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Kommunale Bestatter

Fehler durch Lektorin Alexandra bereinigt.

Daß uns freien Bestattern die stadteigenen Bestattungsinstitute ein Dorn im Auge sind, konnte man schon mehrfach hier lesen. Es mag Zeiten gegeben haben, in denen es richtig war, den steigenden Ansprüchen und Erkenntnissen im Gesundheits- und Hygienewesen durch die Schaffung städtischer Krankenhäuser, dem Bau von Krematorien und der Einrichtung städtischer Bestattungsinstitute zu begegnen. Jedoch haben viele dieser Einrichtungen ihren Sinn heutzutage längst verloren, ihre Pfründe werden aber oft durch Bestimmungen aus Bismarcks Zeiten weiterhin geschützt und aus rein wirtschaftlichen Erwägungen heraus weiter verteidigt.

Dabei sind die meisten kommunalen Bestatter längst kein „Amt“ der Stadt mehr, sondern eigenständige Wirtschaftsbetriebe oder wie es manchmal im Stadtdeutsch auch heißt, wirtschaftlich orientierte Eigenbetriebe. Besonders günstig oder leistungsstark sind diese Unternehmen nach meinem Dafürhalten in der Regel nicht. Jedoch werden ihnen oft Standortvorteile und Vergünstigungen eingeräumt, von denen freie Bestatter nur träumen können. Die Beratungsbüros befinden sich oft in besonders lukrativer und exponierter Lage direkt am wichtigsten Friedhof, auf diesen Friedhöfen existieren oft besondere Einrichtungen, wie Kühlkammern, Einbettungsräume usw., die von freien Bestattern nicht genutzt werden können und innerhalb der städtischen Krankenhäuser und Altenheime gibt es zum städtischen Bestatter mannigfaltige Verflechtungen.

Bestatter beklagen, daß die amtlichen Stellen, also das Friedhofsamt, die Ortspolizeibehörde, der Magistrat usw. das städtische Bestattungsunternehmen teilweise ganz unverblümt bevorzugen. Ausschreibungen finden nicht statt, heißt es und behördlicherseits wird oft so getan, als gäbe es die freien Bestatter überhaupt gar nicht.

Dabei stehen diese städtischen Bestatter, als reiner Gewerbebetrieb, unter starkem wirtschaftlichen Druck. Erst vor gar nicht allzu langer Zeit mußten sich die Landschaftsgärtnerei-Betriebe einer süddeutschen Stadt vor Gericht dagegen wehren, daß das Friedhofs- und Grünflächenamt seine Leistungen nun auch Privatleuten anbieten wollte.
Der wirtschaftliche Eigenbetrieb „Stadtgrün“ wollte mit seinen aus Steuermitteln finanzierten Maschinen und Fahrzeugen und einer großen Truppe von ABM-Mitarbeitern Gärten von Privatleuten und Grünflächen von Firmen pflegen.
Damit hätte sich die Stadt in direkte Konkurrenz zu den seit Jahrzehnten etablierten Gärtnereiunternehmen begeben und für manches wäre das eine wirtschaftliche Katastrophe gewesen.

Ein Gärtnermeister schimpfte: „Überall wuchert das Unkraut weil die Stadt kein Geld hat, die eigenen Grünanlagen zu pflegen und uns wollen sie die Arbeit wegnehmen, eine Unverschämtheit.“

In Österreich treibt dieses Spiel noch tollere Blüten:

Die Stadt Amstetten betreibt ebenfalls ein eigenes Bestattungsunternehmen, für Österreich an sich nichts Ungewöhnliches. (Siehe Bestattung Wien.)
Dieses Amstettener Bestattungsunternehmen „Tempora“ gibt sich aber nicht damit zufrieden, in der eigenen Stadt auf dem Markt mitzumischen, sondern zeigt derzeit intensive Tendenzen, auch in andere Städte zu expandieren. Damit zeigt man deutlich, daß man nicht das immer wieder vorgeschobene „Wohl des Bürgers“ im Auge hat, sondern rein den kommerziellen Erfolg und die Gewinnmaximierung.

