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Geschichten

Opa Gleisberg -IX-

Eine Stunde später ist Herr Böttcher da. In seiner weiß-grünen Pflegekleidung hatte er anders ausgesehen, ich erkenne ihn in seiner Freizeitkleidung gar nicht sofort.

Er bringt ein kleines Sträußchen Blumen für den toten Opa Gleisberg, es scheinen selbst gepflückte Blumen zu sein.

Antonia nimmt ihm die Blumen ab und verspricht, sie dem Verstorbenen auf die Trage zu legen. Dann drückt sich Böttcher herum, druckst herum, geht nicht, verabschiedet sich umständlich, bleibt…
Ich nicke ihm zu, was bedeutet, er soll sich in den dicken Ledersessel in der Halle setzen. Das tut er auch. Ich selbst nehme auf dem Sofa Platz, lehne mich zurück und schlage die Beine übereinander.

Das tue ich bewußt, weil ich weiß, daß meine Gegenüber mir stets in Sitzhaltung und Bewegung folgen; sie tun das unbewußt, doch sie tun es. Und so gibt auch Böttcher die vornübergebeugte Haltung auf, nimmt die auf den Knien aufgestützten Ellenbogen hoch und lehnt sich ebenfalls im Sessel zurück. Ich kann insgeheim zählen, zehn, neun, acht… bei sieben hat auch er seine Beine übereinander geschlagen.

Nun sitzt er bequem und entspannt da und als Frau Büser uns wortlos nickend ein Tablett mit einer Kanne Kaffee, zwei Tassen, Milch und Zucker hinstellt, mache ich eine einladende Handbewegung und gieße mir und dem Gast eine Tasse ein.
Als Böttcher sich Zucker in den Kaffee rührt, habe ich ihn aufgetaut und er beginnt zu sprechen.

Dieser Job in der Pflege sei kein leichter.
Er habe ja auch lange in einem Heim gearbeitet, doch dann sei dieses Heim von einem Konzern gekauft worden und man habe bei fast halbiertem Personal und einer um die Hälfte gestiegener Bewohnerzahl erwartet, daß dann auch noch doppelt so viel gearbeitet wird.
„Wissen Sie, wozu das führt?“ fragt er mich und weil es eine rhetorische Frage ist, fährt er gleich fort: „Das führt dazu, daß Du die Schlüsselzahlen auf dem Patientenbogen hinschreibst, ohne daß du da was gemacht hast.“
Er nickt und atmet erleichtert durch, so als habe er mir gerade ein ganz wichtiges und großes Geständnis gemacht.
Dabei weiß ich, daß in manchen Heimen das Personal für wenige Sekunden, bestenfalls Minuten im Zimmer der Bewohner war und dann anschließend eine ganze Batterie von in Zahlen verschlüsselten Leistungen eingetragen wird, die man angeblich in der kurzen Zeit alle erbracht haben will oder haben muss.

Das ist so, als wenn ich zu einem Arzt gehe, ihm schildere, daß ich da und dort Schmerzen habe und er mit ohne weitere Untersuchung das Medikament aufschreibe, um das ich ihn bitte. Hinterher steht immer eine eingehende Beratung und eine ausführliche Untersuchung auf dem Zettel.
Noch schlimmer ist das bei Tierärzten; oder zumindest wird das da offensichtlicher, weil man die Rechnung direkt mitbekommt.
Fünf Minuten mit der Katze im Sprechzimmer gewesen und die Rechnung ist zwei A4-Seiten lang.
Das nenne ich Multitasking; die müssen sich schneller bewegen können, als es das menschliche Auge wahrnehmen kann, da stehen Sachen auf der Rechnung von denen ich gar nicht gesehen habe, daß die gemacht worden sind.

