Frag doch den Undertaker

Wo bleiben Urnen nach Ablauf der Ruhezeit?

…zunächst einmal möchte ich dir zu dem gelungenen Weblog, auf das ich zufällig stieß, gratulieren. Wirklich gut gemacht und informativ.
Ich hätte nun an dich zwei Fragen zum Thema „Feuerbestattung/Urnenbeisetzung“, die mir immer noch nicht ganz klargeworden sind:

Bei einer Feuerbestattung wird die Asche im Krematorium in eine Aschenkapsel aus Stahlblech verpackt, zur Beisetzung wird diese dann in eine Überurne aus Metall, Keramik oder Holz gestellt oder eventuell die Asche auch umgefüllt. Nun bestehen diese Überurnen nur in bestimmten Fällen (Seebestattung, Friedwaldbestattung) aus speziellen Materialien wie Zellulose, Maisstärke oder Pappe, die sich ziemlich rasch auflösen. In aller Regel werden doch zumindest Urnen aus Metall und Keramik ziemlich widerstandsfähig gegen Verrottung sein, so daß auch die Asche im Inneren zusammenbleiben und sich nicht im umgebenden Erdreich verteilen wird.

1) Welchen Sinn machen dann aus bestattungstechnischer Sicht Ruhefristen von beispielsweise 20 Jahren für Urnenbeisetzungen, wenn dann Urnengefäß bzw. Aschekapsel noch intakt und die Asche weiterhin darin eingeschlossen ist? Bei einer Erdbestattung würde ich solche Fristen verstehen (Verwesung des Leichnams und Verrottung von Sarg und Sargausstattung), aber hier?

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2) Was machen die Friedhöfe, wenn nach Ablauf der Ruhezeit das Urnengrab neu belegt werden soll, mit der vorherigen Urne und ihrem Inhalt? Ich könnte mir vorstellen, daß dann die Asche im ursprünglichen Grabloch oder in einer Sammelgrabstätte deponiert wird und die Reste der Urne mit dem Friedhofsmüll entsorgt werden. Ist das so richtig?

Oder habe ich davon falsche Vorstellungen? Ich wäre dir für eine fachliche Information sehr dankbar.

Ddie Ruhefristen bei Urnen haben einen rein ethisch-symbolischen Charakter. Der Mensch ist mit der Einäscherung vergangen, was sich in der Urne befindet sind lediglich die nicht verbrennbaren mineralischen Bestandteile des menschlichen Körpers. Im Grunde ist auch der Ausdruck Asche daher falsch, es handelt sich vielmehr um ausgeglühte Knochen, bzw. das daraus durch Zermahlen hergestellte Knochenmehl.

Es ist nun eher eine religiös und ethisch bedingte Frage, wie man mit diesen Resten umgeht. Ein Wegwerfen kommt für die meisten Menschen wohl nicht in Frage, also muß man irgendwo damit hin. Das Aufbewahren von Totenasche in festen Gefäßen hat eine lange Tradition; die Art und Weise wie das in Deutschland heutzutage gehandhabt wird, ist von preußischem Ordnungsverständnis und der durch den Umgang mit Leichenverbrennung und Totenasche im Dritten Reich bedingten, Distanz zum Thema zu sehen.

In früheren Zeiten hatten die Kirchen eine eher ablehnende Haltung zur Leichenverbrennung und diese Einstellung war vielfach auch in den Köpfen der Gläubigen verankert. Diejenigen, die die Feuerbestattung -etwa durch Feuerbestattungsvereine- förderten, lehnten sich in den Abläufen der Beisetzung an die Erdbestattung an, wohl auch um bewusst Parallelitäten zu schaffen.

Darüberhinaus sind natürlich auch die Angehörigen eingeäscherter Personen daran interessiert Gräber oder Urnenkammern o.ä. zu haben, um ein Anlaufstelle für diesen Teil der Trauerarbeit zu haben.

Bleibt die Frage, wie lange man nun die Aufbewahrungfrist für Urnen ansetzt. Dieser Zeitrahmen bemißt sich zumeist grob an den Mindestruhezeiten für Erdreiheneinzelgräber und hat keine weiter begründbare Bedeutung. Man könnte ihn durchaus auch kürzer wählen, weil sich am Ergebnis in den meisten Fällen nichts ändert.

