Fundstücke

Tor 1, Tor 2 oder Tor 3?

Wie wird der Mund einer Leiche verschlossen?

Hinter zwei Toren lauert ein Trostpreis und ein Hauptpreis und hinter dem dritten der gefürchtete Zonk. Das war das Spielprinzip der Sendung „Geh auf‘ Ganze“.
Ähnlich ging es neulich einem amerikanischen Bestatter, der eine Begebenheit aus seinem Berufsalltag im amerikanischen Blog „Notalwaysworking“ veröffentlichte.

http://notalwaysworking.com/let-the-bodies-hit-the-door/35074

Ich habe es mal frei übersetzt, es können ja nicht alle Englisch.

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Let The Bodies Hit The Door

Ich arbeite für ein Bestattungsinstitut und soll eine verstorbene Person aus einem Pflegeheim abholen.
Ich fahre (mit dem Leichenwagen) an die hintere Tür, weil es die meisten (Pflegeheime) bevorzugen, wenn wir hintenherum rein und raus gehen.
In dieser Einrichtung liegen sich Vorder- und Hintereingang direkt gegenüber und ganz egal, von wo man kommt, man landet in der gleichen Eingangshalle.

Angestellter 1: „Sie müssen den Vordereingang benutzen. Drehen Sie um und kommen Sie von vorne!“

Ich: „Sind Sie sicher? Ich hole eine entschlafene Person ab (amerikanisch: expired person (!)) und die meisten Heime wollen, dass wir von hinten kommen.“

Angestellter 1: „Nein … Ja. Sie müssen umdrehen.“

Ich fahren den Leichenwagen von hinten nach vorne und gehe wieder rein.

Angestellter 1: „Oh … Sie können doch nicht hier hereinkommen. Drehen Sie um und benutzen Sie den Hintereingang!“

Ich: „Da war ich schon und Sie sagten, ich soll so herum kommen.“

Angestellter 1: „Nein, hab ich nicht gesagt. Aber egal, Sie müssen umdrehen und von hinten durch das weiße Tor kommen.“

Ich: “Okay.”

Ich gehe raus, fahre mit dem Wagen nach hinten und finde dort das weiße Tor. Dort stehe ich 15 Minuten und versuche rein zu kommen.
Endlich sehe ich einen Angestellten.

Ich: „Sir, können Sie mich bitte reinlassen?“

Angestellter 2: „Was machen Sie um alles in der Welt denn hier, Sie müssen doch von hinten kommen.“

Ich erkläre die Situation und der Typ läßt mich rein und leitet mich zum richtigen Appartement. Dort finde ich alles ziemlich übel vor. Der Patient wiegt an die 120-130 Kilo und liegt auf dem Fußboden.

Ein anwesender Polizeibeamter: „Sie kommen alleine? Wir haben dem Mädchen unten gesagt, daß ihr für den hier eine ganze Mannschaft brauchen werdet.“

Sicher, das wäre normalerweise eine Zwei-Mann-Aufgabe, aber ich habe genug Erfahrung, um das bewältigen zu können und so mache ich es auch. Danach noch die Papiere im Heim erledigen und dann will ich mit dem Verstorbenen auf der Fahrtrage los.

Angestellte: „Warum parken Sie eigentlich am weißen Tor? Sie müssen an diese und jene Seitentür!“

Ich fahre also nun den Wagen an die Seitentür und kann endlich einladen und losfahren.
Es kostete mich alle Willenskraft, nur diese eine Leiche mitzunehmen …

Nebenbei bemerkt:

Mir ist das schon oft aufgefallen, und dieser Amerikaner, der den Text geschrieben hat, tut es auch, daß manche in Bezug auf sich selbst in der dritten Person Singular reden.
Ganz viele Amerikaner tun das. Beispiel:

I go out and moves the van back to the rear, and find the white gate.
I explains the situation and the guy lets me in.

Im Gespräch sagen viele Amerikaner (bei Engländern hörte ich das nie), wenn sie eigene wörtliche Rede wiedergeben: „I says: …“

Das hört sich für mich, der ich als Englisch-Fremdsprachler ja darauf trainiert bin, Fehler zu vermeiden, sehr „strange“ an.

