Sonstiges

Ich wollte sie verfluchen

Lieber Herr Wilhelm,

eigentlich wollte ich sie verfluchen und in den Boden stampfen. Vor drei Jahren ist meinen Mann ihr Buch ‚Gestatten, Bestatter‘ in die Hände gefallen.
Er hat es gelesen und gelacht und geweint. Ich konnte es nicht fassen, dass jemand über den Tod und das Sterben etwas Lustiges schreiben kann und dass Menschen freiwillig Bücher lesen, bei deren Lektüre man weinen muss.

Drei Wochen später verkündete mein Göttergatte dann aus heiterem Himmel, er wolle auch Bestatter sein und er habe durch das Buch erkannt, dass das ein tief in ihm schlummernder Wunsch war, den er selbs aber nie erkannt hatte.

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In einer Zeitung las er dann ein paar Wochen später, dass ein Bestatter sein Institut auf Rentenbasis verkaufen wollte.

Nächtelang haben wir diskutiert und gestritten und am Ende habe ich gesagt, er soll doch machen was er will.

Er hat dann den Vertrag unterschrieben.

Was glauben sie, Herr Wilhelm, wie ich sie verflucht habe?
Da gibt der Mann eine sichere Stellung auf, wir müssen in ein Dorf in Norddeutschland umziehen, wir verlieren unsere Sicherheit und müssen mit fast 50 noch mal von vorne anfangen.

Ein Jahr lang haben wir dann gemeinsam mit dem Vorbesitzer das Institut geführt und uns alles zeigen lassen. Dann meinte der ehemalige Chef, wir wären so weit und seitdem führen wir das Unternehmen alleine.

Was soll ich sagen? Aus dem Fluch wurde ein Segen!

Ich gehe in diesem Beruf auf, mein Mann ist vollauf zufrieden und glücklich wie nie zuvor.
Er macht die Fahrerei und das Handwerkliche, ich mache Büro und Beratung so wie Dekoreation.

inzwischen haben wir unseren fünfhundertsten Leichnam unter die Erde gebracht und müssen unumwunden zugeben, dass der Betrieb gut läuft.

Der Beruf des Bestatters ist ein seltener Beruf mit einem etwas negativen Image. Aber wer wie wir hinter die Kulissen schauen kann und die andere Seite kennt, der weiss, dass man jeden Abend mit einem Gefühl der Zufriedenheit ins Bett geht.

Und was kann man sich denn mehr wünschen?

Mein Mann und ich danken ihnen und sind so froh, dass uns ihre inzwischen alle gelesenen Bücher und der Blog hier sehr viel Unterstützung gegeben haben.


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In dieser Rubrik landet alles, was anderswo keinen richtigen Platz gefunden hat. Wichtig und wertvoll ist es trotzdem.

Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 25. November 2012 | Revision: 19. Januar 2014

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