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Kabel IV

Herr Nasweis-Lästig, der pensionierte Oberstudienrat von hinten geradeaus soll nicht in Vergessenheit geraten, genauso wie Carlos Gastro-Poda, der unheimliche Kabelbohrer.

Fangen wir mit Carlos unserem portugiesischen Baumarktfetischisten an. Seine Frau ist ja bekanntlich unsere Paketbotin und hatte ihn uns als zuverlässigen und äußerst genauen Handwerker empfohlen. Für die bei uns zu verlegenden Kabel genau der Richtige.

Und man muß auch ganz klar sagen, Carlos arbeitet äußert zuverlässig, absolut korrekt, genau und vor allem sehr ausführlich.
Abgesehen von den, teils doch recht langanhaltenden, Einkaufstouren in den Baumarkt und der, täglich mit großer Zuverlässigkeit eingehaltenen ausgedehnten, Siesta, schafft der ordentlich was weg. Meiner Frau gefällt seine Arbeit vor allem deshalb so gut, weil er nicht ein Krümelchen Staub hinterläßt.
Nun muß man sich seine Arbeit also so vorstellen. Nachdem er morgens so gegen halb Neun gekommen ist, dröhnt kurz ein Hämmern, Bohren, Sägen oder Scheppern durchs Haus und jeder weiß: „Aha, der Carlos ist da!“

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Um diese Zeit hat aber Antonia schon ganze 45 Minuten gearbeitet und muß den permanent aus ihr ausfließenden Strom an Arbeitslust, Enthusiasmus und Tatendrang sozusagen mit aller Gewalt unterbrechen und sich förmlich dazu zwingen, eine nahegelegene Filiale des Bäckers Gröllinger aufzusuchen. Einerseits bekommt der um diese Zeit immer die gefüllten Fettquarktaschen und andererseits würde Antonia, die ja unter Dauerverbrennung leidet, unverzüglich, sofort und auf der Stelle tot umfallen, wenn sie nicht jeden Tag gegen neun Uhr 145.278 Kilokalorien nachschiebt.

Seit Neuestem hat Antonia einen Freund. Dieser Benny ist Kroate, großgewachsen, schwarzhaarig, ein echter Frauentyp und himmelt seine Pummeltoni an. Ganz unverblümt legt Antonia uns, sich mal eben etwas Bienenstich aus dem Mundwinkel wischend, auch ihre intimsten Geheimnisse offen. So hat jeder Einzelne in unserer Firma, natürlich unter dem „Schwiegel der Versiegenheit“ und mit der Bitte, es ja keinem anderen weiterzuerzählen, von Antonia erfahren, daß dieser Benny im Bett eine absolute Granate sei.
Ich bekomme jetzt noch Gänsehaut, wenn ich daran denke, denn wenn ich an eines nicht denken will, dann an Antonia in Verbindung mit sexuellen Handlungen, – egal wer sie durchführt.

Das ist aber auch genau so ihre Art. Da sie ja an Schnellverbrennung leidet, weil ihr Darm jegliche Nahrung quasi wie ein schneller Brüter umsetzt und sie deshalb 90% des Tages mit der Vernichtung von Viktualien beschäftigt ist, muß sie irgendwie die dadurch eintretenden Pausen rechtfertigen und füllen. Säße sie jetzt nur untätig in ihrem Büro, würde ja schnell irgendwer zu meckern anfangen. Also ist sie eine mobile Kau- und Fressmaschine geworden, die -mit der Bäcker- oder Metzgertüte in der Hand, mal bei diesem, mal bei jenem im Büro auftaucht und eine kleine Intimität zum Besten gibt.
Damit es nicht auffällt, daß sie der Reihe nach jedem das Selbe erzählt, muß jeder Einzelne ihr in die Hand schwören, daß er niemals in seinem ganzen Leben auch nur ein Sterbenswörtchen darüber verlieren wird. So ist also alles was Antonia erzählt immer furchtbar geheim und trotzdem weiß es jeder.

Durch ihre neuerliche Liaison mit dem kroatischen Benny ist ein großer Wandel in ihrem Leben eingetreten. Für Benny macht sich Antonia nämlich schön. Ich will jetzt den Spruch mit der vergebenen Liebesmüh‘ nicht bringen, er würde den Sachverhalt zwar kurz auf den Punkt bringen, wäre aber nicht ausreichend, um das Ausmaß der Vergeblichkeit in Worte zu kleiden.

Sagen wir es lieber so: Eher gelingt es einem Erdferkel sich schönzuschminken und Brad Pitt zu betören, als daß Antonias Avon-Beraterin Produkte hätte, die in der Lage wären aus unserem Bürowels ein Goldfischlein zu machen.
Vor allem hat Antonia ein großes Problem: Sie ist ein kleines bißchen fehlsichtig, legt deshalb zum Schminken die Brille ab, sonst kann man ja auch die Augen gar nicht anmalen und glotzt in einen Vergrößerungsspiegel. Nun hat sie aber keinerlei Vorstellung davon, wie die angemalten Augen dann in normaler Größe aussehen und geht von der Theorie aus, sie könne ruhig bunt und kräftig malern, denn das sähe ja nur im Vergrößerungsspiegel so bunt und grell aus. In Wirklichkeit sei das ja alles viel kleiner und dezenter. Dabei bedenkt sie aber die vergrößernde Wirkung ihrer Brillengläser nicht, sodaß Antonia uns seit einigen Tagen in Technicolor anblinzelt.
Zwar legt sie, nebenbei bemerkt, auch Lippenstift auf und das gar nicht mal zu knapp, aber der ist nicht der Rede wert, denn er übersteht die erste bösartige Attacke aus der Bäcker- oder Metzgertüte nicht.

Jedenfalls freut sich jeder hier in der Firma über Antonias Liebesglück und wir alle gönnen ihr das von Herzen.
Abermals bewahrheitet sich: Auf jedes Töpfchen passt ein Deckelchen.

Hm, wollte ich nicht eigentlich etwas über Carlos Gastro-Poda erzählen?

Nunja, dann mache ich das eben beim nächsten Mal.

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