Geschichten

Das Ding mit dem Hausnummern

Ich bekomme ja manchmal Päckchen.
Ab und zu schicken mir liebe Fans Marzipan. Hin und wieder, eher ganz selten, also beinahe jeden Tag, bringt der Postmann aber auch diese schönen Pakete mit den kleinen elektronischen Frohmachern, die ich so liebe.

Wenn ich auf ein Päckchen warte, hoffe ich insgeheim immer, daß der Paketwagen von unserem Stammzusteller gesteuert wird.
Denn wenn der gute Mann in Urlaub ist, kommt immer so ein anderer Mensch, der alle meine Paketsendungen als unzustellbar wieder zurückschickt.
Ich habe ja schon seit längerem die Vermutung, daß es bei DHL eine der Einstellungsvoraussetzungen ist, daß man auf gar keinen Fall Deutsch kann. So wird wirkungsvoll vermieden, daß die Zusteller sich unnötig mit ihren Kunden unterhalten.
Außerdem hätten sie dazu ja sowieso keine Gelegenheit, weil der typische Paketzusteller (mal abgesehen von unserem Stammzusteller) immer ein Bluetooth-Dings im Ohr hat, an dem ein kleines Licht blau blinkt. Und dergestalt mit seinen Artgenossen, Stammesbrüdern oder Donald Trump verbunden, quatschen die Burschen die ganze Zeit in einer mir unbekannten Sprache. Nicht mit mir, sondern mit irgendwem, der blau aus ihrem Ohre blinkt.
Oder vielleicht sprechen sie auch manchmal mit mir, ich weiß es nicht, ich kenne diese Sprache jedenfalls nicht.
Es ist also ein Dreiklang, den man anstimmen muß, um bei DHL Zusteller werden zu können.

Die drei Verse dieses Dreiklangs lauten:

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Ich kann kein Deutsch, ich kann kein Deutsch,
und wenn, dann sage ich es nicht.

Ich habe Blutooth, habe Blutooth, aber
spreche nicht mir dir, nicht mit dir, oder doch?

Ich hab kein Wechselgeld, kein Wechselgeld,
ich nehm nur große Scheine, gerne auch Deine!

Genug gelästert. Doch in einem Punkt muß ich den Aushilfs-DHL-Mann (und seine Kollegen von Herpes, GLS und wie sie alle heißen) in Schutz nehmen. Die Hausnummern in unserer Straße folgen nämlich nicht dem gewohnten Prinzip. Üblich ist in Deutschland die Orientierungsnummerierung, auch Zick-Zack-Nummerierung genannt.
Auf der einen Seite sind die geraden Nummern 1, 3, 5, 7 usw. und auf der gegenüberliegenden Seite die ungeraden Zahlen 2, 4, 6, 8 usw.
Das kennt man ja. Wird ein Haus dazwischen gebaut, bekommt es vielleicht ein a oder b hintendran, dann hätte es z.B. die Hausnummer 2a.
Große Häuser haben auch schon mal mehrere Nummern, also 2-8 oder so.

Nun wohne ich ja in der Wilhelmstraße. Die fing einmal an der Anna-Bender-Straße an und reichte auf der einen Seite von 1-15 und auf der anderen von 2-14.
Irgendwann wurden neue Häuser gebaut und die Wilhelmstraße wurde länger.
Klar, wäre sie am anderen Ende länger geworden, hätte man neben dem Haus mit der Nummer 15 die 17 hingemacht und neben der Nummer 14 die 16 und dann die 18 usw.
Aber dummerweise wurde die Verlängerung am falschen Ende gemacht, also da, wo sich die Nummern 1 und 2 befinden.

