Sonstiges

Buddy 2012-2025

Es ist mir so gegangen, wie bei jedem Hund, den ich jemals hatte. Wenn ein Hund starb, schwor ich mir, nie wieder einen anzuschaffen. Und wie das so ist, mit den eisernen Vorsätzen: Spätestens zwei Tage später stehe ich im Tierheim…

Wer sich ein Haustier anschafft, der muss wissen, dass – sofern es sich nicht um eine Galapagosschildkröte oder einen Wal handelt – das Tier wahrscheinlich früher verstirbt als er selbst. Es sei denn, man schafft ein recht betagtes Tier an oder ist selbst schon ziemlich alt.
Und wenn man das schon weiß, dass unsere besten Freunde nicht so lange leben, sollte man sich frühzeitig damit beschäftigen, dass da große Trauer auf einen zukommt.

Es gibt ganz unterschiedliche Wege, mit der Trauer um ein geliebtes Haustier umzugehen. Eine Methode, die immer gut funktioniert, ist es, dass man sich schnell ein neues Tier anschafft, dem man seine ganze Liebe und Aufmerksamkeit schenken kann. Das mindert nicht die Trauer, mildert aber den Verlust, weil dann die Lücke gefüllt wird.

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Als mein gelber Labrador Tibor starb, war das für mich ganz schlimm. Ich hatte ihn schon als wenige Tage altes Hundeküken an der Zitze seiner Mutter kennengelernt und er war schlicht und ergreifend mein Traumhund.

Schon ein paar Tage nach seinem Tod fuhr ich mit meinem Freund Frank zum Tierheim nach Heppenheim.
Dort hatten wir schon Hunde geholt und kannten das Heim sehr gut.
Zuvor hatten wir es in Mannheim, Viernheim und in Worms versucht, dort hatte man uns aber, um es mal mit offenen Worten zu sagen, nur Hundekrüppel angeboten. Ein dreibeiniger 9-jähriger Schäferhundmischling, eine Bulldogge mit Dauererektion und Harnverhalt, eine blinde Pudelhündin…
Hut ab, vor den Menschen, die sich dieser Tiere annehmen und auch solchen armen Kreaturen noch eine schöne Heimstatt bieten. Ich kann das nicht. Und ich wollte der schon vorhandenen Hündin Maja (Bordercollie) auch einen etwa gleichaltrigen, fitten Kameraden zur Seite stellen, damit die zusammen herumtollen und ein Minirudel bilden können.

Außerdem finde ich es schon eine gute Entscheidung, sich Hunde aus dem Tierheim zu holen und nicht bei einem Züchter. Ich hab‘ nix gegen Züchter und wir hatten auch schon zweimal einen Hund aus jeweils einer guten familiären kleinen Zucht. Aber letztendlich gibt es so viele Tiere in den Heimen, die auf einen neuen menschlichen Kameraden warten, dass man denen eigentlich bevorzugt eine Chance geben sollte.
Ja, und wenn dann schon Leute ihre Hunde im Tierheim aussuchen möchten, sollte man die nicht gegen ihren Willen zu kranken, behinderten und uralten Tieren drängen. Das führt doch dazu, dass sich viele abwenden und ihre Tiere dann doch beim Züchter oder, was viel schlimmer ist, auf dem „Polenmarkt“ kaufen.

Ein Tierheim, das ich besuchen wollte, stach besonders heraus. Auf der Webseite wollte ich mir die Besuchszeiten heraussuchen und stieß auf den Hinweis, dass man gar keine Besuchertage mehr anbietet, bei denen die Leute Hunde und Katzen anschauen können. Das würde den Tieren zu viel Stress bereiten. Während der Öffnungszeiten würden deshalb die Zwinger und das Katzenhaus mit Planen abgehängt, den Tieren werde klassische Musik zur Beruhigung vorgespielt und man dürfe nur Kleintiere und Reptilien angucken. Wer sich für einen Hund interessiere, müsse einen Termin mit der hauseigenen Hundepsychologin ausmachen, die dann nach einem intensiven Evaluierungsgespräch ein geeignetes Tier auswählt und den Leuten vorstellt…

Ehrlich? Mich wundert es nicht, dass dann so viele Tiere im Heim bleiben müssen.

