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Wenn der Trauerredner auch für die Zeitung schreibt

Doppelrolle

Die wachsende Nachfrage nach neutralen Trauerrednern – Ein Balanceakt zwischen Empathie und Ethik – In den vergangenen Jahren ist der Wunsch nach einer weltlichen, individuell gestalteten Trauerfeier stark gestiegen.

Immer mehr Menschen entscheiden sich bewusst gegen eine kirchliche Zeremonie und bevorzugen stattdessen einen neutralen Trauerredner oder eine Trauerrednerin. Die Gründe dafür sind vielfältig: Viele Hinterbliebene fühlen sich keiner Konfession zugehörig, wünschen sich eine persönlichere Abschiedsgestaltung oder möchten, dass die Zeremonie stärker auf das Leben des Verstorbenen als auf religiöse Rituale fokussiert ist.

Herausforderungen in einem sensiblen Berufsfeld

Für Trauerredner ist es oft ein weiter Weg, bis sie sich in der Bestattungsbranche einen verlässlichen Namen machen können. Es erfordert Zeit, Engagement und ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen, um das Vertrauen von Bestattern und Trauerfamilien zu gewinnen. Die Konkurrenz ist groß, und die Qualität der Redner variiert stark. Während einige Trauerredner ihre Aufgabe mit tiefem Mitgefühl und sprachlicher Gewandtheit ausführen, gibt es auch solche, die ihre Reden mechanisch und emotionslos vortragen – fast so, als würden sie einen auswendig gelernten Text abspulen. Für die Angehörigen kann eine gut gehaltene Rede jedoch Trost spenden und einen würdevollen Rahmen für den Abschied schaffen.

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Das besondere Vertrauensverhältnis des Trauerredners

Ein Trauerredner nimmt eine äußerst verantwortungsvolle Position ein. Er erhält nicht nur Einblicke in das Leben des Verstorbenen, sondern wird auch mit persönlichen und oft sensiblen Informationen aus dem Familienkreis betraut. Angehörige teilen intime Erinnerungen, biografische Details und manchmal auch problematische Familienverhältnisse mit ihm – in dem Vertrauen, dass er diese angemessen und diskret in die Rede einfließen lässt.

Auch Bestatter erwarten Vertraulichkeit von einem Trauerredner. Sie arbeiten eng mit ihm zusammen und stellen oft den Kontakt zwischen der Familie und dem Redner her. In diesem Zusammenspiel ist Diskretion unerlässlich, denn die Bestattungshäuser möchten sichergehen, dass alle Beteiligten professionell und verschwiegen agieren. Ein Vertrauensbruch könnte das Verhältnis zwischen Bestattern und Rednern dauerhaft schädigen.

Interessenkonflikte: Wenn ein Trauerredner gleichzeitig Journalist ist

Doch was passiert, wenn ein Trauerredner nicht nur Reden hält, sondern gleichzeitig als Journalist oder Autor für eine Zeitung oder ein Online-Magazin schreibt? Diese Doppeltätigkeit wirft erhebliche Fragen auf.

Ein potenzieller Interessenkonflikt entsteht, wenn der Trauerredner Zugang zu privaten Informationen erhält, die in einem anderen Kontext – etwa in einem journalistischen Beitrag – veröffentlicht werden könnten. Selbst wenn der Redner streng darauf achtet, keine vertraulichen Informationen preiszugeben, könnte allein der Umstand, dass er journalistisch tätig ist, Misstrauen wecken. Angehörige könnten sich fragen: „Wird das, was ich ihm erzähle, irgendwann in einem Artikel auftauchen?“ Bestatter könnten befürchten, dass interne Abläufe oder problematische Situationen publik gemacht werden.

Die Bedenken der Bestatter und Trauerfamilien

Bestatter haben ein großes Interesse daran, dass Trauerredner ein professionelles und diskretes Auftreten haben. Falls sich herumspricht, dass ein Trauerredner auch journalistisch tätig ist, könnten Bestattungsunternehmen zögern, mit ihm zusammenzuarbeiten – aus Sorge, dass Interna oder Konflikte in die Öffentlichkeit gelangen.

