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Frag den Bestatter

Liegen die Verstorbenen anständig im Sarg?

Wie wird der Mund einer Leiche verschlossen?

Lieber Herr Wilhelm,
ab und an lese ich mich in Ihrem wirklichen unterhaltsamen Blog fest und da fiel mir auf, dass auch ich eine Frage habe, die ich gern beantwortet hätte.
Eine sehr gute Freundin von mir hat kürzlich Ihre Mutter verloren. Was mich etwas irritierte: Am Tag der Einäscherung war meine Freundin im Krematorium, um ihre Mutter zu verabschieden. Man bot ihr am Abschiedsraum an, den Sarg noch einmal zu öffnen. Und nun die eigentliche Frage: Was genau hätte sie denn da zu Gesicht bekommen? Ihre Mutter war bereits acht Tage verstorben. Ich war immer davon ausgegangen, dass die Verstorbenen nur dann aufgehübscht werden, wenn sie aufgebahrt werden. Oder werden sie ‚prophylaktisch‘ alle noch mal ansehnlich hergerichtet? Meine Freundin wollte nachvollziehbarer Weise nicht mehr in den Sarg gucken, vermutlich auch, weil sie nicht wusste, was sie dort erwartet.
Ich danke Ihnen im Voraus für eine Antwort!
Beste Grüße
L.

Jeder Verstorbene hat ein Anrecht darauf, daß der Bestatter ihn ordentlich in den Sarg bettet. Dazu gehört das Bekleiden mit der gewünschten Kleidung, das Säubern und evtl. Kämmen und ggfs. leichte kosmetische Arbeit.
Augen und Mund sollten geschlossen sein und die Hände gefaltet oder ineinander gelegt werden.

Bei einer offenen Aufbahrung, bei der man weiß, daß viele Angehörige kommen werden, wird man diese Arbeit besonders sorgfältig machen und auch über mehrere Tage hinweg immer mal wieder nacharbeiten, sofern erforderlich.

Bleibt der Sarg jedoch geschlossen und kommt direkt ins Feuer, meinen manche Bestatter, man könne sich auch die einfache, ordentliche Einbettung sparen. Die Verstorbenen liegen dann manchmal nackt im Sarg, die Haare sind ungekämmt und oft finden sich auch noch Pflaster, Kanülen und verschmutzte Windeln am Körper.

Solches ist mir von vielen so genannten Billigbestattern berichtet worden.
Merke: Wenn man nichts bezahlen möchte, bekommt man auch nichts.
Jede Mühe verdient ihren Lohn!

Arbeitet der Bestatter hingegen ordentlich und sie wie man es erwarten darf, und das tun die weitaus meisten Bestatter, dann kann man den Sarg bedenkenlos jederzeit auch ungeplant öffnen, man wir immer einen ordentlich eingebetteten Verstorbenen vorfinden.

Man ist als Bestatter übrigens nie sicher, daß nicht doch ein Angehöriger zum Friedhof oder Krematorium fährt und den Verstorbenen noch einmal sehen will, auch wenn es vorher geheißen hat, der Sarg bleibt zu.
Außerdem sehen ja die Krematoriumsmitarbeiter und der Amtsarzt bei der zweiten Leichenschau den Leichnam und stellen ja auch fest, bei welchem Bestatter die Verstorbenen eingebettet wurden und bei welchen Bestattern die Toten einfach nur in den Sarg „gekübelt“ wurden. Auch diese Leute haben Meinung und Stimme und schnell spricht sich so etwas herum.

Allerdings kann man als Bestatter noch so sorgfältig arbeiten, und das wird alles zunichte gemacht, wenn im Krematorium die zweite Leichenschau durchgeführt wird und anschließend das Leichenhemd nur locker in den Sarg geworfen und der Verstorbenen in Bauchlage liegengelassen wird.
Gute Krematorien haben ihre Mitarbeiter so geschult, daß der Verstorbene auch nach der Leichenschau wieder anständig im Sarg liegt.

Als Angehöriger kann man liederlicher Arbeit vorbeugen, indem man sagt, daß man darauf Wert legt und immer androht ankündigt, man wolle den Verstorbenen eventuell doch noch sehen, auch wenn man das gar nicht vor hat.