Cans me ones of yous says ifs thats is an commons mistakes or whats the reasons of this is?

Text empfohlen von Takana


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

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In der Kategorie „Fundstücke“ präsentiere ich Sachen, die ich zum Thema Tod, Trauer und Bestattungen irgendwo gefunden habe.
Hier erscheinen auch Meldungen aus der Presse und dem Internet, auf die mich meine Leserinnen und Leser hingewiesen haben.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 13. Juni 2014

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hugo
10 Jahre zuvor

Von sich in der dritten Person reden, hat ja schon Cäsar gemacht. Da gibt es eine lange Tradition 😉

Aber ernsthaft: Ich glaube das kommt aus Dialekten der großen Städte im Norden der Ostküste, New York, Philadelphia und so. Da wird gerne auch an andere Worte ein (in der Standardsprache nicht vorhandenes) „s“ angehängt, bis hin zu Ausdrücken wie „youse guys“.

turtle of doom
10 Jahre zuvor
scanner
10 Jahre zuvor

das wird dann die amerikanische form des sprachverfalls (euphemistisch: sprachwandel) sein.
angetrieben von „i can has cheezburger“. wobei ich durchaus gewisse ausformungen der deutschen rechtschreibung als perversion ansehe; und aktiv negiere… andererseits ist z.b. die gleichsetzung von „zeitgleich“ und „gleichzeitig“ einfach nur dumm (so intelligent wie die gleichsetzung von quellwasser und wasserquelle) und lässt mir keine hofnung…

Willie
10 Jahre zuvor

Also ich war ein knappes Jahr im Süden (Louisiana) und kann mich nicht daran erinnern, diese Variante mit der 3. Person dort häufig gehört zu haben. Mag also regional verschiedene Dialektbildung sein.

Christians Ex
10 Jahre zuvor

Oder es ist nen Modeerscheinung, so wie sich auch im Deutschen immer wieder nen eine oder andere schreckliche Unart einschleicht, die jemanden, der nen vernünftiges Deutsch kann, jedesmal mit den Zähnen knirschen lässt…

Enkrod
10 Jahre zuvor

Das ist eine Variante sprachlicher bzw. grammatikalischer Faulheit, die eher in den weniger gebildeten Schichten oder im Umgang mit engen Vertrauten genutzt wird, in der Literatur auch gerne um dem Sprecher ein wenig dümmliche Klangfarbe mit zu geben. Die deutsche Entsprechung wären zum Beispiel so herrliche Wortbildungen wie „Komma bei mich bei!“, „Guckst du!“ oder „De Güllepump‘ is’m Oars.“

Und genau wie „Guckst du!“ ist „sez I“ irgendwie trendig geworden und dadurch obendrein zur Modeerscheinung wie Christians Ex das schon festgestellt hat.

10 Jahre zuvor

„Es kostete mich alle Willenskraft, nur diese eine Leiche mitzunehmen …“

Im Original steht „It took all my willpower to just leave with only the one body“

Er meint, es kostete ihn all seine Willenskraft, nur diese eine (tote) Person mitzunehmen und nicht noch die Angestellte zu erschlagen und dazuzupacken 😀

(Ist auf Deutsch vielleicht nicht ganz so klar)

Reply to  DL2MCD
10 Jahre zuvor

Doch, das war mir sehr klar und ich dachte, man würde das auch meiner freien Wiedergabe so entnehmen können.
Aber durch Deine Erklärung ist es natürlich nun noch verständlicher.

10 Jahre zuvor

‚Expired Person‘ ist so absurd, dass man es fast wörtlich mit ‚abgelaufen‘ übersetzen müsste. Was Themen wie Tod und Körper angeht haben die Amerikaner einen eigenartigen Sinn für Euphemismen.

Was die dritte Person angeht, ist das wohl nur Akzent. Kennt man ja von Ye, Y’all, Youse, oder Yese wobei, und da bin ich grammar nazi, ich finde man sollte doch beim schreiben auf Akzent verzichten, es sei denn es ist ein Szeneroman.




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