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Tod und Sterben in Japan

Tod und Sterben in Japan

Tabus:
Die Zahl Vier heißt im Japanischen (auch im Chinesischen) „shi“ – das gleiche Wort wie für „Tod“. Daher haben Sushi in der Mitte drei, fünf oder sieben Farben, aber niemals vier. Briefe soll man nicht auf vier Seiten schreiben, weil „shimai“ sowohl die Bedeutung „vier Blatt Papier“ hat, aber auch „das Ende“ heißt.

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Auch der Kamm, der „Kushi“, ist in Japan ein Symbol für den Tod: „Ku“ steht für „Qual, Folter, Schmerz“ – aber auch für die Zahl Neun.

Auch im Alltagsleben gibt es Todessymbole, die es zu vermeiden gilt: den Toten wird zum Abschied Essen kredenzt, in dem die Stäbchen senkrecht stecken. Daher ist dies im Alltag streng verpönt. In japanischen Häusern werden keine Schuhe getragen – nur die Toten tun das. Sie brauchen für ihre Reise Schuhe und werden entsprechend eingekleidet aufgebahrt.

Guter Tod – schlechter Tod
Die japanische Kultur unterscheidet zwischen dem guten Tod und dem schlechten Tod.

Ein guter Tod kommt entweder schnell und unerwartet wie beispielsweise ein Hirnschlag. Dieser Tod heißt rôsui. Wenn der Betreffende friedlich im Kreise seiner Familie sterben kann, möglichst in hohem Alter, wird dieser „gute Tod“ pokkuri genannt. Es gilt als sehr wichtig, einen einsamen Tod zu verhindern – andererseits liegt den Japanern aber auch viel daran, Anderen nicht zu einer Last zu werden. Hier gibt es also einen Widerspruch.

Ein schlechter Tod ist es, wenn der Betroffene unter Schmerzen sterben muss, also nicht friedlich gehen kann.

Die Beerdigung
Überwiegend stammen die japanischen Beerdigungsriten aus dem Buddhismus, sie vermischen sich aber mit Anteillen aus dem Shintoismus, dem Christentum und dem Konfuzianismus. So können die Beerdigungen sehr unterschiedlich ablaufen, doch eingie Grundelemente sind gleich.

Für die Totenwache wird der Gestorbene nach dem Waschen mit angefeuchteten Lippen in einen weißen Kimono gekleidet. Die Trauernden bahren ihn mit dem Kopf nach Norden auf, dabei bedecken sie ihn mit einem weißen Laken und einem weißen Tuch über dem Gesicht. Schutz vor bösen Geistern bietet ein Schwert (echt oder Attrappe), das auf dem Toten liegt.

Auf einem Tischchen steht Wegzehrung in Form eines Reisgerichtes für den Gestorbenen bereit, dazu einige rituelle Gegenstände wie eine Kerze, eine Glocke und anderes. Ein Priester rezitiert Sutren. Dann wird die Leiche, meist mit dem Futon, auf dem sie liegt, in den Sarg gehoben.

Für die Totenwache wird ein aufwändiger Altar aufgestellt. Die Besucher bringen das so genannte „Räucherstäbchengeld“ mit. Dieses Geld soll helfen, die Bestattung zu finanzieren. Es gehört aber zum Anstand, dass die Angehörigen am Ende der Trauerzeit den Spendern ein Gegengeschenk machen, das in etwa den halben Wert der Geldspende ausmachen sollte.

Die Besucher der Trauerfeier zünden dem Toten ein Räucherstäbchen an. Wenn eine Rede gehalten wird, tut das meist der älteste Sohn. Zum Essen bleiben die, die dem Toten nahe gestanden haben.

Die Beerdigungsfeier und die Einäscherung
Vor der Feier bekommt der Tote einen neuen buddhistischen Namen, der auf einer Gedenktafel auf dem Altar steht.

Ein Mitarbeiter des Beerdigungsinstitutes verkündet den Beginn der Feier. Priester rezitieren Sutren oder halten eine Predigt, Grabreden werden gehalten. Zum Ende der Feier hin zünden Priester und die dem Toten nahe Stehenden Räucherstäbchen an. Wenn die Priester den Raum verlassen haben, können auch die anderen Gäste Stäbchen für den Toten anzünden.

