Menschen

Buh!!!

Gerade war der Postmann da, hat mir einen Stapel Umschläge in die Hand gedrückt und ich stehe noch in der Halle und schaue die Post grob durch, da geht die Tür wieder auf. Es kommt ein junger Mann herein, Anzug, ordentliche Erscheinung, ein schwarzer Rucksack auf dem Rücken und eine blau blinkende Sprechwarze an der Wange.

Er telefoniert gerade mit jemandem, würdigt mich keines Blickes und geht einfach an mir vorbei.
Ich mache mein Doris-Day-Gesicht, Mund und Augen offen und dann ganz langsam jemandem verwundert hinterher schauen…
Der Mann legt seinen Rucksack neben der Toilettentür ab und geht auf unser Besucherklo.

Kurz darauf kommt er heraus, immer noch telefonierend, sich gleichzeitig die Hände mit einem Einweghandtuch abwischend. Dann schaut er sich kurz suchend in der Halle um und wirft das zusammenknüllte Papierhandtuch einfach neben die Blumenschale auf dem Tisch vor der Sitzgarnitur, der Weg zum Papierkorb war ihm wohl zu weit.

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Er spricht die ganze Zeit schnell in seine am Ohr befestigte Sprechwarze, es geht um den WLAN-Anschluss von Tobis Freundin Vanessa, soviel habe ich mitbekommen.
Dann setzt er seinen Rucksack wieder auf und will, ohne mich weiter zu beachten, einfach an mir vorbei gehen.

Ich atme ein, mache mich breit, verstelle ihm den Weg und sage einfach mal: „Guten Morgen!“
Er schaut mich nur genervt an, schüttelt ob des frechen Versuchs meinerseits, ihm ein Gespräch aufzudrängen, angewidert mit dem Kopf und will nun auf der anderen Seite an mir vorbei.

„Hallo?“ sage ich fragend und verstelle ihm wieder den Weg: „Wer sind Sie und was machen Sie hier?“

„Moment mal Tobi, da will so ein Knülch was von mir, ich ruf dich gleich wieder an“, sagt er in seinen Blauzahn und guckt mich einfach nur an.

Ich wiederhole meine Frage: „Also, wer sind Sie und was machen Sie hier eigentlich?“

„Und was geht Sie das an?“ fragt er zurück.

„Tja, mir gehört das hier alles und ich wüßte gerne, was Sie hier machen.“

„Pinkeln.“

„Ach was?“

„Ja und?“

„Sie müssen also auf die Toilette und dann gehen Sie einfach irgendwo hinein und benutzen das Klo?“

„Ich war hier mal vor zwei Jahren auf ’ner Trauerfeier, die Klos sind schön sauber und modern.“

„Sie können aber doch nicht einfach irgendwo reingehen und Ihr Geschäft erledigen.“

„Da sind Sie sogar gesetzlich zu verpflichtet!“

„Ehrlich? Und Sie sagen nichtmal guten Morgen, wenn Sie wo reinkommen?“

„Ich telefoniere.“

„Mir egal, man sagt guten Morgen… und man könnte fragen, ob man mal aufs Klo darf.“

„Wieso das denn? Ich habe ein Recht darauf in jeder Gaststätte, in jedem Laden oder jeder Firma aufs Klo zu gehen, ich kann ja schlecht auf die Straße machen. Das ist übrigens EU-Recht.“

„Das müssen Sie ja auch nicht. Aber ein bißchen Höflichkeit würde doch nicht schaden.“

„Ich kann hier so oft pinkeln wie ich will, da können Sie gar nichts machen. Und Höflichkeit: Sie sind wohl von gestern, was?“

„Nee, aber Sie gleich.“

„Wie meinen Sie das denn?“

„So wie ich’s sage.“

„Moment mal, sie wollen mich doch wohl nicht hauen?“

„Warum denn nicht? Ich habe das Recht, jedem aufs Maul zu hauen, der mir blöd kommt. Das ist übrigens Faustrecht.“

„Gehen Sie weg! Kommen Sie mir nicht näher!“

„Buh!“

„Vorsicht, das ist Gewalt!“

„Buh!“

„Hören Sie auf mit dem Buh-Machen, da kriegt man ja Angst!“

„Buh!“

Dann war er draußen.

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(©si)