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Frag den Bestatter

Alte katholische Tradition

Lieber Herr Wilhelm,

erstmal ein ganz großes Lob für diesen Blog. Ihre Beiträge sind sehr informell und zugleich sehr oft amüsant und immer so gehalten das auch ein Laie es verstehen kann. Das Sie das Alles unentgeltlich machen ist enorm. Wer macht denn heutzutage noch was umsonst?

Zu meiner Person und meiner Frage:
Ich bin knapp 30 Jahre alt. Wir sind katholische Traditionalisten und lehnen die Neuerungen des Zweiten Vatikanischen Konzils ab.
Wir haben ausschließlich die alte lateinische Liturgie.

Für uns ist es selbstverständlich das wir auch den katholischen Bestattungskult, wie er in früheren Zeiten ganz normal war, pflegen.
Damit ist gemeint das der Verstorbene zu Hause und wenn irgendwie möglich offen aufgebahrt wird. Die Leichenverbrennung lehnen wir voll und ganz ab. Urnen werden von unseren Priestern auch nicht beerdigt, also es gibt keine Zeremonie.

Da die offene Aufbahrung hier in unserer Gegend im Prinzip vollständig verschwunden ist sind die hiesigen Bestatter damit meist überfordert.
Es ergab sich letzte Woche das in dem Kloster, wo wir zur Messe gehen, eine Ordensschwester verstorben war.
Die Schwester wird dann von ihren Mitschwestern angekleidet und der Bestatter muss sie dann nur noch in den Sarg betten und in die Halle bringen die sich im Haus befindet. Das sollte doch normal ein Leichtes sein, aber es klappt generell nie.

Die Verstorbenen liegen einfach flach im Sarg und es ist nicht besonders schön. Es liegt dann meist bei mir, wenn eine Schwester verstorben ist das in Ordnung zu bringen.
Ich mache das sehr gerne da es ja irgendwie das Letzte ist was man für einen lieben Menschen tun kann.
Gerade diesen Nonnen verdanke ich sehr viel! So war es dann auch letzte Woche.
Dieses mal passierte aber etwas was ich vorher noch nie erlebte. Die Schwester lag also da im Sarg, flach und nicht schön. Wenn man davor stand sah man nur die gefalteten Hände und der Kopf war kaum sichtbar weil alles irgendwie zu tief lag. Ich nahm mir also jemand zur Hilfe und wir zogen die Schwester erst mal mind. 20 cm im Sarg nach oben. Ich brachte dann noch zwei Kissen die ich unter das eigentliche Kissen legen wollte.

Wir griffen also unter ihren Rücken und setzten sie auf um die Kissen zu platzieren. Dann passierte es, in dem Moment als wir sie anhoben kam uns ein schrecklicher Schwall eines Geruchs entgegen den ich so noch nie gerochen hatte. Sie war am Morgen um 7 Uhr gestorben und es war etwa 18.00 Uhr als wir sie dort im Sarg hergerichtet haben, sie war steif wie ein Brett. Meine Frage ist nun ob es häufig vorkommt das man nach so einer kurzen Zeit eine so starke Geruchsbildung hat. Zur Info, die Schwester war 87 Jahre alt und hatte ein längeres Nierenleiden hinter sich an dem sie auch starb. Komischerweise war nachher von diesem Geruch nichts mehr festzustellen, auch nicht am dritten Tag. Sie lag nun wunderschön da, wirklich sanft entschlafen und ich war froh das ich der ehrw. Schwester so die letzte Ehre erweisen konnte. Vielleicht wird sie es mir vom Himmel aus danken. Ich hätte Ihnen gerne Bilder von der Aufbahrung beigefügt habe aber irgendwie nicht geschnallt wie das hier funktioniert.

Ich danke Ihnen recht herzlich fürs lesen und freue mich über eine eventuelle Antwort.

Viele Grüße

Vielen Dank für Ihre offene Zuschrift. Sie gibt mir einen Einblick in die Denkweise Ihrer Glaubensgruppe.
Ich finde es sehr schön, daß Sie es sich zur freiwilligen Aufgabe gemacht haben, den Verstorbenen ein letztes Bett zu bereiten.
Tatsächlich liegen Verstorbene oft zu tief, zu weit unten und zu flach in den Särgen.
Bei einer Aufbewahrung und Aufbahrung bei geschlossenem Deckel macht das ja auch nichts.

Soll der Sarg jedoch offen sein, muß man etwas mehr tun. Dann gehören weitere Polster, z.b. aus den preiswerten Sargmatratzen gefertigt oder aus Papierschnipseln und unverkäuflichen Kissen, unter den Oberkörper des Verstorbenen.
Ein einfaches Stück Pappe kann dazu dienen, die Decke glatt und flach zu halten.
Insgesamt sollte der Kopf schon höher als die Füße liegen und die gefalteten Hände sollten nicht der höchste Punkt sein.

Sie haben das richtig erkannt und richtig gemacht.