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In „Frag den Bestatter“ findest Du meine Antworten auf Fragen von Leserinnen und Lesern. Diese Fragen sind zum Teil Inhalte Dritter, die mich tagtäglich auf den verschiedensten Wegen erreichen. Es handelt sich also um meist nicht bearbeitete und nicht auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfte Fragen Dritter. Für die Fragen sind allein die Übersender der Mitteilungen verantwortlich. Ich mache mir die Aussagen nicht zu eigen.
Ich erteile Auskünfte ausschließlich aufgrund meiner Erfahrung und erbringe keine Rechts-, Steuer- und Medizinberatung.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: | Peter Wilhelm 7. November 2014

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17 Kommentare
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Winnie
9 Jahre zuvor

Vielleicht seh‘ ich die Leiche an und liegt sie falsch dann bist Du dran…

Thomas
9 Jahre zuvor

Ich persönlich achte sehr darauf das alles ordentlich im Sarg aussieht. Das geht vom Hemdkragen über die Köpfe am an der Bluse. Eigentlich bis in kleinste Detail. Heute erst wieder sollte die Verstorbene ihren kuschelhund mit in den Sarg bekommen. Selbst da schaute ich ob er richtig auf ihrem Bauch sitzt und die Hände ihn richtig umschließen… Die Ohren des Hundes nicht eingeklemmt sind… ob die Decke ohne Falten liegt… Ich könnte jetzt noch ewig weiter schreiben… Ist nur ein klitze kleiner Auszug auf was alles geachtet werden kann.

Reply to  Thomas
9 Jahre zuvor

Also wenn der Kopf an der Bluse ist, dürfte die arme Frau wirklich den Schreck ihres Lebens bekommen…

SCNR

André
9 Jahre zuvor

Zitat: „Meine Freundin wollte nachvollziehbarer Weise nicht mehr in den Sarg gucken, vermutlich auch, weil sie nicht wusste, was sie dort erwartet.“

Wer auch immer (Bestatter? Krematoriumsmitarbeiter?) ihr angeboten hat, den Sarg nocheinmal öffnen zu lassen, wird sich sicher gewesen sein, dass die Mutter angeschaut werden kann.
Wie schwierig ein „ja“ in dem Moment sein kann, kann ich sehr gut nachvollziehen. Aber später bleiben dann halt Fragen offen. Vielleicht auch, um einen Verlust entgültig zu bewältigen.

Maria Magdalena
9 Jahre zuvor

Lieber Thomas, du arbeitest in einer krisensicheren, aber auch hochsensiblen Branche… Ich achte deinen beruflichen Ethos sehr, aus deiner Feder erscheint er absolut glaubwürdig. Ein sehr sensibles Handwerk. Aber jede Medaille hat zwei Seiten und jedes Handwerk ist der Futterplatz auch schwarzer Schafe. Sicher hast du das schon sehr oft gehört, und wahrscheinlich gefällt es dir nicht, dich damit konfrontiert zu sehen… also fühle dich in keinster Weise persönlich angesprochen! Ich möchte das jetzt einfach mal loswerden… Mein Vater starb vorbereitet, alles wurde zu Lebzeiten von ihm, bei klarem Verstand, festgelegt… wir wussten um seinen letzten Willen und gaben ihm unser Versprechen, dass es so geschieht. Nun den Wunsch, seine Asche mit nach Hause – sein Zuhause mitzunehmen, um sie in seinem Garten zu begraben, scheiterte an den gesetzlichen Bestimmungen… das war nicht ok, weil unverständlich, aber dafür kann der Bestatter nichts. Aber weshalb wollte er meinem Pa partout ein Leichenhemd aus 100% Polyester anziehen, obwohl mein alter Herr in seiner Alltagskleidung seine letzte Reise anzutreten gedachte… Jeans, 100% Baumwolle, Hemd, 100% Baumwolle, Socken, Unterwäsche… Weiterlesen »

Christina
Reply to  Maria Magdalena
9 Jahre zuvor

Asche nach Hause wäre doch gegangen, über den „Umweg über Holland“ (wie ich dank über 5-jähriger Lektüre des Bestatterweblogs weiss) – oder geht das mittlerweile nimmer?

Maria Magdalena
Reply to  Christina
9 Jahre zuvor

Hi,
ja wäre gegangen, war allerdings dazumals dermassen stark in der Diskussion, dass der Bestatter sich weigerte, diesen „Umweg“ zu nehmen, weil er halt nicht legal war!

Reply to  Maria Magdalena
9 Jahre zuvor

Legal oder nicht legal…
Das ist für gewöhnlich nur eine Ausrede des Bestatters.
Der Kunde kommt zum Bestatter und sagt: „Mein Verwandter soll in Holland beigesetzt werden. Bitte veranlassen Sie die Überstellung der Urne an das dortige Krematorium!“

Für die deutschen Behörden ist damit die Sache erledigt. Die Asche wurde ins Ausland überführt und unterliegt damit dem ausländischen Bestattungsrecht.

Auch für den Bestatter ist die Sache erledigt, er hat damit nichts mehr zu tun. Er kann seine Rechnung schreiben und ist aus der Verantwortung raus.

Was von nun an passiert, ist ausschließlich eine Geschäftsbeziehung zwischen dem Kunden und dem niederländischen Krematorium.

