Ich arbeite als Röntgenschwester und mir ist heute bei einer vergeblichen Reanimation unter erschwerten, weil infektiösen, Bedingungen da mal so eine Frage in den Sinn gekommen.
Wie verhaltet ihr euch denn wenn ihr „infektiöse“ Verstorbene bestatten müsst? Ich meine jetzt nicht die „Hochrisiko- Ebola Geschichten“ bei denen das Seuchenschutzgesetz greift (auf die sich glaube ich ein kurzer Abschnitt im Weblogartikel „Schutzkleidung“ bezog), sondern eher alltägliche Situationen.Ich sehe es bei uns im Haus oft, dass bei frisch Verstorbenen z.B. Drainageschläuche, Blasenkatheter, venöse Zugänge und auch Windeln resp. Urineinlagen nach dem Tod nicht entfernt, sondern einfach abgeschnitten oder einfach komplett belassen werden, so kommt ihr ja nicht umhin auch mal Kontakt mit medizinischen Materialien und infektiösen Körperflüssigkeiten zu haben.
Wie schützt ihr da eure Gesundheit? Ich glaube mal, ihr wisst oft gar nicht, was für Krankheiten der Verstorbene hatte. Ich denke da zum Beispiel an die vielen alten Menschen die ihre wundgelegenen Stellen haben oder die Diabetiker und Raucher mit den gar hübsch nässenden, eiternden Beinen, in denen sehr oft MRSA- Keime hocken, lasst ihr die Stellen beim Waschen aus resp. macht den Verband erst gar nicht ab? Oder beispielsweise „blutige“ Verstorbene (Unfälle, Frischoperierte mit noch nicht verheilten Operationswunden …) geht ihr da immer vom „Schlimmsten“ (also vorliegender Infektion mit z.B. Hepatitis C oder HIV) aus und desinfiziert und dekontaminiert anschließend den Behandlungsraum (also quasi wie im Krankenhaus) und euch selbst (Hände, auch wenn ihr Handschuhe anhabt)?
Kurzum: Wie geht ihr mit den Risiken um, euch eventuell bei einem Verstorben mit einer Krankheit zu infizieren?
Man wird im Weblog fündig, wenn man „Hygieneplan“ ins Suchfeld eintippt.
Zunächst mal ein großes Dankeschön, daß jemand, der in der Pflege tätig ist, einmal beschreibt, in welchem Zustand wir Bestatter oft die verstorbenen Patienten übernehmen. Tatsächlich ist es so, daß Schläuche, Windeln, medizinische Zugänge usw. ganz häufig nicht entfernt werden und sich der Bestatter dann darum kümmern darf, wie er den „Patienten“ vorzeigbar hinbekommt. In der Leichenkammer eines großen Krankenhauses beobachtete ich, wie die Fahrer eines anderen Bestatters eine Leiche aus der Kühlung zogen, das Tuch zurückschlugen und dann sagte der eine Fahrer zu seinem Kollegen: „Wenigstens zunähen hätten sie ihn können, so’ne Sauerei!“
Einmal abgesehen von der Mehrarbeit, die der Bestatter hier leisten muß, um die medizinischen „Anbauteile“ vom Verstorbenen zu entfernen und die „Wunden“ zu versorgen, ist es tatsächlich so, daß der Bestatter nur bei hochinfektiösen Patienten informiert wird. Ansonsten weiß man eher gar nichts über die Vorerkrankung und die möglicherweise bestehenden Gefahren.
Deshalb ist es umso wichtiger, daß die Bestatter ihren Hygieneplan und damit die grundsätzlichen und grundlegendsten Vorsichtsmaßnahmen peinlichst genau beachten. Leider wird hier oft viel zu sehr geschlampt.
In Münnerstadt, im Ausbildungszentrum für die Bestatter, lernen die angehenden Bestattungsfachkräfte noch ganz genau, worauf sie zu achten haben und wie sie sich schützen können. Jedoch sieht die Praxis später im Betrieb oft ganz anders aus. Da wird seit Jahrzehnten anders „geschafft“, besonderen Schutz kennt man nicht, es ist noch nie was passiert und mancher Bestatter glaubt tatsächlich, daß mit dem Verstorbenen auch alle Keime verstorben sind.
(Bitte keine Diskussion mehr über den Begriff „Keime“, das hatten wir schon.)