„Wir haben doch einfach keine Zeit“, reißt mich Böttcher aus meinen Gedanken und erklärt mir, daß er und seine Kolleginnen netto irgendwas um die drei bis fünf Minuten pro Patient haben. „Dauert das bei einem mal etwas länger, ich meine, wir nehmen uns ja die Zeit, dann müssen wir aber beim nächsten schon hoppla-hopp machen.“

Er sagt zunächst nichts Konkretes zu Herrn Gleisberg, aber ich verstehe seine Botschaft. Er will mir sagen, daß es da wohl auch Versäumnisse des Pflegedienstes gegeben hat. Die Umstände waren eben suboptimal, aber nicht katastrophal, zumindest das, was der Pflegedienst zu sehen bekam und da war man einfach froh, daß sich überhaupt jemand um den Alten gekümmert hat.

Dann hebt Böttcher auf einmal die Arme und lässt sie kraftlos wieder fallen. „Wir sind schuld! Ja, ich selbst bin schuld am Tod von Herrn Gleisberg…“

Geschichten

Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 25. März 2016 | Peter Wilhelm 25. März 2016

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38 Kommentare
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Christians Ex
12 Jahre zuvor

Ich denke manchmal, die hätten die Wehrpflicht nicht abschaffen dürfen. Der Zivildienst ist ein zu großes Opfer.

LuzieFehr
12 Jahre zuvor

… *KEIN(-) ZEIT* aufkleber am auto meines bruders.

ein kl. lied über pflege kann ich auch „singen“, obwohl ich NUR im büro beschäftigt war, später dann auch vater und mutter in privater pflege hatte.
… und viele tränen habe auch ich geweint – über mißstände, wenig zeit, miese schwestern und gewolltes sterben.

mein damaliger chef ist in vorzeitigen ruhestand gegangen – ich denke, er hielt das alles auch nicht mehr aus.

lg von Luzie

hajo
12 Jahre zuvor

manchmal frage ich mich, ob das „soziale Jahr“ für junge Menschen (m/w) wirklich so eine schlechte Idee ist
.. oder wird dieser Gedanke noch immer von den negativen Erscheinungen des „Tausendjährigen Reiches“ überschattet?

Christian
12 Jahre zuvor

ohne jetzt eine Debatte über Wehrpflicht/Zivildienst anfangen zu wollen. Aber man hätte auch einfach das Ding umdrehen können. Wehrpflicht = Ersatzdienst und Zivildienst für alle m/w für 1 Jahr und fertig. Wer dass nicht möchte kann ja dann die Ersatzdienste bei THW, Feuerwehr oder dann zum Bund gehen.
Bei unserem Opa war die Pflege im Heim zum Glück sehr sehr gut bis es leider nicht mehr ging……

Nightstallion
12 Jahre zuvor

Zwangsarbeit bleibt Zwangsarbeit; man kann natürlich ein freiwilliges soziales Jahr mit gewissen Vorteilen verknüpfen, aber verpflichtend geht gar nicht.

hajo
12 Jahre zuvor

@Nightstallion: was anderes als Zwangsarbeit ist die (mittlerweile ausgesetzte (!)) Wehrpflicht?

Scipio
12 Jahre zuvor

Wenn man Pflegekräfte fair bezahlen und zu vernünftigen Konditionen arbeiten lassen würde, würde ich das Problem mit dem Pflegekräfte-Mangel nicht stellen. DAS ist ganze Geheimnis. Der Wehrersatzdienst, bzw jetzt das freiwillige soziale Jahr oder wie sich das auch immer schimpft, sind nur weitere Möglichkeiten zum Lohn-Dumping.

Pflegekraft ist so ein schon vor allem psychisch anspruchsvoller Beruf, auch ohne unbezahlte Überstunden und Löhnen unterhalb des Existenzminimums. Kein Wunder, dass sich da nur die wenigsten drauf einlassen.

12 Jahre zuvor

@Christians Ex: Wie wäre es, wenn wir einen Zivildienst einführen, und nur nach einer Gewissensprüfung darf einer mit der Waffe dienen?

MsTaxi
12 Jahre zuvor

Das Ei des Kolumbus, das es ermöglichen würde, dass alle, die mit dem Thema „Pflege“ beschäftigt sind, gleichermaßen zu ihrem Recht kommen, ist sicher noch nicht gelegt.

