉

Der Hanrieder hat hier eigentlich einen guten Ruf – ist halt in allen möglichen einschlägigen Verbänden. Immerhin einer der wenigen größeren hier, die noch nicht von Eichenlaub aufgekauft wurden.

Winnie
11 Jahre zuvor

Leider sieht man diese journalistischen „Glanzleistungen“ immer wieder und auch bei sämtlichen schnell gemachten Sendungen im TV über Technik oder was auch immer kann man das feststellen.

Es werden flux Meilen mit Kilometern und Fuß mit Metern usw. vertauscht. Dabei müsste z. B. selbst einem völlig blöden Berichtschmierer einleuchten, dass man wohl eher einen 10 Fuß hohen Turm in seinen Garten stellt als einen 10 Meter hohen. Einfach nur ärgerlich diese Schmierlappen. 😉

Astrid
11 Jahre zuvor

Hm, hast du denen geschrieben dass die die offensichtlich falsch zusammen gefassten Stellen nachträglich korrigieren sollen? Würde ich zumindest versuchen dass das so nicht stehen bleibt. Notfalls müssen die halt nochmals und korrigiert schreiben. Ist das online oder gedruckt erschienen?




Rechtliches


10
0
Was sind Deine Gedanken dazu? Kommentiere bittex
Skip to content