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Was soll ich tun wenn der Bestatter die Sterbeurkunde zurückhält?

Wir haben ein großes Problem, Herr Wilhelm, bitte helfen Sie uns!
Einen Tag vor Weihnachten ist mein Vater verstorben. Meine Schwester und ich waren dann beim Bestatter und haben dort den nötigen Auftrag erteilt.
Wir stammen aus der Arbeiterschicht, haben kein Vermögen und einige meiner Geschwister beziehen Hartz IV.
Direkt einen Tag nach Weihnachten waren wir auf dem Amt und schilderten unsere Lage. Die Sachbearbeiterin war sehr nett. Wir sollen einen Auftrag für eine einfache Bestattung erteilen, der Bestatter wisse dann schon Bescheid. Würdevoll darf sie sein, aber nicht von den Kosten her ausufern.
Dann sind die Chance größer, sagte die Frau, daß die Kosten übernommen werden. So wie sie die Sache sehe, käme keiner von uns für die Übernahme der Kosten in Frage und das Amt würde das voraussichtlich übernehmen.
„Bleiben Sie mit den Kosten auf dem Teppich, falls doch keine Kostenübernahme erfolgt, haben Sie dann nicht so einen großen Batzen zu bezahlen.“

Beim Bestatter erlebten wir dann unser blaues Wunder.
„Nein, so geht das nicht. Bis die vom Amt das endlich bezahlen, sind 6-9 Monte rum und ich kann auf meine Kohle warten. Und dann schickt einer von euch seine Papiere nicht hin oder vergißt die Hälfte und ich kann dann noch länger warten. Am Ende seid ihr noch Sozialbetrüger.
Ihr habt drei Möglichkeiten:
Entweder ihr findet einen, der eine gute Bonität hat, dann kann ich den Auftrag über meine Factoring-Bank laufen lassen und ihr zahlt das dann in Raten an die zurück.
Oder ihr legt mir sofort die 1.380,- Euro hin, dann ist alles gut, das wäre mir am liebsten, man kennt euch Brüder ja. Oder, dritte Möglichkeit, ihr schlagt einfach die Bestattung aus, dann melde ich das dem Ordnungsamt und die bestatten dann von Amts wegen. Sucht’s euch aus!“

Wir waren damit völlig überfordert.

Aber wir wollten die Bestattung nicht ausschalgen, was ist das überhaupt? Wir wollten unseren Vater anständig beerdigen. Wir sind zwar arm, aber haben Anstand.
Nun hat mein anderer Bruder, also der Bruder meiner Schwester, eine weiße Weste. Er hat bei seiner Sparkasse nachgefragt und die hätten ihm einen Kredit gegeben.
Als wir zum Bestatter kamen, wohlgemerkt einen Tag vor Silvester, hatte der Bestatter schon alles dem Ordnungsamt übergeben. Er hat dort angerufen und behauptet, wir hätten die Beerdigung ausgeschlagen. Deshalb ist das Amt jetzt erst mal für alles eingetreten.
Wie geht so was?

So, jetzt meine Frage, der Bestatter verlangt, daß meine Schwester oder ich dort eine eidesstattliche Erklärung unterschreiben, sonst gibt er die Sterbeurkunde nicht heraus.
Die brauchen wir aber für alles, für den Vermieter, für die Krankenkasse wegen des Sterbezuschusses, für die ganzen Behörden, Ämter und die Verwaltung.

Die Urkunde, sagt der Bestatter, kriegt nur das Ordnungsamt. Die seien jetzt der Auftraggeber.
Können Sie uns helfen?“

Dieser Bestatter läßt es an Pietät und Einfühlungsvermögen fehlen. Die oberste Aufgabe des Bestatters ist es, die Toten würdig zu bestatten und den Lebenden zu helfen.
Selbstverständlich hat der Bestatter einen Anspruch auf eine Bezahlung.
Es ist uns auch allen bekannt, daß es manchmal an der Zahlungsfähigkeit oder der Zahlungswilligkeit der Kunden mangelt.
Kein Kaufmann kann es sich erlauben, Waren oder Dienstleistungen als reines Risikogeschäft zu erbringen, wenn schon von vornherein absehbar ist, daß eine spätere Bezahlung vermutlich nicht erfolgen wird.