Aber die Nutzung von Billigst-Lohnpflegern aka Zivis an Stellen, wo ausgebildetes Personal manchmal besser platziert gewesen wäre, war auch nie so geplant, sondern wurde aus Kostengründen so umgesetzt. Ich habe einige Zivis erlebt, die selbst sagten, sie wurden mit fachlichen Aufgaben betraut, für die sie nicht qualifiziert waren, zu denen das Pflegepersonal aber nicht mehr kam, weil dieses ständig noch wichtigere Aufgaben wahrnehmen musste, damit der Laden überhaupt am Laufen blieb.

Anita
12 Jahre zuvor

„Zeit ist das kostbarste Gut, das Eltern ihrem Kind geben koennen“ – steht so in meinem Buch Babyjahre.
Das gilt spaeter auch umgekehrt.
Es ist viel einfacher, etwas fuer jemanden zu tun als etwas mit jemandem…

Sakasiru
12 Jahre zuvor

Mal ganz abgesehen vom eigentlichen Thema mag ich mal sagen, dass es mich beeindruckt, wie Tom es versteht, Menschen zu manipulieren (nicht negativ gemeint! Mir fällt bloß kein besseres Wort ein). Zu sehen, dass jemand sein Herz ausschütten muss und das ohne viel Worte so zu arrangieren, die passende Gelegenheit zu schaffen ohne nachzubohren – Kompliment!

ein anderer Stefan
12 Jahre zuvor

Also, Wehr- oder Zivildienst mit Zwangsarbeit gleichzusetzen finde ich starken Tobak und als Vergleich bestenfalls unpassend (andere Begriffe, die mir dazu als Kommentar einfallen, lasse ich mal lieber weg…). Auch juristisch ist das Unfug, da Militärdienst und Arbeiten zum Gemeinwohl juristisch keine Zwangsarbeit sind.

Ich finde auch nichts Verwerfliches daran, von jungen Menschen ein Jahr Dienst zum Wohle der Allgemeinheit zu verlangen – wenn es denn wirklich dem Gemeinwohl dient. Vielfach wird doch eine Ellenbogenmentalität in unserer Gesellschaft beklagt, dieser Dienst würde das vielleicht abmildern. So lange es innerhalb dieser Pflicht noch Wahlmöglichkeiten gibt, ist es auch jedem möglich, was passendes zu finden.

Olaf
12 Jahre zuvor

@Christians Ex:
Eigentlich ist es entgegen meiner eigentlichen Überzeugung sogar gut, daß man die Wehrpflicht abgeschafft hat. Nur dadurch konnte aufgezeigt werden, wie sehr man sich im Gesundheitswesen auf Zivildienstleistende gestützt hat, anstatt auf angemessen ausgebildetes und bezahltes Personal zurückzugreifen. In den Regelwerken zu Wehrpflicht und Zivildienst stand auch explizit geschrieben, daß durch Ersatzdienstleistende keine regulären Stellen bestzt werden dürfen.
Streng genommen müßte man jetzt alle Pflegedienstleiter u.ä., die dagegen verstoßen haben, anzeigen. Damit würde dann öffentlich, welche Versäumnisse es im Gesundheitswesen wirklich gibt und könnte eine bessere Geldverteilung udn damit letzlich eine entsprechende Bezahlung für Pfelegepersonal durchsetzen. Allein, das wäre nur in einer perfekten Welt so…

12 Jahre zuvor

Die Wehrpflicht/Ersatzdienst-Diskussion ist ja das Eine,
dei Zustände in den Pflegeheimen das Andere,
die Pflegekräfte arbeiten häufig mit der Stechuhr, per Karte im Zimmer einchecken und auschecken, die zeiotvorgaben sind so eng gefasst, da bleibt für den persönlichen Kontakt zum Patienten einfach keine Zeit, die Bezahlung ist auch nicht üppig, die Preise im Pflegeheim dafür umso üppiger.

