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Frag den Bestatter

Wie viele Aufträge benötigt ein Bestatter?

Frage: Wieviele Leute müssen durchschnittlich pro Monat sterben,
sodass ein kleines Bestattungsunternehmen davon leben kann?
Gehen wir von einem Inhaber aus, mit zwei festangestellten Mitarbeitern (mit Ausbildung),
evtl. noch zwei Teilzeitkräfte. Die Preise entsprechen dem üblichen Durchschnitt.

Das hängt von den fixen Kosten ab.
Es sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen. Ist das Gebäude Eigentum oder handelt es sich um ein gemietetes Ladenlokal?
Sind es wirklich zwei voll ausgebildete Bestattungsfachkräfte oder arbeitet der Bestatter, wie sehr viele in Branche, nur mit Aushilfen?
Hat er einen Betrieb, der ganz regelmäßig Aufträge erhält, weil er vielleicht der einzige Bestatter vor Ort ist, oder muß er ich in einer Großstadtsituation gegen etliche Mitbewerber durchsetzen?

Es gibt eine sogenannte Goldene Regel, die besagt, daß ein inhabergeführtes Familienunternehmen, bei dem das Inhaberehepaar mit Aushilfen alles selbst erleidgt, mit rund 36 Sterbefällen pro Jahr überlebensfähig ist.
Mit einem Sterbefall pro Woche ist man im dörflichen Bereich schon brauchbar aufgestellt.

Hat der Bestatter aber Angestellte, einen größeren Fuhrpark und ist im großstädtischen Bereich tätig, so muß er zwischen 200 und 600 Sterbefälle pro Jahr abwickeln, um existieren zu können.

Eine auf alle Betriebe zutreffende Antwort kann also hier nicht gegeben werden.
Dazu gibt es zu viele Spielarten und unterschiedliche Strukturen.
Ich möchte das an zwei sehr vereinfacht dargestellten Beispielen verdeutlichen:

Harry Kronwaitter und seine Frau betreiben ein Beerdigungsinstitut in einem Stadteil einer Großstadt in Nordrhein-Westfalen.
Es ist das einzige Institut in diesem Stadtteil und bereits in dritter Generation tätig. Wenn jemand stirbt, geht man dort selbstverständlich zu Kronwaitter.
Harry erledigt mit einem rüstigen Rentner das technisch-handwerkliche Geschäft, während seine Frau sich um die Beratungen, den Verkauf und das Büro kümmert.

Miete zahlen sie im eigenen Geschäftshaus nicht, der Rentner schlägt mitsamt aller Abgaben mit 1.100 € monatlich zu Buche.
Der Bestattungswagen ist bar bezahlt worden, für einen neuen legt Kronwaitter jeden Monat 300 € beiseite.
Seine fixen Kosten für Gas, Strom, Wasser, Gebühren und Materialien liegen bei 900 € im Monat.
500 € monatlich legt Frau Kronwaitter auf die Seite, „falls mal was ist“.

Sie wickeln einen Sterbefall pro Tag ab und erzielen pro Sterbefall einen Durchschnittsgewinn von 1.000 €.
Das macht 365.000 € Jahresgewinn.
Die fixen Kosten machen nur knapp 1/10 des Gewinns aus.
Den Kronwaitters bleiben also deutlich über 300.000 €, die noch versteuert werden müssen.
Das ist ein ordentliches Einkommen, will ich meinen.

Dem gegenüber steht Willy Schrock mit seinem Unternehmen.
Er ist direkt in der City in der Nähe des Hauptfriedhofs.
Zwei moderne Bestattungsfahrzeuge sind geleast. Er zahlt dafür 2 x 480 € monatlich.
Er beschäftigt eine Frau für den Empfang und die Beratung, zwei Bestattungsfachkräfte und einen Mitarbeiter in Teilzeit.
Dafür fallen monatlich 12.000 € Personalkosten an.
Die Miete für sein Ladenlokal mit Büro beträgt 1.750 € monatlich. Die Nebenkosten liegen bei 1.400 € monatlich.
Hinzu kommen 1.800 € im Monat für aggressive Zeitungswerbung.

