Fundstücke

Der Bestattungsbetrüger und die Bild-Zeitung

Entweder ist Guido Felten doof, meinen manche, oder er ist frech, sagen andere, und ganz böse Zungen behaupten, er sei dummdreist, also eine Mischung aus beidem.
Guido Felten, das ist der Guido F. aus der BILD-Zeitung, der unter der Überschrift Ich bin ein Bestattungsbetrüger in den letzten Tagen von sich hat reden machen und zugleich in einem Aufwasch mal wieder die ganze Branche mit Dreck beworfen hat.

Seit Jahren geistern da Berichte über Felten durch das Netz. Auch die BILD hate Herrn Felten schon einmal im Blatt.

Aktuell scheint er wieder vor Gericht zu stehen und zwar geht es um…

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…rund 100.000 Euro Kundengelder, die Felten veruntreut haben soll.
Wie so oft bei einem schlingernden Unternehmen, flossen die von Kunden mit eingenommenen Zahlungen für Friedhöfe und Subunternehmer wohl nicht an die berechtigten Unternehmen, sondern wurden für andere Dinge ausgegeben. Man kennt das nicht nur aus der Bestattungsbranche, sondern von vielen Handwerkern und Dienstleistern. Ist das Unternehmen erst mal in Schieflage, kommen der Gerichtsvollzieher oder dringend zu bezahlende Mahnungen so vehement, daß dann man eben mit Kundengeldern, die eigentlich für andere Zwecke gedacht sind, diese Löcher gestopft werden.

Die erstaunten Hinterbliebenen bekommen dann, obwohl sie meinen, alles bereits bezahlt zu haben, doch noch Mahnungen vom Amt oder den Subunternehmern.
Auch die Auszahlungen von Lebens- oder Sterbegeldversicherungen, die zunächst beim Bestatter eingehen, gehen dann gerne mal für andere Zwecke drauf und erreichen die Bezugsberechtigten gar nicht oder verspätet oder nur teilweise.

Alles das ist an sich zwar schon schlimm genug, aber das kann jedem Unternehmer so gehen. Man beachte, daß ich gar nicht mal annehme, der Bestatter habe sich ein schönes Leben von diesem Geld gemacht. Es sind in meinen Augen alles eher Verzweiflungstaten eines Unternehmers, der um den Fortbestand seines Unternehmens kämpft.
Oft geht das viele, ja sehr viele Jahre gut, weil immer wieder frische Aufträge hereinkommen, mit denen die vorher aufgerissenen Löcher dann wieder gestopft werden können.
So geht das z.B. bei gut laufenden Unternehmen oft mit den in bar bezahlten Bestattungsvorsorgen so.
Das Geld wird direkt verbucht und als Gewinn eingenommen und auch wieder ausgegeben. Da aber ständig so viel umgesetzt und verdient wird, ist im Falle des Todes des Vorsorgekunden sowieso genug Geld aus dem laufenden Geschäft da, um die Bestattung ordnungsgemäß abzuwickeln.
Das geht so lange gut, bis es eines Tages dem Unternehmen eben nicht mehr so gut geht.

Das Schlimme an Herrn Felten ist aber seine Taktik „verbrannte Erde“. Sein Laden ist weg, er ist als Betrüger gebrandmarkt und was schert es ihn: Er hängt sich nun vollends aus dem Fenster, bezeichnet sich selbst als Betrüger und schildert, wie er die Angehörigen abgezockt habe.
Damit aber nicht genug.
Herr Felten versteigt sich in die Behauptung: „Ich bin sicher, 80 Prozent der Branche macht auf krumm.“

Dann erzählt er, dass er seine Särge für 50 Euro in Polen einkaufte um sie dann für das 30-fache an seine Kunden abzugeben.
Das halte ich für eine völlig überzogene Behauptung. Ja, es gibt diese Billigsärge und gerade im Massen-, Ketten- und Großstadtgeschäft werden diese auch verwendet. Und warum Särge teuer sind, haben wir hier schon oft genug durchgekaut.
Aber dann geht so ein Sarg, je nach Optik, für 280-750 Euro weg und nicht für 1.500.
Da haut Felten ganz schön auf den Putz.