Mein Vater(80) hat sich mal ausgerechnet, dass es ihn billiger kommt auf der MS Deutschland seinen Lebensabend auf den Weltmeeren zu verbringen, dort ist das Klima, der Pflegeservice und das Essen um ein Vielfaches besser …. und Langeweile kommt auch nicht auf 🙂

Susanne Kamp
12 Jahre zuvor

Sorry, ich kriege Plaque, wenn ich höre, dass die Notstände in der Pflege von Zivis und FSJ-Leuten aufgefangen werden sollen. Soll das heißen, dass jeder pflegen kann? Zivis und FSJler sind/waren für eine Menge verantwortlich als man ihnen hätte aufbürden dürfen bzw. aufbürden darf. Ich habe sehr gern mit Zivis u.ä. zusammen gearbeitet, aber ich finde es unverantwortlich, diese jungen Leute ohne Begleitung durch eine Fachkraft(!) auf Kranke und/oder Alte loszulassen.

Pflege hat ein ganz schlechtes Image in der Gesellschaft und Alte haben keine Lobby. Vielleicht sollte da mal langsam ein Umdenken stattfinden? Pflegen kann eben nicht jeder. Dazu gehört schon auch „ein bisschen“ Ausbildung und Wissen. Und ja, Pflege und gutes Pflegepersonal kosten auch. Aus reiner Nächstenliebe machen das die wenigsten. Ich kenne aber auch niemanden, der ehrenamtlich Autos verkauft.

Christians Ex
12 Jahre zuvor

[quote]Wenn man Pflegekräfte fair bezahlen und zu vernünftigen Konditionen arbeiten lassen würde, würde ich das Problem mit dem Pflegekräfte-Mangel nicht stellen. DAS ist ganze Geheimnis.[/quote]
Sicher.
Wer bezahlt das?
Die Pfleglinge?
Die, die das können, TUN das und sind auch in brauchbaren Heimen!

Knoetchen
12 Jahre zuvor

Das wirklich Schlimme ist doch, dass ich als erstes gedacht habe: „Der Mann muss sich nen anderen Job suchen, wer so emotional bei der Sache ist, geht da zu Grunde..“

Pflege ist ein Geschäft. Personal- und zeitintensiv. Wenn man an beidem spart, macht man am meisten Gewnn. Und das ist heutzutage die Hauptsache. Sehr traurig.

Tux2000
12 Jahre zuvor

Ich war selber Zivi, und ich muß widerwillig zugeben, dass mir die 15 Monate letztlich gut getan haben. Und mittlerweile arbeite ich wieder in einem Unternehmen, dass über Jahrzehnte Zivis beschäftigt hat. Oder sagen wir es mal etwas realistischer: Ausgebeutet hat. Denn für den Hungerlohn, den ein Zivi als de facto unqualifizierte Kraft bekommt, würde kaum jemand anderer arbeiten wollen. Schon gar nicht in extrem unattraktiven Nacht- und Bereitschaftsdiensten. Und für den Unternehmer kommt noch dazu, dass ein großer Teil des Solds (ja, auch Zivis bekommen Sold) vom Bund übernommen wird. Die Aussetzung der Wehrpflicht hat bei meinem Arbeitgeber für einige Aufregung gesorgt (kam ja VÖLLIG überraschend und OHNE jede Vorankündigung), und für einige wirre Ideen (Hartz IV und Rentner ausbeuten), letztlich wurden aber endlich QUALIFIZIERTE Fachkräfte DAUERHAFT eingestellt. Nicht zuletzt auch, weil man bei den zuletzt nur 6 Monate dauernden Zivildienst fast die halbe Dienstzeit brauchte, um den Zivis alle Details ihres Jobs soweit beizubringen, dass sie eigenständig arbeiten konnten. Ich bin nach wie vor für einen Zivildienst, aber unter deutlich anderen Bedingungen: *… Weiterlesen »

Mirella
12 Jahre zuvor

Also ich weiss ja nicht, wie schlecht das Pflegepersonal in Deutschland bezahlt wird. Hier in der Schweiz jedenfalls würde ich die Entlöhnung nicht als schlecht bezeichnen.

ein anderer Stefan
12 Jahre zuvor

@15 Susanne Kamp: Das sehe ich auch so, dass Zivis/FSJler nicht dazu da sind, die Mißstände in der Pflege zu verschleiern und abzupuffern, indem sie die eigentliche Pflegearbeit machen.

