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Antonia, kommt sie wieder?

„Ich will, daß Sie wieder mein Chef sind“, sagte Antonia heute Morgen zu mir, leckt sich über ihre dicken Lippen, reißt die Augen erwartungsvoll auf und hält mir ihre Hand entgegen: „Okay?“

Was soll ich denn mit dieser Seekuh? Antonia hatte in unserem Haus ein Praktikum absolviert und hatte es vor einem halben Jahr beendet. Während ihrer Zeit bei uns war sie vor allem dadurch aufgefallen, daß sich die kontinentale Plattenverschiebung schneller vollzog als ihre Bewegungsabläufe und daß sie sich ständig, unentwegt und permanent irgendetwas Fettiges in den Mund schob.
Durch ihre drollige, manchmal gar begriffsstutzige Art hatte sie für so manchen Lacher und bei mir auch für schiere Verzweiflung gesorgt. Aber sie war ja nur Praktikantin und das auch nur, weil ich ihrem Vater einen dicken Gefallen schuldig war. Aber jetzt sitzt sie mir gegenüber und beantwortet meine Frage, was um alles in der Welt ich denn mit ihr anfangen soll, mit den Worten: „Keine Ahnung, ich kann eigentlich alles gleich gut und bei Ihnen hat es mir doch so gut gefallen und vielleicht brauchen sie ja jemanden.“

Nein, ich brauche niemanden, so gut läuft unser Betrieb nicht, daß ich jederzeit noch überflüssigerweise jemanden einstellen kann. Andererseits wird uns Praktikant Toni Ende Januar verlassen und es wäre dann wieder eine Praktikantenstelle frei.

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Allerdings sucht Antonia was auf Dauer, eine richtige Anstellung und das ist natürlich auch finanziell eine ganz andere Hausnummer.
Ich kann mit jemandem wie Antonia nichts anfangen und ich werde ihr das, wenn auch mit schöneren Worten, sagen. Ich blicke auf, schaue in Antonias weit aufgerissene Augen und nehme im Hintergrund Bewegungen wahr.

Die halbe Belegschaft, meine Frau, alle stehen sie in der Tür, recken ihre Hälse und Frau Büser reckt den Daumen hoch, Sandy geht theatralisch auf die Knie und hebt die Hände zu einer bittenden Geste, meine Frau nickt mir aufmunternd zu und Manni macht mit den Händen ‚Bitte, Bitte‘.
Nee, die haben es ja nicht zu entscheiden, das ist immer noch Sache des Chefs. Überhaupt, wie haben die so schnell davon erfahren? Nein, mein Entschluß steht fest, ich habe den betriebswirtschaftlichen Überblick und da hilft auch kein Bitten und Betteln.

„Höh, höh, höh“, macht es und Toni, der Praktikant, schiebt sich zwischen den in der Tür stehenden, neugierig Abwartenden hindurch, seine Schnute ist mit Zuckerguss verschmiert, in der Hand hält er eine Bäckertüte. Ich schaue ihn unwillig an, was fällt dem ein, so ein Gespräch zu stören?
Er sieht meinen Blick und meint kauend: „Ich wollte Antonia doch nur ein paar Krapfen bringen, die muß sich doch stärken, jetzt wo sie doch wieder bei uns arbeitet.“

Antonia greift strahlend in die dargebotene Tüte, nimmt sich gleich zwei Krapfen mit Zuckerguß und einen mit Schokoladenüberzug, beiß ab, kaut, strahlt weiter und hüpft um meinen Schreibtisch herum. Sie umarmt mich, verschmiert mich mit Zuckerguß und Schokolade, gibt mir einen dicken Kuss auf die Wange und ruft schmatzend: „Ich WUSSTE es, ich WUSSTE es, ach was bin ich froh!“

Die an der Tür klatschen, Sandy jubelt und was soll ich machen?

Wir haben den Gollum wieder.

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Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#Antonia #kommt #wieder

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