Im Tierheim Heppenheim ist das anders. Da arbeiten sehr engagierte und gut ausgebildete Leute, und es gibt immer eine große Auswahl an allen möglichen wunderschönen Tieren.

Auf der Webseite hatte ich einen schönen Schäferhund entdeckt. Ich muss eingestehen, dass mir das wolfsähnliche Aussehen und das Wesen der Schäferhunde schon immer gut gefallen hat. Und seitdem die DDR von uns erobert wurde, kommen auch wieder vernünftige Zuchten zustande. Der VDH, die „Blondie-Organisation“ der Hundehaltung, hat mit dazu beigetragen, dass Schäferhunde seit Jahrzehnten immer stromlinienförmiger und mit weit nach hinten gestellten Hinterbeinen immer hüftkranker wurden. In Polizei- und Schutzhundkreisen wurde offenbar geschätzt, dass die Hunde dann „schärfer“, gefährlicher, sprungbereiter und agiler aussahen. Den Tieren hat das nicht gutgetan. In der DDR ist man diesen Weg nicht gegangen, sodass von dort gute und gesunde Schäferhunde kamen.

Und in Heppenheim saß so ein schöner Schäferhund, der – wie es im Web hieß – etwas für erfahrene Hundehalter sei. Ich hielt mich nach fast 45 Jahren Hundehaltung für erfahren und stand deshalb vor dem Zwinger mit diesem „Max“. Doch ich sah sehr schnell, dass das ein schwer gestörter, aggressiver und stark hospitalisierter Hund war. Außerdem hieß es, dass er sich auf keinen Fall mit anderen Hunden vertragen würde. Deswegen wandte ich mich dann ziemlich enttäuscht ab. Wir hatten ja schon die liebe Maja und dem schüchternen griechischen Straßenhundabkömmling wollte ich so einen Stress nicht antun.

Mein Freund Frank hatte sich inzwischen die anderen Hunde angeschaut und ich fand ihn vor einem Käfig, in dem ein wunderschöner brauner Labrador saß. Frank probierte die üblichen Handzeichen aus und zu unserer Überraschung reagierte das Tier freundlich und folgsam auf alle Kommandos. Er machte Platz und Sitz auf Kommando und zeigte dabei so viel Freude, dass wir den Eindruck hatten, der Braune wolle uns sagen: „Seht her, was ich alles kann, nehmt mich bitte mit!“

Wegen der vielen schlechten Erfahrungen mit unzuverlässigen und ungeeigneten Hundehaltern waren die Bestimmungen in Heppenheim strenger geworden. Die anderen Hunde hatten wir früher recht problemlos einfach so bekommen.
Diesmal aber mussten wir ein paar Tage später erstmal wiederkommen und mit dem ehrenamtlichen Hundespazierer, einem netten Zahnarzt, gemeinsam mit „Paul“, wie unser Wunschhund hieß, spazieren gehen. Man wollte erst mal sehen, ob ich mit einem großen Hund zurecht komme…
Okay, warum nicht? Immerhin verlangte man dort, anders als im Tierheim Heidelberg, nicht, dass ich nach 45 Jahren Hundehaltung noch einen „Gassigeher-Führerschein“ machen muss.

Doch auch nach dem Spaziergang gab es „Paul“ noch nicht. Da wir ja schon einen Hund haben, wollten die Tierpflegerinnen im Tierheim auch noch sichergehen, dass sich die Tiere auch vertragen. Also mussten wir einen neuen Termin ausmachen, unsere Maja mitbringen und die beiden Hunde zusammenführen. Also fuhren meine Tochter und ich ein paar Tage später mit Maja dorthin und es passierte das, was immer passiert, die beiden Hunde knurrten sich an, einer kläffte, dann beschnupperten sie sich und nach zwei Minuten war alles geklärt. Die beiden tollten putzmunter und freudig miteinander auf dem Freigelände herum.

