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Grabkreuze statt Grabstein

Fast überall in Deutschland stellen die Bestatter nach der Beisetzung ein Holzkreuz mit dem Namen und den Lebensdaten des Verstorbenen aufs Grab.
Weniger gläubige Menschen können mancherorts stattdessen auch eine Holztafel bekommen.

Diese Kreuze und Tafeln sind für alle Beteiligten eine gute Sache. Sargfabriken und Schreinereien verdienen an den Kreuzen, der Bestatter veredelt sie mit Namen und Lack und verdient auch noch was; und die Angehörigen haben eine mehr oder weniger vorübergehende Kennzeichnung des neuen Grabes.

Mehr oder weniger vorübergehend?

Ja, auf den meisten Friedhöfen sind diese Holzkreuze nur als vorübergehende Lösung gestattet. Danach, manchmal ist sogar exakt vorgeschrieben wann, muß ein Grabstein gesetzt werden.

So ein Grabstein ist, aus Sicht der Friedhofsverwaltung, keine triviale Sache. Der Stein muß vorher skizziert, bemaßt, beantragt und kostenpflichtig genehmigt werden.
Er bedarf eine fachmännisches Fundamentes und muß durch einen Fachbetrieb angefertigt, geliefert und aufgebaut werden.
Material, Gestaltung und Arbeit kosten Geld. Im günstigsten Fall sind die Angehörigen mit um die 1.000 € dabei, aber oft werden auch Beträge um die 3.000 bis 5.000 € für recht einfache Grabsteine ausgegeben.
Pech hat man, wenn auf dem örtlichen Friedhof eine bestimmte Gestaltungsform vorgeschrieben ist, die nur durch den üppigen Einsatz von Steinmetzarbeiten zu realisieren ist. So einen Friedhof gibt es hier in einem der näheren Orte. Da ist man selbst für die einfachste Form (Stein, Sockel, Einfassung, Abdeckung usw.) kaum unter 10.000 € los.
Ein Schelm, wer vermutet, daß bei der entsprechenden Beschlußfassung für diese Friedhofsordnung ein Steinmetz im Gemeinderat mitgewirkt oder lobbyistisch tätig geworden ist.

Ich weiß jetzt nicht, was Grabsteine wirklich wert sind, aber es ist anzunehmen, daß auch beim Geschäft mit ihnen ein entsprechend gutes Geschäft gemacht wird. Das sei, unter Berücksichtigung der vielen hier schon zum Thema Bestattungskosten veröffentlichen Texte, den Steinmetzen auch durchaus gegönnt.
Fakt ist aber, daß Grabsteine eine Menge kosten.

Für viele Angehörige sind die Friedhofsgebühren noch einzusehen; und daß der Bestatter ordentlich verdient, begreifen die Leute auch. Aber die ganzen Nebengewerke, Blumen, Zeitung, Grabstein usw. werden oft nicht als so grundlegend wichtig erachtet.
Umso weniger Verständnis hat man für die damit verbundenen hohen Kosten. Vor allem deshalb, weil man ja auf eine Zeitungsanzeige und üppigen Blumenschmuck einfach verzichten kann. Beim Grabstein ist das anders. Da schreibt dann (meist) die Friedhofsordnung vor, wie, wann und in welcher Form der Grabstein bitteschön auszusehen hat.
Zu den Bestatterkosten von rund 2.000 € und den Friedhofsgebühren (Zelle, Halle, Grabbau) von nochmals 1.500 € und den Grabgebühren von mindestens 1.500 – 2.500 € kommt dann noch später der Grabstein hinzu, der im Mittel auch so um die 2.500 € kostet.

Kein Wunder also, daß mancher gerne darauf verzichten würde. Und viele tun es auch. Da bleibt dann das, für den vorübergehenden Einsatz gedachte, Holzkreuz jahrelang stehen – oft jahrzehntelang, manchmal bis zum Ablauf des Grabes.
Manche Friedhofsverwaltung duldet das stillschweigend, in anderen Fällen hat man wenig Handhabe, wenn die Angehörigen einfach das Geld nicht haben – was will man auch sonst machen?

Wir haben bei unseren Rundgängen über die Friedhöfe solche „Altkreuze“ immer mal wieder eingesammelt, abgeschliffen, neu beschriftet und frisch lackiert. Den Leuten ist geholfen und die Verwaltung sagte nichts, wenn die Kreuze wieder gut aussahen.

Aber immer mehr Kommunen gehen dazu über, die Vorschriften für die Grabgestaltung zu lockern.
Jetzt so geschehen in Flörsheim. Zwar wurde vom Gemeinderat kräftig an der Kostenschraube gedreht, im Schnitt wurde alles rund ein Drittel teurer, aber immerhin hat man jetzt dort auch den dauerhaften Verbleib der Holzkreuze gestattet.
Das gibt es auch andernorts schon so.
Und das ist zu begrüßen.

