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Frag den Bestatter

Leichenschmaus, mal wieder

Konni, treuer Leser des Bestatterweblogs und seines Zeichens Gastwirt, hat zu MacKabers Beerdigung angemerkt:

Hallo Tom,

danke für den bewegenden Bericht über Wurzels/McKabers Beerdigung.

Ich weiß ja nicht, wie das anderswo ist, hier in der Gegend ist es Brauch, die bei der Trauerfeier anwesenden zu Kaffee & Kuchen im Wirtshaus einzuladen. Oft auch zu mehr („Schnitzel“), wenn die Leute von weither kommen und erst spät wieder zu Hause sind.

Hier hatte ich oft Gelegenheit, die Leute zu beobachten, wenn sie bei mir waren. Was mir auffiel, dass nach einer gewissen Zeit der Ruhe und der Traurigkeit langsam wieder Leben in die Leute kommt. Nicht selten werden am Schluss sogar Witze gemacht und die Leute gehen fröhlich wieder auseinander (manche katholische Beerdigung ist lustiger als eine evangelische Hochzeit SCNR).

So langsam denke ich, genau dafür ist die Feier gut. Die Menschen sollen ihren Blick von der Vergangenheit lösen und wieder nach vorne blicken.

Wenn ich dazu einen Teil beitragen kann, ist das gut.

Viele Grüße,

Konni

Man tippe nur einmal das Wort „Leichenschmaus“ in das Suchfeld rechts in der Seitenleiste ein, dann sieht man, daß ich schon viel zu diesem Thema geschrieben habe.

Es ist gut und richtig, so wie Du das siehst und handhabst. Dem Leichenschmaus oder dem Beerdigungskaffeetrinken kommt nämlich wirklich eine große Bedeutung zu. Man darf doch nicht vergessen, daß es sich -auch wenn manchen dieses Wort in diesem Zusammenhang immer unangenehm aufstößt- um ein großes Familienfest handelt. Manchmal ist es das größte Familientreffen der letzten Jahre. Man sieht sich wieder, freut sich, streitet sich, trinkt und ißt miteinander und da kann man doch nicht nur dasitzen wie die FDP beim Betrachten ihrer Stimmergebnisse.
Es wird getrauert, aber es muß auch gefeiert werden.
Das fröhliche Miteinander wird mitunter der Witwe oder dem Witwer zuviel, das ist mir schon oft so berichtet worden. Aber hinterher ist man stets froh, daß es doch so war, denn so bleibt neben all dem Schrecken und der Trauer auch eine gute Erinnerung an das Beisammensein.

In „Frag den Bestatter“ findest Du meine Antworten auf Fragen von Leserinnen und Lesern. Diese Fragen sind zum Teil Inhalte Dritter, die mich tagtäglich auf den verschiedensten Wegen erreichen. Es handelt sich also um meist nicht bearbeitete und nicht auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfte Fragen Dritter. Für die Fragen sind allein die Übersender der Mitteilungen verantwortlich. Ich mache mir die Aussagen nicht zu eigen.
Ich erteile Auskünfte ausschließlich aufgrund meiner Erfahrung und erbringe keine Rechts-, Steuer- und Medizinberatung.

Lesezeit ca.: 2 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 26. Juni 2012 | Peter Wilhelm 26. Juni 2012

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Rena
13 Jahre zuvor

Als meine Oma letztes Jahr gestorben ist, wäre es mir nicht recht gewesen, wenn „Fremde“ am Kaffee trinken teilnehmen.

Bei Verstorbenen, die ich kannte, gehe ich zur Beerdigung und zeige so meine Anteilnahme (ohne das obligatorische „Beileid“ am Grab). Die anschliessende Feier ist für mich eher im engeren Familienrahmen.

neeride
13 Jahre zuvor

Als Kind habe ich es nie verstanden, warum nach einer Beerdigung auch noch auf Kosten der Familie ein „Teetrinken“, wie es in meiner Heimat üblich war, stattfand – bis ich meiner ersten Beerdigung beiwohnte. Wärend der Trauerfeier wurde natürlich viel geweint usw und ich wäre nicht in der Lage gewesen, sofort vom Friedhof aus heim zu fahren. Es war interessant zu beobachten, wie die Besucher wieder zu Menschen wurden und habe dann erst verstanden, wofür der „Leichenschmaus“ gut ist.

Sensenmann
13 Jahre zuvor

Genau das habe ich vor kurzem erlebt, nachdem mein lieber Opa gestorben war. Ca. 200(!) Leute waren nach der Beerdigung noch beim Kaffeetrinken – und gingen in besserer Stimmung auseinander, als sie Stunden zuvor zusammengekommen waren. Und ja, es wurde auch gelacht!

Natürlich gibt es (Gott sei Dank!) mehr Familienfeste, an die man weitaus angenehmere Erinnerungen hat. Doch das Kaffeetrinken (hiesiger Ausdruck für den „Leichenschmaus“) zieht gewissermaßen einen Schlussstrich unter die Trauerfeierlichkeiten. Da darf es dann ruhig auch etwas fröhlicher werden. Das Leben geht schließlich weiter.