Die Aussage, daß ihm die Bezahlung durch das Amt zu lange dauert, kann ich nachvollziehen.
Es ist tatsächlich so, daß manche Sozialämter bis zu 18 Monate benötigen, um dem Bestatter sein Geld zu überweisen. Das ist entschieden zu lange.
Die Behörde nimmt sich quasi auf diese Weise Kredit bei einem Geschäftsmann. Zinslos, wohlgemerkt.
Es ist aber nicht immer die Schuld der Behörden, oft fehlt es auch an der Mithilfe der Antragsteller. Gerade bei mehreren Geschwistern kommt es oft vor, daß eines seine Unterlagen nicht einreicht oder falsche Angaben macht. Das verzögert dann alles.

Deshalb ist es verständlich, daß Bestatter auch andere Lösungen anbieten. Natürlich wäre es dem Bestatter in diesem Fall lieber, er würde das Geld von einem der Geschwister erhalten, oder direkt von seinem Factorer.
Aber beides kann dem parallel laufenden Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten durch das Sozialamt durchaus im Wege stehen.

Aber unabhängig davon, daß Behörden manchmal zu langsam arbeiten, oder daß die Angehörigen Probleme mit den Unterlagen haben, oder der Bestatter lieber sofort Bargeld hätte: Dieses Verhalten des Bestatters ist nicht korrekt.

Zuerst einmal muß er sehen, daß der Verstorbene anständig unter die Erde kommt und daß die Trauernden unterstützt und durch die schweren Stunden geleitet werden.
So hart das in den Ohren eines Kaufmanns klingen mag: Die Bezahlung steht in diesem Fall im Hintergrund.
Ja, man kann sogar so weit gehen, zu sagen, daß ihn persönlich die finanzielle Lage seiner Kunden nichts angeht.
Theoretisch müßten sie ihm ihre Situation auch nicht unbedingt offenbaren.

Aber Vorsicht: Wer Geschäfte tätigt, obwohl er weiß, daß er die dafür später verlangte Bezahlung nicht erbringen kann, kann sich wegen Betrugs strafbar machen!

Deshalb ist es immer klug, den Bestatter auf die Umstände hinzuweisen.

Dann hat der Bestatter zwei Möglichkeiten: Entweder nimmt er den Auftrag an, und nimmt gleichzeitig, die Umstände in Kauf, oder aber er lehnt den Auftrag einfach ab, wenn ihm das alles zu viel oder zu risikoreich ist.

Aber zuerst den Auftrag annehmen, und dann Theater wegen der Bezahlung machen, ist nicht korrekt.

Nimmt er den Auftrag an, hat er eine Unterschrift unter dem Auftrag und kann bei dieser Person, die ja sein Vertragspartner ist, später auch den Rechnungsbetrag einfordern. Wer da noch alles zahlungspflichtig ist und wie sich die erben dann die Kosten teilen, braucht ihn nicht zu kratzen.
Da soll dann mal schön derjenige, der unterschrieben hat, dafür sorgen, daß er an das Geld kommt. Viele Bestatter reißen sich viel zu sehr mit Bestattungspflicht und Erbfolge herum. Das ist gar nicht notwendig. Es geht hier um ein klares Auftragsgeschäft. Er bekommt einen Auftrag, hat einen Auftraggeber und der bezahlt ihm seine Rechnung, Punkt.
Ob da noch „ein anderer Bruder, also der Bruder meiner Schwester“ auch noch was bezahlen muß, hat gefälligst die Familie intern zu klären.

Dieser Bestatter hat aber einen vollkommen falschen Weg gewählt.
Obwohl die Familie bereit war, die Kosten zu übernehmen -und sei es durch eine Kostenübernahme durch das Sozialamt- und obwohl die Familie als Auftraggeber bei ihm war, hat er behauptet, die Familie habe die Beerdigung ausgeschlagen.

