Eine Leserin hatte eine Begegnung der seltsamen Art. Ein Angehöriger ist verstorben und laut Totenschein war der schon tot, als sie das letzte Mal mit ihm telefoniert hatte.
Looks Natural | Nick Galifianakis
Hallo, ich habe gerade das Problem, ich werde da gar nicht mit fertig!
Auf der Sterbeurkunde eines lieben Menschenstehen steht keine feste Uhrzeit und Datum, sondern „29.06 um 17:30 h und den 30.06 19:11 h“.
Warum ist das so?
Das kann doch gar nicht sein! Wie kann er um 17:30 h verstorben sein, wenn ich noch am 29.06.um 22:50h mit Ihm telefoniert habe??
Zu Ihrem Verlust wünsche ich Ihnen mein Beileid.
Wenn auf dem Totenschein kein genaues Datum und keine genaue Uhrzeit als einziger Zeitpunkt des Todes angegeben worden ist, sondern ein Zeitraum, dann hat das seine Richtigkeit.
Es gibt sehr gute Möglichkeiten, den Todeszeitpunkt eines Menschen festzulegen. Allerdings ist das, was wir im Fernsehen vorgespielt bekommen, reine Utopie.
Daß sich ein Arzt über eine Leiche beugt und dann sagt: „Der Tod trat um 21.38 Uhr ein“ oder „Der Mord passierte zwischen 21.30 und 22.00 Uhr“, ist eine Filmlegende.
Um den Todeszeitpunkt festzustellen ist es wichtig, die Temperatur im Körperinneren zu messen. Weil man weiß, um wieviel Grad diese Temperatur über einen gewissen Zeitraum, unter Berücksichtigung der Umgebungstemperatur bei einem Leichnam sinkt, kann man grobe Angaben darüber machen, wann dieser Mensch gestorben ist.
Das ist aber nur grob gerechnet.
Die genaueste Zeitangabe hat man, wenn jemand beim Sterben dabei war, und die genaue Zeit sagen kann.
Ansonsten ist man auf Berechnungen, Schätzungen und Mutmaßungen bzw. auf Angaben, die auf ärztlichem Wissen und Erfahrung beruhen, angewiesen.
Manchmal ist der Todeszeitpunkt ohne weiteres gar nicht feststellbar. Das ist vor allem dann immer der Fall, wenn jemand nach einer etwas längeren Liegezeit gefunden wird.
Hier tastet man sich an die Zeit heran.
Wann wurde der Mensch zuletzt lebend gesehen? Das ergibt den Zeitpunkt, nach dem er gestorben sein könnte.
Wann wurde der Tote aufgefunden? Das ergibt den Zeitpunkt, an dem er gewiss tot war.
In diesem konkreten Fall muß es Hinweise darauf geben, daß der Betroffene am 29.06. um 17.30 noch gelebt hat.
Gefunden wurde er sicherlich am 30.06 um 19.11 Uhr.
Irgendwann dazwischen muß es passiert sein.
Nun haben Sie aber nach dem Zeitpunkt, der als erste Angabe eingetragen wurde, noch mit diesem Menschen telefoniert.
Damit ist klar, daß die erste Angabe nicht stimmt.
Dazu kommt es, wenn Angehörige erst etwas später vom Tod eines Menschen erfahren. Die Eintragung des Datums und der Uhrzeit ist schon erfolgt, dann meldet sich noch einer, der belegen kann, daß der Verstorbene wahrscheinlich noch 2-3 Stunden länger gelebt hat.
Natürlich kann man darauf beharren, daß das genauer untersucht wird. Man muß dann Belege beibringen, die beweisen, daß man noch telefoniert hat usw.
Der Aufwand zur Änderung einer Sterbeurkunde ist beträchtlich und nicht einfach mal eben so gemacht.
Deshalb wird man in solchen Fällen oft gar nichts unternehmen.
Wichtig kann der exakte Todeszeitpunkt aber werden, wenn es um Erbschaften und Rentenfragen geht. Da kann es schon mal von Bedeutung sein, wann wer exakt gestorben ist. In Ihrem Fall liegt aber kein Monatswechsel innerhalb des mutmaßlichen Sterbezeitraums, sodaß die einfachen Auswirkungen sowieso ausbleiben.
Ich würde sagen: Nehmen Sie die Angaben auf der Sterbeurkunde als „amtliche Angaben“, aber bewahren Sie sich das Wissen und die Erinnerung, daß der Betroffene doch noch ein wenig länger gelebt hat.
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Auf einer Sterbeurkunde steht ein längerer Zeitraum als Todeszeitpunkt. Warum?
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Die Sterbeurkunde ist deshalb ja auch nicht falsch, denn die Behauptung, der/die Verstorbene sei in diesem Zeitraum gestorben, stimmt ja weiterhin…
@Shivling: Könnte man meinen, ist aber leider nicht so.
Da die Angehörige nach dem eingetragenen ersten Zeitpunkt noch Kontakt hatte (um 22.50 h), also nach 17.30 h, ist die Sterbeurkunde falsch. Der Mann hat zwischen 17.30 und 22.50 h noch gelebt.
Das wird hier ohne Bedeutung sein. Aber es könnte ja beispielsweise sein, daß es um eine große Sache geht, bei der es wichtig ist, ob jemand zu einem bestimmten Zeitpunkt noch gelebt hat.
Ich hatte hier mal eine Geschichte im Blog (die ich nicht mehr finde) bei der es sehr wichtig war, welches Elternteil bei einem Unfall zuerst gestorben war. Denn da die Kinder nicht miteinander verwandt waren, war es von Wichtigkeit, zu erfahren, wer der erste Verstorbene war. Denn dessen Kinder kamen beim Erbe wesentlich besser weg.
Schreibfehler bei der Monatsangabe 29.06 und 29.05 zuletzt telefoniert?
Ansonsten kann durch Umwelteinflüsse der Todeszeitpunkt auch unter Umständen nicht korrekt ermittelt werden, dass es zu einem gewissen Zeitfenster kommt, in der die Person gestorben sein muss.
@Peter Wilhelm:
Ist es nicht genau umgekehrt, die Kinder des zuletzt Verstorbenen kommen besser weg?@Christian:
@Manuela: Ja, genau. Du hast Recht. Da habe ich mich verschrieben.
Ist ja so: Angenommen es ist eine Patchworkfamilie. Vater hat Kinder mit in die Ehe gebracht und Mutter auch.
Dann erbt, wenn der Vater zuerst stirbt, zunächst seine Frau, die Mutter. Und deren Nachkommen kommen u.U. wesentlich besser weg.
Man kann dieses neue Erkenntrniss dem zuständigen Standesamt vortragen und bei Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung den Versterbenszeitraum korrigieren lassen, wenn das Ihnen wichtig wäre.
Es stünde dann in der Urkunde: verstorben zwischen dem 29.06.um 22:50h und dem 30.06 um 19:11 h