Hallo Peter,
ich habe gerade eine etwas seltsame Geschichte aus dem erweiterten Familienkreis gehört, die irgendwie nicht zu deinen Schilderungen passt. Ich möchte dort nun aber auch nicht weiter nachbohren, aber irgendwie passt das so nicht alles Zusammen. Vielleicht kannst du mir helfen, meine etwas dünne Faktenlage passend einzuordnen, oder kennst gar einen Kollegen der das „dort übliche“ Verfahren bestätigen kann.
Eine Dame ist in einem Alter, in dem das durchaus auch mal geschehen darf, friedlich eingeschlafen.
Nun war offensichtlich der Hausarzt zum Ausstellen des Totenscheines nicht erreichbar, so dass der Notarzt gerufen wurde, welcher daraufhin die Abholung durch die KriPo veranlasste.
Allerdings, und das ist nun der Punkt der mich irritiert, wohl nicht wegen des Verdachts auf einen nicht natürlichen Tod.
Der Hausarzt darf nun, wenn es seine normalen Arbeitszeiten wieder zulassen, zur Polizei fahren, um dort die Leichenschau durchzuführen.
Für mich sieht das erstmal nur nach überflüssigen Kosten aus. Die Polizei darf den Körper ja wohl kaum kühl zwischenlagern, ohne dass zuvor der Tod ordentlich festgestellt wurde. In diesem Moment besteht dann aber kein Grund mehr, den Leichnam nicht durch den Bestatter abzuholen – außer, es würde doch noch etwas für eine nicht natürliche Ursache sprechen. Aber dass dann der Hausarzt die Leichenschau durchführen soll, ergibt für mich keinen Sinn?
Auf Nachfrage hieß es nur, dass sei dort oben so üblich, die Bestatter kennen das auch schon alle.
Grüße
M
So ungewöhnlich ist dieser Vorgang nicht und deckt sich auch durchaus mit dem was hier im Bestatterweblog auch schon häufiger geschildert wurde.
Notärzte stellen oft keine ordentlichen Leichenschaupapiere aus, sondern nur eine Todesbescheinigung.
Theoretisch könnte der Verstorbene nun bis zu 36 Stunden im Sterbehaus verbleiben, oft ist dies aber aus verschiedenen Gründen nicht möglich.
Üblich ist es dann, einen Bestatter zu beauftragen, der aber -und das kann (je nach Bundesland) vorkommen- nun keine Überführung vornehmen kann, weil der Notarzt u.U. gar keine Papiere ausgestellt hat oder ausstellen darf.
Deshalb wird dann manchmal in solchen Fällen, obwohl weder Straftat, noch Unfall vorliegen, die Polizei verständigt, die dann eine Abholung des Leichnams verfügt.
In einigen wenigen Regionen reagiert die Polizei grundsätzlich so, daß Verstorbene, bei denen nicht unverzüglich eine Leichenschau durchgeführt werden kann, in „Polizeigewahrsam“ genommen werden.
Selbstverständlich werden hierbei die hygienischen Bestimmungen eingehalten und der Verstorbene entweder in einem Kühlraum bei einem Bestatter oder einem Friedhof gelagert.
Manche Polizeidienststellen haben eigene Leichentransporter und eigene Aufbewahrungsmöglichkeiten, etwa bei den rechtsmedizinischen Instituten.
Aus Deinen Zeilen ist die Befürchtung herauszulesen, daß u.U. bei nicht „ordnungsgemäß“ festgestelltem Tod eine Kühlung nicht erfolgen kann, weil ja theoretisch der Mensch noch leben könnte.
Das kann aber nicht der Fall sein, da der Notarzt ja da war.
Der ist ja auch für irgendetwas gekommen, nämlich, um der Person entweder zu helfen, indem er sie behandelt und sie dann ggfs. in ein Krankenhaus bringen zu lassen, oder eben um den Tod festzustellen.
Und das hat er gewiß getan.
Zu berücksichtigen ist aber auch noch folgender Aspekt.
Es muß nicht zwangsläufig eine unnatürliche Todesursache angenommen werden, um solche polizeilichen Aktionen auszulösen.
Es kann durchaus auch sein, daß der Notarzt sich einfach mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln im Noteinsatz die genaue Todesursache nicht feststellen kann und die Papiere nicht ausstellen darf.
Damit ist die Todesursache einfach unklar.