Auch mit Goldzähnen und Goldfüllungen hat er es. Die Bestatter würden Goldfüllungen klauen, behauptet er. Ich kenne keinen Bestatter der so etwas macht.
Richtig ist, dass im Krematorium hinterher aus der Asche die Metallteile entfernt werden und von einer Scheideanstalt bzw. einem Verwerter abgeholt und bezahlt werden. Der Erlös fließt zumeist ins Budget des Friedhofsbetriebes und kommt somit der Allgemeinheit zu Gute bzw. wird, je nach Stadtsatzung, für wohltätige Zwecke gespendet. (Leser Nils hat dazu passend diesen Artikel im Spiegel gefunden.)

Angeblich verkauften die Bestatter auch die „teuren Batterien aus Herzschrittmachern“.
Hierfür wären ja sozusagen mafiöse Strukturen erforderlich, die über den Bestatter,, den Medizinhandel bis in die Kliniken reichen müssten. Und welcher Herzchirurg würde dafür mit seinem Ruf und seinem Geld haften wollen, wenn er sich daran beteiligte und gebrauchte Herzschrittmacher bzw. -batterien von unbekanntem Zustand „einbauen“ würde.
Absoluter Quatsch!

Dann kommt wieder die Geschichte mit dem nackten Toten im Sarg, bei denen den Angehörigen dann doch noch das Geld für Totenhemd und Sargeinlage berechnet würde.
So was soll es schon mal gegeben haben, davon habe ich auch schon gehört. Aber es ist Blödsinn anzunehmen, es sei bei vielen oder dem überwiegenden Teil der Bestatter so. Ein billiges Papierhemd und eine Einfachausstattung des Sarges kosten zusammen kaum 20 Euro. Wer würde sich da die Hände schmutzig machen, außer er ist sowieso ein Verbrecher? Und Verbrecher, ja nun, die gibt es in allen Branchen und Berufen, bei den Bankern, den Pastoren, den Leuten von der Heilsarmee, den Bürgermeistern und ehrenwerten Staatsanwälten. Keine Sparte, bei des noch keine Verurteilungen wegen schwerwiegender Verfehlungen gegeben hat.

Eher noch kommt das vor, was Felten in seiner BILD-Story als nächstes behauptet. Da sagt er, das skurpellose Bestatter alte Menschen mit verzinsten Bestattungsvorsorgeverträgen lockten und dann nach deren Tod die Hinterbliebenen nicht über dieses Guthaben informieren.
Solche Fälle habe ich in neuerer Zeit tatsächlich drei Mal zur Prüfung vorgelegt bekommen. Die Bestatter entschulidgen sich dann immer rasch und sprechen von einem Irrtum, wenn „Undertaker Tom“ sich meldet. Aber das scheint bei einigen Kollegen wirklich verlockend zu sein.
Da werden 10.000 Euro in eine solche Treuhand- oder Bestattervorsorgegesellschaft eingezahlt, die Bestattung wird dann, so wie vereinbart durchgeführt und die Angehörigen sind froh, daß „Oma alles so fein geregelt hat“ und dass sie keine weiteren Kosten mehr bezahlen müssen. Aber es wird ihnen verschwiegen, daß die Bestattung günstiger war als diese 10.000 Euro und der Rest beim Bestatter „wartet“.
Deshalb rate ich immer wieder zur Sterbegeldversicherung. Die kann man genau so gut mit einem Einmalbetrag abschließen.
Da zahlt man als 40-jähriger bei Abschluss der Vorsorge einmalig 3.456,00 € ein und später kommen für die Bestattung stolze 8.000 Euro raus. Alternativ kann man das auch schon ab 15,20 Euro Monatsbeitrag haben.
Hier gibt es das zum Beispiel. Die SOLIDAR empfehle ich persönlich immer, weil das kein Versicherungskonzern ist, der sich Paläste vom Geld der Versicherten baut, sondern eine Sterbekasse, deren Gewinne per Satzung wieder den Versicherten zugute kommen. Hervorgegangen ist diese Sterbegeldversicherung aus einer Sterbekasse der Krupp-Arbeiter.
Bei so einer Kasse hatten auch meine Eltern Sterbegeldversicherungen abgeschlossen. Da kam immer ein Opa zum Kassieren, 80 Pfennig im Monat, später 2 Mark 40.
Es war eine Wohltat, als dann bei den Beerdigungen mit Zins und Zinseszins und Gewinnbeteiligung fast die gesamten Kosten dabei herauskamen.
Das ist in meinen Augen einfach besser als irgendwas, wo es nur anderthalb Prozent, wenn überhaupt, Zinsen gibt oder auch jeden Fall besser, als die immer wieder von windigen Vertretern verkaufte Risikolebensversicherung, die meist nämlich ab einen gewissen Alter GAR NICHTS mehr bezahlt.
Ich würde auch keinem Bestatter Geld geben, weder in bar, noch auf irgendein Konto von irgendwem.
Auf jeden Fall sollte man zu Lebzeiten seine Angehörigen sehr genau darüber informieren, von wo welches Geld zu erwarten ist! Nicht einfach nur sagen: „Macht Euch keine Sorgen, Omma hat alles schon bezahlt!“
Nein, da muss genau gesagt werden, wann sie wo wem Geld gegeben hat und auch wie viel!

