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Frag den Bestatter

Der Arzt hat unserer toten Schwester in die Augen gestochen

„Meine verstorbene Schwester ist durch den Verzehr eines „Berliner Ballens“ leider erstickt. Mein Schwager erzählte seinerzeit, dass der behandelnde Arzt, der auch den Totenschein ausgestellt hat, mit einer Nadel in die Augen stach um auch so den Tod festzustellen. Ich kann mir so etwas nun wirklich nicht vorstellen. Wissen Sie vielleicht ob dies tatsächlich so gehandhabt wird. Ich habe da meine Zweifel.

Ich kann mir nicht vorstellen, daß das wirklich so gewesen sein soll.
Wenn der Arzt zu einer Verstorbenen gerufen wird, dann ja mit dem Auftrag, festzustellen, ob dieser Mensch wirklich tot ist oder noch lebt.
Würde der Mensch noch leben, wäre ein Stich des Arztes in die Augen ja sehr kontraproduktiv.

Das wäre dann ja vom Ergebnis so wie: „Gratulation, Sie lebt noch, aber sie wird jetzt immer blind sein.“

Von einer solchen Probe mit einem Stich ins Auge habe ich noch nie gehört.
Allerdings haben Ärzte oft lange, dünne Taschenlampen, mit denen sie nahe ans Auge des Toten gehen und hineinleuchten. Anhand des ausbleibenden Pupillenreflexes kann der Arzt den u.a. den Tod feststellen.
Vielleicht wurde das irrtümlich für einen Stich ins Auge gehalten.

Was es gibt, ist der Herzstich.
Hier wird einem Verstorbenen mit einem Messer ins Herz gestochen. Das tut man aber nicht, um den Tod festzustellen, sondern um ihn sicherzustellen.
In vergangenen Zeiten hatten sehr viele Menschen Angst davor, lebendig begraben zu werden.
Diese Angst nennt man Taphephobie.

https://de.wikipedia.org/wiki/Taphephobie

Man dachte sich unzählige Apparate aus, die beispielsweise dazu dienten, daß ein versehentlich Begrabener sich aus dem Grab heraus bemerkbar machen konnte.
Andere verfügten testamentarisch, man möge ihnen nach dem Tod ins Herz stechen, damit auch ganz sicher sei, daß sie nicht als Scheintoter irgendwann im Grab erwachen.
Soweit ich weiß, wird der Herzstich in Österreich immer noch als Leistung der Wiener Bestattung angeboten.

Im Grunde genommen sind aber solche Befürchtungen überflüssig. Selbst wenn einer in der Kette nicht sorgfältig arbeitet, so würde doch der Bestatter dann bemerken, daß der Mensch noch lebt.
Fälle, in denen jemand irrtümlich für tot erklärt wird, kommen zwar immer wieder mal vor, sind aber extrem selten und ereignen sich zumeist in weit entfernten Ländern.
Eine generelle Befürchtung muß man hier nicht haben.

In „Frag den Bestatter“ findest Du meine Antworten auf Fragen von Leserinnen und Lesern. Diese Fragen sind zum Teil Inhalte Dritter, die mich tagtäglich auf den verschiedensten Wegen erreichen. Es handelt sich also um meist nicht bearbeitete und nicht auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfte Fragen Dritter. Für die Fragen sind allein die Übersender der Mitteilungen verantwortlich. Ich mache mir die Aussagen nicht zu eigen.
Ich erteile Auskünfte ausschließlich aufgrund meiner Erfahrung und erbringe keine Rechts-, Steuer- und Medizinberatung.

Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 19. September 2016 | Peter Wilhelm 19. September 2016

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turtle of doom
7 Jahre zuvor

„Das wäre dann ja vom Ergebnis so wie: „Gratulation, Sie lebt noch, aber sie wird jetzt immer blind sein.“

In der Tat müssen Injektionen ins Auge (z.B. bei der Behandlung der Makula-Degeneration, die unbehandelt zur Erblindung führt) in spezialisierten Praxen unter höchsten Sauberkeitsbedingungen durchgeführt werden. Und generell sind medizinische Eingriffe am Auge mit >10% eine der häufigeren Ursachen einer Erblindung.

Egber Lux
7 Jahre zuvor

Hier könnte der Cornealreflex (Lidschlussreflex) geprüft worden sein. Sicherlich wurde die Hornhaut mit einer Nadel nur berührt. Ist u.a. ein Teil der Hirntoddiagnostik, zur Todesfeststellung eher nicht üblich.

Lochkartenstanzer
7 Jahre zuvor

Und was erwartetet den netten Wiener Bestatter wenn er beim Herzstich feststellt, daß der liebe Mensch doch nicht tot war?

PS. Mir ist schon bewußt, daß heutzutage i.d.R. sichergestellt ist, daß derjenige, der dann beim Bestatter landet, auch wirklich tot ist.

Llu
Reply to  Lochkartenstanzer
7 Jahre zuvor

@Lochkartenstanzer:

[Was es gibt, ist der Herzstich.
Hier wird einem Verstorbenen mit einem Messer ins Herz gestochen. Das tut man aber nicht, um den Tod festzustellen, sondern um ihn sicherzustellen.]

Wer lesen kann, ist klar im Vorteil … 😀

Lochkartenstanzer
Reply to  Llu
7 Jahre zuvor

@Llu:

> Wer lesen kann, ist klar im Vorteil … 😀

Und wer es tatsächlich tut und das gerade gelesene versteht hat sogar einen größeren Vorteil.

Es war eher eine rhetorische Frage, um auf den darauf hinzuweisen, daß der freundliche Wiener Bestatter eventuell eine Anklage wegen Mord der Totschlag auf sich nimmt, nur um dem letzen Willen des „vielleicht“ Verstorbenen nachzukommen. 🙂

MarvinB
Reply to  Lochkartenstanzer
7 Jahre zuvor

@Lochkartenstanzer: Als semantische Spielerei ganz lustig. Aber egal ob jetzt ein Herzstich vorgenommen werden soll, um einen Scheintot auszuschließen (was auch in Österreich übrigens nicht praktiziert wird) oder ob er im Rahmen einer thanatopraktischen Behandlung gemacht wird. Grundlage ist in jedem Fall die Bescheinigung des Todes durch einen Amtsarzt, was den Bestatter von jeglicher Schuldbarkeit enthebt.

Kathia
7 Jahre zuvor

Nachdem ich „Berliner Ballen“ gegoogelt habe, stelle ich mir die Frage, wie man durch den Verzehr ersticken kann?!

Lochkartenstanzer
Reply to  Kathia
7 Jahre zuvor

@Kathia:

Indem man versucht einen ganzen Berliner auf einmal in den Mund zu stecken?

Anna
7 Jahre zuvor

Ich kann es mir auch nicht denken, daß der Arzt zu dieser Methode angewandt hat.

Falls der Bestatter die Augenlider am Ende nicht verklebt oder Augenkappen benutzt hat, hätte man bei der Aufbahrung der Toten doch (zur eigenen Beruhigung) feststellen können, ob die Augäpfel noch unversehrt waren.

Roland B.
7 Jahre zuvor

Vielleicht wurde eine Probe entnommen? Kann man nicht anhand des Kaliumspiegels im Glaskörper irgendwelche Vergiftungen nachweisen?
Kommt jedenfalls gelegentlich in Krimis vor, wenn der Herzstillstand möglicherweise nicht natürlich war.




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