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Zwei -4-

Hans Petersen ist fix und fertig, durch den Wind, total verpeilt und absolut überfordert. Seine Frau und ein kleiner Sohn sind kurz nacheinander verstorben und er stand von jetzt auf nachher mit zwei kleinen Säuglingen da. Anfangs machte er, gemessen an diesem Schicksalsschlag, einen erstaunlich gefestigten Eindruck, aber das war nur Fassade, eine Fassade, die jetzt schnell bröckelt.

Zum Vorschein kommt ein völlig hilfloser, zutiefst trauriger und von seinen Gefühlen völlig übermannter Junge, der nicht weiß wie es weitergehen soll. Seine Schwägerin ist kurz nach Petersens Besuch in unserem Haus bei ihm aufgetaucht und hat kurzerhand die beiden Zwillings-Babys mitgenommen. „Da lasse ich jetzt gar keinen Widerspruch zu, Du bist doch gar nicht in der Lage, die Kinder richtig zu versorgen, Du wirst jetzt schließlich andere Dinge zu tun haben, immerhin mußt Du die Bestattung von meiner Schwester Jutta regeln.“

„Das macht doch alles das Institut“, hatte Hans Petersen noch eingewandt, aber letztendlich hatte er es doch zugelassen, daß seine Schwägerin Marlies und ihr etwas intelligenzarmer, aber dauergrinsender Gatte Michael die beiden Zwillinge Tobias und Lukas mitnahmen.

„Ist ja nicht für lange und wahrscheinlich hat Marlies sogar Recht, ich bin total alle im Moment, ich kann keinen klaren Gedanken fassen und Sie glauben ja gar nicht wie froh ich bin, daß Sie mir alles abnehmen“, hatte Hans zu mir gesagt.

Er war vor allem froh, daß die resolute Schwägerin etwas versöhnlichere Töne anschlug, nachdem sie zu allererst „einen Tanz wegen dem Erbe“ aufgeführt hatte.

„Jetzt wo Jutta tot ist, sind ja auch die familiären Bande zwischen uns zerschnitten, Du bist ja nur eingeschwägert und nicht blutsverwandt. Die einzige Blutsbrücke zu euch sind die beiden Kinder. Du mußt Dir darüber im Klaren sein, daß Dir hier gar nichts zusteht. Jutta hatte geerbt und da muß ja das Meiste noch da sein. Glaube mir, ich werde mir Einblick verschaffen und herausfinden, wo das Geld steckt. Komme mir ja nicht auf die Idee, das Geld jetzt noch zu verpulvern“, das waren in etwa die Worte der Schwägerin.

Hans, der sich mit Erbsachen nicht auskennt und dem das im Moment wohl auch alles vollkommen egal ist, hatte noch gemeint: „Wenigstens ein anständiges Begräbnis sollen die beiden haben.“ Dem hatte Marlies zugestimmt und Michael, ihr Mann, hatte feixend genickt und „Ja“ gesagt, doch das war schon zuviel, denn Marlies fuhr ihn an: „Halt du dich da mal ganz raus, du bist doch auch nur eingeschwägert und hast da gar nichts mitzureden, wo kämen wir denn hin, wenn sich jetzt noch die Eingeheirateten hier um die Familienangelegenheiten kümmern würden….“

„Um die Bestattung von Jutta kümmere ich mich aber“, beharrte Hans schnell und hängte etwas hilflos noch des Gaskanzlers berühmtes „Basta!“ hintendran. Marlies tat pikiert, schüttelte verwundert den Kopf und sagte: „Na, was denn sonst wohl? Das ist ja das Mindeste, daß du meine Schwester jetzt anständig beerdigst“, und nach einem kurzen Überlegen fügte sie noch hinzu: „Aber nicht von ihrem Erbe! Das wirst Du schön unangetastet lassen, ihr werdet ja auch eigenes Geld haben und sei dir sicher: Du wirst mir Rechenschaft über Juttas Geld ablegen müssen!“

„Juttas Geld hat mich nie interessiert“, hatte Petersen mir dann erzählt, „Ich wußte in dem Moment gar nicht, was Marlies von mir wollte. Gut, Jutta und Marlies hatten ja geerbt. Natürlich weiß ich wieviel das war, aber die Sache mit Tim hat uns viel Geld gekostet und außerdem haben wir seinerzeit ein neues Auto gebraucht. Ich glaube gar nicht, daß da noch viel da ist.“

Etwas indiskret, aber um ein Bild von der Lage zu bekommen, fragte ich: „Um wieviel Geld dreht es sich denn überhaupt? Ich meine, es macht ja einen Unterschied, ob man 5.000 Euro oder 5 Millionen geerbt hat.“