Man suchte und fand in der Stadt Waidhofen geeignete Räumlichkeiten, um auch dort Bestattungen anzubieten.
Es gab zwar schon länger eine Präsenz, aber die war stets unbesetzt, jetzt soll in den neuen Räumlichkeiten eine „Tempora“-Angestellte Dienst tun.

Zwar äußert sich der örtliche Bestatter gelassen und sieht in „Tempora“ keine ernstzunehmende Konkurrenz, denn schließlich sei er rund um die Uhr dienstbereit, persönlich ansprechbar und könne somit einen Service bieten, den die städtische Konkurrenz aus Amstetten nicht bieten könne. Aber vielleicht ist das auch nur das sprichwörtliche Pfeifen im dunklen Wald.

Die Erfahrung zeigt, daß jede Filiale eines Kettenbestatters, wie beispielsweise der „Pietät Eichenlaub“ oder der städtischen Betriebe auch Kunden anzieht. Oftmals versprechen sich diese, eben wegen des Kettencharakters und der eingeschränkten Servicepalette einen besonders günstigen Preis, den die Unternehmen aber meistens gar nicht bieten.
Und jeder Kunde, der von einer solchen Krake angezogen wird, geht den niedergelassenen Traditionsunternehmen verloren, was vor dem Hintergrund sinkender bzw. stagnierender Sterbezahlen und stetig steigender Kosten selbst für ein alteingesessenes Unternehmen eine schwerwiegende wirtschaftliche Krise auslösen kann.

Es geht den Bestattern nicht darum, daß sie keine Konkurrenz wollen, sondern sie monieren, daß diese kommunale Konkurrenz oft unter besonders vergünstigten Bedingungen arbeite. „Das fängt schon bei der Bearbeitung der Sterbeurkunden an“, weist ein Bestatter hin: „Wir sitzen mit unseren Urkunden auf dem Gang und müssen bis zu einer Stunde warten, bis wir aufgerufen werden. Die städtische Bestattung liefert ihre Urkunden mit einem städtischen Boten an und holt sie fix und fertig, ohne Wartezeit, wieder ab.“

Eine betroffene Bestatterin sagt: „Wenn wir anrufen, um einen Termin für eine Bestattung zu machen, sind komischerweise immer alle Termine für die Woche schon montagmorgens belegt. Wir sollen dann fast eine Woche warten.“

Es habe sich herausgestellt, so die Bestatterin weiter, daß diese Termine pauschal und ohne konkrete Bestattungsaufträge von der Verwaltung für den städtischen Bestatter freigehalten werden. Bitterer Beigeschmack: Wenn die Bestattung nicht kurzfristig erfolgen kann, fallen weitere Kühlkosten an, die dann wiederum die Bestattung bei den freien Bestattern verteuern.

Im Telefonbuch steht der städtische Bestatter zwischen Stadtbücherei und Familienberatung, es würde nicht genügend herausgestellt, daß es sich um einen ganz normalen Gewerbebetrieb handele.

Zumindest im aktuellen Fall von „Tempora“ und Amstetten wäre diese Expansion in benachbarte Städte eigentlich gar nicht nötig, haben die Stadtwerke doch im letzten Jahr einen Gewinn von 1,75 Millionen Euro ausgewiesen.

Fehler durch Lektorin Anya bereinigt.

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Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 4. März 2016 | Peter Wilhelm 4. März 2016

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Thomas
15 Jahre zuvor

Jaja, Bestattung und Gartenpflege als öffentliche Aufgabe, aber Krankenhäuser, Altenheime, Kindergärten, Verkehrsbetriebe und Jobcenter werden privatisiert…

hajo
15 Jahre zuvor

nein Thomas (und das ist der Skandal): „man“ betrachtet Bestattung und Grabpflege eben nicht als öffentliche Aufgabe (im Sinn öffentlich = kommunal), diese Betriebe sind schon längst nicht mehr in kommunaler Hand! ;-(

Kerstin
15 Jahre zuvor

Ich arbeite selbst für eine Behörde und kenne das Problem auch, wenn auch aus einem anderen Blickwinkel.