Es ist tatsächlich erforderlich, daß man sich durch entsprechende Schutzkleidung, bis hin zum Ganzkörperüberzieher mit Schuhüberziehern, Maske und Handschuhen schützt. Es muß alles vom Fahrzeug bis hin zum Werkzeug mit jeweils geeigneten Bioziden gesäubert werden.
Tische und Räumlichkeiten, Kühlkammern und die Regale für die Verstorbenen werden fallweise nach Bedarf und zusätzlich in regelmäßigem Turnus entsprechend gesäubert.
Bei uns gilt die Regel: Besteht auch nur der geringste Zweifel, wird der Körper des Verstorbenen komplett mit Tüchern umwickelt, die mit den entsprechenden Lösungen getränkt werden. Danach Bodybag mit Reißverschluss und keine Aufbahrung mehr.
Der Schutz der Mitarbeiter ist wichtiger als alles andere. Überdies sind alle Mitarbeiter regelmäßig zu ärztlichen Untersuchungen und „durchgeimpft“.
So erreichen wir ein Maximum an Schutz und sind alle der Überzeugung, daß man bei uns im Behandlungsraum vom Edelstahltisch essen könnte, wiewohl das natürlich keiner machen würde.
Aber natürlich bleibt immer ein Restrisiko, der Bestatterberuf ist auch in der Hinsicht nicht ganz ungefährlich.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
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Oh mein Gott! Leichengift, denkt denn keiner an das Leichengift?!
Jetzt mal Scherz beiseite.
Es gibt kein Beruf, kein Leben, keine Hobbys ohne Risiko.
Egal was wir kleinen gottes Kinder auch tun, am Ende werden wir sowieso sterben.
@1: Naja, so als Software-Entwickler ist das Berufsrisiko an sich doch vergleichsweise gering – Computerviren sind nicht ansteckend 😉
Rückenprobleme u.ä. stehen hier natürlich auch an…
@ 2:
Dir könnte ein Computer aufn großen Zeh fallen, dieser sich entzünden, die Entzündung eitern, und daraus könnte sich dann eine lethale Blutvergiftung entwickeln …
Bodybag mit Reißverschluss?
Kommt der so ins Grab? Oder wie? Ist das Ding den biologisch abbaubar?
In Bezug auf Keime und Bakterien ist wohl mancher Computerarbeitsplatz risikoreicher als ein ordentlich und sauber geführtes Bestattungsunternehmen à la Tom.
Stichworte: Maus, Mauspad und Tastatur.
Wie war das nochmal? Tastatur rumdrehen und schütteln, da kann man immer noch ein schönes Süppchen kochen.
Und ich habe schon Tastaturen gesehen, deren (ehemals) computerweiße Farbe sich dermaßen zum Grau gewandelt hatte, dass ich Probleme hatte die Buchstaben zu erkennen.
Och, in der Botenmeisterei, wo meine Mutter gearbeitet hat, stand eine schwarze Schreibmaschine, deren Tasten teilweise keine Buchstaben mehr hatten. Irgendwann merkte meine Mutter, dass da wohl nur eine speckige Schicht auf den Tasten war und polierte das Ganze mal… die nächste Kollegin, die sich an die Maschine setzte und sie glotzten plötzlich große weiße Buchstaben an, soll vor Schreck losgequiekt haben.
Ich finde es sehr schrecklich und menschenunwürdig was ihr da beschreibt, wie ihr zum Teil die Verstorbenen aus Krankenhäusern abholt!!! Ich arbeite als Ärztin im Bereich Anästhesie und Intensivmedizin. Mein erster verstorbener Patient auf der Intensivstation war ein sehr bewegendes und unvergessenes Ereignis für mich (übrigens auch mit Krankenhauskeimen besiedelt, sodass besondere Schutzmaßnahmen wie Kittel, Handschuhe und Mundschutz Pflicht waren). Es war für mich und meine Kollegen aus der Pflege selbstverständlich alle Zugänge, Drainagen, Blasenkatheter zu entfernen! Für mich war es sogar sehr wichtig, denn ich habe auf diesem Weg ein bißchen durchatmen können und mir über die zuvor abgelaufene Reanimation und den Sterbeprozess nochmal Gedanken zu machen, um mich eben auch von einem Patienten, den ich länger betreut habe, zu verabschieden. Vor allem war es für mich ein völlig selbstverständlicher Dienst am Patienten, mich als seine betreuende Ärztin an diesen letzten Handlungen an seinem Körper zu beteiligen und zu helfen, all die Fremdkörper, die wir platt gesagt in ihn reingesteckt haben, auch wieder zu entfernen! Wie abgestumpft muß man sein, diesen Dienst nicht jedem… Weiterlesen »
#7:
Ja, aber wie die Mailschreiberin und auch Tom schon schrieben: „Tatsächlich ist es so, daß Schläuche, Windeln, medizinische Zugänge usw. ganz häufig nicht entfernt werden…“
Gut, dass du es anders machst, aber das macht nunmal nicht jede(r) andere Arzt/Ärztin.