Er erledigt 2 Sterbefälle pro Tag. Da er mit den günstigsten Preisen vor Ort wirbt, hat er pro Sterbefall aber nur einen Reingewinn vor Steuer von 650 €.
474.500 € ist sein Jahresgewinn vor Abzug der Kosten.
Die fixen Kosten betragen bei Willy Schrock aber 214.920 €
Sein Jahresgewinn vor Steuern liegt bei 259.580 €

In „Frag den Bestatter“ findest Du meine Antworten auf Fragen von Leserinnen und Lesern. Diese Fragen sind zum Teil Inhalte Dritter, die mich tagtäglich auf den verschiedensten Wegen erreichen. Es handelt sich also um meist nicht bearbeitete und nicht auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfte Fragen Dritter. Für die Fragen sind allein die Übersender der Mitteilungen verantwortlich. Ich mache mir die Aussagen nicht zu eigen.
Ich erteile Auskünfte ausschließlich aufgrund meiner Erfahrung und erbringe keine Rechts-, Steuer- und Medizinberatung.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 28. November 2017 | Peter Wilhelm 28. November 2017

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Josef
6 Jahre zuvor

Super geschrieben Peter! Aber auch Herr Schock wird von dem Rest noch gut leben können.

Spor
Reply to  Josef
6 Jahre zuvor

@Josef: Da ist sogar noch Geld für eine Sterbeversicherung drin.

Erica
6 Jahre zuvor

Nennt man den Jahresgewinn vor Abzug der Kosten nicht Umsatz? Gewinn ist doch das, was nach Abzug aller Kosten überbleibt.

Domme
Reply to  Peter Wilhelm
6 Jahre zuvor

@Peter Wilhelm: Gute Idee, denn nicht selten wird Umsatz mit Gewinn verwechselt.
Mein Kunden-Lieblingssatz hierzu: „Mein Auftrag hat euch jetzt XXX,xx € Gewinn gebracht, ihr holt’s ja auch von den lebendigen!“ – Das mit diesem Umsatz erst mal viele Kosten gedeckt werden und mehrere Leute davon leben müssen, bevor man einen Gewinn ausrechnen kann, wird vergessen.

twl
6 Jahre zuvor

Mit diesen Beispielen geht jetzt aber endgültig jeder, der einmalig über eine Suchmaschine hier landet davon aus, dass Bestatter alles stinkend reiche Unternehmer, oder schlimmer, Abzocker sind…
Ich gehe mal davon aus, dass ein Vorsteuergewinn von 200k+ für wenige Bestatterfamilien/Unternehmen der dauerhafte Schnitt ist.
Ansonsten- wird noch irgendwo ein Unternehmensnachfolger gesucht? 🙂

Stefan
Reply to  twl
6 Jahre zuvor

@twl: Jau, ich suche einen, aber so toll ist das hier nicht. Das ist wirklich deutlich weniger.

Tanja
6 Jahre zuvor

@twl das mag üppig klingen und ist sicherlich auch ein gutes Einkommen aber getan ist es damit nicht. Zunächst einmal gehen von dem Gewinn vor Steuern die Steuern ab, das sind bei dem Einkommen 42% der Betrag kann höher sein je nachdem wie die Gewerbesteuer vor Ort aussieht. Dann muss etwas für die Rente getan werden, je nachdem wie man das Rentenniveau haben möchte kann das schon pro Person um 2.000€ im Monat ausmachen (hängt auch davon ab, wenn man mit dem Rentensparen begonnen wurde. Die Krankenkasse muss bezahlt werden, die schlägt je nach Anzahl der Versicherten mit bis zu 1000€ pro Monat zu (freiwillige Pflichtversicherte in der gesetztlichen Krankenkasse würden an der Stelle 750€ im Monat bezahlen, bei privaten Krankenkassen keine Ahnung von 250€ bis nach oben offen alles möglich)

twl
Reply to  Tanja
6 Jahre zuvor

@Tanja: Ich weiß, ich bin Freiberufler… Dennoch bleibt am Ende signifikant mehr hängen als mit einem ordentlichen Angestelltengehalt, wo ja immer hin aus dem Brutto auch noch deutliche Abzüge abgehen.
Ich habe da ja auch nichts dagegen oder sage, die Rechnung wäre falsch, denke aber dass zwei vermutlich deutlich überdurchschnittliche Beispiele hier vermutlich die reale Marktsituation nicht widerspiegeln und nur die Neidtrolle locken. Besonders, da die eben NICHT rechnen können oder den Einsatz eines Unternehmers einschätzen oder würdigen würden…
Wer Angestellte hat, lässt ja (nur noch!) die für sich arbeiten, oder?