In den Sarg werden Gegenstände gelegt, die für den Toten von Bedeutung waren, dazu oft ein Gehstock und Münzen, damit er die Fahrt über den Fluss der Unterwelt bezahlen kann.

Wenn der Sarg verschlossen wird, schlagen die Trauernden symbolisch auf einen Nagel. Im Krematorium wird neben dem Ofen ein Tisch aufgestellt, auf dem ein Foto des Toten, eine Kerze, Räucherstäbchen und Blumen stehen. Unter Sutrengesang der Priester fährt der Sarg in den Ofen.

Während der Stunde, die die Einäscherung dauert, sitzen die Trauernden in einem Nebenzimmer und trinken und essen etwas.

Nach der Einäscherung nehmen die, die dem Toten am nächsten standen, die Knochen aus der Asche und legen sie in die Urne. Dabei reichen sie die Knochen entweder von Stäbchen zu Stäbchen an den Nächsten weiter oder zwei Personen nehmen gleichzeitig einen Knochen aus der Asche.

Die Urne darf mit nach Hause genommen werden. Dort steht sie 49 Tage lang auf einem eigens dafür aufgestellten Altar, der schlichter ist als der Altar bei der Beerdigungsfeier.

Die Trauernden, die mit der Urne heimkommen, werden beim Betreten des Hauses zur Reinigung mit Salz bestreut und waschen ihre Hände.

An festgelegten Tagen versammelt sich die Familie zu Gedenkriten für den Toten, dabei singen Priester Sutren. Es gibt zu essen. Diese Gedenkriten werden sieben Wochen lang an jedem siebten Tag abgehalten. Am 49. Tag nach dem Tod wird die Urne auf dem Friedhof beigesetzt. Manchmal wird ein Teil der Asche im Familiengrab beerdigt.

Die nächsten Gedenkriten finden am hundertsten Tag statt, nach einem Jahr, nach zwei Jahren, dann nach sechs, 12, 22, 26, 32, 48 und 100 Jahren.

Für die Besuche des Grabes gibt es keine festen Regeln, aber meist kommen die Angehörigen an bestimmten Festtagen wie Neujahr, Tag- und Nachtgleiche im Frühling und Herbst und im August am Obon-Tag. Das ist ein buddhistischer Feiertag, an dem man seiner Vorfahren gedenkt. Das Grab wird gereinigt und gegossen, die Angehörigen bringen Speisen und Blumen mit und sprechen mit den Geistern der Toten.

Danke an Dirk für den Text und an Louffi für die Überarbeitung


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Lesezeit ca.: 7 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 10. März 2008 | Revision: 5. Februar 2014

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Mirella
16 Jahre zuvor

Ich finde das irgendwie makaber, wenn die Angehörigen im Krematorium essen und trinken während nebenan die Leiche eingeäschert wird… 🙁

Ines
16 Jahre zuvor

Wow, eine umfangreiche aber schöne Bestattungskultur.

Tobias
16 Jahre zuvor

„Shi“ (?) heißt zehn auf Chinesisch, vier ist „Si“ (?). Die Ähnlichkeit mit dem Wort „Si“ (?) für Tod ist aber trotzdem vorhanden. Daher sollte man auch nie zu einem Chinesen, der nicht mit der Deutschen Kultur vertraut ist, Tschüß sagen, da sich das für den so anhört wie „geh tot“ (??).

Sorry, wollte ich gerade nur mal los werden 😉
Tobias

comicfreak
16 Jahre zuvor

..würde mir gefallen..

Tobias
16 Jahre zuvor

„Shi“ heißt zehn auf Chinesisch, vier ist „Si“. Die Ähnlichkeit mit dem Wort „Si“ für tot ist aber trotzdem vorhanden. Daher sollte man auch nie zu einem Chinesen, der nicht mit der Deutschen Kultur vertraut ist, Tschüß sagen, da sich das für den so anhört wie „geh tot“.