Doch zurück zum Herrn Guido Felten:
Er sagt weiter wörtlich in BILD:

„Manche Angehörige nehmen auch bei Feuerbestattungen den teuersten Sarg. Es kommt vor, dass die Leichen dann heimlich in einem billigen Sarg verbrannt werden. Der teure Sarg wird dann dem nächsten Kunden verkauft.“
Aber ausgerechnet das will Felten selbst mal ausnahmsweise nicht gemacht haben.

Von solchen Vorwürfen hört man immer mal wieder. Aber die Tatsache, daß man immer wieder davon hört, belegt doch, dass man damit auch nicht weit kommt. Deshalb machen es auch nur die ganz Doofen und ganz Verzweifelten. Ich kenne allerdings keinen, der das so macht.
Es lohnt sich nämlich unterm Strich auch nicht. Hatten wir schon mal das Thema Sargpreise? Bestatterweblogleser werden jetzt aufstöhnen und sagen: Jaaaaaaaaa!

Brav aufgepasst!
Ich sage es noch einmal in einem Satz:
Alle Särge werden vom Bestatter zu ganz günstigen Preisen eingekauft und teurer wieder verkauft, weil im Sargpreis, wie bei Jeans, weder Laden-, Lager- noch sonstige Kosten enthalten sind.

Dabei sind ALLE Särge günstig, einmal von durchgeknallten Designerpreisen abgesehen, allein durch den Verkauf des Sarges hat der Bestatter immer so eine hohe Wertschöpfung, dass sich das spätere Austauschen des Sarges, was ja auch personalaufwendig ist, überhaupt nicht lohnt. Es wäre überdies auch mit dem enormen Risiko der Entdeckung verbunden, weil ja nie ausgeschlossen ist, daß Angehörige doch mal ins Krematorium fahren um den Verstorbenen noch mal zu sehen; das geht gegen einen Zwanziger oft auch in Krematorien die so etwas sonst NIE machen.

Herr Felten schöpft hier also lediglich aus dem ganz trüben Bottich der urbanen Legenden, uralter Märchen und altbekannter Vorkommnisse. Nichts davon ist die Regel und ich bin davon überzeugt, daß die Quote der anständigen Bestatter weit über 90% liegt.
Ein Verlag hat mich erst neulich gefragt, ob ich nicht für ihn ein Buch über die Bestattungsabzocker schreiben möchte. Vielleicht mache ich das eines Tages auch, aber dann unter dem Gesichtspunkt, endlich mal mit diesen Ammenmärchen aufzuräumen.

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(©si)