Wenn sie die Dinge tun, die bei der Pflegearbeit zu kurz kommen (sich mit den Leuten unterhalten, Gesellschaft leisten, vielleicht einfache häusliche Arbeiten übernehmen), dann wäre schon viel erreicht. Diese Dinge können von professionellen Diensten angesichts des Kostendrucks in diesem Bereich nicht übernommen werden (und das unabhängig davon, wie gut oder schlecht die Pflegekräfte bezahlt werden).

Ein normaler Rentner, der zum Pflegefall wird, kann im Allgemeinen gar nicht so viel Geld haben, dass er die Pflege bekommt, die angemessen wäre – so hoch ist die gesetzliche Rente nicht, und die meisten Arbeitnehmen haben keine so großen Ersparnisse.

grottenolm
12 Jahre zuvor

Es gibt genug Einsparpotential. Gerade, wenn es um alte Menschen geht. Wenn ich manchmal sehe, wieviele Medikamnte jemand bekommt und welche (sinnfreie) Diagnostik immer noch betrieben wird, dann wird mir schlecht. Zum Thema Magensonde äußere ich mich lieber gar nicht, weil ich dann nicht mehr aufhören kann. Und nur, weil Menschen, die sich zuhause pflegen lassen wollen oder müssen, rechtfertigt das NIEMALS eine Geschichte wie die von Opa Gleisberg. Das ist verachtend! Ich war mal bei einen Vortrag eies Arztes aus Norwegen, der auf seiner geriatischen Station einen anderen Weg geht. Keiner der Patienten bekommt mehr als drei verschiedene Medikamente. Auf Sedierung wird ganz verzichtet. Von dem ersparten Geld hat man u.a. Schutzhosen angeschafft, die bei Stürzen verhindern, dass es gleich einen Oberschenkelhalsbruch gibt. Die Patienten dort sind nun unruhiger und lebendiger, aber zufriedener. Das Pflegepersonal fand das erst gewöhnungsbedürftig und anstrengend, mittlerweile herrscht ein angenehmes Klima. Für Patienten UND Pflegepersonal. Keiner muss ins Bett, wenn es ins Zeitschema passt, sondern erst, wenn ihm danach ist. Davon sind wir hier in unseren Heimen weit entfernt!… Weiterlesen »

bloeder_hund
12 Jahre zuvor

@mirella,
dafür dafür sind die Lebenserhaltungskosten auch ganz schön deftig.
@Christians Ex
für qualifizierte Ausbildung und Arbeit sollte man auch entsprechend entlohnt werden.
(vgl. bitte die Löhne anderer Facharbeiter)
Tatsache ist,in der Pflege bekomme man ein wenig mehr,wie wenn man beim Hofer
(so heisst Aldi in Österreich)
arbeitet.
(gut die Zulagen machen das Kraut fett,die werden aber weder in die Pension,noch Krankenstand mit eingerechnet)
Die Frage,wer soll das bezahlen wirft den Pflegenden Geldgier vor.
(diese Keule kommt auch oft von der Arbeitgeber seite,ihr könnt doch nicht den armen Hr…oder die arme Fr… nicht alleine lassen,—->das ergebnis,Burn Out durch das eingeredete Helfersyndrom,dadurch Überlastung,Krankenstand und Abwanderung in andere Bereiche)
Aber auch das Pflegepersonal will von etwas leben,und entsprechend deiner qualifikation bezahlt werden.
Man möchte mehr Pflegepersonal?
Lösung:eine entsprechende Bezahlung und es finden sich auch mehr Leute.
mit Gruss
(ein Diplompfleger mit 20 jähriger Berufserfahrung)

12 Jahre zuvor

Gesundheit und Pflege sind zu wichtig, um dort stets mit dem Kostenargument mögliche Verbesserungen abzuschmettern. Zumal man auch nicht vergessen darf: diese Leistungen werden von uns allen finanziert, über die Beiträge zu Sozial- und Pflegeversicherung. Natürlich auch Krankenversicherungsbeiträge.