Für die trauernden Familien ist der Abschied von einem geliebten Menschen eine höchst emotionale und intime Angelegenheit. Sie möchten sich darauf verlassen können, dass die Gespräche mit dem Trauerredner in einem geschützten Rahmen bleiben. Die Vorstellung, dass dieser möglicherweise später über Themen schreibt, die mit der Bestattungsbranche oder gar mit ihrer eigenen Geschichte zu tun haben, könnte das Vertrauen erschüttern.

Selbst wenn der Trauerredner stets ethisch korrekt handelt und keine vertraulichen Details verwendet, bleibt die Frage, wie seine Tätigkeit von Außenstehenden wahrgenommen wird. Schon der Verdacht, dass er zwei Rollen vermischt, könnte langfristig seinem Ruf schaden und dazu führen, dass sowohl Bestatter als auch Angehörige sich für einen anderen Redner entscheiden.

Klare Trennung ist essenziell

Ein Trauerredner sollte sich bewusst sein, dass seine wichtigste Aufgabe darin besteht, Trost zu spenden und Vertraulichkeit zu wahren. Wer sich gleichzeitig als Journalist betätigt, sollte sehr genau darauf achten, beide Tätigkeiten strikt zu trennen, um nicht in einen Interessenkonflikt zu geraten.

Die Bestattungsbranche lebt von Vertrauen, Diskretion und Respekt – Werte, die durch eine unklare Rollentrennung leicht infrage gestellt werden können. Wer als Redner in dieser sensiblen Branche tätig ist, sollte sich stets fragen: Ist meine Tätigkeit mit meiner ethischen Verantwortung vereinbar? Und gefährde ich möglicherweise das Vertrauen, das mir Angehörige und Bestatter entgegenbringen?

Im Zweifel sollte ein Trauerredner lieber auf journalistische Tätigkeiten verzichten, wenn sie in direktem Zusammenhang mit seiner beruflichen Rolle stehen. Nur so kann er langfristig glaubwürdig und erfolgreich in diesem besonderen Berufsfeld bestehen.

Trauerredner und journalistische Ethik: Ein Interessenkonflikt?

In einem aktuellen Fall wird ein Trauerredner regelmäßig von einem Bestattungshaus beauftragt. In diesem Bestattungshaus sind die Angehörigen aneinandergeraten, was in einem Gerichtstermin mündete. Dort war der Trauerredner dann in seiner Eigenschaft als Hobbyjournalist zugegen und hat für eine Webseite einen Bericht über die Vorkommnisse verfasst.

Was ist davon zu halten?

Ist das ein Vertrauensbruch?

Ob das Verhalten des Trauerredners als Vertrauensbruch zu werten ist, hängt davon ab, ob er in seinem Artikel Informationen verwendet hat, die er ausschließlich durch seine Tätigkeit als Redner erhalten hat.

Falls er über die Gerichtsverhandlung selbst berichtet und nur dort öffentlich getätigte Aussagen wiedergibt, ist dies journalistisch vertretbar. Hat er jedoch vertrauliche Informationen aus internen Gesprächen im Bestattungshaus genutzt, stellt dies einen klaren Vertrauensbruch dar.

  • Falls er aus öffentlichen Quellen berichtet (z. B. der Gerichtsverhandlung selbst): Dann handelt es sich nicht um einen direkten Vertrauensbruch. Jeder Bürger hat das Recht, an öffentlichen Gerichtsverhandlungen teilzunehmen und darüber zu berichten. Wenn der Trauerredner nur das wiedergibt, was dort öffentlich gesagt wurde, ist das journalistisch vertretbar.
  • Falls er Informationen nutzt, die er aus internen Gesprächen im Bestattungshaus hat: Dann wäre das problematisch. Wenn er durch seine Position als Trauerredner Zugang zu vertraulichen Details erhalten hat, die nicht in der Verhandlung thematisiert wurden, und diese in seinem Artikel verwendet, wäre das ein klarer Vertrauensbruch.

Muss der Trauerredner seine beiden Tätigkeiten strikt trennen?