Denn tatsächlich ist es so, wie Du vermutest, sehr viele Urnen sind nach Ablauf der Ruhefristen noch vollkommen intakt. Das weiß man und das nimmt man so in Kauf. Es ergeben sich hieraus aber keine Probleme, denn Urnen sind recht kompakt. Werden sie nicht, wie bei manchen Friedhöfen üblich, einfach an Ort und Stelle belassen, so sammeln andere Friedhöfe die Urnen nach der Ausgrabung an geeigneter Stelle. Manche Friedhöfe haben irgendwelche geeigneten Räume, beispielsweise alte Kellergewölbe, aufgelassene Schächte, alte Anbauten an Krematorien usw. wo diese Urnen dann auf Dauer verbleiben. In einem Raum von der Größe einer Garage könnte z.B. tausende von Urnen über Jahre hinweg aufbewahrt werden.
Viel üblicher jedoch ist das Verfahren, daß in mehr oder weniger großen zeitlichen Abständen irgendwo auf den großen Friedhofsgeländen ein Grab ausgehoben und bis zu 400 Urnen und mehr dort letztlich beigesetzt werden.

Nicht zu vergessen ist jedoch, daß ein nicht unerheblicher Teil der Urnen tatsächlich vergeht. Neben sehr schwer vergänglichen Materialien wie Buntmetallen oder nicht vergänglichen Materialien wie Keramik, finden ja -vor allem in wirtschaftlich schlechteren Zeiten- vermehrt Überurnen aus Blech, Holz und auch aus Pappmaché Verwendung.

Inzwischen sind aber auch Aschenkapseln aus vergänglichen Materialien am Markt und werden verstärkt eingesetzt. Allerdings machen die nur dann wirklich Sinn, wenn auf eine Schmuckurne ganz verzichtet wird oder diese auch aus einem vergänglichen Material besteht.

Zu guter Letzt möchte ich noch die am Markt befindlichen Kupaturnen erwähnen, Aschengefäße, die die Funktion der Aschenkapsel und der Überurne in sich vereinen. Hier wird also nur ein Gefäß ohne Übergefäß beigesetzt.

Aus meiner persönlichen Sicht sollte es so sein, daß man überhaupt nur noch vergängliche Aschenkapseln und Überurnen für Aschen-Erdbeisetzungen verwendet. Diese Urnen könnten sich durch Erdfeuchte auflösen oder von Mikroorganismen zersetzt werden und sich die Asche so komplett im Erdreich verteilen.

Viele Bestatter erfüllen diesbezügliche Wünsche der Angehörigen ohne Wissen der zuständigen Behörden. Es ist zwar üblicherweise vorgeschrieben, die Asche in genormten Gefäßen beizusetzen, jedoch ist mir kein Verbot bekannt, daß es untersagen würde, die Asche umzufüllen. Die zugepressten Deckel der Aschenkapseln sollen wohl eine gewisse Identitätssicherheit bezüglich der Asche geben, aber es gibt m.W. kein Gesetz, daß es verbietet, die Dinger einfach wieder aufzumachen und die Asche in ein anderes Gefäß umzufüllen.

Findet also üblicherweise keine letzte Kontrolle durch Friedhofsmitarbeiter statt oder hat der Bestatter die Beisetzung selbst in der Hand, kann er problemlos diesbezügliche Wünsche der Kundschaft erfüllen. Am Endergebnis ändert sich nur insofern etwas, als daß tatsächlich dann sichergestellt ist, daß die Urne auch in der vorgegebenen Ruhezeit vergeht.
Für die Behörden und Friedhofsbetreiber wäre es ein Leichtes, entsprechende Änderungen zu gestatten. Auch eine Urne aus Maisstärke könnte man identitätswahrend versiegeln und sie wäre durchaus fest genug, um die Strapazen des Transportes und der Beisetzung zu überstehen. Immerhin hätte man hinterher nicht die Frage zu klären, wo die Aschenurnen dann nach Ablauf der Ruhezeit endgültig verbleiben.

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