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Osnabrück verschleudert Geld für nicht benötigte Leichentransporte

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Die Situation kennen viele Handwerker und Bestatter: Ehemals städtische Ämter, ausgestattet mit üppig aus Steuergeldern finanzierter Logistik, werden zu Eigenbetrieben der Stadt, zu gewinnorientierten GmbHs und treten in Konkurrenz zu Handwerkern und Gewerbetreibenden.
Den Vogel schoß vor Jahren hier in der Region Nordbaden ein Grünflächenamt ab, das zur „Park und Grün GmbH“ (oder ähnlich) wurde und nun mit ihrem großen Mitarbeiterstab und den vielen ehemals städtischen Maschinen und Fahrzeugen nicht mehr nur die kommunalen Grünflächen pflegen wollte, sondern allen Landschaftgärtnereibetrieben das Wasser abgraben und nun auch private Vorgärten und Firmengrundstücke pflegen wollte.

Einerseits der Protest der gewerblichen Anbieter, andererseits aber auch die utopischen Preisvorstellungen des ehemaligen Grünflächenamtes machten der Sache aber schnell ein Ende.

In anderen Kommunen kämpfen die Bestatter gegen die Übermacht der kommunalen Bestattungsdienstleister. Die Bürger wissen oft gar nicht, daß dieser Bestattungsdienst längst privatisiert wurde und daß sie dort eventuell sogar viel mehr bezahlen, als beim niedergelassenen Bestatter an der Ecke.
Die Friedhofslogistik, die besten Beerdigungstermine und die ganzen Räumlichkeiten stehen aber dem kommunalen Dienst bevorzugt zur Verfügung, wie immer wieder beklagt wird.

Nun hat der Osnabrücker Service-Betrieb (OSB), ein Eigenunternehmen der Stadt Osnabrück, die Schnapsidee gehabt, man könne dem Angebot privater Krematorien etwas entgegensetzen, indem man einen eigenen Leichentransportdienst einführt. (Mehr in der Osnabrücker Zeitung)

Flugs wurde eine oberflächliche Telefonumfrage bei potentiellen Kunden (Bestattern) durchgeführt, ein 10.000 Euro teurer Sargtransporter angeschafft und eine Teilzeitstelle eingerichtet.
Dieser Dienst sollte die Verstorbenen bei den Bestattern abholen, zum Krematorium bringen und dann die Urne auch wieder zurückliefern.

Die Bestatter in Osnabrück und Umgebung rieben sich verwundert die Augen. Wozu haben sie selbst einen Rund-um-die-Uhr-Fahrdienst? Wozu halten sie selbst Männer und Frauen für diese Arbeit in Dauerbereitschaft?
Eine solche Dienstleistung benötigte schlicht und ergreifend niemand.

Genauer gesagt: Die ganze Aktion war vollkommen für den Arsch überflüssig.

Und so kam es, wie es nicht anders kommen konnte, der Wagen wurde insgesamt lediglich 7 mal, gerade einmal ein einziges Mal pro Monat benutzt.
Dafür nahm der OSB stolze 790 Euro ein. Dem gegenüber stehen aber Kosten von 14.000,– €.
Für den Betrag könnte man im Moment 14 griechische Dörfer kaufen oder 35.000 afrikanischen Kindern eine Mahlzeit spendieren.

Jetzt wird der Leichentransportdienst wieder eingestellt. Das ausgemusterte Transportfahrzeug kann man demnächst auf einer Behördenauktion beim Zoll ersteigern.


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Berichte und Kommentare zu Verwaltungen, Kirchen, Friedhofsträgern und der gesamten Bestattungsbranche.

Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: | Peter Wilhelm 17. Juli 2015

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Nogger
8 Jahre zuvor

Hach – immer wieder schön zu lesen, mit welcher von jeder Sachkenntnis ungetrübten Kenntnis im öffentlichen Dienst gehandelt wird.
Man sollte aber nicht nur auf die Verwaltung rumhacken – im Aufsichtsrat (oder so) der Eigenbetriebe sitzen auch Politiker…. und die sind keinen Deut besser – eher im Gegenteil

twl
8 Jahre zuvor

Ich finde das sehr löblich. Nach nur sieben Monaten wurde eingesehen, dass das Projekt gescheitert ist und eingestellt. Nicht erfreulich, aber immerhin- andernorts wurde dann die Realität (in diesem Falle Vorgaben an Bestatter, etc.) an das Projekt angepasst, Werbung gemacht, etc…
Nein, es ist nicht gut, aber ich bin nicht verwundert oder entrüstet, bei diesem Ausmaße.

Reply to  twl
8 Jahre zuvor

@twl: Das hast Du völlig recht und deshalb betrachte ich das Ganze auch mit einem gewissen Augenzwinkern.
Andererseits sind die entstandenen Kosten auch für diese kurze Zeit recht hoch.

Alwin
Reply to  Peter Wilhelm
8 Jahre zuvor

@Peter Wilhelm: Wer weiß, vielleicht ergibt sich ein „Nullsummenspiel“, wenn der Transporter bei der Auktion an einen „Liebhaber“ geht. Ich hatte in meinem Leben auch mal eine kurze Phase, in der ich der Gothic-Szene nahe stand, und nichts lieber gehabt hätte als einen Bestattungswagen als Privatfahrzeug. (Es wurde dann ein VW Bully.)

Und versuch doch bitte nochmal zu klären, warum ich mit meinen Firefox-Einstellungen in deinem Blog nicht kommentieren kann, es bei allen anderen Blogs, die ich frequentiere, aber geht. Ich vermute nach wie vor, dass es daran liegt, dass ich keinen http-referer sende. Cookies erlaube ich aber; daran kann es nicht liegen.

Michael
8 Jahre zuvor

Was sind schon 14.000 € …..
In Völklingen/Saar werden gerne mal rund 18 Millionen mit ner Meeresfischzucht in den Sand gesetzt.

Roland
8 Jahre zuvor

Na ja, Meeresfläche und Sand passen aber meistens ganz gut zusammen.

Roland
8 Jahre zuvor

Na ja, Meeresfische und Sand passen aber meistens ganz gut zusammen.

8 Jahre zuvor

Leider ist die Stadt Osnabrück mittlerweile dafür bekannt das sie regelmäßig und in unterschiedlichsten Weisen Geld aus dem Fenster werfen. 🙁

Bas
8 Jahre zuvor

Echt der Hammer. Sieben Mal. Unser Kremawagen ist im Durchschnitt sieben Mal pro Woche zum Krema unterwegs (wir fahren auch für andere Bestatter, sind aber privatwirtschaftlich)

Jan
8 Jahre zuvor

alles was man tagtäglich braucht, das sollte zumindest unter Staatliche Kontrolle geraten.

Wofür ist Adam Riese berühmt geworden? nicht für seine tollen Lehrbücher, sondern für seine Tabellensammlung was ein Brot kosten darf.

Das es Unsinn ist das eine Stadt den dortigen Bestattern anbietet den Transport zum Krematorium anzubieten das ist doch klar.

Was ich vermisse ist das mindestanforderungen diktiert werden.

Bei der verlegung von SXtromleitungen gings doch auch. Leitung legen und liefern darf im prinzip jeder, aber eben nur wenn techniche Parameter eingehalten werden, und das Rosinenpicken war ja auch verboten.

Ich sehe eine symbiose von privat und staatlich als sinnvoll an.

Es ist sinnvoll das die Stadt / der Landkreis ein Krematorium betreibt. ein Bestatter allein kann das eher nicht.
( eine Wohngegend in der ein Bestatter ein Krematorium auslassten kann, da will man eher nicht leben)




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