Ingrid Maria van Bergen (* 15. Juni 1931 in Danzig-Langfuhr; † 28. November 2025 in Eyendorf) war eine der markantesten Schauspielerinnen des deutschen Films und Fernsehens. Sie arbeitete als Schauspielerin, Synchronsprecherin, Kabarettistin, Hörspielstimme – und war eine Frau, deren Leben von außergewöhnlichen Höhen und tragischen Tiefen geprägt war.
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- Kindheit zwischen Krieg, Flucht und Neubeginn
- Der Weg auf die Bühne – vom Kabarett zur Filmikone
- Ein tragischer Bruch – und der lange Weg zurück
- Späte Jahre, neue Popularität und der Schritt ins Reality-Fernsehen
- Privatleben, Verluste und der Blick auf die Tiere
- Nachwort: Ein Leben zwischen Glanz und Brüchen
- Bildquellen:
Kindheit zwischen Krieg, Flucht und Neubeginn
Ingrid van Bergen wurde als zweites von vier Kindern des Dorfschullehrers Fritz van Bergen und seiner Frau Ella im Danziger Stadtteil Langfuhr geboren. Ihre frühe Kindheit verbrachte sie in Frankenau in Masuren (Ostpreußen), wo ihr Vater als Lehrer tätig war. Mit seinem Tod an der Ostfront wurde sie schon als junges Mädchen zur Halbwaise – ein Erlebnis, das sie nachhaltig prägte.
Wie viele Familien aus Ostpreußen erlebten auch die van Bergens die dramatischen Fluchtbewegungen der letzten Kriegsmonate. Nach sowjetischen Luftangriffen auf Danzig bestieg die Mutter mit ihren vier Kindern das Flüchtlingsschiff Moltkefels, das sie und rund 2000 weitere Menschen über die Ostsee in Richtung Rostock, Lübeck oder Hamburg bringen sollte. Vor der Halbinsel Hela wurde das Schiff bei einem Angriff sowjetischer Bomber versenkt; etwa 500 Menschen starben. Die Familie van Bergen konnte mit einem Beiboot gerettet werden.
Die Mutter entschloss sich zu einem weiteren Fluchtversuch, diesmal mit dem Ziel Kopenhagen. Am 8. Mai 1945 erlebte Ingrid van Bergen das Kriegsende in einem Auffanglager im dänischen Skagen. Die Familie blieb dort bis 1948, ehe sie nach Deutschland zurückkehrte. Ingrid besuchte mit ihrem Bruder die Schule, später zog die Familie nach Metzingen. Von dort aus besuchte sie die Isolde-Kurz-Oberschule in Reutlingen und legte 1950 ihr Abitur ab.
Der Weg auf die Bühne – vom Kabarett zur Filmikone
Der Wunsch, Schauspielerin zu werden, begleitete Ingrid van Bergen schon früh. Nach dem Abitur ließ sie sich an der Staatlichen Hochschule für Musik in Hamburg zur Schauspielerin, später auch zur Sängerin ausbilden und verwirklichte damit einen lange gehegten Traum.
1953 war sie Mitbegründerin des politischen Kabaretts Die Kleinen Fische. Ein Engagement bei den legendären Berliner Stachelschweinen folgte. Bereits ein Jahr später entdeckte sie Regisseur Helmut Käutner für den Film. In den 1950er- und 1960er-Jahren entwickelte sich Ingrid van Bergen zu einer der bekanntesten deutschsprachigen Filmschauspielerinnen – mit markanter Ausstrahlung, großer Leinwandpräsenz und einer Stimme, die vielen im Gedächtnis blieb. Vor allem in Berlin stand sie immer wieder auch auf der Bühne.
Ein tragischer Bruch – und der lange Weg zurück
Ihr Leben nahm 1977 eine dramatische Wendung. In der Nacht zum 3. Februar erschoss Ingrid van Bergen ihren 33-jährigen Geliebten, den Finanzmakler Klaus Knaths, in einer Villa am Starnberger See. Knaths wurde von zwei Kugeln in Brust und Bauch getroffen und erlag kurz darauf seinen Verletzungen. Ihre Töchter waren zu diesem Zeitpunkt 12 und 19 Jahre alt.
Der Strafprozess nach dieser Beziehungstat löste bundesweit großes mediales Aufsehen aus. Van Bergen wurde von dem prominenten Strafverteidiger Rolf Bossi vertreten. Am 27. Juli 1977 verurteilte das Gericht sie wegen Totschlags zu sieben Jahren Freiheitsstrafe. Sie verbüßte ihre Strafe in der Justizvollzugsanstalt Aichach und wurde am 2. Oktober 1981 nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe auf Bewährung entlassen.
