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Pfarrer Bömmler tickt und bimmelt

Pfarrer Bömmler ist ein ganz lieber Kerl. Der große, dicke Rheinländer stammt aus Düren, spricht breitesten rheinischen Dialekt und strahlt eigentlich die ganze Zeit über sämtliche seiner vollrunden Backen. Alle Hinterbliebenen sagen uns immer, wie zufrieden sie mit Pfarrer Bömmler waren und wie sehr er sie getröstet hat und ihnen in der Trauer geholfen hat.

Seine Traueransprachen sind abwechslungsreich, nie abgelesen, sondern einfach frei erzählt und sie sind lang. Sie sind so lang, daß er schon mehrmals auf städtischen Friedhöfen quasi mit roher körperlicher Gewalt am Weiterpredigen gehindert werden mußte, weil er schon mehr als zehn Minuten überzogen hatte und die nächste Trauergesellschaft schon mit den Füßen scharrte.

Die alte Frau Schweizer, eine Organistin, hatte dann die rettende Idee: Sie brachte Pfarrer Bömmler eine kleine aufziehbare Küchenuhr mit.

Dabei handelte es sich um einen kleinen weißen Plastikkasten mit einer Minutenanzeige von 0 bis 60 Minuten und einem Aufziehknebel. Man kennt so etwas aus der Küche vom Eierkochen, Backen usw.

Seitdem ist Pfarrer Bömmler immer pünktlich fertig, aber seine Traueransprachen sind von einem ständigen lauten Ticken begleitet, denn er stellt die Küchenbimmel immer genau neben das Mikrofon.
Und ist dann die eingestellte Zeit abgelaufen, werden alle Trauergäste durch ein über alle Lautsprecher übertragenes langanhaltendes Bimmeln seines Küchenweckers aus dem traurigen Schlummer geweckt.
So manche ältere Dame ist schon am Ende der Trauerrede vor Schreck hochgesprungen, worauf auch alle anderen Trauergäste aufsprangen.

Sandy sagte zu Pfarrer Bömmler: „Sie können bei uns in der Trauerhalle auf ihre Küchenuhr verzichten, bei uns haben sie keinen Zeitdruck und wir haben hinten in der Halle die Uhrzeit an die Wand projiziert.“

„Nö, ohne mein‘ Bimmel jeh isch nit in die Bütt‘.“

Sandy nennt ihn seitdem „Pfarrer Bimmler“.

Geschichten

Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 2 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 1. August 2016 | Peter Wilhelm 1. August 2016

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8 Kommentare
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15 Jahre zuvor

Ich bin zwar ein Ruhrpottkind, aber heimatlich klingt das trotzdem. Schön 🙂

Jan
15 Jahre zuvor

Da er wohl nicht „Alle Hopp und Helau“ ruft, ist Pfarrer Bimmler doch ein sehr netter Zeitgenosse und einfühlsamer Seelsorger!
Gruss Jan

Sonnenkind
15 Jahre zuvor

Herrlich – ein Pfarrer der die „Kanzel“ als Bütt bezeichnet ist mir ja sowas von sympathisch. Den hätte ich dann auch gerne wenn ich mal sterbe 🙂
Ach nee – ich vergass – die Kirche mag mich ja nicht mehr seit dem ich „gekündigt“ hab 😀
Aber Pfarrer Bimmler – ähm – Bömmler find ich trotzdem klasse 😀

Mitlesender
15 Jahre zuvor

..ich hätt‘ ihm ja alternativ noch eine Sand-Uhr angeboten, ein entsprechend großes Exemplar könnte er sogar in die Rede mit einbeziehen..

15 Jahre zuvor

jaja….unsere rheinländer pfaffen sind schon ein lustiges völkchen (meistens!) :))
lg
schnuti

Nightstallion
15 Jahre zuvor

Will jetzt nicht kleinlich sind, aber ich bin’s nun einmal: „projeziert“ –> „projiziert“.

Sensenmann
15 Jahre zuvor

[quote]strahlt eigentlich die ganze Zeit über sämtliche seiner vollrunden Backen[/quote]

Über alle vier? 😉

Mac Kaber
15 Jahre zuvor

Symbolisch das Ticken der Lebensuhr.
Tja, und dann ist die Zeit abgelaufen und abwärts gehts.

So manchmal, wenn ich bei einer Rentnerfeier dienstlich anwesend war dachte ich an die biologische Uhr der Anwesenden.
So mancher hatte sicher „seinen“ Kurzzeitmesser dabei, und ich würde ihn dieses Jahr das letzte mal sehen.

Der Pfarrer gefällt mir, der hat so was Symbolisches.
Man muß es nur erkennen.




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