Zunächst einmal: Man kann keine Bestattung ausschlagen. Das ist ein Begriff aus der untersten Schublade der Bestatterphantasie.
Eine Erbschaft kann man ausschlagen, wenn die Annahme dieses „Todesgeschenkes“ mit großen Nachteilen für einen selbst verbunden wäre, oder wenn man das Erbe schlichtweg nicht haben will.
Das hat aber alles mit der Verpflichtung der Angehörigen, sich um die Bestattung zu kümmern und sie ggfs. auch zu bezahlen nichts zu tun.

Man kann sich weigern, diesen beiden Verpflichtungen nachzukommen. Insbesondere die Weigerung, sich um die Bestattung überhaupt zu kümmern, ist gesetzeswidrig, denn die Landesbestattungsgesetze schreiben klar vor, wer hierfür zuständig ist, also immer in erster Linie die Familie.
Und das kommt gar nicht so selten vor. Familien sind zerstritten, manchmal kennen die Betroffenen den verstorbenen Verwandten gar nicht, oder man hatte ewig keinen Kontakt zu ihm. Manchmal ist der Sterbefall in einer weit entfernten Stadt eingetreten, ja, und manchmal sind die Angehörigen auch einfach doof, faul oder unfähig.

In all diesen Fällen, die zur Folge haben, daß von den eigentlich Verpflichteten sich keiner kümmert, muß die Ordnungsbehörde stellvertretend einschreiten. Aus seuchenhygienischen Gründen und aus Gründen der Pietät sorgt sie dann dafür, daß der Verstorbene „von Amts wegen“ bestattet wird.

Im Nachgang dann wird die Behörde die hierfür angefallenen Kosten bei den o.g. Verpflichteten beitreiben.

So. Und daraus ergibt sich folgende Situation. Manchmal ist es wirklich absolut unzumutbar, daß ein Bestatter sich auch noch um die wirren Verhältnisse innerhalb einer Familie kümmern soll. Manchmal ist es aber auch für den Angehörigen, der bereit ist, sich zu kümmern, absolut unmöglich, mit den übrigen Verpflichteten Kontakt aufzunehmen oder an sein Geld zu kommen.
In diesen Fällen kann es durchaus ein gangbarer Weg sein, daß man die ganze Angelegenheit von Anfang an dem Ordnungsamt überlässt. Die Angehörigen machen dann gar nichts. Sie erteilen keinen Auftrag, suchen beim Bestatter nichts aus und gehen aber auch das Risiko ein, daß der Verstorbene ratzfatz ohne viel Aufhebens eingeäschert und schlicht bestattet wird.
Und eine Trauerfeier gibt es dann auch meistens nicht.

Der Vorteil für die Betroffenen ist, daß das Amt die Kosten übernimmt. Das muß nicht schneller gehen, als beim Sozialamt, ist aber etwas sicherer für den Bestatter. Denn ist das Ordnungsamt der Auftraggeber, dann hat er nur dieses als Schuldner und nicht irgendeinen zahlungsunwilligen und uneinigen Haufen von Geschwistern, Neffen, Enkeln usw.

Es ist aber nicht korrekt, in jedem Fall von Sozialbestattung oder bei der kleinsten Unklarheit diesen Weg als den bequemsten zu gehen.

Wie gesagt: Manchmal ist dieser Weg, sogar in Absprache mit einem der Verpflichteten, sogar der klügere. Das Ordnungsamt hat bessere Möglichkeiten, die übrigen Zahlungspflichtigen zur Zahlung zu bewegen. Und es hat als Behörde ganz sicher auch einen längeren finanziellen Atem, als ein Unternehmer.

Aber dieser Weg ist keine ständige Alternative, nur weil der Bestatter keine Lust zu was weiß ich hat.
Nicht vergessen: Er muß ja nicht, er kann den Auftrag von vornherein ablehnen.

So, die Sterbeurkunden:

Ganz beliebter Trick von allen an einer Bestattung beteiligten Stellen: Es werden Unterlagen zurückgehalten, quasi als Pfand.
Das ist nicht korrekt.