Ja, grundsätzlich sollte ein Trauerredner seine Funktion als Vertrauensperson strikt von einer journalistischen Tätigkeit trennen. Angehörige erwarten von ihm Diskretion, Mitgefühl und Verschwiegenheit. Eine Überschneidung mit journalistischer Berichterstattung kann das Vertrauen in ihn als Redner nachhaltig schädigen.

Journalistische Unabhängigkeit erfordert, dass kein Interessenkonflikt entsteht. Angehörige könnten sich ausgenutzt fühlen, wenn ein Trauerredner intime Einblicke erhält und später darüber schreibt – selbst wenn dies aus öffentlichen Quellen geschieht.

  • Journalistische Unabhängigkeit: Falls der Redner nebenbei als Journalist tätig ist, müsste er sehr sorgfältig trennen, in welcher Funktion er handelt. In einem Bestattungshaus tritt er als Vertrauensperson auf – wenn er dann später in einer anderen Rolle berichtet, könnte das seinen Ruf und das Vertrauen beschädigen.
  • Interessenkonflikt: Es entsteht eine Grauzone, wenn er als Redner tiefe Einblicke in familiäre Streitigkeiten bekommt und dann später darüber schreibt – auch wenn der Bericht sich nur auf die Gerichtsverhandlung stützt. Angehörige könnten das als Verrat oder Instrumentalisierung empfinden.

Wie ist das ethisch und rechtlich zu bewerten?

Ethisch: Falls der Trauerredner die Geschichte nur kennt, weil er als Redner involviert war, bewegt sich sein Verhalten auf einem schmalen Grat. Angehörige könnten sich hintergangen fühlen.

Rechtlich: Falls er nur über öffentliche Gerichtsverhandlungen berichtet, gibt es keinen Verstoß gegen Datenschutz- oder Geheimhaltungspflichten.

Vertrauensfrage: Selbst wenn keine Interna preisgegeben wurden, könnte sein Verhalten Misstrauen wecken und seinen Ruf in der Bestattungsbranche gefährden.

Fazit

Ein Trauerredner sollte sich bewusst sein, dass seine Hauptaufgabe darin besteht, Trost zu spenden und Vertraulichkeit zu wahren. Auch wenn er rechtlich nicht gegen Vorschriften verstoßen hat, kann sein Verhalten als ethisch fragwürdig empfunden werden.

Um künftige Konflikte zu vermeiden, sollte er entweder seine journalistische Tätigkeit auf Themen außerhalb seines beruflichen Umfelds beschränken oder in seinen Berichten vollständig auf Informationen verzichten, die mit seiner Rolle als Redner in Verbindung stehen.

In jedem Fall würde ich dem Trauerprediger raten, sowohl die von ihm betreuten Familien, als auch die ihn vermittelnden Bestatter nicht im Unklaren darüber zu lassen, dass er hin und wieder Artikel über seine Tätigkeit oder das Bestattungswesen schreibt. Das gilt natürlich ganz besonders, wenn Informationen aus seinem Kundenkreis und Interna aus den Bestattungshäusern Gegenstand seiner Berichterstattung sind.

Die Situation ist komplex und kann aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden – ethisch, beruflich und rechtlich.

Es gab schon immer sogenannte Insider, also Menschen, die im engeren oder weiteren Umfang mit der Bestattungsbranche zu tun haben, und dann kritisch über das Bestattungswesen schreiben. Diese Leute werden schnell in der Branche als Nestbeschmutzer angesehen oder aber man hält künftig eher Abstand zu ihnen ein, um nicht in die Gefahr zu geraten, Gegenstand der Berichterstattung zu werden.
Selbst wenn der Redner nicht direkt auf Interna eingegangen ist, könnte der Eindruck entstehen, dass er „doppeltes Spiel“ spielt – als Vertrauter im Haus und als Berichterstatter draußen. Das könnte die Zusammenarbeit mit Bestattern in Zukunft erschweren.

Falls der Trauerredner weiterhin in beiden Bereichen tätig sein möchte, sollte er klare Grenzen ziehen und in Zukunft vermeiden, über Fälle zu schreiben, mit denen er als Redner in Berührung gekommen ist.

Bildquellen:
  • traurredner-doppelrolle: Peter Wilhelm KI


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Lesezeit ca.: 11 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 22. Februar 2025

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