/me
13 Jahre zuvor

@Konni:
Das ist nicht nur in Franken so, sondern auch in meiner westfälischen Heimat. Wie das hier in Bonn ist kann ich nicht sagen, denn da ist zum Glück noch kein Bekannter verstorben.

Ein schnitzelmitkartoffelsalat hatte ich zu solchen Anlässen allerdings noch nie, normalerweise bleibt es bei Kaffee und Kuchen. Nur bisweilen gibt es auch noch belegte Brötchen.

13 Jahre zuvor

Mir als Kellner, Restaurantfachman, oder auch einfach mal einer der sich um alles kümmert, kann darf. mir ist ne Trauerfeier auch lieber als ne Hochzeit, denn bei der Trauerfeier scheinen mir die lEUTE EHRLICHER ZU SEIN. eine Trauerfeier ist immer kurzfristig, im gegensatz zur Hochzeitsfeier, wo wochenlang vorher geplant gedacht, dekoriert usw wird, wer darf weben wem sitzen? wer soll überhaupt da sein? wie muß der Kontrast der Tischdeko zum Licht sein usw. extrem schlimm Dalieber nen Leichenschmaus. keine Ahnung wer kommt, nur ne grobe Linie wieviel. dafür gibts klare wünsche (schnitzel oder schnitchen) gaaaanz wichtig Gehacktes is Pflicht^^ ( okay bin Thüringer) Dazu Kaffee und bisschen Kuchen, niemand will mehr. wichtig ist eben nur ne festliche Tafel, alles da, essen trinken und gut. und genau dadurch kommt eben das normale zurück, deswegen gibts Lachen weil man sich bei Kaffe und kuchen oder Wurstsemmel besser an schönes erinnert als bei leidgeplagten worten eines Predigers. Und wenn die Feier vorbei ist, und die nächsten Angehörigen nach der Rechnung fragen, man die gibt, un d dazu sagt,… Weiterlesen »

Ma Rode
13 Jahre zuvor

Kann ich nur bestätigen. Nach der Unrenbeisetzung vor einem Monat ging unsere Sippe naseputzend und schniefend in die Gaststätte, um noch einmal Luft zu holen, was zu essen und der Verstorbenen zu gedenken. Dabei wurden Fotos herumgereicht, man erinnerte sich an verschiedene Begebenheiten mit ihr, kicherte über Eigenarten und -was ich besonders toll fand- wir bekamen ein Fotobuch mit vielen, mir teilweise unbekannten Fotos und dazugehörigen Daten der Verstorbenen geschenkt. Ich blätterte interessiert darin und staunte nicht schlecht. Sicher, es war meine Oma, aber meine Güte – was für ein Feger in ihrer Jugend. So half uns dieses Kaffeetrinken mit der Trauer etwas besser umzugehen und vor allem, die Familie rückte wieder enger zusammen. Ein gutes Gefühl …

lya
13 Jahre zuvor

Einen Leichenschmaus wird es auch auf meiner Beerdigung geben.
Es ist ein Aufarbeiten der Trauer und Traurigkeit und zwar nicht alleine. Im Laufe der Feier erinnert man sich auch an die schöne Zeit und die witzigen Erlebnisse.
Und ja, es soll gelacht werden. Meine Lieben werden es brauchen zusammenzukommen, da sie über ganz Deutschland verstreut sind.

karin
13 Jahre zuvor

Für mich ist so ein Leichtrunk(so heissts bei uns) nichts.
Kann mich noch gut an die Beerdigung meines Lieblingscousins erinnern. Er starb mit 19, erst tränenreiche Beerdigung, dann viel Gelächter auf dem Leichtrunk. Als mich dann auch noch ein Onkel fragte warum ich denn weine, hats mir gereicht.
Kein Leichtrunk für mich und ich geh auch zu keinen mehr

Tim
13 Jahre zuvor

Ein wichtiger Aspekt ist auch die Tatsache, dass Essen und Trinken eine lebensbejahende Funktion zukommt. Die Bestattung ist ein Ritual des Abschiednehmens und auch der Vergegenwärtigung der eigenen Sterblichkeit.

Wer danach isst und trinkt, spürt, dass er/sie noch am Leben ist und dass das Leben trotz des Verlustes weitergeht!

13 Jahre zuvor

Die „Flanner“ – so heißt sie in Rheinhessen (wobei es da auch von Dorf zu Dorf Unterschiede gibt), ist ein fester Bestandteil jeder Beerdigung. Normalerweise sitzt dann die Familie und Freunde/nahestehende Bekannte/Nachbarn zusammen. In der Regel gibt es Streuselkuchen und Kaffee, man kann auch mehr machen (noch vor 100-150 Jahren waren das richtige Feste mit Mittagessen, Kaffeetrinken und so weiter.)

Wenn man im Dorf bei der Flanner zu knickerig war, wirkt sich das natürlich auf die eigene Reputation nicht besonders gut aus.