Sorry, wollte ich gerade nur mal los werden 😉
Tobias

PS: Eigentlich wollte ich da noch Zeichen rein packen, aber da kriege ich nur die Fehlermeldung „WordPress database error: [Illegal mix of collations (latin1_swedish_ci,IMPLICIT) and (utf8_general_ci,COERCIBLE) for operation ‚=‘]“

Bernhard
16 Jahre zuvor

Noch etwas weiteres… es gibt im Japanischem noch ein zweites wort für 4 (yon), bzw. das ist das gleiche wort in der „japanischen Aussprache“.

Heute wird yon weit häufiger hergenommen als shi.

Torky
16 Jahre zuvor

„Für die Totenwache wird der Gestorbene nach dem Waschen mit angefeuchteten Lippen in einen weißen Kimono gekleidet.“

Das hört sich jetzt irgendwie an als ob die Toten mit den Lippen gewaschen werden? Vermutlich werden seine Lippen zum ankleiden eingefeuchtet, aber das erschließt sich mir auch nicht so ganz. Nur zum Ankleiden? Oder werden die danach auch noch feucht gehalten? Hat das einen tieferen Sinn?

at
16 Jahre zuvor

Hmm, wie sähe wohl ein japanischer Text über deutsche Bestattungsbräuche aus und wieviel daran würden wir als verbindlich, üblich, eher selten oder nicht unmöglich einordnen? Umgekehrt also: Welcher Anteil von Bestattungen läuft tatsächlich wie beschrieben ab, welche Varianten und Tendenzen gibt es und von welchen Faktoren wie Religion, Sozialstatus, Werteorientierung etc. hängen sie ab? Ich kann mir jedenfalls kaum vorstellen, dass in Japan so viel homogener bestattet und getrauert wird als hier — was natürlich nicht heißen soll, dass es nicht so sein kann. Weiß jemand mehr?

Robert
16 Jahre zuvor

Ich habe in einer Doku mal gesehen, das (irgendwo in Südamerika?) alle soundsoviel Jahre die Leichen aus der Gruft geholt werden und dann wird mit ihnen zusammen eine Riesenparty veranstaltet, auch mit Kindern und allen möglichen Verwandten…sehr faszinierend…

Mirella
16 Jahre zuvor

Das noch gar nichts. Die katholische Kirche hat sogar schon Päpste wieder ausgraben lassen, die Leiche wurde danach angezogen und auf einen Stuhl im Gerichtssaal gesetzt, wonach eine Verhandlung stattgefunden hat. Den toten Papst hat man dann schuldig gesprochen und verurteilt… Völlig schräge Geschichte, aber sie stimmt.

Nightstallion
16 Jahre zuvor

Kyû ist neun, nicht ku…

16 Jahre zuvor

@ tobias: Gut, dass ich immer Tschau sage. „Tschüss“ sagen nur Saupreißn 😉

cu, w0lf.

Toast
16 Jahre zuvor

@Nightstallion

Jein, auch kû ist richtig und mancherorts üblich. Vor allem in Wortverbindungen, die mit kyû eine andere Bedeutung hätten.
Ansonsten, schöner Beitrag, wenn auch als Japanophilen für mich nichts neues dabei war. ^^

16 Jahre zuvor

Was ist mit dem Nachmalen des Namens im Grabstein durch den Ehegatten? Ist das „nur“ eine erfundene Tradition streikender Drehbuchschreiber?

calypso
16 Jahre zuvor

@Berhard

Wollte ich auch gerade dazuschreiben. Zumindest bei den Japanern in meinem Bekanntenkreis verwendet niemand mehr „shi“ für vier bzw „shichi“ für sieben, eben weil „shi“ auch tot bedeutet. Weiter verbreitet sind „yon“ respektive „nana“.

Soweit mir bekannt waren und sind zwar wirklich vor allem Feuerbestattungen üblich (vor allem im Shinto), aber in letzter Zeit sollen auch die Erdbestattungen etwas zugenommen haben.

16 Jahre zuvor

Toller Artikel! 🙂

HB
6 Jahre zuvor

Sie verwechseln „pokkuri“ und „rōsui“; es ist gerade umgekehrt.
Pokkuri ist der rasche „gute“ Tod, und rōsui ist das langsame „Senilwerden“ und Sterben im Kreis der Familie.

Vielleicht können Sie das im Artikel ändern.
Quelle:“Death and Dying in Contemporary Japan“




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