Geschichten

Der Blonde mit dem irren Blick -6-

Normalerweise kommt keiner dazu, aus meinem Büro zu rennen und vielleicht auch noch die Tür zu zu knallen, dazu bin ich dann doch zu schnell und verstelle demjenigen den Weg, denn es ist niemals eine Lösung, ein Gespräch dadurch zu beenden, daß man einfach wegläuft. Aber in diesem Fall war ich durch den irren Blick des großen Blonden für einen kurzen Moment so verunsichert, daß Falk eben genau das tun konnte, nämlich die Tür zu zu schlagen und zu verschwinden.

„Verdammt noch mal!“ brüllte ich ihm hinterher und war wirklich zornig. Und zwar war ich deshalb zornig, weil ich ihn ja gar nicht rauswerfen wollte. Der zu groß geratene Hitlerjunge war doch ein guter Arbeiter und von Manni hatte ich nur Gutes über ihn gehört; nur war mir wirklich dieses ganze Drumherum zu diffus und seltsam, daß ich wenigstens das gerne unterbunden oder doch zumindest irgendeine Erklärung dafür bekommen hätte.

Frau Büser kam in mein Büro gerannt, weil sie die Tür knallen und mich hatte schreien hören: „Was ist hier denn los?“

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„Nix! Sagen Sie dem Herrn Fuhlst, wenn der wieder kommt, der soll an meiner Tür wieder so eine Gummidichtung anbringen, solange die noch heile war, konnte man wenigstens die Tür nicht so knallen.“

„Aber Sie haben so geschrieen!“

„Ja, weil der Falk mich aufgeregt hat.“

„Ach, Ihr Sohnemann…“

„Jetzt fangen Sie auch noch damit an!“

„Womit?“

„Mit dem Vater-Sohn-Gequatsche.“

„Ja aber, ich dachte das sei von Ihnen so gewollt, weil der doch so an Ihnen hängt. Der hat doch sogar ein Bild von Ihnen aus unserer Hausbroschüre ausgeschnitten und in seinen Spind gehängt.“

„Der spinnt mit seinem Spind!“

„Sandy meint ja, der sei plemplem.“

„So langsam glaube ich das auch. Sie sind doch so gut im Aushorchen von Leuten, rufen Sie doch mal bei der Firma an, bei der Herr Falk vorher gearbeitet hat, und wenn nötig, auch bei den Firmen davor, und stellen Sie mal fest, ob der da auch so gesponnen hat.“

Im Keller war Herr Falk nicht, wie Manni mir am Telefon sagte und auch sonst war er nicht auffindbar. War der jetzt für immer gegangen? Ich war verwirrt.
Doch wenn man ein Unternehmen hat, kann man sich nicht immer um das kümmern, was einen interessiert, sondern man muß sich den täglichen Verpflichtungen oft mehr beugen, als einem lieb ist. So kam es, daß ich bis weit über die Mittagspause hinaus mit doofen Abrechnungen und kleinkariertem Briefverkehr beschäftigt war.
Als ich damit fertig war, hatte ich kleine, müde Augen, zwei dicke Mappen voller Unterlagen und drei Kassetten mit diktiertem Material.
Ich drückte auf den Sprechknopf am Telefon und bat Frau Büser zu mir.

Eine Sekunde später schwang meine Tür auf, ohne daß jemand angeklopft hätte und die kurzhaarige Frau Lizzy Miller stürmte in mein Büro. Sie trug ein geblümtes Kleid, hochhackige Schuhe und einen kurzen Sommermantel. Über ihrem linken Arm hing eine klitzekleine Damenhandtasche. Ihre Brust hob und senkte sich, so hektisch mußte sie atmen.

„Das können Sie nicht machen!“ stieß sie hervor: „Das hat der Heiner nicht verdient!“

„Was?“ fragte ich nur, blieb sitzen und wies mit einer Hand auf den Sessel mir gegenüber.

Die Kleine blieb stehen: „Nein, da setze ich mich nicht hin. Mit so einem Menschen wie Ihnen teile ich kein Gestühl. Der Heiner hat’s doch wirklich nur gut gemeint. Sie können nicht sagen, daß er es nicht gut gemeint hätte. Der ist doch so ein guter Mensch, nein, ich möchte sagen, er ist sogar ein sehr wertvoller Mensch!“

„Da sagt doch auch keiner was Gegenteiliges, Frau Miller. Jetzt setzen Sie sich hin und dann reden wir.“

„Da gibt es nichts zu reden. Ich hab‘ auch gar keine Zeit, ich muß los, sonst tut sich der Heiner am Ende noch was an. Und das alles nachdem wir am Wochenende mit dem Stück einen so großen Erfolg hatten…“

Kaum hatte sie das gesagt, machte es nur noch „Wusch“ und die Zierliche war aus meinem Büro verschwunden.

Der ganze Auftritt hatte nicht länger als 20 oder 30 Sekunden gedauert, denn kurz nachdem Lizzy davongehuscht war, kam Frau Büser herein, die ich ja vorher über die Sprechfunktion gerufen hatte.
„Da draußen steht diese Frau Hiller. Wollten Sie was von mir?“

„Die war schon bei mir hier drinnen. Da, die Mappen und die Bänder sind für Euch.“

„Wie, die war schon hier drinnen?“

„Ja, die war sehr schnell.“

„Verrücktes Volk“, kommentierte Frau Büser und ich nickte zustimmend.

„Frau Büser, ich weiß gar nicht, was die beiden eigentlich wollen. Der Kerl hat einen Job gesucht und den habe ich ihm gegeben. Jetzt erinnere ich ihn irgendwie an seinen Vater und das findet der toll. Und diese verrückte Henne, das ist wohl eine seiner zwei Lebensgefährtinnen, die singt und spielt mit ihm in einem Stück nach einem meiner Texte.
Solange der seine Arbeit vernünftig macht, ist mir das bis hierher auch noch alles recht. Aber die beiden spinnen doch! Das mit diesem ‚Vadda-Gehabe‘ geht mir auf den Senkel und diese hysterische kleine Zicke auch. Das wird mir alles zu viel!
Wenn die sich nicht am Riemen reißen, dann schmeiß ich den wirklich raus!“

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(©si)