Immer habe ich es erlebt, daß alle Besucher dann langsam gelöster wurden, quasi den „Friedshofsgeruch“ (den es ja nicht gibt) abschütteln – von dem lieben Menschen hat man sich verabschiedet, aber da sind noch soviele andere, die leben, und die man viel zu selten sieht. Also ist es doch auch (wie schon geschrieben wurde) eine große Familienfeier.

Lieben Gruß, Frank

Frau EssVau
13 Jahre zuvor

zu 1., Rena:

Ich habe es genau anders erlebt. Als meine Oma im Februar starb, war es für uns selbstverständlich (wie eben bei uns „aufm Ort“ üblich)die gesamte Trauergemeinde zu Schnittchen, Kaffee und Kuchen einzuladen. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass meine Oma immer sagte: „Wenn ich mal sterbe, gibt das eine traurige Beerdigung. Wer geht da schon hin, wenn eine alte Frau beerdigt wird.“
Tatsächlich waren aber weit über 70 Leute anwesend. Und ich bin mir sicher, dass meine Oma sich über diese sehr rege Anteilnahme sehr gefreut hat!

Liebe Grüße

Wolfram
13 Jahre zuvor

Im Elsaß sagt man „Liicha-immes“.

Und in meiner Heimatstadt ist ein Café direkt gegenüber der Friedhofskapelle; in der Stadt kennt mans nur unter „Café Leiche“, und schon mancher hat sich die Finger wundgesucht, weil ers im Telefonbuch nicht gefunden hat.

Lilli
13 Jahre zuvor

Bei uns in Niedersachen zwischen Bremen und Osnabrück heißt das oft nur „Butterkuchenfete“. Und damit hat man nach dem Beerdigung auch gleich ein Smalltalkthema: Wie gut ist der Butterkuchen im Lokal und wo gab es in letzter Zeit besseren/schlechteren…
Wenn meine Omas nach Beerdigungen davon berichten, ist das auch auch immer der wichtigste Aspekt 😉

VIOLETTA
13 Jahre zuvor

Da kann man bald ein Lexikon anlegen – ist interessant die vielen regional verschiedenen Begriffe zu lesen.

VIOLETTA

zauberin
13 Jahre zuvor

oh ja …
beerdigungskuchen, schnittchen, kaffe und schnappes.

wobei ich die beobachtung gemacht habe, dass das bei meiner verwandtschaft vom dorf entspannter zugeht, als bei den stadtmäusen.
und man weint und lacht und alles durcheinander.

maxxililliane
13 Jahre zuvor

nach der beerdigung meiner oma war es am „lustigsten“. sie war viele jahre bettlägerig und viele familienangehörige haben sich rund um die uhr gekümmert, eine enkelin hat sogar dadurch eine ausbildung zur pflegerin gemacht.

der tod kam dennoch recht plötzlich und so traurig wie die trauerfeier und die beerdigung war – der leichenschmaus war klasse. da wurde mehr gelacht als bei den letzten beiden familienfeiern zusammen. 😀

omi hätte es geliebt – ruhe auch sie in frieden.

(ich stell mir immer vor, sie (omi mütterlicherseits) sitzt jetzt mit meinem opa (väterlicherseits) auf einer wolke, lassen die beine baumeln und lästern über die angehörigen… 🙂 )

Franziska
13 Jahre zuvor

Früher fand ich den Begriff „Leichenschmaus“ auch schrecklich. (@Violetta: Im Schwäbischen sagt man „mr ganget uf a Leich“) Als ich dann vor der Frage stand, wie ich das für meinen Vater gestalten möchte, wünschte ich mir dann aber eine Feier, die zwischen Tod und Leben vermittelt, bei der jeder nochmal seiner Erinnerung an den geliebten Menschen nachspüren kann, und bei der aber auch gelacht werden darf. Schließlich liegen doch alle Gefühle ganz nah beieinander.
Deswegen hab ich auch die „schwäbische Variante“ (trockene Butterbrezeln – im Hochsommer!) abgelehnt – man will ja nicht noch mehr Todesfälle durch zugebröselte Lungen provozieren… Stattdessen gab es lecker Kuchen, es haben sich lange schöne Gespräche entwickelt, viele haben sich nochmal Fotos angesehen, und ein paar Anekdoten erzählt, die ich zT noch gar nicht kannte. Und wie es schon manche gesagt haben: so eine Feier führt einen wieder ins Leben zurück und zeigt einem wieder, wo der eigene Platz ist.

beobachter
13 Jahre zuvor

ich kenne dazu noch den schönen ausdruck „Fell versaufen“ wird bei uns in Westfalen dann angebracht, wenn die letzten Rudne doch noch etwas heftiger werden. Bei der Beerdigung meiner Oma haben dann Urenkel gegen Enkel um Schnaps geknobelt…
Ich denke, hier löst sich dann auch manchmal ein Ventil. Und das ist gut so.




Rechtliches


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