Nach ihrer Haftentlassung gelang es ihr zunächst nicht, an ihre frühere Karriere anzuknüpfen. Trotz eines zeitweisen Umzugs nach Spanien trat sie in Deutschland regelmäßig in Fernsehproduktionen auf. Die beruflichen Angebote nahmen im Laufe der Zeit wieder zu. 1994 veröffentlichte sie ihre Autobiografie, in der sie offen über ihr Leben, ihre Erfolge und ihre Schuld sprach.
Späte Jahre, neue Popularität und der Schritt ins Reality-Fernsehen
Im Januar 2009 nahm Ingrid van Bergen an der RTL-Reality-Show Ich bin ein Star – Holt mich hier raus! teil. Die Zuschauer wählten sie zur „Dschungelkönigin Ingrid I.“ und verschafften ihr damit eine späte und unerwartete Popularität in einem ganz neuen Publikum.
Ab 2009 spielte van Bergen in der erfolgreichen TV-Serie Doctor’s Diary die Rolle der Mechthild von Buhren, die Anfang 2011 den Serientod starb. Ihre letzte Filmrolle übernahm sie 2017. Daneben war sie einige Jahre im Hörspielbereich aktiv und lieh ihre einprägsame Stimme verschiedenen Produktionen.
Privatleben, Verluste und der Blick auf die Tiere
Ingrid van Bergen war viermal verheiratet, unter anderem mit dem Kabarettisten Erich Sehnke, dem Vater ihrer Tochter Andrea, und mit dem Schauspieler Michael Hinz, der unter anderem als Quentin Kirrin in der britischen Kinder-TV-Serie Fünf Freunde bekannt wurde. Die gemeinsame Tochter Carolin starb 1990 im Alter von nur 26 Jahren – ein weiterer schwerer Schlag in ihrem Leben.
Im Jahr 1994 zog van Bergen nach Mallorca. Dort wandte sie sich verstärkt dem Tierschutz zu und beherbergte auf ihrer Finca zeitweise über 100 Tiere. 2001 kehrte sie gemeinsam mit ihren Tieren nach Deutschland zurück und ließ sich auf einem Bauernhof im Ort Eyendorf in der Lüneburger Heide nieder.
In einem Interview mit dem Stern erklärte sie 2009, sie sei bekennende Buddhistin. 2013 sagte sie in demselben Magazin, dass sie vegetarisch lebe und Kurzgeschichten aus der Sicht von Tieren schreibe. Im selben Jahr trat sie der Partei Mensch Umwelt Tierschutz bei.
Ab 2020 lebte sie auf ihrem Bauernhof in einer Wohngemeinschaft mit einer Freundin aus ihrer Haftzeit. 2025 erblindete sie infolge einer Einblutung. Am 28. November 2025 starb Ingrid van Bergen im Alter von 94 Jahren in Eyendorf.
Nachwort: Ein Leben zwischen Glanz und Brüchen
Ingrid van Bergen war mehr als nur ein Gesicht des deutschen Films. Sie war eine Frau, die extreme Gegensätze kannte: Ruhm und Skandal, Erfolg und Scheitern, Familienglück und tiefe Verluste. Sie hat polarisiert und fasziniert, sie wurde bewundert und kritisiert – und hat doch nie aufgehört, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.
Ihr Lebensweg spiegelt ein Stück deutscher Nachkriegsgeschichte wider: von Flucht und Neuaufbau über die goldenen Zeiten des Nachkriegskinos bis hin zur modernen Medienwelt, in der sie als „Dschungelkönigin“ noch einmal eine ganz andere Art von Öffentlichkeit erlebte.
Am Ende ihres Lebens fand sie Ruhe in der Lüneburger Heide, umgeben von Tieren, die sie liebte, und Menschen, denen sie vertraute. Ihr Name bleibt verbunden mit großen Rollen, einem spektakulären Strafprozess, aber auch mit der späten, leisen Konsequenz, mit der sie ihr Alter und ihre Schuld angenommen hat.
Ingrid van Bergen hat ihre letzte Rolle nun gespielt. Zurück bleibt die Erinnerung an eine beeindruckende, widersprüchliche, starke Persönlichkeit – an eine Frau, die den Glanz der Scheinwerfer kannte und dennoch am Ende vor allem eines suchte: Frieden.
Bildquellen:
- Bildschirmfoto-2025-11-28-um-20.14.18_800x500: Udo Grimberg, CC BY-SA 3.0 de, commons.wikimedia.org
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