Frag doch den Undertaker

Wie lange ist ein Mensch ein Mensch?

Ich bin definitiv Toms Ansicht bin; frage mich mich aber wie lange ein Mensch das Recht auf Würde hat. Sicher über den Tod hinaus aber wie lange dann noch? Bis zur Beerdigung oder bis zum Jüngsten Gericht? Oder solange das Grab gepachtet ist?
Es heisst doch, das nach Ablauf der Urnengräber die Urnen dann manchmal auf den Müll kommen.
Damit hab ich echt ein Problem.

Die Trauer dient dazu, den Körper eines Menschen gehen zu lassen und seine Nähe durch Erinnerungen zu ersetzen.

Dem Vergehen des Körpers sind die Bestattungsgesetze und Friedhofsordnungen angepasst, indem sie Mindestruhezeiten vorschreiben, innerhalb derer erfahrungsgemäß und voraussichtlich die Körper der Beerdigten zerfallen. Wird ein Grab nun über diesen Zeitraum hinweg betrieben, dient es nicht mehr der Ruhe des zerfallenden Körpers sondern allein der örtlich dokumentierten Erinnerung an den Verstorbenen.

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So lange in dem Grab noch mehr als nur die oft über viele Jahrzehnte noch auffindbaren Knochenfragmente vorhanden ist, haben wir es nach meiner Meinung mit dem zu tun, was von einem Menschen körperlich noch übrig ist.
Würde jemand dieses Grab (egal wie) schänden, besudeln, verhöhnen usw., so würde er diesen dort begrabenen Menschen herabwürdigen. Ich finde, so lange noch etwas da ist (immer abgesehen von den mineralischen Resten wie Knochensplitter etc.), ist das da noch eine Form des Menschseins.
Danach würde sich eine Grabschändung meiner Ansicht nach höchstens noch gegen das Andenken an den Verstorbenen und gegen die Empfindungen der Angehörigen richten.
Und so lange es jemanden gibt, der diesen Menschen in Erinnerung behält, so lange ist auch etwas von ihm da, eben die Erinnerung.

Nun ist es aber so, daß bei einer Einäscherung eben genau das, innerhalb von etwa 90 Minuten beseitigt wird, was in der Erde oft 30 Jahre braucht, bis es vergangen ist. Was nach einer Verbrennung übrig bleibt, das ist nur die mineralische Asche, keine Leiche, kein Mensch, sondern nur der Staub.
Aus Achtung vor dem, was diese Asche einmal war, behandeln wir sie in ähnlich ehrfurchtsvoller und pietätvoller Weise wie einen zu beerdigenden Leichnam.
De facto befindet sich aber in einem Urnengrab nichts, was noch verwesen müsste. Der Mensch, der Leib, das ist schon vorher weg.

Wenn also nun ein solches Urnengrab abläuft, kann es durchaus (oft) vorkommen, dass eine nahezu unbeschädigte Urne vorgefunden wird. In aller Regel kommen diese aber nicht auf den Müll.
Entweder sie können einfach dort bleiben wo sie sind oder sie werden an bestimmten Stellen des Friedhofes gesammelt und erneut zu Dutzenden bestattet. Auch ich habe aber schon gesehen, daß Aschenkapseln auf den Kompost gekommen sind. Da später aus dem Kompost die metallischen und nicht verrottbaren Bestandteile entfernt werden, geht die Asche dann doch einen sehr natürlichen Weg, finde ich.
So eine Totenasche ist kein Mensch, keine Leiche. Wie gesagt, angesichts seines Menschgewesenseins billigt man ihr eine pietätvolle Behandlung zu, aber wenn die Asche nach Jahren dem Kompost beigegeben oder ausgestreut würde, wäre das nichts Schlechtes, meine ich.

Was immer auch bleibt und dessen Verfall nur wir aufhalten können, das ist das Andenken und das sind die Erinnerungen.

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