Im nordrhein-westfälischen Castrop-Rauxel hat der Bestatter René Kullick Anfang des Jahres die ehemalige Petrikirche erworben. Zu dem Gotteshaus haben er und seine Frau auch enge persönliche Beziehungen gehabt. Als jetzt ein Kauf möglich wurde, schlug das Bestatterehepaar zu.
Die Kirche wurde nach über 100 Jahren kirchlicher Nutzung veräußert. Der Grund dafür lag in erheblichen baulichen Mängeln sowie stark rückläufigen Gemeindemitgliederzahlen. Zuletzt nahmen meist nur wenige Dutzend Menschen an den Gottesdiensten teil. Nur an Weihnachten war die Kirche vollständig gefüllt.
Aber angesichts eines Reparaturrückstaus von über 1 Mio. Euro sahen sich die Kirchenältesten zum Verkauf gezwungen.
Die Petrikirche ist übrigens eine ganz besondere evangelische Kirche. Sie hat, wie sonst nur bei katholischen Kirchen üblich, einen Tabernakel, einen Seitenaltar mit Reliquiengrab und ein großformatiges Wandbild mit Heiligenscheinen. Die Ausstattung geht auf Pfarrer Alfred Rohlfing zurück, der nach dem Zweiten Weltkrieg den Wiederaufbau der zerstörten Kirche leitete. Rohlfing hatte eine starke Affinität zum Katholizismus und konnte vorwiegend auf eigene Faust zahlreiche liturgische Elemente umsetzen, die seinem Geschmack entsprachen. Unter anderem ließ er sich selbst auf einem Wandbild als Lieblingsjünger Jesu mit überdimensionalem Heiligenschein verewigen.
Nach dem erfolglosen ersten Versuch, die Kirche zu erwerben, gelang Kullick etwa ein Jahr später doch noch der Kauf. Die ursprünglich an einen Investor gegangene Immobilie wurde erneut zum Verkauf angeboten. Der Bestatter nutzte die Gelegenheit und übernahm das Gebäude, das für ihn eine lang gehegte Wunschvorstellung verkörperte.
Die Nutzung der Kirche erfolgt nun im Rahmen seines Bestattungsunternehmens. Die Räumlichkeiten sollen nicht nur für Trauerfeiern und Aufbahrungen zur Verfügung stehen, sondern auch Platz für ein Büro und einen hygienischen Versorgungsraum bieten. Ein besonderer Vorteil liegt für Kullick in der größeren zeitlichen Flexibilität, die es ihm erlaubt, den Angehörigen mehr Raum für individuelle Abschiede zu geben – unabhängig von starren Friedhofszeiten.
Seit der Berichterstattung in der lokalen Presse gibt es reges Interesse an dem Projekt. Angehörige ehemaliger Gemeindemitglieder erkundigen sich nach möglichen Bestattungen in der Kirche. Auch Anfragen für kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte wurden bereits gestellt, doch Kullick zeigt sich hier zunächst zurückhaltend. Der Fokus liege vorerst auf dem Bestattungsbetrieb; ein Kolumbarium sei aktuell nicht geplant.
Nicht nur die Anfragen sind ungewöhnlich, auch das Konzept selbst gilt in der nordrhein-westfälischen Bestattungsbranche als einmalig. Kolleginnen und Kollegen zollen Respekt für den Schritt, ein solches Gebäude privatwirtschaftlich zu übernehmen und für einen neuen, würdevollen Zweck zu adaptieren. Trotz des erheblichen finanziellen und organisatorischen Aufwands betrachtet Kullick das Projekt als erfüllende Lebensaufgabe.
gefunden von Kasoliman
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