Die Steinmetze werden es nicht gerne hören. Sie zahlen mit die höchsten Mieten für ihre Lauerstellungen nahe den Friedhöfen, haben hohe Betriebskosten und haben sich, auch vom Personal her, auf die fast schon garantierten Aufträge eingerichtet.
Fällt nun der Zwang zum Grabstein, geht ihnen ein Teil des Geschäfts flöten. Für manchen, der überwiegend von den Grabsteinen lebt, kann das existenzbedrohend sein.
Aus diesem Blickwinkel habe ich Verständnis für den Unmut der Steinmetze.

Auf der anderen Seite sehe ich aber auch die vernachlässigten Gräber ohne Grabstein, bei denen sich die Angehörigen seit Jahren nicht mehr auf den Friedhof trauen, weil ihnen einst das Geld für den Stein fehlte.
Vielleicht ist denen geholfen, wenn sie von Anfang an wissen, daß man auch ohne Stein auskommen kann.

Wie wird es kommen?
Im Groben haben sich die Leute oft schon ausgerechnet, was eines Tages die Beerdigung kosten wird.
Viele haben dafür auch entsprechend vorgesorgt.
Wird der benötigte Betrag nun um Summe X kleiner, weil kein Grabstein mehr nötig ist, steht zu befürchten, daß anderweitig Begehrlichkeiten entstehen.
Friedhöfe und Bestatter werden sich schon darum kümmern, daß man hinter wie vorher auf die gleiche Schlußsumme kommt. Wetten?

Branche / Kommune

Berichte und Kommentare zu Verwaltungen, Kirchen, Friedhofsträgern und der gesamten Bestattungsbranche.

Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 20. Dezember 2016 | Peter Wilhelm 20. Dezember 2016

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8 Kommentare
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hajo
7 Jahre zuvor

„Mehr oder weniger vorübergehend?“
Dabei fällt mr die Weisheit ein: Es ist nichts so beständig wie ein Provisorium 😉
Zum letzten Satz fällt mir nur ein: Da tun sich ja Abgründe auf :-(, aber auch Betatter und Steinmetze sind nur Menschen.

Doxli
Reply to  hajo
7 Jahre zuvor

@hajo: Wird dann als „Providurium“ bezeichnet 😉

Doxli
7 Jahre zuvor

Mein Opa hatte sich als letzte Arbeit vor seiner Pensionierung sein eigenes Grabkreuz geschmiedet. War von Beruf Kunstschlosser. Nehme aber an, so etwas ist aber auch nicht überall erlaubt… ? Weiss nicht, aber wäre vielleicht eine bisschen günstigere Alternative zum Stein. Genaue Preise weiss ich allerdings nicht.
Bei meinem Opa hatte jedenfalls niemand etwas dagegen.

hajo
Reply to  Doxli
7 Jahre zuvor

@Doxli: Alpenraum sind geschmiedete Kreuze fast die Regel, manchmal mit einem Email-Bild des/der Verstorbenen.

Chris
7 Jahre zuvor

…was würde eigentlich gegen ein Kunststoffteil in Grabsteinform sprechen? Müsste inklusive Inschrift für unter 100€ zu haben sein!

Josef
7 Jahre zuvor

Auch bei uns sieht man, das die Kreuze über Jahre stehen bleiben. Das Grünflächenamt hat da wohl schon aufgegeben.

Allen hier ein frohes Fest und ein schönes neues Jahr!!

Lg Josef

7 Jahre zuvor

Die Uni in Greifswald hat sicher ein sehr feststehendes Kreuz oder gar etwas Ähnliches für all die netten Spender,die ihren toten Körper der Wissenschaft anvertraut haben.Das dürfte dann kostenmäßig nicht den RaHmen sprengen?! Aber ich habe auch noch nicht so Distanz zum eigenen Körper entwickelt,dass ich da so eine entsprechende Verfügung mache, Bekannte ist da schon weiter,hat das genau so entschieden.Hinterbliebene haben so nicht viel Arbeit…

Anonym
5 Jahre zuvor

Schlimm, dass sadistische Leichenschänder und skrupellose Geschäftemacher statt der trauenden Familie das wie und wieviel bestimmen dürfen. Das der Staat mit den Leichen der Nächsten alles anstellen kann. Kontrollieren, wer da und aus welchen Beweggründen die Hand anlegt kann die Familie nicht. Bleibt nur übrig die quellenden Gedanken zu verdrängen, dass der Vater, die Mutter, die Kinder oder ihr Teile als Beschauobiekte für Leichenaufschneider und Nekrophile enden oder oder den Prothesen und Organhänlern () in die Fänge fallen.




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