Geschichten

Die Fee der Nacht -35-

Kriminalhauptkommissar Klaus Petermann klopfte sich den Schmutz von der Hose und schüttelte sich dann eine Zigarette aus der Packung. Bei geöffneter Tür saß er seitlich auf dem Fahrersitz des stehenden Chevrolet und drehte seinem Freund Joswig, den Rücken zu.

„Das ist nix mehr für so alte Männer wie mich“, stöhnte Petermann und rieb sich den Rücken.

„Du hättest ja auch mich rennen lassen können…“, begann Joswig, doch der Kommissar winkte ab. „Wenn die Polizei schon mal da ist, dann soll sich die Polizei auch um die bösen Buben kümmern“, sagte er.

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Petermann gab sich stets viel Mühe die geltenden Gesetze und Vorschriften einzuhalten, ein Musterbeamter war er jedoch nicht. Früher hatte er selbst gerne Tatort-Krimis mit Schimanski gesehen, aber inzwischen schaltete er bei Wiederholungen lieber um. Ihm waren das ewige Scheiße-Rufen und die Verfolgungsjagden im grauen Unterhemd zu viel geworden. Polizeiarbeit fand für Klaus Petermann vorwiegend im Kopf statt, seine meisten Fälle löste er ohne Gewalt, ohne Waffe und ohne großen Polizeiapparat. Am liebsten noch mochte er Inspektor Columbo, der vom Understatement lebte. Dem Täter das Gefühl der Überlegenheit geben und sich selbst als kleine Leuchte verkaufen, um dann im richtigen Moment dem Täter seine Fehler nachzuweisen, das hatte was.

„Jetzt ist es dunkel“, stellte Joswig überflüssigerweise fest und Petermann brummte: „Ach was?“

„Ich will wissen, was wir jetzt machen. Was ist mit dem Kerl im Kofferraum und was passiert als Nächstes?“

„Wir fahren jetzt mal da hoch und besuchen Herrn Minister Brockhagen.“

„Warum hast Du eigentlich keinen Haftbefehl für den beantragt?“

„Haftbefehl? Wofür? Ich habe Dir doch erzählt, was der Mann für Verbindungen hat. Da taucht dann gleich eine ganze Armee von Anwälten auf und ruck-zuck ist der wieder draußen. Außerdem, wenn ich meine, daß der was ausgefressen hat, nehme ich den auch so einfach fest.“

„Und was hat der Deiner Meinung nach ausgefressen? Der ist der Kopf des Ganzen, oder?“

„Der ist der Kopf des Ganzen. Genau. Nach außen hin ein ehrwürdiger Ex-Minister, jetzt Präsident der Soundso-Gesellschaft für politische Bildung und hochangesehen. Aber hinter der Fassade haben Brockhagen und seine Mimi allerhand zu verbergen. Und das muß was ganz Besonderes sein, sonst würde der hier nicht auf uns schießen lassen.“

„Meinst Du, da oben am Haus wartet noch einer mit ’ner Flinte?“

„Das glaube ich kaum. Bis jetzt ist doch immer nur dieser Ignaz in Erscheinung getreten und wenn jetzt genau dieser Ignaz auch hier im Wald auf uns lauert, dann scheint der Herr Minister nicht über eine Privatarmee zu verfügen.“

„Daß die überhaupt auf uns geschossen haben…“ wunderte sich Jojo.

Petermann nickte und rückte hinters Steuer: „Wir scheinen dem zu sehr auf die Pelle gerückt zu sein. Vielleicht hat die Alte von der Tratow doch bei ihm angerufen und die haben uns deshalb erwartet. Ich glaube ja kaum, daß der Ignaz hier ständig im Wald mit so einem teuren Elefantentöter auf einem Hochsitz hockt und sich den Hintern abfriert. Überhaupt: Wenn die hier dauernd mit dem Schießgewehr auf Leute lauern würden, dann hätte unser Freund ein Scharfschützengewehr, aber nicht so ein großkalibriges Jagdgewehr. Damit geht man auf Nashörner, glaube ich.
Nee, nee, das ist schon so wie ich Dir das sage. Die sind nervös, aber so was von nervös.“

Der Kommissar drehte den Zündschlüssel herum und ließ den Wagen sanft anrollen.

36 folgt sofort

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