Steuerfutzi
6 Jahre zuvor

Tom’s Kompetenz in allen Ehren, aber die Beispiele berichten meiner Beratungserfahrung nach wohl schon von der oberen/obersten Gruppe der Branche. Wenn man z.B. die Branchenkennzahlen der Finanzbehörden betrachtet bzw. Mandantendaten und Kennzahlen auswertet (z.B. Mittelwerte wie Durchschnitt und Median, Streuungsmaße wie Standardabweichung und Varianz usw.) bzw. Ergebnisse/Werte darstellt und auswertet (z.B. Boxplott etc.), dann sieht das „normale“ Unternehmen der Bestattungsbranche schon sehr anders aus. Das ist in vielen Brachen so: Ärzte klagen über weniger Geld, obwohl lt. Stat.Bundesamt in den letzten 10 Jahren der „durchschnittliche“ Reinertrag (inflationsunbereinigt) um ca. 50 TEur gestiegen ist. Dabei hat die Radiologin gut und der Neurologo schlecht Kasse gemacht. Oder: Die Sanitärbetriebe machen keinen ungesunden Preisdruck untereinander und verdienen „idR.“ einiges besser als viele andere Bauhandwerker, deren EBIT (operatives Ergebnis Kerngeschäft) konstant oder gesunken ist. Vielleicht wertet man die o.g. Beispiele besser als „reine, branchen-un-abhängige und vereinfachte Beispiele“ um dem Leser überhaupt einen leicht erfassbaren Eindruck zu verschaffen, denn verkomplizierende Details (wie z.B. kalkulatorische Kosten, hier die kalkulatorische Miete für das eigene Geschäftshaus, die in die Kostenrechnung eingeht, aber nicht… Weiterlesen »

Christian
6 Jahre zuvor

Ich bin ein bisschen überrascht – weiter oben im Text ist für den Fall „Geführt durch Inhaberehepaar“ eine Anzahl von 36 Sterbefällen pro Woche angegeben. Mit der Rechnung unten wären das ca. 36.000€ Gewinn vor Steuern – da bleiben für das Ehepaar dann nur ca. 3.000€ pro Jahr! zum Überleben…

Stefan
Reply to  Christian
6 Jahre zuvor

@Christian:
Also 36 pro Jahr, macht dann rund 3000,00 im Monat, als Nebenbetrieb zur Tischlerei oder zur Rente ist das OK.
Die 1000,00 Euro Gewinn (Rohgewinn vor Steuern aber nach Abzug aller Kosten) weise ich mal zurück. Ich schreibe oft Rechnungen, die mal gerade so bei 1.600,00 Eigenleistungen liegen. Da erstmal MWSt. abführen und schon sinds nur noch 1.340,00. Davon geht dann Ware, Miete, Heizung, Strom usw. ab. Lohnkosten nicht vergessen und über den „Inhaberanteil“ müssen wir auch noch kurz reden.

In den Kennzahlenbüchern der Finanzämter ist der PROZENTUALE Gewinn von kleinen Betrieben oft höher als der von großen Betrieben.
Liegt daran: Kleine Betriebe sind oft inhabergeführt und der Inhaber MUSS auch mitarbeiten. Da enthält der ausgewiesene Gewinn dann eben auch das „Inahbergehalt“.
Größere Betriebe sind oft GmbH. Da sind dann die Gesellschafterbezüge schon in den Kosten enthalten, und was dort als „Gewinn“ ausgewiesen wird, ist dann das, was die Firma nach Abzug ALLER Kosten, inklusice Inhabergehalt übrig hat.




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