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Urne daheim – Zoff um den Bembel – Wenn ein Angehöriger die Urne beschlagnahmt -Teil 2-

Ich persönlich habe viele Jahrzehnte aktiv in Bestattungshäusern gearbeitet. Ich bin treffe tagtäglich Menschen, die meine Profession kennen. Ich habe permanenten Kontakt zu ein paar hundert Bestattern. Und ich sage: Den Trend zur Urnenheimholung gibt es gar nicht.

Schamanische Trommelbestattung – nettes Zusatzgeschäft, 3 x im Jahrzehnt gebucht…

Dafür sprechen auch die Erfahrungen aus Bremen. Als dort die Möglichkeit geschaffen wurde, unter bestimmten Voraussetzungen die Urne mitzunehmen, klang das wie eine Sensation.
Nun würden die Friedhöfe schließen müssen, jetzt hätte jeder eine Urne auf dem Kommödchen… Und was ist Fakt? Die Verwaltung in Bremen spricht von einer vorhandenen, aber nicht großen Nachfrage.
Die Sache hat für viel Wirbel gesorgt, die wenigen, die ein Interesse haben, wurden zufriedengestellt, ansonsten bleibt alles so, wie es war.
Tote kommen auf den Friedhof.

Wenn Friedhöfe heute nicht mehr so nachgefragt werden, dann liegt das an den Beisetzungswäldern. Aber es liegt auf gar keinen Fall daran, daß Menschen nun in Hülle und Fülle Urnen zu Hause horten.

Wer das unbedingt haben will, der kann das schon seit gefühlten Ewigkeiten durch fast jeden Bestatter bewerkstelligen lassen.
Die von den Bestattern geübte Praxis führt über einen Umweg übers Ausland zum Ziel. Das kostet mehr und ist aufwändiger, als wenn die Leute die Urnen einfach so mitnehmen dürften.
Aber weder die Kosten, noch der Aufwand sind es, die die Fallzahlen gering halten. Es ist schlichtweg das fehlende Interesse.

Daran ändert es auch nichts, wenn die Urnenabholer immer wieder davon berichten, wie oft bei ihnen das Telefon klingelt und wie sehr die Menschen doch in Not seien.
In Deutschland sterben gut 900.000 Menschen pro Jahr. Liegt die Zahl der Angehörigen, die die Urne daheim haben möchten bei nur 1%, sind das ja auch schon 9.000 Fälle.
Genug zu tun also für die geschäftstüchtigen Schlupflochfinder, zu wenig aber, um sich tatsächlich darüber große Gedanken zu machen.

Daß es im Interesse der Urnenheimhol-Dienstleister liegt, immer wieder die große dicke Werbetrommel zu rühren liegt auf der Hand. Viele von ihnen leben davon, und das wahrscheinlich gar nicht mal schlecht.

Aber alles, was in den letzten 20 Jahren als „der“ neue Trend in die Bestattungshäuser kam, ist letztlich -nach einem kurzen anfänglichen Hype- wieder mehr oder weniger sang- und klanglos in der Versenkung verschwunden: Die Raketenbestattung, die Pressdiamanten, Totenmasken, Fingerabdruckdingse und fußgetöpferte Särge aus nachhaltigem Ananasleder…
Es gibt all diese Angebote und Bestatter, wie auch die anbietenden Firmen, propagieren das auch gerne, schließlich ist damit zusätzliches Geld zu verdienen. Und das ist auch in Ordnung so, denn Bestatter sind Kaufleute und kein Wohlfahrtsinstitut. Aber die (Stück)Zahlen, die sind eher gering.

Und so ist auch der Hype um die Urnenheimholung nur ein zwar ständig geschürter, aber dennoch nicht wirklich loderndes Feuerchen.


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Berichte und Kommentare zu Verwaltungen, Kirchen, Friedhofsträgern und der gesamten Bestattungsbranche.

Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 22. November 2017 | Peter Wilhelm 22. November 2017

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11 Kommentare
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Ingrid Hoerner
6 Jahre zuvor

In Deutschland sterben rund 800.000 Menschen pro Jahr. Ups, wo haben Sie die Zahl ausgegraben. Ich habe da etwas andere Informationen. Aber ich möchte mich um ca. 100.000 unterschlagene Tote nicht streiten. Die diversen Möglichkeiten, die Sie ansprechen, sind da und sie werden von manchen Menschen genutzt. Genau das ist es aber auch, was Freiheit bedeutet. Wenn ein Einziger die Asche mit einem Heliumballon in die Luft fliegen lassen möchte, dann tut es keinem Weh und diejenigen, die so Abschied nehmen sind glücklich und zufrieden. Und genau das ist es, was wesentlich ist. Ebenso geht es den Menschen nicht immer um „Geld sparen“. Klar, wer die Asche nach Hause holt, der kann evtl. Geld sparen. Wenn er dann aber z. B. eine Wasserurne kauft oder diverse Schmuckstücke, etc. dann scheint es ja doch nicht nur am Geld zu liegen, sondern dann steht wohl im Vordergrund die Abschiednahme auf eine andere Weise zu realisieren. Eine Werbetrommel zu rühren ist lediglich in meinem Interesse um endlich dieses blöde Gesetz zu kippen. Garantiert nicht dazu um mehr Arbeit… Weiterlesen »

Ingrid Hoerner
Reply to  Peter Wilhelm
6 Jahre zuvor

Hallo Herr Wilhelm, Sie wiederholen sich! Auch die Frauen, zu denen ich zähle, die vor vielen Jahren sich gegen den § 218 aufgelehnt haben, nämlich eine Abtreibung in den Niederlanden gemacht haben, haben das nur gemacht, weil es in Deutschland nicht möglich war. Erst als ganz viele von uns auf die Straße gegangen sind und dazu gestanden haben, hat unsere Regierung festgestellt, dass man etwas ändern muss. Hätten Sie oder der Staat mein Kind, dass ich damals nicht haben wollte finanziert? Nur wenn viele zeigen, dass sie andere Wege gehen, wird man sehen, dass hier mit dem was wir auf die Augen gedrückt bekommen, etwas nicht stimmt. Ich rühre keine Werbetrommel! Wenn sich alle nur in die Ecke setzen und warten, wird sich nie etwas ändern. Nur die, die sich gegen etwas zur Wehr setzen, haben es bisher geschafft, etwas zu ändern. Solange ich mich an wesentliche Regeln halte – das sind für mich die 10 Gebote – denke ich, dass ich ganz gut in unsere Gesellschaft passe. Warum haben wir denn für Jedes und… Weiterlesen »

Reply to  Ingrid Hoerner
6 Jahre zuvor

@Ingrid Hoerner: „Wenn ein Einziger die Asche mit einem Heliumballon in die Luft fliegen lassen möchte, dann tut es keinem Weh “

Na das verstößt schon mal gegen die Feinstaubrichtlinie. Und ob man im Sommer im Biergarten sitzend plötzlich ein bißchen Totenasche im Bier haben will, sei auch dahingestellt. Auch wenn Vogelkacke sicher schlimmer ist 😀

Reply to  DL2MCD
6 Jahre zuvor

@DL2MCD: Tja, ich glaube, wer den Weg geht, wird das nicht gerade da machen, wo viele Menschen im Biergarten sitzen.
Klar, man hat auf das Platzen des Ballons keinen Einfluss aber es ist harmlos, was dann im Bier landet, wenn es im Bier landen sollte. 🙂

trolle-nein danke
6 Jahre zuvor

TROLLE, NEIN DANKE !

Winnie
Reply to  trolle-nein danke
6 Jahre zuvor

@trolle-nein danke:
Ja, aber immerhin menschenfeundlich und löblich zu erwähnen, dass sie sich zumindest damals nicht dupliziert hat. 😉 😉

Ingrid Hoerner
Reply to  Winnie
6 Jahre zuvor

@Winnie: Irrtum! Ich habe 3 Kinder und 4 Enkelkinder! 🙂

Anonym
6 Jahre zuvor

Und ein getötetes Kind, dessen Asche wohl nicht bei Ihnen steht und sie täglich an ihren Egoismus erinnert…

Reply to  Anonym
6 Jahre zuvor

@Anonymous:
Das kann man sehen, wie man es sehen möchte.
Jedenfalls stehe ich zu dem was ich tue und verstecke mich nicht hinter dem Wort „Anonymous“.
Und das ist auch das letzte Mal, dass ich auf etwas antworte, wenn jemand sich nicht traut, zu sagen wer sie/er ist. 🙂




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