Für heute ist Schluß. Neue Sachlage, bei genauerer Betrachtung der Leichenschaupapiere, von denen wir uns Kopien gemacht haben, die aber jetzt im Original bei den Behörden sind, stellt sich heraus, dass der Arzt wohl beides angekreuzt hat: Natürlicher Tod und Nichtnatürlicher Tod, wobei man das zweite Kreuzchen gar nicht richtig erkennen kann. Angeblich habe er von zu Hause bzw. der Praxis aus gerade die Polizei anrufen wollen, aber wir seien ihm zuvor gekommen. Naja…
Der Vater des Kindes war bei mir, der sah gar nicht italienisch aus. Ein Italiener, man verzeihe mir dieses primitive Vorurteilsdenken, ist klein, hat schwarze Haare; der hier war aber groß, hatte rotblondes Haar und blaue Augen, lediglich sein Gestikulieren und sein Akzent verraten eindeutig die Herkunft.
Ich frage zuerst die notwendigen Angaben ab, dann spreche ich ihn auf die Umstände an. Er macht eine wegwerfende Handbewegung, er sei ja gar nicht dabei gewesen. Seine Frau habe das Kind im Bad auf der Wickelkommode fertig gemacht und dann ins Bett gelegt. Als er wenig später nach der Kleinen habe sehen wollen, habe sie leblos im Bettchen gelegen.
Er schimpft über deutsche Krankenkassen, die Nachbarn, die Polizei. Ich habe etwas Angst davor wenn er realisiert, dass wir die Polizei verständigt haben. Begreift der das nicht? Doch! „Habbe korrekt gemacht! Vielleicht hatte de Arzt eine Fehler gemacht!“
Moment mal, der Arzt ist doch erst gekommen, als das Kind schon leblos war. Was ist das los? Ich erkläre ihm nochmals, dass wir so handeln müssen usw. „Jaja, habbe korrekt gemacht.“
Steht der unter Drogen oder unter Schock?
Er will den Sarg aussuchen, ganz schnell einen Termin, aber nicht vor Anfang nächster Woche, wegen der Familie, die aus Italien kommt.
Das ist mir nicht genug, ich will doch wissen, was passiert ist. Einerseits wäre es mir ja lieb, wenn an der ganzen Sache nichts dran ist, andererseits hätten wir uns dann riesig blamiert. Blöde Zwickmühle.
Der Italiener fängt an zu weinen, erzählt mir, daß seine Frau jetzt gleich von einem anderen Arzt behandelt würde, sie habe einen Nervenzusammenbruch und deshalb müsse er jetzt nach Hause. Aus der Hosentasche zieht er eine Rolle mit Banknoten und legt mir 800 Euro hin, als Anzahlung. Warum haben viele Ausländer eigentlich kein Portemonnaie?
Morgen sehen wir weiter. Mir langt’s vorerst.
Maria 2
Maria 1
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: maria
Na dann bin ich mal gespannt, wie es weitergeht…
*total gespannt sei* 😉
Kann man denn Termine machen wenn da noch ein "Verfahren" (?) läuft? Kann sich das nicht noch lange hinziehen bis die Kleine freigegeben wird?
Vielleicht hat der Arzt was falsch gemacht.. hmmm.. irgendwie scheint ihm das ja "sehr egal" bzw "unwichtig" mit der Polizei und dem pipapo
Zum Aussehen: Norditaliener. Toskaner sind oft blond und blauäugig.
Zu dem Kind: ich habe auch den Eindruck, dass ihm das nicht wirklich wichtig ist – oder er steht total unter Schock. Meine Güte, ein halbes Jahr nur… puh. So ein kleines Mäuschen.
@undertaker: Das kann ich total verstehen!! Und ich bedauere dich auch ehrlich für den enormen emotionalen Stress, den du gerade durchleiden musst.
Leider muss ich sagen, dass deine Fragen zum "Tathergang" in meinen Augen nicht so optimal sind. Denn der Vater steht in ebenfalls in einer besonderen Situation, da kann es schnell passieren, dass er etwas sagt, was er gar nicht sagen wollte.
Ich zitiere in dieser Situation mal den verehrten Herrn Vetter: "Sie haben das Recht zu Schweigen!" und genau das sollte jeder Wissen, der in einer solchen Situation garantiert zum Verdächtigenkreis der Polizei gehört.
Ich weiß, dass du in einer solchen Situation selbstverständlich ein großes Interesse an der Klärung des Sachverhaltes hast, aber durch solche Fragen, kann man Menschen in große Probleme bringen…
Hallo 🙂
Ich habe zwar nichts speziell zu dem Thema zu sagen, allerdings wollte ich einfach mal mitteilen, dass ich diesen Blog aufmerksam und mit viel Interesse verfolge.
Wirklich spitze! 🙂
Danke für den tollen Zeitvertreib 🙂
@ Carina
Ich finds ja nen bisschen makaber zu so einem Thema von einem tollen Zeitvertreib zu Sprechen auch wenns ums Blog allgemein geht, is schon heftig
Ja, mir stoßen so einige Kommentare zu dem Thema sauer auf. Leute, das ist hier kein Kriminalroman.