Wenn sich ein Bestatter weigert, eine Auslandsüberführung einer Urne durchzuführen, dann muß man eben sagen „Dankeschön bis hierher, lieber Herr Bestatter, für den Rest suche ich mir einen Kollegen, der das besser kann.“

Reply to  Maria Magdalena
9 Jahre zuvor

Na Baumwolle verbrennt doch umweltfreundlicher als Polyester!

Aber das Polyesterhemd „letzte Ruh‘, garantiert brennbar“ brachte wohl 150 € extra für den Bestatter…?

AnnaKG
9 Jahre zuvor

Im vergangenen Juni verstarb die Ehefrau eines guten Freundes in Alter von 32 an den Folgen eines Verkehrsunfalls. Sie wurde nach dem Unfall zunächst schwerst verletzt in die Klinik eingeliefert, wo sie zwei Tage, trotz mehrerer Not-Operationen verstarb. Als mein Freund zur Regelung einiger Formalitäten und Abholung ihrer persönlichen Sachen in die Klinik kam, nahm Ihn eine Krankenschwester kurz zur Seite. Ob er sich von seiner Frau noch verabschieden wolle, sie wäre nun etwas hergerichtet und in einem Abschiedsraum aufgebahrt worden. Auch mein Freund wollte seine verstorbene Frau nicht mehr ansehen. Am meisten hätte er davor Angst gehabt sie wäre durch Verletzungen vielleicht zu sehr entstellt. Auch auf eine eventuelle Aufbahrung der Toten hinterher im Bestattungsinstitut sollte ausdrücklich verzichtet werden. Mein Freund, die Familie hatten sich für eine Feuerbestattung entschieden. Am Tag der Einäscherung kam ein Anruf vom Bestatter, das der Sarg mit der Verstorbenen gerade zum Krematorium gebracht worden sei. Es bliebe bis zur Einäscherung noch etwas Zeit, falls er sich noch anders überlegt hätte, wäre noch Zeit sich von seiner Frau zu verabschieden.… Weiterlesen »

9 Jahre zuvor

Peter Wilhelm hat recht, der bestatter ist Dienstleister, die angehörigen sind Auftraggeber und sagen wo es lang geht, leider haben die wenigsten den Mut und setzen sich durch… Leider sind auch viele bestatter zu bequem Sonderwünsche zu erfüllen, obwohl fast alles geht…

Maria Magdalena
Reply to  Kröger
9 Jahre zuvor

Das trifft den Nagel auf den Kopf! In besagtem Fall hatte meine 72 jährige Mutter einfach nicht mehr die Kraft (nach mehrmonatiger Betreuung ihres schwerkranken Gatten), sich am Tage seines Todes auch noch mit dem Bestatter auseinander zu setzen. Zumal diese Frage im Vorfeld von meinem Vater und meinem Bruder persönlich mit diesem Bestatter erörtert und zugesagt worden war. Alles sehr unschön; und hinterher ist man ja auch immer schlauer…

9 Jahre zuvor

Moin!

Asche nach Hause, klar, alles ist möglich. Aber was ist denn, wenn es keine Willenserklärung des Verstorbenen gibt und der Auftraggeber, der ja immer recht hat, die Asche mit nach Hause bekommt und seine beiden Geschwister bei ihm Hausverbot erhalten. Was dann?

Lochkartenstanzer
Reply to  Knud
9 Jahre zuvor

Notfalls muß man das halt dann über die Gerichte regeln lassen. Soll hierzulande bei Familien- und Nachbarschaftsstreitigkeiten ganz polulär sein. 🙂

Reply to  Lochkartenstanzer
9 Jahre zuvor

Moin!

War nur so mal zum Nachdenken in den Raum geworfen. Wir haben halt schon mal zwei Urnen (sogar offiziell genehmigt) auf einem privaten Grundstück ausgegraben und dann doch auf dem öffentlich zugänglichen Friedhof beigesetzt.

shivling
Reply to  Knud
9 Jahre zuvor

Und es sind vielleicht nicht nur die Geschwister, die mal das Bedürfnis haben, das Grab aufzusuchen… Grabstätten sollten daher öffentlich sein! Die Angehörigen haben zwar das Recht zur Totenfürsorge, der Tote „gehört“ ihnen aber nicht! Nur meine Meinung.

Maria Magdalena
Reply to  shivling
9 Jahre zuvor

Wenn es der letzte Wille des Verstorbenen ist, denke ich, dass das jeder akzeptieren muss, egal ob verwandt oder nicht. Das hat nichts mit Eigentumsrechten zu tun, sondern mit freier Selbstbestimmung. Es gibt auch Menschen die sich anonym beisetzen lassen oder ein Seebestattung wählen 😉




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