„Fünf Millionen! Ha! Wenn’s denn mal soviel gewesen wäre!“ Hans lacht das erste Mal und macht eine wegwerfende Handbewegung. „15.000 Euro sind das gewesen. Der Vater hatte eine kleine Eigentumswohnung und bis Pflegekosten und Schulden abbezahlt waren, waren noch gut 30.000 Euro übrig und die sind verteilt worden.“

„15.000? Na, das ist zwar ein schöner Batzen, aber wohl kaum die Summe, die einem auf ewig ein sorgenfreies Leben ermöglichen würde und umso weniger verstehe ich, daß ihre Schwägerin jetzt glaubt, da sei noch viel übrig und vor allem, es stünde ausgerechnet ihr zu. Ich rate Ihnen, die Bestattung jetzt hinter sich zu bringen und sich dann einen guten Anwalt zu nehmen, da steht Ihnen noch ein Haufen Ärger ins Haus.“

Hans Petersen nickte resigniert, hob mal kurz hilflos Schultern und seufzte: „Die soll’n mich doch alle mal am A… lecken, ist doch wahr, oder? Ich hab‘ jetzt Wichtigeres zu tun, als mich mit meiner habgierigen Schwägerin herumzustreiten.“

Morgen wird die Trauerfeier sein.

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Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 28. Mai 2012 | Peter Wilhelm 28. Mai 2012

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26 Kommentare
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15 Jahre zuvor

Der arme Kerl. Und das alles wegen 15000 Euro? Die Schwägerin muss es ja dringend nötig haben. Vielleicht
wäre es besser, er würde so schnell wie möglich seine Kinder wiederholen – wer weiss, was ihr da noch so
alles einfällt.
Familie (verwandt & verschwägert) kann man sich halt leider nicht aussuchen.

egal
15 Jahre zuvor

Die Schwägerin würde ich mir gern mal ausleihen um meine Verwandschaft zu erschrecken! xD

ollyy
15 Jahre zuvor

Unglaublich. Die Schwester ist noch nicht unter der Erde und schon versucht sie an das vermeintliche Erbe zu kommen. Was sind das für merkwürdige Menschen?

anna
15 Jahre zuvor

Also mit „Jutta“ und „marlies“ geht da aber einiges durcheinander ;-))

katz
15 Jahre zuvor

ich find es immer wieder abartig wie menschen druaf sind wenn es ums erben
oder allgemein um Geld geht!Wie habgierig und ekelhaft leute werden können!
einfach nur traurig!

Nicole
15 Jahre zuvor

Oh man, wie kann man nur so gefühllos sein, der Mann hat grad seine Frau und seinen Sohn verloren und die denkt nur Geld, worauf sie noch nicht mal Anspruch hat. Echt traurig 🙁

Syratte
15 Jahre zuvor

In der Erbfolge hat die Schwester der Verstorbenen eh nix zu sagen. Die ist geregelt und daran kann sie nicht drehen. also erstmal die direkte Linie: Kinder oder Eltern der Verstorbenen. Der Mann hat ohnehin ne Sonderregelung durch das Ehegattenerbrecht.

Ein Auto und zwei Bestattungen, dazu Ausgaben die die Frau mal gemacht hat… Die Hälfte gehört wohl eh dem Gatten. Was will die Frau eigentlich?

Man sollte denken, es gibt bei dem Tod der Schwester wichtigeres als sofort nach dem Erbe bzw. dem Erbe des Erbes zu geiern…

gar nicht be
15 Jahre zuvor

Trotz des Mitgefühls das mich in den ersten Teilen dieser Serie erfüllte musste ich diesmal wirklich schmunzeln, sogar lachen.
In was für einem Pappkarton muss jemand leben um jeglichen Anstand für den Gedanken an so ne Portokasse über Bord zu werfen?
Besonders wer mit dem Begriff „Familie“ um sich schlägt sollte bei so einem Verhalten mal Inhalt einer Bloßstellung werden … (kein Aufruf , nur ein Gedanke … und eine Unmutsbekundung)

15 Jahre zuvor

Das traurigste an der Sache ist ja, dass unter Umständen, wenn sich der Mann in 1, 2 Jahren an seine Frau zurück erinnert, er auch jedesmal das Drama mit ihrer Schwester im Kopf haben wird… eigentlich sollte die ihm noch Geld geben, wegen Grausamkeit.

15 Jahre zuvor

@anna: Danke, hab’s verbessert.

15 Jahre zuvor

Wirklich erschreckend… aber ich habe es selbst vor ca. 6 Monaten mitbekommen dürfen wie Geld die sonst so geliebte und freundliche Verwandschaft verändert. Da wird aus dem Lieben Bruder (in unserem Fall) der Geldgierige Typ.

In meinem Fall ist mein Onkel von uns gegangen und irgendwie hätten den Geschwistern (7 an der Zahl die noch unter den Lebenen verweilen) auch irgendwie ein Teil des Erbes zugestanden. Alle Geschwister bis auf Besagten Geldgierling haben beschlossen auf das Erbe zu verzichten um meine verwitwerte Tante dadurch zu unterstützen.

