Geschichten

Stille, Krawumm, Stille

Mal kurz so aus dem Nähkästchen geplaudert…
Die letzten Tage war ich nicht gut zurecht. Insgesamt geht es mir aber gut, vielen Dank für die vielen Nachfragen. Bezüglich meines Diabetes versuche ich, mein Gewicht zu reduzieren und mich etwas mehr zu bewegen.
Zwar haben wir auch eine Fitness-Station im Keller, auf der vorwiegend mein Sohn seine jugendlichen Muskeln stärkt, die aber eigentlich auf Wunsch meiner Allerliebsten angeschafft wurde, die monate-, ja jahrelang gequält hatte, sie wolle so ein Ding haben.
Als dann ein Bäckereimaschinenfabrikant in Bayern seinen recht neu und gut bestückten Fitnesskeller ausräumte und die Teile zum Verkauf anbot, bin ich mit Manni dorthin gefahren…

… und wir haben fast zwei Stunden lang Fitnessgeräte abgebaut, alles schon fotografiert, damit man es auch wieder zusammen bekommt, und eingeladen.
Die Allerliebste bekam Kellerverbot, was ihr in Anbetracht der dort lauernden Monster (Waschmaschine, Trockner…) auch nicht so schwer fiel.
Dann, an ihrem vorletzten Geburtstag, kam die große Enthüllung und die Frau war ganz aus dem Häuschen. Besonders hob sie hervor, daß sie verwundert darüber sei, daß DER MANN ZUGEHÖRT habe!
Sie habe das schon so oft gesagt und nie hätte ich reagiert, Männer hören ja nie zu.
Aber dieses Mal hätte ich ja wohl doch zugehört und deshalb freue sie sich ganz besonders über diese umfangreiche Ausstattung.

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Ich höre übrigens immer zu. Ich muß immer zuhören, man kann selbst Nasenflügel irgendwie mit viel Luft ansaugen, um sie zuzuklappen und man kann die Luft anhalten, um Gerüche nicht wahrnehmen zu müssen. Man kann die Augen zumachen, um Schlimmes nicht sehen zu müssen, aber leider hat der Liebe Gott an den Ohren die Klappen vergessen. Wenigstens uns Männern hätte er da doch so einen Zipfel Knorpel spendieren können.
Stattdessen rupft ER uns irgendwann auf dem Haupte die Haare aus und steckt sie uns nachts heimlich in Nase und Ohren.
Leider dämpfen diese paar Ohrenhaare nur tiefe, dumpfe Geräusche; hohe Frauenstimmen kommen immer durch, IMMER.

Nein, nein, ich höre alles, was sie sagt, nur ist es wirklich viel zu mühsam auf alles einzugehen. So mache ich dann meistens ein teilinteressiertes Gesicht und nicke leicht. Deshalb bekommen Männer auch viel häufiger Parkinson, ihre Nerven sind dafür schon durch permanentes, zustimmendes Nicken vorgereizt.
Zu interessiert darf ich nicht gucken, dann erzählt sie mir das, was sie mir gerade erzählt hat, noch einmal, aber dieses Mal dann richtig. Vor allem kommen dann wieder diese vielen Vornamen von Leuten vor, die ich nicht kenne.
Ich darf aber auch nicht uninteressiert gucken, dann schmollt sie, weil ich so desinteressiert an ihrem schweren Los bin. Schließlich hat Jutta zu Kirstin gesagt, daß sie von Tine gehört habe, Anette würde was zu Henriette sagen, das stimme aber gar nicht, weil Jutta und Berthold ja bekanntlich getrennt seien.
Genau!

Meine Sorgen bewegen sich in einer anderen Sphäre und ich will gar nicht darüber philosophieren, wessen innere Welt nun spannender oder wichtiger ist, das liegt sicher auch im Auge des Betrachters und wie man mit seinem inneren Leidensdruck umgehen kann. Nein, aber ich behalte meine innere Welt einfach für mich, will nur so da sitzen, Dexter gucken oder Lindenstraße oder eine Zeitschrift lesen oder mir die Haare aus den Ohren zupfen…

Aber das ist auch wieder verkehrt. Wenn man nur so da sitzt, dann macht MANN ja nichts und dann hat man ja Zeit und dann ist es genau der richtige Zeitpunkt um mal ganz von Anfang an alles von Jutta, Kirstin, Tine und Anette und Henriette zu erzählen.