Viele Dinge kann eine städtische Einrichtung wirklich besser machen als ein Privater – ich gebe nur das Stichwort Müllabfuhr. Hier war es so, dass der Müll am Anfang nur abgefahren werden konnte, wenn die Mülltonnen auf einem ganz bestimmten, markierten Fleck am Boden stand, da halt keine Müllader mehr auf dem Wagen mitfuhren sondern alles automatisch von einem Greifer gegriffen wurde und in den Wagen gepackt wurde.
So der Plan – und es funktionierte natürlich hinten und vorne nicht. Daraufhin hat der Private Dienstleister seine Wagen umgerüstet, wieder Müllader draufgepackt (einer statt 2) und die fahren jetzt die Gelbe Tonne ab.
Da die Kostenkalkulation jetzt natürlich hinten und vorne nicht mehr hinhaute, wurden die Umrüstungskosten sowie die erhöhten Personalkosten auf die Müllgebühren umgelegt. Was zumindest in puncto Umrüstungskosten meiner Ansicht nach fragwürdig ist.

Gemault wurde auf die Stadt, die die Gebühren erhebt. Aber schuld an der Erhöhung war der private Dienstleister.

Es geht also auch andersrum 😉

15 Jahre zuvor

@Kerstin: Ich stimme Dir durchaus zu. Vieles was privatisiert worden ist, wäre besser in behördlicher Hand geblieben. Nur gab es nie ein solches Gefälle von behördlich zu privat in unserer Branche. Niedergelassene Bestatter gibt es länger als die kommunalen Dienste.

Noch eins möchte ich anmerken: Selbstverständlich erwarten wir Bestatter nicht, daß uns die Verstorbenen an einem festgelegten Tag auf eine Markierung am Gehwegrand hinausgestellt werden.

Lars
15 Jahre zuvor

……
Erst vor gar nicht allzu langer Zeit mußten sich die Landschaftgärtnerei-Betriebe einer süddeutschen Stadt vor Gericht dagegen wehren, daß das Friedhofs- und Grünflächenamt seine Leistungen nun auch Privatleuten anbieten wollte.
Der wirtschaftliche Eigenbetrieb “Stadtgrün” wollte mit seinen aus Steuermitteln finanzierten Maschinen und Fahrzeugen und einer großen Truppe von ABM-Mitarbeitern Gärten von Privatleuten und Grünflächen von Firmen pflegen.
Damit hätte sich die Stadt in direkte Konkurrenz zu den seit Jahrzehnten etablierten Gärtnereiunternehmen begeben und für manches wäre das eine wirtschaftliche Katastrophe gewesen.
…….

Ersetze ABM durch EEJ-ler und du bist in der heutigen Zeit nur noch günstiger als ABM.

Lutefisk
15 Jahre zuvor

Wenn es tatsächlich so ist kann es doch kein Problem sein sich dagegen zu wehren, oder doch? Immerhin gibt es Gesetze die unlauteren Wettbewerb und einseitige Bevorzugung verbieten. Da müssten sich mal ein paar Bestatter zusammentun und das wenn nötig bis vor das EU-Kartellgericht bringen. Ich nehme schon an, dass so etwas schon versucht wurde – ohne Erfolg?

Uwe
15 Jahre zuvor

@ 5 (Lutefisk): Wehren kann man sich gegen so etwas, und das passiert praktisch auch. Das ist seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, ein Dauerbrenner vor den Verwaltungsgerichten; und auch die Studenten werden mit dieser Frage regelmäßig in den Prüfungen traktiert. Was es da nicht schon alles gegeben hat: Verkehrsbetriebe mit Touristikabteilung, Kennzeichenpräger oder auch (kein Witz) Nagelstudios. Würde mich nicht wundern, wenn sich da schon einmal ein Bestatter daran versucht hat. Das Problem ist, daß solche Verfahren zeit- und kostenintensiv sind; wenn solche Betriebe für die Gemeinden lukrativ sind, dann versuchen sie natürlich alles, um sich nicht davon trennen zu müssen. Ein anderer Grund, weswegen nicht noch häufiger gegen so etwas vorgegangen wird, ist folgender: Ein ortsgebundener Unternehmer ist regelmäßig darauf angewiesen, mit der Gemeinde auf gutem Fuß zu stehen. Er könnte zum Beispiel ein Betriebsgebäude errichten oder umbauen wollen. Dafür braucht er regelmäßig eine Baugenehmigung, für die die Gemeinde – je nach Größe – entweder allein zuständig ist oder für die sie ihr Einvernehmen erteilen muß. Auch wenn es da ganz klare gesetzliche Regelungen… Weiterlesen »

