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Geschichten

Scheintote

Da fragt ein Kunde: „Wie issen das, wenn mein Vater dann jetzt so brennt, der merkt dann doch nix mehr, oder?“

„Nein, da können Sie ganz sicher sein, die Verstorbenen spüren vom der Einäscherung nichts mehr.“

„Nee, is klar, muss ja auch so sein, schon wegen dem Geschrei, die würden ja sonst alle schreien, so im Ofen.“

„Also grundsätzlich werden ja nur Leichname eingeäschert. Da schreit niemand und die sind alle tot.“

„Sicher, weiß ich doch, bis auf die Ausnahmen.“

„Welche Ausnahmen?“

„Hört man doch immer wieder, so Scheintote und so.“

„Das gibt’s nicht, das…“

„Doch das gibt’s! Hab ich neulich erst in RTL gesehen, da waren im Sarg hinterher, also 40 Jahre später, so Kratzspuren am Deckel. So von innen jetzt.“

„Bei einer Feuerbestattung gibt es keine Kratzspuren im Deckel, weder von innen, noch von außen. Da schaut immer der Amtsarzt vorher noch mal nach.“

„Also für mich wär das ja nix. So im Feuer, nee, also wirklich nicht. Aber inne Erde will ich auch nich, wegen der Würmer, da ekel ich mich. Und ins Meer, nee, das is nass und kalt, das geht mal so gar nicht.“

„Im Prinzip ist es ja aber so, daß man bei allen Bestattungsformen sowas von tot ist, daß man davon eigentlich nichts mehr mitbekommt.“

„Stimmt ja, da haben’se Recht. Man spürt datt ja gar nich mehr.“

„Nein.“

„Ach, wissen’se was, dann tun’se den verbrennen. Und falls er doch nur scheintot is, hatter Pech gehabt.“

Der Scheintod

Was hier so lustig klingt, war über Jahrhunderte eine der größten Ängste die die Menschen hatten: nämlich scheintot begraben zu werden.
Auf den Friedhöfen, aber später auch in den Krematorien gab es die aberwitzigsten Konstruktionen, um sicherzustellen, dass ein Scheintoter sich noch durch Klingelzeichen oder ähnliches bemerkbar machen konnte.
Die Patentämter sind voll von Erfindungen zu diesem Zweck. Sprechanlagen, Klingelanlagen, Seilzüge, alles mögliche wurde genommen, um im Falle eines Falles auf sich aufmerksam zu machen.

Geschichten

Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 2 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 23. März 2016 | Peter Wilhelm 23. März 2016

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Yeti
11 Jahre zuvor

Tja genau. Pech gehabt, aber vielleicht ist er ja sowieso immer gern in die heißeste Sauna gegangen… Mal schauen für was der werte Herr sich später mal für sich selbst entscheidet, die Erde zu würmerig, das Feuer zu heiß, das Meer zu nass hmmm…. Soilent Green, in Alkohol einlegen, Bio-Bestattung (einfach innen Wald mit mir)????

whiskey
Reply to  Yeti
11 Jahre zuvor

soilent green *g*

bekämpft den welthunger !!!

11 Jahre zuvor

Was tut der auch so, als wäre er tot. Selber schuld, der alte Simulant.

broesel
11 Jahre zuvor

Schwester: „Herr Chefarzt! Kommen Sie schnell. Der Hypochonder von Zimmer 122 ist gerade gestorben!“

Arzt: „Na – jetzt übertreibt er aber…“

11 Jahre zuvor

Erlaubt oder nicht, hoffentlich holt sich der Klostervorsteher keinen Zug, wenn er im offenen Zeitfenster herumsteht…

Reply to  Bakenfalter
11 Jahre zuvor

Entschuldigung, Herr Kommentarhausmeister, das hier drüber habe ich doch unter die Gebrauchsanleitung für Paketboten geschrieben… oder bin ich inzwischen komplett pillepalle…?

Karl
Reply to  Bakenfalter
11 Jahre zuvor

Wer weiß, wer weiß …

Komentarhausmeister
Reply to  Bakenfalter
11 Jahre zuvor

Faltbaker, du bist pallepille, aber sonst ganz in Ordnung.

Mort
11 Jahre zuvor

Ich stelle mir gerade vor, wie so ein Häufchen Asche durch die Aschekapsel hindurch am Deckel der sargförmigen Urne kratzt…

Melissa
11 Jahre zuvor

lustiger humor,der satz am ende toppt alles 😀

herr undertaker, ich hoffe doch, dass sie dieses gespräch nur mitbekommen haben. oder arbeitet der werte herr etwa wieder?

11 Jahre zuvor

Ich frage mich ja, wo die immer die ganzen Scheintoten sehen…

simop
Reply to  gotsassaufeinemast
11 Jahre zuvor

hast du doch gelesen – bei RTL natürlich. Und hin und wieder auch in der Bild…

11 Jahre zuvor

Wer sich tot stellt, ist ja auch selbst Schuld! 🙂

ein anderer Stefan
11 Jahre zuvor

Wer außer dem Toten nichts mehr merkt, ist der Fragesteller….

Woher die ganzen Geschichten über die Scheintoten kommen? Ich denke, aus Veröffentlichungen, die nur IN GROßBUCHSTABEN publizieren – egal welches Medium.

JohnB
Reply to  ein anderer Stefan
11 Jahre zuvor

Äh, A.A.Poe? Nicht grade BILD Niveu oder?!
Nein, ich kann die Sorge weniger Informierter Zeitgenossen schon verstehen. Was bleibt ist am Ende immer die Furcht.

ein anderer Stefan
Reply to  JohnB
11 Jahre zuvor

Wer heute noch Angst vor dem Scheintod hat, gehört typischerweise nicht zu den Lesern von E.A.Poe. Im 19. Jh. würde die Verbindung wohl passen.

Big Al
11 Jahre zuvor

SCHEINTOTE?
Damit ist doch der Euro gemeint. Scheine die tot sind, oder?

Karl
11 Jahre zuvor

Eigentlich sind ja so ziemlich alle Leichen bei uns Scheintote, die haben doch normalerweise alle diesen toten Schein bekommen …

Reply to  Karl
11 Jahre zuvor

Ist das das lethargisch baumelnde Zettelchen am großen Zeh des Hinübrigen? Jener Wisch muss total tot sein, schließlich ist er beamtlich(t) und hat die Langeweile dieser Prozedur mitnichten überlebt.

11 Jahre zuvor

Sehr umsichtig, der Herr oder die Dame^^

Engywuck
11 Jahre zuvor

Feuer zu heiß, Wasser zu nass, Erde zu wurmhaltig — da bleibt doch eigentlich nur noch die Vogelbestattung, oder?
Wäre dann ja auch im vierten Element, der Luft.

War der zu bestattende eigentlich immer gut zu Vögeln?




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