Ich hoffe das alles gut für Herrn Petersen ausgeht. Vor allem seine Kinder können ihm in diesem Fall eine wichtige Stütze im Leben sein die ihm wieder einen Sinn gibt.

Viele Grüße

Nimue
15 Jahre zuvor

Wir haben das bei uns in der (Klein)Familie ganz einfach geregelt: Unsere Eltern hauen alles auf den Kopf, dann gibt es nichts zu erben.:-)
Und da sind meine Schwester und ich uns einig.

Buchstabensalat
15 Jahre zuvor

Oh Himmel, da hat aber eine den Begriff „Familie“ nicht so ganz verstanden…
Mal schauen, ob der fremde Mann überhaupt die Babies zurückbekommt – ist doch nur angeheiratet, und das bißchen DNS…

Salat

Anke W.
15 Jahre zuvor

Hoffentlich bekommt er wenigstens die beiden Jungs problemlos wieder. Die kommt am Ende noch auf so schräge Gedanken wie „wenn du nicht die Kohle rausrückst, behalte ich solange die Babys“ oder sowas.

ein Mitleidender
15 Jahre zuvor

Ich bin immer wieder erstaunt, wie primitiv und unmenschlich die Menschheit sein kann. Um mich auf das tiefe Niveau dieser Person herunterzulassen, mein Schimpfwort für diese Dame: was für eine blöde Sauf.tze!

Dorien G
15 Jahre zuvor

Was ist denn bitteschön eine Saufkatze?

Caitlin
15 Jahre zuvor

Das schlimme ist, dass die leute sich desto übler striten, je weniger es zu erben gibt.

In meiner Großelterngeneration ging es um 1/10 Hoferbe, drei Stehlampen und das Eingemachte vom letzten Jahr, und raus kam dann 30 Jahre Kontakt nur über einen Anwalt…

Micha
15 Jahre zuvor

@15 Das ist eine Katze, die ein halbes Jahr in Vodka eingelegt und gelöst wurde, so dass man sie in einem Martiniglas servieren kann.
Saufkatzen kommen in letzter Zeit immer mehr in Mode und befriedigen den Cocktailwahn unserer modernen Zeit.

Manche schämen sich, zuzugeben, schonmal dem unvergleichlichen Genuss einer Saufkatze gefrönt zu haben.
Darum versteckt Mitleidender seine geheime frivole Leidenschaft auch hinter einem schamvollen Punkt.

Die Saufkatze ist eng verwandt mit der Kuppelkatze, die auch aus der Familie der lolcats stammt.
comment image

Das du das nicht weißt…

Ich hoffe, dass der Mann seine Söhne zurückbekommt und es schafft, sich gegen das Universum im allgemeinen und die Familie im speziellen zu behaupten.

Madner Kami
15 Jahre zuvor

Ich sehe es ähnlich wie #1. Herr Petersen sollte, falls das noch ein akuteller Fall ist, schnleunigst seine Kinder wieder holen, man weis nie was einem da sonst noch so blühen kann und bis man das vor Gericht ausgestritten hat, selbst mit Eilverfahren und allem Brimborium, noch dazu die Kosten… Bei so einer Persönlichkeit weis man nie was noch alles kommt.

Jakob
15 Jahre zuvor

die hat die Kinder doch nur genommen, damit sie später sagen kann das sie geld für die versorgung haben will… so wie die rum zetert mit dem Erbe…

15 Jahre zuvor

Mal OT: Gab es nicht hier schonmal §Voerher in diesem Blog“-Links?

Sensenmann
15 Jahre zuvor

Der Hammer ist ja, dass die Schwester am liebsten die ganze Kohle (wie viel das auch immer sein mag) allein erben will, aber der Witwer beide Bestattungen bezahlen soll – und das bloß nicht von ihrem Geld!

In was für einer Welt lebt die eigentlich?

MacKaber
15 Jahre zuvor

Warum sollte er sich einen Anwalt nehmen? Kostet ihn nur Geld. Einfach ignorieren. Forderungen aussitzen. Soll sie doch einen Anwalt nehmen, dann kostet es ihr Geld. Und wenn ihr Anwalt mehr verdienen will, dann kann er ja Klage einreichen.
Er könnte iihr auch ins Gesicht grinsen und sagen: „Falls Du wissen willst, wo das Erbe ist, – wir haben es schon lange zusammen verprasst. Und nun?

A
15 Jahre zuvor

Und was ist nun aus den Zwillingen geworden? Hat er die jemals wiederbekommen? Wie ging das Ganze aus?

7 Jahre zuvor

Tja…..und wie ging es nun weiter?
Mitdenfingernaufdenschreibtischtrommel…

pansy
7 Jahre zuvor

Haaallooooo …
Hast Du die Fortsetzung der Geschichte vergessen? 🙁




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