200 Euro später konnten wir „Paul“ dann endlich mitnehmen. Dazu muss man wissen, dass „Paul“ eigentlich auch „Max“ hieß, im Heim aber umbenannt worden war. Wir tauften ihn „Buddy“ und haben ihn nie anders genannt. Buddy war schon zwei Jahre alt, stammte offenbar aus Polen und war von seinen Vorbesitzern abgegeben worden, weil er denen auf die helle Auslegeware geschissen hatte.

Ein paar Tage Möhrenkost und Buddys Darm hatte sich beruhigt, einige Wochen Ohrentropfen und das Ohren- und Kopfschütteln war behoben.
Holt man einen Hund aus dem Heim, ist er idealerweise schon gegen alles geimpft und meist auch kastriert. Bei Buddy war das auch so. Und obwohl Maja und Buddy wie Geschwister miteinander lebten, spielten und auch ihr hündisches Sozialleben ausleben konnten, gab es zu bestimmten Zeiten im Jahr auch mal hemmungslosen und natürlich folgenlosen Sex. Maja wusste sich gut zu behaupten und war eindeutig die Chefin im Ring. Wie bei klugen Menschenmännern nahm das Hunde-Männchen freiwillig, um Problemen aus dem Weg zu gehen, die Rolle des Omegatieres ein.

Man kann sich keinen lieberen und verschmusteren Hund vorstellen als unseren Buddy. Wachsam verbellte er Fremde an den Grundstücksgrenzen, guckte immer ganz gefährlich und machte den „dicken Molly“. In Feld und Wiese war er folgsam und ausgelassen. Niemals hat er auch nur das Geringste getan, was man als böse bezeichnen könnte (außer Mülleimerausräumen). Nicht unerwähnt bleiben muss, dass auch Maja so eine liebe Hündin war. Ein Traumpaar!

Letztes Jahr musste Maja uns verlassen. Das war ein ganz trauriges Erlebnis und ein schlimmer Abschied. Maja war meiner Tochter sehr zugewandt, die mit ihr auch die Begleithundeausbildung gemacht hatte. Als es mit Maja etwas schlechter ging, hatte sich meine Tochter, auch wieder aus dem Heim, einen kleineren griechischen Straßenhund angeschafft, unseren Benji, der immer mal wieder mehrere Tage bei uns zu Besuch ist.

So war Buddy wenigstens nicht plötzlich allein. Maja hat ein schönes Grab bei uns im Garten bekommen.

Doch seit einem halben Jahr bemerkten wir, dass es Buddy zunehmend schlechter ging. Die Hinterläufe wollten nicht mehr so richtig mitmachen. Ansonsten war er noch fit und dauerhungrig. Die letzten zwei Monate schaffte er es nicht mehr rauszugehen. Wir haben Tag und Nacht geputzt.
Freunde haben gesagt, wir sollten den „weghauen“. Aber bitte! Man haut jemanden doch nicht weg, weil er im Alter und bei Krankheit nicht mehr alles unter Kontrolle hat.

Nein, wir haben es dem Hund so schön wie möglich gemacht. Er hat Schmerzmittel gegen die Arthrose bekommen und wir haben ihm einfach so viel Liebe wie möglich gegeben.

Doch vorgestern war es dann soweit. Es war offensichtlich, dass das Tier Schmerzen hatte, nicht mehr konnte und das Ende seines Lebenszyklus erreicht hatte. Mit noch mehr Schmerzmitteln, jetzt kam es ja auch nicht mehr drauf an, haben wir es ihm noch so erträglich gemacht, wie es irgend ging.

Gestern kam dann unsere Tierärztin und hat ihn erlöst. Ich konnte nur dabeisitzen, meine Frau hat ihn gestreichelt und liebkost, bis er nicht mehr atmete.

Eine halbe Stunde später kam der Tierbestatter. Buddy soll eingeäschert und seine Asche auf einer Wiese verstreut werden.

Bildquellen:

  • buddy3: Peter Wilhelm
  • buddy-maja2: Peter Wilhelm
  • buddy-maja-tt: Peter Wilhelm

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#Haustier #hund #Hündin

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(©si)