Branche/Kommune

Wenn der Leichenwagen die Straße blockiert

Ein Bestattungswagen blockiert eine Straße, weil die Bestatter einen Toten mit Sarg abholen

Wie ist das, wenn ein Bestattungsfahrzeug für einen überschaubaren Zeitraum eine Straße blockieren muss? Wie denkst Du darüber? Deine Meinung interessiert mich sehr. Ich habe dazu eine Zuschrift erhalten und beantwortet.

Ich bin bei Deiner Aussage „Ich hatte mir eingebildet, angesichts des Todes eines Menschen würden die anderen es hinnehmen, dass wir uns die Freiheit genommen haben, den Verstorbenen würdig einzuladen“ äußerst zwiegespalten.
Ich wohne selbst an einer Straße, die nur ein Auto breit ist. Sie führt an etwa 30 Hauseingängen vorbei, natürlich ohne Parkplätze.
Und jeden Tag ist etwas – DHL, Hermes, DPD, UPS, Amazon, Amazon, und, ach ja, Amazon…
Alle halten irgendwo und liefern was. Ja, muss irgendwie sein – ich bestelle ja auch nach Hause.
Ab und zu kommt in unser Rentnerviertel dann auch mal ein Krankentransport – auch nötig, kann man verstehen.
Dann noch Pflegedienst, Essen-auf-Rädern, aaaauch nötig, aber… maaaaan.
Dann noch diverse unangenehme Nachbarn, die nicht nur halten, sondern parken, und ihren Einkauf erst mal in den sechsten Stock bringen – oder Möbel einladen, und die erst mal aus der Whg. holen müssen.
Der Küchenlieferant, der nicht etwa auslädt – nein, der sägt im Treppenhaus die Arbeitsplatte zu, währenddessen stapeln sich draußen die Autos hinter seinem LKW.
Jedes einzelne Vorkommnis mag erklärbar, klein, vernachlässigbar erscheinen – aber auf die Dauer, in der Summe aller Vorkommnisse, geht es dermaßen auf die Nerven, ich kann durchaus nachvollziehen, wenn jemand unwirsch wird.

Jeder Bestatter versucht, einen guten und störungsfreien Parkplatz zu finden. Aber manchmal geht das einfach nicht anders.
Die Alternative wäre ja, dass die Bestatter mit einer Leichentrage oder einem Sarg oft mehrere hundert Meter weit durch die Nachbarschaft laufen müssten.
Und das würde dann auch wieder zu Protesten aus der Bevölkerung führen.

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Ich kenne das Dilemma aber nur zu gut. Die Straße, in der ich wohne, ist eine kurze, schmale Sackgasse. Auch hier kommen DHL, Amazon & Co., diverse Pizzadienste und auch mehrmals täglich Servicefahrzeuge von der Telekom, weil sich am Ende der Straße ein Telekom-Verteilzentrum befindet.

Mitunter ist hier also reger Verkehr. Und immer dann, wenn mal ein Fahrzeug die Straße komplett blockieren muss, z.B. weil wir Heizöl aus dem dicken Tankwagen geliefert bekommen, muss irgendjemand von ganz hinten, wo sich ein kleiner Durchlass für Fußgänger und Radfahrer befindet, unbedingt, ganz dringend und fürchterlich eilig mit dem Liegefahrrad da durch.

Einmal hat eine Tante mit Kinderanhänger am Fahrrad so ein Theater gemacht, dass der Öllieferant sogar seinen Schlauch wieder aufgewickelt hat, und mit dem 15-Tonner rückwärts aus der Straße ausgeparkt ist, nur um die Tante auf ihrer Fahrt zum Kindergarten durchzulassen.

Schön auch, wenn der Uber-Eats-Fahrer ganz hinten in der Sackgasse schneller ausgeliefert hat, als der Lieferando-Fahrer weiter vorne. Dann hupen sich die Lieferdienste gegenseitig an.

Nun ist es aber so, dass ich persönlich diese ganze Lieferei ja als Folge menschengemachten Luxus’ sehe. Wer viel bestellt, muss auch eben hinnehmen, dass geliefert wird. Bei Tod, Unfall und Krankheit hat sich aber niemand aktiv aus Bequemlichkeit dazu entschieden. Das sind die Sondermomente des Lebens, die eigentlich dazu führen sollten, dass man innehält, die Klappe hält und es hinnimmt, dass das jetzt eben mal sein muss.

Liebe Leserinnen und Leser,

wie seht Ihr das?
Ich bin der Meinung, dass ich den Einwand des Lesers richtig beantwortet habe. Aber ich möchte vermeiden, dass ich den Job des Bestatters für zu wichtig halte und den Anlass zu hoch setze.
Dass eine Straße blockiert wird, wenn die Feuerwehr anrückt, um einen Brand zu löschen, ist wohl die höchste Stufe einer Ausnahme.
Auch Notarzt und Rettungswagen wird man nicht in Frage stellen können.
Aber wie weit gehen die „Sonderrechte“, wie ich es mal nennen will, obwohl es sich natürlich nicht darum handelt, nach unten weiter?
Was will man hinnehmen, wo ist die Grenze und wer soll lieber laufen und schleppen, als kurz zu blockieren?

Bildquellen:

  • leichenwagen-blockiert-strasse: Peter Wilhelm

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(©si)