Im Moment geht eine Meldung durch die sozialen Medien, nach der ein Bestatter eine an Krebs erkrankte Frau kontaktiert haben soll, um schon mal seine Dienste anzubieten.
Eine Leserin schrieb uns empört:
Zwischen Empörung und Ethik
Zunächst einmal: Deine Empörung ist nachvollziehbar. Der Gedanke, dass ein Bestatter aktiv auf schwerkranke Menschen oder deren Angehörige zugeht, um seine Dienste anzubieten, hat etwas Verstörendes – ja, beinahe Unanständiges. Und doch lohnt sich ein zweiter Blick auf das, was tatsächlich vorgefallen ist.
Denn: Was genau geschehen ist, weiß niemand.
Die Aussage stammt aus den sozialen Medien und ist typisch für viele dieser Aufreger: irgendwo, irgendein, irgendwann. Es gibt keine belegbaren Details, keine überprüfbare Quelle – nur einen Vorwurf, der sich rasch verbreitet und zu moralischer Entrüstung auflädt.
Das heißt nicht, dass es nicht passiert sein kann – aber es heißt eben auch nicht, dass es so war.
Was sich gehört – und was nicht
Unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Meldung bleibt festzuhalten:
Ein Bestatter, der gezielt Kranke, Sterbende oder deren Familien kontaktiert, überschreitet eine ethische Grenze. Das widerspricht dem Selbstverständnis unseres Berufsstandes, das auf Zurückhaltung, Pietät und Vertrauen gründet.
In meinen Augen – und in denen vieler Kolleginnen und Kollegen – gehört es nicht zum Anstand, potenzielle Kunden proaktiv anzusprechen. Schon gar nicht, wenn sie sich in einer Ausnahmesituation befinden, in der Trauer, Sorge und Unsicherheit ohnehin schwer wiegen.
Auch sogenannte Vorsorgegespräche oder Angebote für Bestattungsvorsorge sollten niemals ungefragt, telefonisch oder schriftlich initiiert werden. Wer Interesse daran hat, findet den Weg von selbst – und das ist auch gut so.
Gegen Vorträge, Informationsveranstaltungen und das Auslegen von Infomaterial an geeigneten Orten ist nichts einzuwenden.
Werbung vor Krankenhäusern? In Deutschland (noch) ein Tabu
In den USA gibt es tatsächlich Kliniken, in denen Bestatter oder „Beratungsagenten“ auf den Gängen und in den Wartebereichen herumlungern – als „Serviceangebot“. Dunkle Anzüge, Visitenkarten, Flyer. Was dort institutionalisiert ist, empfinden wir hierzulande zu Recht als aufdringlich und geschmacklos.
Ich persönlich halte es schon für unangemessen, wenn sich ein Bestatter mit seinem mit Firmenaufschrift versehenen Auto regelmäßig direkt gegenüber eines Alten- oder Pflegeheims platziert, um dort auffällig präsent zu sein. Man muss sich nicht aufdrängen – wer Vertrauen schaffen will, tut dies mit Haltung, nicht mit Sichtbarkeit.
Und wenn es doch ein Missverständnis war?
Selbstverständlich kann es auch passieren, dass ein Bestatter im Rahmen einer allgemeinen Werbeaktion – etwa durch Flyer oder ein Info-Mailing – rein zufällig jemanden erreicht, der schwer erkrankt ist. In einem solchen Fall liegt keine böse Absicht vor, sondern einfach ein unglücklicher Zufall.
Die Grenze zur Geschmacklosigkeit ist aber schnell überschritten – und das Risiko eines Imageschadens ist hoch.
Daher gilt: Zurückhaltung ist besser als Penetranz. Wer seriös ist, lässt sich finden – und ruft nicht an.
Fazit
Ob die geschilderte Situation nun tatsächlich so passiert ist oder nicht:
Ein Bestatter, der gezielt Kranke kontaktiert, verletzt das Vertrauen, das Menschen unserem Berufsstand entgegenbringen sollen.
Die Würde des Menschen gilt auch im Angesicht des Todes – und genau da beginnt unser Beruf.
Nicht mit Werbemaßnahmen, sondern mit Achtsamkeit, Feingefühl und dem Wissen, wann man schweigen sollte.
Hast Du ähnliche Erfahrungen gemacht – positiv oder negativ? Wie werben die Bestatter bei Dir in der Nähe?
Diese Meldung passt dazu:
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- unter-geiern: Peter Wilhelm KI
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