Es ist halt nicht fiktiv, sondern real passiert. Ich denke aber, dass vor allem in einem solchen Fall man nicht vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen muss, wenn man ein reines Gewissen hat. Das ist ja nicht irgendein obskurer Delikt sondern ein Kindestod. Das ist ohnehin tragisch genug. Wie die Würgemale zu erklären sind, nun sicher, da habe ich auch wie jeder Mensch eine pathologische Neugier.
Aber ich glaube dieser Artikel ist der erste, bei dem ich sagen würde, er sollte besser keinen Eingang ins Blog finden. Zum einen, weil er so aktuell ist. Zum Anderen, weil er eben eine Art von Neugier schafft, die sensationsheischenden Lesern Vorschub leistet.
Ich hätte es besser gefunden, wenn dieser Artikel erst in Gänze entstanden wäre, nachdem der Vorgang abgeschlossen ist.
@Bense:
es ist höchstwahrscheinlich das es nicht aktuell ist. Schau doch mal den Eitrag zwischen Maria 1 und Maria 2.
@topic kommentare:
warum soll man es nicht als zeitvertreib bezeichnen. der tod ist an sich nichts böses, was man verstecken muss. ich fände das tagebuch eines zuhälters makaber. aber das hier… es ist ein ausschnitt aus dem (Berufs-)leben mit dem man sich nicht wirklich beschäftigt, ausser es ist soweit. ich finde es unterhaltsam, informativ, teilweise erschreckend, aber hoffentlich hilft es auch ein bisschen dieses irrsinnige Tabuthema tod/sterben mal wieder in einen normalen rahmen zu bewegen.
@undertaker: was für reaktionen erlebst du eigentlich, wenn du deinen beruf nennst?
@topic:
hmm… es könnte der schock sein beim vater. aber irgendwie… naja, ich bin mal gespannt, was da rauskam. aber es muss schon hart sein, alleine eh schon ein Kind auf dem Tisch, und dann noch sowas.
Das mit den Geldscheinrollen liegt vermutlich an alten Gewohnheiten. Manch eine Waehrung hatte einen hohen Wertverfall. D.h. die Scheine haben immer mehr an Wert verloren (z.B. Lira, tuerkische Lira). Dementsprechend brauchte man immer mehr Geldscheinen um teure Sachen zu bezahlen. Irgendwann wird das Portemonnaie einfach zu dick.
Was für eine krasse Situation… 🙁 Hoffentlich klärt sich das alles bald auf, ist ja wirklich gruselig… Versteh nicht, wie man sein eigenes Kind töten kann. Wenns denn so war…
Achja, hab Dich in meine Blogroll aufgenommen und würd mich auch über eine Verlinkung freuen 🙂
Kann man in so einem Fall als Elternteil überhaupt ein reines Gewissen haben? Auch, wenn man rechtlich absolut nichts dafür kann, macht man sich bestimmt immer Vorwürfe. Hätte ich mal, wäre ich nicht, etc.
Wobei man aber ohnehin die Dinge, die jemand in einer solchen (gelinde gesagt) extremen Streßsituation von sich gibt, nicht völlig ernstnehmen darf.
Ich weiß nicht, ich hatte von Anfang an – und habe immer noch – große Zweifel daran, dass die Eltern damit irgendwas zu tun haben.
Habe mich mit dem Thema "plötzlicher Kindstod" mal eine Weile beschäftigt, da ist vieles noch nicht geklärt, auf jeden Fall genug, um mit Kommentaren á la "ich werd nie verstehen, warum Menschen ihre Kinder umbringen" SEHR vorsichtig zu sein… auch wenn die Eltern es Gott sei Dank nicht lesen müssen.
Es kann natürlich sein, dass die Kleine tatsächlich erwürgt wurde, mein Bauchgefühl sagt etwas anderes.
Zum Thema Anonymität ist eigentlich alles gesagt; lasst es doch einfach ruhen, Tom wird schon selbst darauf aufpassen können. Und selbst wenn die Geschichte aktuell wäre und es auf einen Mord hinausliefe denke ich nicht, dass das irgendeiner Zeitung einen langen Artikel unter Angabe von Ort und Name des Bestatters wert wäre.
Nein – keine blöde Zwickmühle.
Sondern eine Notwendigkeit, die von Courage und Aufmerksamkeit zeugt – auch wenn Ihr Euch evtl. (und hoffentlich!) umsonst gesorgt habt!
Hey, wollte keinem mit meinem Lob zu nahe treten, indem ich es als Unterhaltung bezeichnet habe, allerdings sollte dann jeder für sich selbst mal definieren, wie es das hier bezeichnet und aus welchem Grund er es liest.
Also: nichts für ungut.
@Carina: Du brauchst Dich nicht zu entschuldigen, sondern ich habe mich über Deinen Kommentar sehr gefreut. Die Beiträge sollen doch unterhalten. Über reine sachliche Information kann ich meine Botschaft nicht transportieren. Ich wähle ganz bewusst das Mittel der unterhaltsamen Texte, um über meinen Beruf aufzuklären, Mißverständnisse auszuräumen und ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen.
Ich kenne die Angst, sich zu blamieren und "grundlos" die Polizei zu verstaendigen. Aber ich habe noch mehr Angst, es einmal zu wenig zu tun. Natuerlich denkt man: oh, die halten mich fuer einen Querulanten, aber ich will einfach nicht in die Zeitung schauen und lesen, dass irgendwo was schlimmes passiert ist und ich es haette verhindern koennen, wenn ich nicht so feige gewesen waere.