Alle diese Beiträge sind aber Lohn- bzw Gehaltsabhängig. Steigen die Arbeitsentgelte, steigt auch die Geldmenge die in diese Töpfe fliesst.

Womit wir beim eigentlichen Problem sind: Lohndumping, nicht nur in der Pflege, sondern mittlerweile fast überall. Statt Zivis oder eben jetzt Bufdis und FSJler brauchen wir sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Das Geld muss nur wirklich in die Pflege fliessen, statt in die Taschen privater Anleger.

Beispiel gefällig? Siehe hier: http://tinyurl.com/3m9zydr

Garfield
12 Jahre zuvor

@ Mirella:

In Deutschland ist sie schlecht, das kannst Du glauben. In der Schweiz ist die Wertschätzung vielleicht höher?

Designierter Komposti
12 Jahre zuvor

[quote]
Also, Wehr- oder Zivildienst mit Zwangsarbeit gleichzusetzen finde ich starken Tobak und als Vergleich bestenfalls unpassend (andere Begriffe, die mir dazu als Kommentar einfallen, lasse ich mal lieber weg…). Auch juristisch ist das Unfug,
[/quote]
@Stefan,
das ist, mit Verlaub, der größte Blödsinn, den ich in diesem Blog bisher lesen musste.
Wer wehrdienst- oder zivildienstpflichtig ist, hat seinen Dienst anzutreten, die aufgetragenen Arbeiten durchzuführen und Befehlen Folge zu leisten. Wer das nicht tut, macht sich strafbar und wird zu einer Haftstrafe verurteilt. Unmittelbarer kann man den Begriff „Zwang“ in einem Rechtsstaat, der der Folter abgeschworen hat, nicht definieren. Dieser Zwang ist mit einer zusätzlichen Einschränkung von Grundrechten verbunden. Das hat der Gesetzgeber so festgelegt – verfassungskonform und dadurch vergleichsweise human. Aber auch ein verfassungkonformer Zwang ist Zwang.

Ob man das befürwortet oder nicht, steht auf einem anderen Blatt. Man darf diesen Zwang befürworten, es gibt gute Argumente dafür. Aber wenn der Zwang legitim sein soll, verstehe ich nicht, warum ihn euphemisieren muss? Wird er dann sozialer?

Kyle
12 Jahre zuvor

Ich find das schon erschreckend, dass hier bei schlechter Qualität in der Pflege sofort auf den abgeschafften Zivildienst zu sprechen kommt. Kein Zivi/FSJler kann eine Pflegekraft ersetzen. Wofür gibt es den die 1jährige bzw. 3jährige Ausbildung, wenn man nach 2Wochen Einführungssemninar die gleiche Arbeit machen kann? Ich denk das Problem liegt ganz wo anders. Qualität kostet Geld und jeder schwingt große Worte, aber sobald es an den eigenen Geldbeutel geht, ist jeder Cent zu viel. Wenn ich mir skandinavische Länder anschaue, die meist viel mehr einbezahlen in die Versicherung, dort geht es auch. Ich möchte hier auch nicht die Fehler und das rausgeworfene Geld in unserem System klein reden, aber früher oder später werden wir uns damit anfreunden müssen, entweder eine Discountpflege zu bekommen oder mehr zu bezahlen. Das muss natürlich mit staatlicher Überwachung einhergehen, dass die Gelder auch da ankommen, wo sie hin wollen. Den seit die Pflege immer mehr Industriealisiert wird, kann man sich nicht mehr auf das moralische Empfinden der Heimleitung verlassen… Naja…das System hat so viele Macken, wenn ich hier jetzt… Weiterlesen »

ein anderer Stefan
12 Jahre zuvor

22 Designierter Komposti: Unter Zwangsarbeit verstehe ich Dinge, wie unter Androhung von Folter und/oder Ermordung Gefangene dazu zu bringen, bis ans Ende ihrer Kraft irgendwas zu machen.

