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Licht aus, Spot an! II

Vermutlich laufen im Kraftwerk die Lager der Turbinen heiß. Oberstutenkerl Nasweis-Lästig schlägt zurück!
Ob es ein ausrangierter Flak-Scheinwerfer aus Beständen der Wehrmacht ist oder ein Blendscheinwerfer vom Film, man weiß es nicht so genau, in jedem Fall aber ist diese Lampe geeignet, Kontakt mit Galaxien weit entfernt da draußen in der Unendlichkeit aufzunehmen.

Herr Nasweis-Lästig hat diese Lampe auf dem Balkon neben seinem Schlafzimmer aufgebaut und sich ein Verlängerungskabel mit einem Schalter bis in seine Kemenate gelegt. Fährt jetzt nach Einbruch der Dunkelheit eines unserer Autos aus der Tiefgarage und fällt der vorwitzige Lichtkegel der Scheinwerfer auch nur den Bruchteil einer Millisekunde in sein Schlafzimmer, so springt der Alte, zack zack, aus dem Bette, hüpft auf den Fußtrittschalter und entflammt sein Halogen.

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Es macht ‚Klonk‘ und ‚Wusch‘ wenn die künstliche Sonne ihre 36 Megawatt aus dem Leitungsnetz zieht und für Sekunden flackern in der ganzen Siedlung alle Lichter, dann strahlt sein Licht vom Balkon seines Hauses auf unseren Hof und taucht das ganze Anwesen in Helligkeit und wohlige Wärme. Ja, man könnte sich sonnen und bräunen.

„Ich werde Ihnen mal rein exemplarisch zeigen wie das ist, wenn man immer angestrahlt wird“, hatte er mir einige Tage zuvor angedroht, die Hacken der stets frischgeputzten Schuhe zusammengeschlagen und einmal kurz drohend die Nase hochgezogen.
Alle Versuche, dem Mann auf höfliche Weise beizukommen, waren gescheitert. Auch eine zweite Lage Sichtschutzblende, die wir aus Kostengründen dann mit Kabelbindern einfach selbst auf die bereits vorhandene Sichtschutzplane getackert haben, überzeugte Herrn Oberlampendraht Nasweis-Lästig nicht. Ich meine, ich bin ja weder blöd, noch blind und bevor ich mich auf die Diskussion mit einem Überlebenden von Stalingrad einlasse, schaue ich ja zunächst mal, ob der alte Kämpe nicht Recht haben könnte. Von meinem Büro aus und auch von unserem Schlafzimmer kann ich gut zu Nasweis-Lästig rübergucken. So saß ich da und lauerte, daß Manni endlich mit dem Wagen aus dem Keller hochfährt und lauerte auf den Lichtschein. Ja, da war er! Aber ganz ehrlich, wenn man mich fragt, geht da durch den grünen Zahnbelag, äh, Zaunbelag nichts durch und das was oben über den Zaun leuchtet, streift einmal kurz die Regenrinne von Nasweis-Lästigs Haus, sein Schlafgemach aber, davon bin ich hundertprozentig überzeugt, kann überhaupt nicht illuminiert werden.

Der Oberstübchenmann sieht das naturgemäß anders. Zum einen schläft er ja, das hat mir die Gemüsefrau erzählt, schon seit der Rückkehr aus der Kiegsgefangenschaft überhaupt nicht mehr. Ganze Nächte lang habe er über den Korrekturen irgendwelcher Klassenarbeiten gesessen und sei quasi mit einem Sekundenschlaf morgens in der Straßenbahn ausgekommen. Zum anderen stimme das alles sowieso nicht, erzählte mir die selbe Gemüsefrau, denn sie wisse ganz genau, das habe sie selbst in der Apotheke gehört und gesehen, daß Nasweis-Lästig regelmäßig Naptalinpropylensäurehydrovitalbenzolderivat (Naprosil) nimmt, was eigentlich einen mittleren Elefanten sofort für Stunden in einen narkoseähnlichen Schlaf legt.
Nein, nein, er mache kein Auge mehr zu und seine Vitalkraft leide ganz erheblich unter unserem Lichtterror. Schließlich sei er des Tags mit der Abfassung eines sechsbändigen Standardwerkes über die Lochbildung in Schweizer Hüttenhartkäse befasst und könne sich nicht mehr auf diese Arbeit konzentrieren, weil wir ihn ständig um den wohlverdienten Schlaf bringen.

Aber hallo! Wir sind doch nicht die Konzernzentrale der Pietät Eichenlaub, wo sozusagen im Sekundentakt ganze Heerscharen von Leichenwagen nachts ausrücken, um irgendwo mehr oder weniger tote Altenheimbewohner abzuholen. Nein, bei uns kommen Nachteinsätze vor, aber das ist vielleicht drei mal in der Woche, wenn’s hochkommt auch doppelt so oft, dann aber auch schonmal mehrmals in der Nacht. Sagen wir mal realistisch, daß es höchstens zweimal vorkommen kann, daß tatsächlich Licht in Nasweis-Lästigs Zimmerchen fällt, denn der liegt ja nicht schon um Sechs im Bett.
Sagte ich ‚kann‘? Nein, es müßte ‚könnte‘ heißen, denn da fällt kein Licht, weder linksrum, noch rechtsrum in sein Zimmer.

Doch der alte Oberleitungsschoner hat offenbar Gefallen daran gefunden, in uns einen Gegner gefunden zu haben, mit dem er einen lichttechnischen Stellungskrieg aus der Erinnerung nachspielen kann. Belagerung!
Mal sehen, wann einem von uns das Wasser ausgeht.

Soll ich ihn in einer Nacht- und Nebelaktion zum Kriegsgefangenen machen und einfach einfrieren?

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#licht #spot

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