Aber es ist so: Wenn mir als Bestatter ein Auftrag erteilt wird, sich dann aber die Familie nicht mehr kümmert, und stattdessen das Sozialamt als Auftraggeber eintritt, dann habe ich es nur noch mit dem Amt zu tun. Die bekommen dann auch die Sterbeurkunden.
Die Familie, die sich bei mir als Bestatter nicht um die notwendigen Schritte gekümmert hat, soll gefälligst sehen, wo sie ihre Sterbeurkunden herbekommt.
Ein gangbarer Weg wäre der zum zuständigen Standesamt. Dort kann man einen Auszug aus dem Familienbuch bzw. Kopien der Sterbeurkunden bekommen.

In Eurem Fall ist es aber so, daß Ihr als Auftraggeber greifbar seid.
Ich würde an Eurer Stelle auch keine wie immer geartete Erklärung beim Bestatter unterschreiben.
Besorgt Euch die Unterlagen beim Standesamt.

Geht zum Ordnungsamt und klärt dort ab, was an Kosten angefallen ist und besprecht alles mit dem Sachbearbeiter.

Erzählt überall, wie der Bestatter sich verhalten hat, aber bleibt bei der Wahrheit.

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Da das Bestatterweblog schon über 20 Jahre existiert, wurde die Blogsoftware zwei-, dreimal gewechselt. Dabei sind oft die bereits vorgenommenen Kategorisierungen meist verlorengegangen.

Deshalb stehen über 4.000 Artikel in dieser Rubrik hier. Nach und nach, so wie ich die Zeit finde, räume ich hier auf.

Lesezeit ca.: 12 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: | Peter Wilhelm 11. Januar 2017

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6 Kommentare
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7 Jahre zuvor

Wäre gut,wenn das Runde macht,so einen Bestatter möchte man auf keinen Fall bekommen,wer weiß,wie viele Angehörige er genau so schäbig behandelt hat?! Er hat damit ein sehr schlechtes Bild auf den ganzen Berufsstand geworfen,also dem Ruf der Bestatter sehr geschadet,gehört sich echt nicht und ich bin sehr froh,daß mein Vater genug Geld auf seinem Konto hatte,so daß es danach keinerlei Probleme bei der Bestattung in WÜRDE gab,trauriger Anlaß und dann das noch,wie oben erwähnt.Werde mir den Beitrag noch einmal in Ruhe durchlesen,bin im Moment noch zu aufgekratzt,da ich nicht weiß,wie das eines Tages mein Sohn regeln wird,der von nix Ahnung hat,die muß ihm dann jemand verschaffen. Der Bestatter wies mich neulich freundlich drauf hin,dass die Kinder das dann bezahlen müssen,wenn man selbst nicht genug Geld für diesen Zweck irgendwo liegen hat..

7 Jahre zuvor

„Mein anderer Bruder, also der Bruder meiner Schwester.“
Was ist das für eine Konstruktion?

Winnie
Reply to  pflaegermeister
7 Jahre zuvor

@pflaegermeister:
Was ist daran so schwierig? Meine Schwester wundert sich auch schon lange, wieso sie zwei Brüder hat aber ich nur einen. 😉

Jackie
Reply to  pflaegermeister
7 Jahre zuvor

@pflaegermeister:

Na vlt. sind es Halb- oder Stiefgeschwister? Die Schwester kann ja eine Halbschwester sein, hat aber noch einen Bruder der vlt. nicht mit in die neue Familie eingeheiratet wurde. Entweder weil schon zu alt oder beim anderen Elternteil wohnend. 🙂 geht schon…

Tanja
7 Jahre zuvor

der letzte Satz vom Beitrag gefällt mir am Besten!. Und bei denen die Geld haben schleimt der wahrscheinlich wie die Katze um dem heißen Brei….

Leo
Reply to  Tanja
7 Jahre zuvor

@Tanja:
Ich LIEBE selbsterfundene Sprichwörter! Dieses ist wirklich grandios..;o)




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