Okay, vielleicht hilft es, wenn man selbst was erzählt. Mir fällt etwas Spannendes und Lustiges vom Tage ein, ich sage den ersten Satz halb und mittendrin steht die Allerliebste auf und geht rüber in die Küche.
Nee, ich könne ruhig weitererzählen, Frauen könnten ja ohne Problem zwei oder drei Sachen gleichzeitig machen, Männer seien ja nicht multitaskingfähig, das sei ja bekannt.

„Okay“, sage ich, „das stimmt, ihr Frauen könnt gleichzeitig Nägel lackieren, mit einer Freundin telefonieren, Suppe kochen und ein Buch lesen. Das gebe ich zu. Aber wenn wir Männer das alles fein nacheinander machen, weil wir das gleichzeitig nicht können, dann schmeckt die Suppe wenigstens, wir wissen, was in dem Buch gestanden hat, mit der blöden Kuh wollten wir sowieso nicht sprechen und lackierte Fingernägel sähen bei uns Scheiße aus.“

Dann sitzt sie wieder da und guckt mich erwartungsvoll an. Sie, die eben mitten in meinem ersten Satz weggegangen ist, wirft mir nun vor, ich würde immer so stockend erzählen, so lange Pausen machen, nie zum Ende kommen…
Also sage ich den Satz nochmal, schaffe sogar drei oder vier Sätze und dann nimmt sie ihr Handy und fängt an, eine SMS an Jutta, Tine, Anette, Henriette oder Kirstin zu schreiben.
„Erzähl doch weiter! Ich hör‘ Dir trotzdem zu!“

Kurzum: Seitdem wir das Fitnessding, das wahrlich nicht billig war, im Keller haben, hat es die Allerliebste noch nicht einmal geschafft, das Teil auszuprobieren.

Nein, es ist nicht so, daß sie das nicht will oder es ihr nicht gefällt. Sie verabredet sich auch regelmäßig mit einer der bereits mehrfach genannten Damen zum Training. Die jeweilige Dame kommt dann auch, aber man trinkt dann lieber Sekt oder geht mal eben gucken, was es im Schuhladen so Neues gibt.

Was wollte ich eigentlich sagen?
Ach so: Also trainieren könnte man da im Keller sehr gut. Ich gehe da manchmal aufs Laufband. Aber viel besser ist ganz etwas anderes.
Ich habe früher, während meines Studiums, mal in einer Band gespielt. Ich kann so ein bißchen Keyboard und ganz schlecht E-Gitarre. Was ich aber ganz ordentlich kann, ist Schlagzeug spielen.
Und irgendwo hatten wir noch ein Schlagzeug herumstehen, das ich wieder reaktiviert habe. Ein paar neue Felle aufgezogen, eine neue Fußmaschine, weil die alte einfach weg war und schon konnte es losgehen.

Glücklicherweise ist Nachbar Nasweis-Lästig kurz vor der Ertaubung und unser Haus freistehend.
Der südlich wohnende Musikprofessor fragte mich neulich mal, ob wir das seien, die da trommeln und ich habe nur mit den Achseln gezuckt. Er meinte daraufhin, es könne aber auch gut sein, daß er „noch Melodei im Kopfe habe“ (kein Schreibfehler, der sagt Melodei).
Seitdem hat der also öfters mal Melodei im Kopf und ich trommele mir den Frust aus dem Leib und die Fettpölsterchen weg.
Inzwischen habe ich, damit ich nicht immer in den Keller muß, auch noch ein gutes elektronisches Schlagzeug angeschafft, das nahezu lautlos gespielt werden kann (über Kopfhörer) und das man im Wohnzimmer aufstellen kann.

„Schatz, die Kopfhörer sind so gebaut, daß ich dich trotzdem hören kann. Erzähl Du nur, ich trommele derweil ein bißchen, ich höre dir trotzdem zu, ganz bestimmt!“

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Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

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(©si)