Wenn ein Mensch nun schon 87 Jahre alt war und an Stoffwechselerkrankungen gelitten hat, insbesondere auch an Erkrankungen an Leber oder Niere kann es sein, daß die Geruchsentwicklung heftiger und schneller voranschreitet.
Ich habe das oft beobachtet, daß gerade durch Nieren- und Leberleiden auch schon beim sterbenden Menschen eine verstärkte Geruchsbildung auftreten kann.
Nach mehreren Stunden Liegezeit haben sich sicherlich in der Verstorbenen, vor allem im Magen-Darm-Bereich Gase entwickelt, die im wesentlichen Abbauprodukte der dort siedelnden Bakterien sind.
Hebt man den Leichnam nun an, wird ein Teil dieser Gase herausgedrückt und verursacht den von Ihnen beobachteten schlechten Geruch.

Das ist nichts Schlimmes, es ist nur unangenehm.
Erfahrene Bestatter atmen vorher und halten die Luft kurz an.
Sollte dieser Geruch anhalten und bei der Aufbahrung störend wirken, könnte man etwas Mullbinde oder Watte z.B. mit Wick-Vaporub oder Japanöl tränken und unter die Decke in den Sarg legen.

Wenn Sie Bilder übersenden wollen, so sollte es sich um selbst angefertigte Bilder handeln, die ich hier auch (ggf. verpixelt) wiedergeben kann.
Für Mails mit Bildern nutzt man einfach die Mailadresse undertaker@bestatterweblog.de


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

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In „Frag den Bestatter“ findest Du meine Antworten auf Fragen von Leserinnen und Lesern. Diese Fragen sind zum Teil Inhalte Dritter, die mich tagtäglich auf den verschiedensten Wegen erreichen. Es handelt sich also um meist nicht bearbeitete und nicht auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfte Fragen Dritter. Für die Fragen sind allein die Übersender der Mitteilungen verantwortlich. Ich mache mir die Aussagen nicht zu eigen.
Ich erteile Auskünfte ausschließlich aufgrund meiner Erfahrung und erbringe keine Rechts-, Steuer- und Medizinberatung.

Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 18. November 2015 | Peter Wilhelm 18. November 2015

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8 Kommentare
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melancholia
8 Jahre zuvor

Ich vermute, dass der Titel „Altkatholische Tradition“ nicht korrekt ist.

Bei den Altkatholiken ist z.B. auch die Priesterweihe für Frauen möglich, es werden auch kirchliche Begräbnisse für Menschen anderer Konfessionen ermöglicht.

Im übrigen finde ich den Bericht auch sehr interessant.

A scheene Leich
Reply to  melancholia
8 Jahre zuvor

@melancholia: Es ist irgendwie paradox, dass gerade die ALT-katholische Kirche modernere und zeitgemäße Denkweisen vertritt, wie eben Frauen zu Priestern zu weihen. Würde bei der römisch-katholischen Kirche so manches Personalproblem lösen…
Dass es aber auch die Glaubensrichtung gibt, die sich auf alte katholische Tradition beruft und Neuerungen ablehnt, war mir nicht bekannt. Da habe ich aus diesem Artikel wieder etwas gelernt…

Reply to  A scheene Leich
8 Jahre zuvor

@A scheene Leich:
Vielleicht einfach schon zu lange her… Es war Bischof Marcel Lefebvre und seine Bruderschaft Pius X., die die Änderungen des 2. Vatikanischen Konzils ablehnten, in Folge dann von Johannes Paul II. exkommuniziert wurde (1988), von Benedikt XVI. („Wir sind Papst“) 2009 wieder aufgehoben.

n katholik
Reply to  Werner Kretschmann
8 Jahre zuvor

Bei der Piusbrüderschaft und den Altkatholiken handelt es sich um 2 unterschiedliche Gruppierungen!
Den einen stinkt das 2. Vatikanische Konzil – den anderen das 1..
Genaueres steht sicher auf Webseiten, bei denen das mehr zum Thema passt als hier….

Dirk-Boerge
8 Jahre zuvor

Ach ne, den Kommentar schreibe ich lieber nicht. sonst bin ich wieder ein Troll…

Frau V
8 Jahre zuvor

Ich finde es sehr gut, dass das Thema offene Aufbahrung/Aufbahrung zuhause hier mal angesprochen wird. Unsere Familie hat diese erst letzten Monat durchgeführt, was den Wunsch des Verstorbenen erfüllte und sich für uns als Familie als äußerst positiv erwies. Wir übernahmen das Waschen/Anziehen des Verstorbenen, der Bestatter sargte ihn ein (mit Kissen drunter – der Verstorbene lag nicht zu tief im Sarg!), und wir behielten ihn volle 3 Tage bis zur Beerdigung im eigenen Haus. Die Bestatter fanden diesen Wunsch zunächst sehr ungewöhnlich und waren nicht mit den Regelungen bekannt, da wir im Dorf anscheinend der erste Fall der letzten 10 Jahre waren, aber wir waren zuvor gut informiert und hatten die entsprechende Verordnung bei Hand. Auch die Bestatter sagten abschließend nach der Beerdigung, dass sie die Aufbahrung zuhause insgesamt als sehr positiv empfanden. Unsere Familie war sehr zufrieden, da 1) wir in dieser Zeit immer, wenn wir es wollten, zum Verstorbenen gehen konnten und auch Freunde und entferntere Familie die Möglichkeit gerne wahrnahmen, nochmals vom Verstorbenen in seinen Räumen in Ruhe Abschied zu nehmen;… Weiterlesen »




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