Bis zur endgültigen Leichenschau, die zunächst gerne einmal der Hausarzt durchführen darf, muß in gewisser Weise auch eine Beweissicherung erfolgen, indem verhindert wird, daß Veränderungen am Verstorbenen vorgenommen werden etc.
In gewisser Weise ist dieses Vorgehen sogar begrüßenswert.
Es ist nicht die Aufgabe eines Notarztes, Leichenschauen durchzuführen.
Er ist viel mehr für die Notfälle bei noch lebenden Patienten zuständig und es wäre bitter, würde er anderswo zur Rettung eines Lebenden nicht zur Verfügung stehen, weil er anderswo sehr sorgfältig eine Leichenschau vornimmt, die gerade deshalb besonders zeitraubend wäre, weil er ja die Krankengeschichte des Verstorbenen nicht so kennt, wie der Hausarzt.
Manchmal kann man sich als Angehöriger aus der Bredouille helfen, indem man nicht den Notarzt mit Blaulicht, sondern den ärztlichen Bereitschaftsdienst (sofern angeboten) verständigt.
Da kommen dann niedergelassene Ärzte oder Krankenhausärzte, die das nebenbei machen und die manchmal etwas mehr Zeit mitbringen, als der „richtige“ Notarzt. Diese stellen dann manchmal auch eher einen Leichenschauschein aus.
Das ist aber aus Sicht der Experten nicht zu begrüßen.
Es tun auch Augenärzte und Geburtshelfer(ärzte) diesen Notdienst. Zwar ist ihnen die Qualifikation zur Feststellung des Todes eines Menschen nicht abzusprechen, aber eine ordentliche Leichenschau möchte man doch lieber in den Händen eines Fachmannes wissen, der das häufiger und sorgfältig macht.
Deshalb lautet eigentlich meine Forderung seit Jahren, daß wir dafür ausgebildete Leichenschauer brauchen. Dieser Meinung sind auch Rechtsmediziner und Forensiker.
Sehr viele Todesfälle werden nur unzureichend untersucht und es ist davon auszugehen, daß viele Straftaten unentdeckt bleiben.
Das müssen keine Morde sein, es kann sich auch um erhebliche Pflegeversäumnisse handeln.
Eigentlich müßte es so sein, daß wir, wie in den Vereinigten Staaten, vereidigte Leichenschauer haben, die nichts anderes machen, als eben diese Tätigkeit.
Das müssen auch nicht zwangsläufig promovierte und aprobierte Ärzte sein. Vorstellbar wäre hier eine sorgfältige Fachausbildung, wie etwa bei den Hebammen.
Die Aufgabe wäre nichts anderes, als die natürlich verstorbenen Personen von den unter zweifelhaften Umständen Verstorbenen zu scheiden.
Alles weitere kann dann im Zweifelsfall ein Rechtsmediziner klären.
Das würde aber bedeuten, sollte dieses System funktionieren, daß überall und jederzeit solche Fachleute zur Verfügung stehen, um innerhalb einer gewissen Zeit nach dem Eintritt des Todes diese erste Leichenschau vornehmen zu können.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Keine Schlagwörter vorhanden
Eine Ergänzung hätte ich noch.
Der Notarzt DARF häufig keine Todesbescheinigung ausstellen, weil sichere Todeszeichen fehlen
z.B. in Fällen, in denen nach Patienten- oder Angehörigenwunsch nicht mehr reanimiert oder die Reanimation vorzeitig abgebrochen wurde, z.B. wenn eine Patientenverfügung vorgelegt wurde. Dann sind einfach die Voraussetzungen für die Leichenschau nicht gegeben.
Der ärztliche Bereitschaftsdienst wird in der Regel auch ein paar Stunden warten, bis er kommt. Eben damit dann Leichenflecken zu sehen sind und damit sichere Todeszeichen vorliegen.
Hatten wir bei uns in der Familie auch, Schwiegervater hat quasie gearbeitet, bis er umgfallen ist – und wurde dann auch von der Kripo erst einmal einkassiert. Hätte ja auch sein können, das ihm jemand eines über den Schädel gezogen oder ihm was in seinen Weinbrand gekippt hat.
So schmerzlich das für die Angehörigen auch sein mag, das ist ein üblicher Verwaltungsvorgang.
Ich habe in meiner Tätigkeit oft die Fassungslosikeit erlebt, was haben wir den mit der Polizei zu tun?? Die Kripo tut nur ihre Pflicht!
Liebe Grüße!