Bemerkenswert

Elmer McCurdy – Ein Bandit als Geisterbahn-Attraktion

Elmer McCurdy

Es sterben immer mal wieder Menschen, für deren Bestattung niemand aufkommen will. In unseren modernen Zeiten steht dann die Kommune für die Kosten ein. Früher war das anders. In England beispielsweise konnte der Bestatter dann den Leichnam an ein anatomisches Institut verkaufen. Aus den USA ist ein ganz anderer Fall bekannt.

Es ist eine Geschichte, wie sie nur aus den USA stammen kann – eine Mischung aus Tragödie, Wildwest-Romantik und makabrem Jahrmarktspektakel. Der Name Elmer McCurdy ist heute weniger wegen seiner Verbrechen bekannt, sondern wegen seines skurrilen Nachlebens.
Denn der gescheiterte Bandit fand seinen Weg nicht in ein Gefängnis oder einen unmarkierten Grabstein – sondern in eine Geisterbahn.

Ein Leben auf der schiefen Bahn

Elmer McCurdy wurde 1880 in Maine geboren. Sein Leben verlief unstet: Nach einem kurzen militärischen Dienst in der US-Armee, bei dem er den Umgang mit Sprengstoffen erlernte, trieb er sich als Gelegenheitsarbeiter, Trinker und Möchtegern-Outlaw durch den amerikanischen Westen. Seine kriminelle Karriere war jedoch eine Aneinanderreihung von Pleiten.

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Bei einem seiner ersten Überfälle sprengte McCurdy einen Tresor in einem Zug – allerdings so ungeschickt, dass er nicht das Geld, sondern den gesamten Tresorinhalt zerstörte. Nach mehreren ähnlich missglückten Coups wurde er am 7. Oktober 1911 in Osage County, Oklahoma, von einem Sheriff-Trupp gestellt und erschossen. Damit hätte die Geschichte eigentlich zu Ende sein sollen – wäre da nicht das, was danach geschah.

Der einbalsamierte Bandit

Da niemand Anspruch auf McCurdys Leichnam erhob, wurde er vom Bestatter Joseph L. Johnson in Pawhuska einbalsamiert – mit einem arsenhaltigen Präparat, das den Körper besonders gut konservierte. Johnson stellte den Toten kurzerhand in seinem Bestattungsinstitut aus, um Schaulustige anzulocken, die für ein paar Cent den „bandit who wouldn’t give up“ sehen wollten. Bald sprach sich herum, dass der tote McCurdy erstaunlich echt und unversehrt wirkte – und so begann eine bizarre Karriere nach dem Tod.

Vom Leichnam zur Jahrmarktssensation

Einige Jahre später verkaufte Johnson den Leichnam an Schausteller, die ihn fortan als mumifizierten „echten Outlaw“ durch das Land zogen. Unter verschiedenen Namen – „The Embalmed Bandit“, „Outlaw Who Wouldn’t Die“ oder „The Oklahoma Mummy“ –
wurde McCurdy zur Attraktion auf Jahrmärkten, in Wanderzirkussen und Kuriositätenkabinetten.

In den 1930er-Jahren gelangte die Mumie in den Besitz des Unternehmers Louis Sonney, der sie in seiner berüchtigten Ausstellung „The Museum of Crime“ präsentierte, wo sie neben Figuren von Bonnie & Clyde oder Jesse James stand. Nach Sonneys Tod wanderte McCurdy als Requisite durch verschiedene Hände und verlor dabei jede Identität.

Die Entdeckung in der Geisterbahn

Im Jahr 1976 geschah das Unglaubliche: Während Dreharbeiten zur TV-Serie The Six Million Dollar Man in der Geisterbahn des Freizeitparks The Pike in Long Beach, Kalifornien, entdeckte ein Requisiteur, dass eine vermeintliche Wachsfigur unnatürlich echt wirkte. Als er an einem Arm zog, brach dieser ab – und zum Vorschein kamen Knochen.

Gerichtsmediziner stellten fest, dass es sich nicht um eine Figur, sondern um einen echten menschlichen Körper handelte. Nach forensischen Analysen, Seriennummern und Zahnuntersuchungen war klar: Es war der echte Körper von Elmer McCurdy, der über 60 Jahre lang durch die USA gereist war – als Schaustück, Reliquie und Kuriosität.

Endlich Frieden nach 66 Jahren

1977 wurde McCurdys Leichnam nach Oklahoma zurückgebracht. Die Bürger von Guthrie beschlossen, ihm ein würdiges Begräbnis zu geben – auf dem Summit View Cemetery, wo auch andere bekannte Persönlichkeiten aus der Westernzeit ruhen. Sein Sarg wurde mit Zement übergossen, um sicherzustellen, dass er nie wieder „auf Tour“ geht. Damit fand ein skurriles Kapitel amerikanischer Geschichte ein Ende.

Makabre Faszination zwischen Tod und Unterhaltung

Elmer McCurdys Nachleben zeigt auf erschreckende Weise, wie der Tod im frühen 20. Jahrhundert in den USA auch Teil der Unterhaltungskultur war. Während andere Outlaws zu Legenden verklärt wurden, wurde McCurdy buchstäblich ausgestellt – halb Moritat, halb Mahnung.
Seine Geschichte erinnert uns daran, wie schmal die Grenze zwischen Pietät, Profitgier und morbider Faszination sein kann.

Quellen:

Oklahoma Historical Society, Los Angeles Times Archives, Smithsonian Magazine, FBI Forensic Report 1977
Wikipedia Elmer McCurdy
Wikipedia Summit View Cemetery

Bildquellen:

  • Bildschirmfoto-2025-10-25-um-19.53.04_800x500: W. G. Boag, Gemeinfrei, wikimedia.org

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(©si)