Wehrdienst und Zivildienst ist zwar ein gesetzlicher Zwang, aber keine Zwangsarbeit. Ich sehe da einen riesigen Unterschied und halte die Gleichsetzung von Wehr- und Zivildienst mit Zwangsarbeit daher für ziemlichen Unfug.

Hel
12 Jahre zuvor

Sorry, aber das Problem der Pflege liegt sicherlich nicht darin, dass jetzt alle Zivis wegfallen – das sind unausgebildete Laienhelfer, die günstig die Stelle für jede Vollkraft wegnahmen. Das Problem ist, das dieser Sektor immer mehr privatisiert wird und Gewinne vor dem Wohl von Patienten und Personal stehen. Mehr Arbeit erfordert mehr Personal. Sehe ich das etwa falsch? Aber mehr Personal würde den Gewinn ja schmälern…

Designierter Komposti
12 Jahre zuvor

[quote]
Unter Zwangsarbeit verstehe ich Dinge, wie unter Androhung von Folter und/oder Ermordung Gefangene dazu zu bringen, bis ans Ende ihrer Kraft irgendwas zu machen.
[/quote]
Man muss offensichtlich die Latte nur hoch genug legen, um die gewünschte verengte Definition zu bekommen. Wer nur #F7B600 als Gelb definiert, kennt keine gelben Zitronen. Oder, um mal eine neutrale Definition zu bemühen:

[quote]
Als Zwangsarbeit wird eine Arbeit bezeichnet, zu der ein Mensch unter Androhung einer Strafe oder eines sonstigen empfindlichen Übels, gegen seinen Willen, gezwungen wird. Sie ist – mit verschwimmenden Übergängen – die schärfste Form der Arbeitspflicht.
[/quote]
(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Zwangsarbeit)

Folter oder Todesdrohungen sind also nicht erforderlich, damit man einen strafrechtlichen Zwang Zwang nennen darf – oder Zitronengelb Gelb.

ein anderer Stefan
12 Jahre zuvor

Wikipedia schreibt aber auch, dass Militärdienst und übliche Bürgerpflichten nicht zur Zwangsarbeit gehören. Was „übliche Bürgerpflichten“ sind, ist Definitionssache. Wenn jetzt eine wie auch immer geartete Dienstpflicht für ein Jahr als Bürgerpflicht angesehen bzw. definiert wird, wäre es nach der Definition keine Zwangsarbeit. (Wer das definiert? Zunächst der Gesetzgeber, was ggf. gerichtlich zu überprüfen ist.) Nur weil es eine Pflicht ist, die mittels Strafandrohung eingefordert wird, ist es noch keine Zwangsarbeit im juristischen Sinne. Sonst wäre auch das Wahlhelferamt Zwangsarbeit, und das wäre auch ziemlich gelb.

12 Jahre zuvor

#30 anderer Stefan
Das ist das schöne an Definitionen; der der Sie aufstellt bestimmt was reinkommt.
Beispielsweise sind die Leute die in Lybien gegen Gaddafis Armee kämpfen je nach Standpunkt Freiheitskämpfer oder Terroristen.