Glammy
15 Jahre zuvor

Eine Frage interessehalber:
Du schreibst, daß die Sterbezahlen stagnieren bzw. rückläufig sind.
Wie paßt diese Info damit zusammen, daß es angeblich immer mehr ältere Menschen gibt?
Selbst wenn ich einkalkuliere, daß die Menschen älter werden, hast Du doch quasi viel mehr potentielles Kundenmaterial.

Anires
15 Jahre zuvor

@ Glammy:

Ja eben das ist das Problem. Jeder alte Mensch der noch da ist ist eben noch kein Kunde der Bestatter. Die Stagnation geht so ein paar Jahre lang bis sich das ausgeglichen hat. Der andere Punkt sind die sinkenden Geburtenzahlen. Da kommen weniger potentielle Kunden nach. Das zusammen ergibt die dauerhafte Stagnation und den langsamen Rückgang der Sterbezahlen.

Anires

15 Jahre zuvor

Daß es derzeit so viele alte Menschen gibt, liegt ja nicht daran, daß diese sich sprunghaft durch abschnürende Zellteilung vermehrt haben, sondern weil sie aufgrund der guten Gesundheitsversorgung nicht sterben. Noch nicht.
Damit hat auch kein Bestatter ein Problem, das lange Leben sei jedem gegönnt und wie hieß es scho schön: Irgendwann kriegen wir sie doch.

Das Hauptproblem sind wohl die beiden Weltkriege, wobei der Zweite Weltkrieg eine bedeutendere Rolle spielt. Vom Ersten Weltkrieg und der nachfolgenden Weltwirtschaftskriese gibt es noch einen kleinen Knick in der Kurve, verursacht durch hohe Kindersterblichkeit. Das sind die Leute die heute an der Reihe wären.
Das gilt auch für die vielen Kriegstoten, sowohl unter den Soldaten, als auch unter der Zivilbevölkerung. Da fehlen teilweise ganze Jahrgänge, denn eins ist ja klar, wer zwischen 39 und 45 im Krieg umgekommen ist, kann heute nicht mehr sterben.

Luna
15 Jahre zuvor

Von hier aus ein dickes Dankeschoen an das kleine symapische und PRIVATE Bestattungsunternehmen in einer Stadt in Sueddeutschland, das die Beerdigung fuer den Vater meiner besten Fruendin organisiert hat. Das war Arbeit vom feinsten und sehr professionell. Vor allem die Trauerbegleitung fuer die Familie meiner Freundin ueber die Beerdigung hinaus war sehr gut.
Ich weiss nicht wie die“staedtischen Unternehmen“ arbeiten, aber beim anschliessenden „Trauercafe“ erzaehlten einige Gaeste, das sie ueber keine guten Erfahrungen berichten koennen.
Eine Bekannte meiner Freundin, deren Vater kurz vorher gestorben war, erzaehlte das die Beerdigung, die durch ein Staedtisches Institut oragnisiert wurde, sehr unpersoenlich und ein bisschen im zack zack tempo abgehalten wurde.
Die Familie war sehr froh das sie einen privaten Bestatter ihres Vertrauen gefunden hatte.

Der Wobbler
15 Jahre zuvor

Das ist schon so eine Sache. Das erinnert mich an eine Bekannte von vor vielen Jahren. Die arbeitete beim städtischen Friedhof München. Und sah es genau umgekehrt: „Der Denk“ und all die anderen seien Gauner, das wäre doch bereits im Angebot der Stadt drin, wenn man den Münchner Friedhof wählen würde…

Da ich mich mit dem Thema nie beschäftigt habe, sah ich das denn auch bis jetzt so als richtig an.




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