Und letzten Endes muss man eben doch schauen, dass man nicht selbst seine Gesundheit oder sein Leben für die Arbeit aufs Spiel setzt.
Es ist wirklich unterschiedlich. Bei einigen Krankenhäusern ist der Zustand nicht nur der Leiche in Ordnung, auch die Prosektur ist vorzeigbar. Aber bei vielen muß man dankbar sein, das kein Angehöriger da rein kann, ansonsten würde der nen Herzinfarkt bekommen 🙁
Bitte um Aufklärung, was an Diabetes ansteckend sein soll. Ist wichtig für mich, da meine Tochter Diabetiker bin. Nicht, dass ich mich da mit irgendwas anstecke und es nicht weiss. Danke
@10 (Rena): Nichts ist an Diabetes ansteckend. Der Emailschreiberin ging es darum, dass viele (ältere) Diabetiker Probleme mit Wundheilungsstörungen haben. In diesen lange Zeit offenen Wunden können sich, insbesondere bei Aufenthalten in Krankehäusern und Altenheimen, unter Umständen multiresistente Keime ansiedeln, zum Beispiel besagter MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus – http://de.wikipedia.org/wiki/Staphylococcus_aureus#Multiresistenzen). Die MRSA-Problematik ausführlich zu beschreiben würde die Grenzen der Kommentare sicherlich sprengen, bei Interesse finden sich diese Informationen in dem Wikipedia-Artikel.
Vielleicht noch soviel, für einen jungen, gesunden Menschen ist eine MRSA-Besiedelung meistens unproblematisch – anders sieht es bei chronisch kranken und geschwächten Menschen aus, also das Klientel, was man üblicherweise in Altenheimen und Krankenhäusern findet. Darum ist die zunehmende Verbreitung von MRSA so problematisch.
Das Problem ist zwar völlig logisch, hab ich aber bisher auch noch nicht drüber nachgedacht.
Mein Vater war Schreiner und hat bis in die frühen 80er in Zusammenarbeit mit einem größeren Bestatter und Sargfabrikanten aus dem Nachbarort auch Bestattungen gemacht, wie es teilweise heute noch auf dem Land üblich ist. Die Hände haben sie sich natürlich gewaschen aber Handschuhe?, Schutzkleidung?, Desinfektion? nicht dass ich wüsste.
Und ein bischen gruselt es mich auch noch, wenn ich an die Zustände in einem Sanitätsbereich der BW Mitte der 70er denke, in dem ich die Ehre hatte das kleine klinische Labor machen zu dürfen, da ich vor der BW als Biostudent bereits mal ein Mikroskop gesehen hatte.
Blutsenkungen, Blutbilder etc. natürlich ohne Einwegmaterial, monatelange Lieferprobleme bei Objektträgern (also von Hand spülen) Handschuhe? nö. Ich hab mich vor ein paar Jahren in Erinnerung daran mal druchchecken lassen, die Hepatitis ist mir Gottseidank erspart geblieben. Aber gruselig ist es schon.
„Wenigstens zunähen hätten sie ihn können, so’ne Sauerei!“
Argh… also das ist heftig, ne kleine Naht im Schnellverfahren sollte schon drin sein…
@7 (Antonia-Maria): Also da bist du als Ärztin aber die Ausnahme. Okay, der erste Sterbefall ist immer etwas Neues und Extremes… Aber ich kenne das so, daß „Schläuche ziehen“ (post mortem versteht sich) kein Ärztejob ist, das macht die Pflege (oder der Bestatter).