Anonym
12 Jahre zuvor

[quote]
Wikipedia schreibt aber auch, dass Militärdienst und übliche Bürgerpflichten nicht zur Zwangsarbeit gehören.
[quote]
Nein, das schreibt Wikipedia nicht. Wikipedia gibt das nach der allgemeinen Definition, die ich zitiert habe, als Definition der ILO an, in deren Rahmen 1930 das Übereinkommen über Zwangs- und Pflichtarbeit geschlossen wurde. Wie alle völkerrechtlichen Verträge ist dieser Vertrag interessensgeleitet, in diesem Fall vom Interesse an der Wehrpflicht. Der Standpunkt, die interessegeleitete Definition eines Ausnahmetatbestands legitimiere die Definition, ist ein legalistischer Zirkelschluss.

Man überlege sich, wie der Vertrag einschließlich seiner Definitionen ausgesehen hätte, wenn er neun oder zehn Jahre später von Spanien, Italien, Deutschland und eventuell der Sowjetunion geschlossen worden wäre. Welche Ausnahmetatbestände wären dann definiert worden?

Designierter Komposti
12 Jahre zuvor

Sorry, der Anonymus von 32 war ich. Hab zu früh abgeschickt.

ein anderer Stefan
12 Jahre zuvor

Potentielle Gesetze nach 1933 in Deutschland als hypothetischen Vergleich anzuführen ist ein ziemliches Totschlagargument, finde ich.

Aber offenbar ist auch die Europäische Menschenrechtskonvention fehlerhaft bzw. interessengeleitet, da sie Wehrpflicht ebenfalls nicht als Zwangsarbeit definiert.

In einer funktionierenden Demokratie ist es grundsätzlich möglich, Gesetze auf ihre Konformität mit den Grundrechten prüfen zu lassen. Im Idealfall tut dies die Legislative vor dem Erlass der Gesetze. Wenn seit fünfzig Jahren kein deutsches Verfassungsgericht zu dem Schluss gekommen ist, die Wehrpflicht sei unvereinbar mit den Grundrechten, dann frage ich mich, warum nicht? Waren die Verfassungsrichter alle zu blind, um diese eklatante Grundrechtsverletzung zu sehen?

Sakasiru
12 Jahre zuvor

Ist die Schulpflicht denn nach Meinung einiger Kommentatoren dann auch Zwangsarbeit?

Big Al
12 Jahre zuvor

@ Sakasiru.
Nach Meinung meiner Tochter (14 Jahre jung) schon.
B. A.

Farn
12 Jahre zuvor

Eine Elbphilharmonie ist auch ohne wenn und aber bezahlbar. Es wird zwar gemeckert und gemotzt, doch dann wird das Geld rausgerotzt. Sponsored by Steuerzahler.

Pflege muss bezahlt werden. Ohne wenn und aber. Steuern werden bereits ausreichend verplempert. Man könnte ja mal anfangen, zu Haushalten. Und zwar für den Menschen und nicht für die Materie.

Altheae
12 Jahre zuvor

Also ich weiß ja nicht was sich die Menschen denken aber es gibt klare Abrechnung Vorschriften für Tierärzte GOT „Gebühren Ordnung für Tierärzte“ genannt in der genau aufgeführt ist was der Ta abrechnen muss und wie viel Mindestenz. Sobald ein Tier das Sprechzimmer betritt muss man z.B. schon eine AU „Allgemeinuntersuchung“ abrechnen da kommt man nicht drum rum da gibt es Gesetzte für (selbst wenn man nur eine Zecke raus macht (haben wir nicht so abgerechnet aber dass ist eigentlich illegal)). Wenn jemand denkt dass sein Tierarzt falsch oder überteuert abrechnet kann er sich gerne an die Kammer wenden. Und für die Preise gibt es auch Gründe z.B. wollen die Gerätschafften in einer TAP bezahlt werden und glaubt mir so ein Röntgengerät ist nicht billig. Was man auch mal beachten sollte ist was die meisten Leute in den Praxen leisten Helferinnen und Tierärzte machen oft Überstunden und lassen sich von Tieren zerlegen mit denen nicht mal der Besitzer klarkommt Jeder dort kennt den Dialog: Ein schon knurrender und fletschender Hund steht mir einer Zierlichen Frau… Weiterlesen »




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