@10 Rena: Schließe mich Nr. 11. Nur so viel, der MRSA kann zu schlimmen Wundkomplikationen führen, im schlimmsten Fall muss eine betroffene Gliedmaße amputiert werden man kann sogar am MRSA sterben, wenn die befallen Wunden nicht behandelt werden. Diabetiker haben einfach wegen der durch Diabetes oft verursachten Mikroangiopathie (Durchblutungsstörung) Probleme mit der Wundheilung, bekommen deswegen schneller „chronische Wunden“ und die sind eine offene Pforte für den MRSA. Aber zum Glück ist nicht bei allen Diabetikern so, aber eben bei einigen schon.
@Zoidberg:
Der MRSA schadet dem jungen, gesunden Menschen nur dann nicht solange er das bleibt (also vor allem gesund!) oder vor einer ernsthaften Erkrankung seines Mitbewohners gewahr wird und ihn sich austreiben lässt.
Ich empfinde es als Frechheit, nicht nur gegenüber dem Bestatter, sondern auch gegenüber dem Verstorbenen, Zugänge, Drains usw. nicht zu entfernen, und kann von meiner Arbeit nur sagen, dass wir äussersten Wert darauf legen, dass der Verstorbene entsprechend gerichtet wird. Auch größere Wunden oder ein offenes Tracheostoma werden vernäht, der Verstorbene gesäubert und für eine Abschiedsnahme entsprechend gerichtet.
Allerdings werden Verstorbene bei uns zunächst von der Pathologie abgeholt – ausnahmslos in Bodybags und mit desinfizierenden Tüchern umwickelt. Keine Ahnung warum, ist aber keine angenehme Tätigkeit, das Zeuch stinkt unglaublich.
Grundsätzlich in Bodybags oder nur bei bekannt infizierten?
Das mit dem Schläche ziehen ist auch oft schon von Station zu Station unterschiedlich. Kennengelernt habe ich es so, dass man dem Verstorbenen jegliche Zugänge zieht.
Es gibt jedoch Stationen, wo dies schwer möglich ist, so habe ich es z.B. auf der Onkologie gesehen, wo v.a. Leukämie-Patienten sterben, die extremst niedrig mit Thrombozyten sind, dass es fast nicht möglich ist die Zugänge zu ziehen, weil die Verstorbenen so stark nachbluten.
Thema Windeln:
Ich kenne ich es von meiner Ausbildung so, dass man „Windeln“ anlässt, da ja auch später (so wurde es uns in der Krankenpflegeausbildung beigebracht) noch Urin oder Stuhl austreten kann. Da finde ich eine Windel besser, als einen eingestuhlten Verstorbenen.
hm, bitter, aber ich habe es auch schon in einem Krankenhaus erlebt, dass die ganzen Zugänge, Drainagen etc. am verstorbenen Pat. bleiben mussten.
Es war auf Anordnung höherer Ebene.
Damals dachte ich, es ist für Untersuchungen gedacht, einer schnellen Sektion und Untersuchung, ob Pat. auch wirklich auf natürliche Weise verstorben sind.
Heute nach langer Berufserfahrung, finde ich es einfach nur noch daneben.
In unserem Krankenhaus, werden auch alle Zugänge usw. entfernt.
Außerdem werden infektiöse Leichen mit einem rosa Fusszettel gekennzeichnet.
LG von der KrankenSchwester
mir lernten es in
der Ausbildung,
(Österreich)
Drainagen und Schläuche müssen wegen einer ev. Obduktion belassen werden.
Es gibt die Schweigepflicht und den Datenschutz. Deswegen verstehe ich nicht warum der Bestatter nicht alles erfährt, sondern nur bei hochinfektiösen Krankheiten. Es gibt genug Krankheiten von denen man einfach wissen sollte. Gerade wenn es mit Bakterien / Viren / Keimen zu tun hat. Wie schon geschrieben wurde ist es für den einzelnen gesunden Menschen evtl. kein Problem, jedoch ist die zunehmende Verbreitung kritisch (sowie die dadurch zunehmende Gefahr für bereits „geschwächte“ Menschen). Und jedes mal vom schlimmsten ausgehen kann man nicht. Da wäre es doch beruhigender jedes mal alles zu wissen und genau festlegen zu können wann man sich komplett schützen muss und wann man den Verstorbenen theoretisch sogar komplett ohne Schutz herrichten könnte.
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