So sieht das heute aus:

hausnummern

Ich hab mal die Hausnummern reingeschrieben, ob die so ganz 100%ig stimmen, weiß ich nicht, ich war noch nie am anderen Ende der Straße, da wohnen so viele Eingeborene…

Aber das Prinzip ist klar, genau dort, wo man unsere Hausnummer, die 18, vermuten würde, da ist sie nicht.
Hat der Zusteller nun ein Paket für die Nummer 18, dann fährt er die Straße lang bis zu 14, sucht die 16 und die 18, aber dann kommt eben nix mehr. Um zu uns zu gelangen, müßte er umdrehen und in die kleine Sackgasse fahren.
Macht er aber nicht, er hat sich alles anders einsortiert.

Nun gut, meistens klappt es ja. Wer schonmal hier war, der weiß es ja dann. Und natürlich steht an der Kreuzung ein Schild, auf dem die besonderen Hausnummern extra nochmals mit nem Pfeil draufstehen.

Bei Paketen ist das nun eine bloß lästige Geschichte, ärgerlich vielleicht noch.
Aber schlimm kann es werden, wenn es um wirklich etwas Dringendes geht, beispielsweise einen Notarztwagen oder Rettungswagen.
Ich hoffe ja mal, daß die notfalls mit einem Navi unterwegs sind, da stehen die komischen Hausnummern nämlich drin.

Aber, da fällt mir ein, wie das vor ein paar Jahren war. Da wohnte ich noch im Nachbarort Neckarhausen und verlor jede Menge Blut. Magen und Darm bluteten, mir war ein ärztlich verordnetes blutgerinnungshemmendes Mittel nicht bekommen. Der Kreislauf sackte ab. „Du kommst jetzt ins Krankenhaus!“, kommandierte die Allerliebste und wählte den Notruf.
Wer sie ist, was sie möchte und was mir widerfahren ist, das sagte die Holde brav am Telefon auf. „Wie Magen- und Darmbluten?“, fragte der Tünnes in der Rettungsleitstelle zurück.
Sie wiederholte ihre Worte, doch der Tünnes fragte: „Woher wollen Sie das denn wissen, sind Sie etwa Ärztin?“
„Das kann man sehen! Hier ist alles voller Blut und der bewegt sich nicht mehr.“
„Die Leute sehen immer viel…“

Eine Stunde verging. Nix. Abermals wählte die Holdeste den Notruf. Ein anderer Tünnes war dran. Ja, er würde sich kümmern, es sei ein bißchen viel los im Moment…

Gut, ich lebte noch, als der Rettungswagen dann anderthalb Stunden nach dem ersten Anruf eintraf. Erster Satz des Retters: „Mein Gott, warum haben Sie nicht eher angerufen?“
An einen Abtransport war mittlerweile gar nicht mehr zu denken. „Den müssen wir erst stabilisieren, der bleibt uns sonst auf dem Transport weg“, meinte der andere Retter und ich fragte mich nur, wen er mit „er“ meinte.

Der Notarzt war dann schnell vor Ort. Eine Dreiviertelstunde wurde ich dann im Rettungswagen vor der Haustüre behandelt, bis man endlich losfahren konnte.

Kurzum, man sieht, daß es nicht allein an den Hausnummern liegen kann, denn damals wohnte ich in einer korrekt benummerten Straße.

Warum erzähle ich Euch das eigentlich alles?

Ach so, ja, stimmt ja:

In der Mecklenburgischen Schweiz gibt es nämlich auch so eine Ecke, wo die Hausnummern wirr vergeben wurden.
Dort hatten es Bestatter schwer, einen Verstorbenen abzuholen.

Hier gibt es die ganze Story zu lesen:

http://www.nordkurier.de/mecklenburgische-schweiz/bestatter-suchen-toten-im-bungalow-vergeblich-0625402610.html

„Ein Bestattungsunternehmen war beauftragt, einen Toten abzuholen. Doch die Männer konnten das angegebene Haus nicht finden. Nachdem sie eine Weile in der Anlage umhergeirrt waren, mussten sie unverrichteter Dinge wieder abrücken. Erst bei einem zweiten Versuch konnten sie ihren Auftrag erfüllen.
In der Tat ist die Orientierung auf dem Areal schwierig. Zwar trägt jedes Haus eine Nummer. Die Zählung (…) erfolgt zunächst fortlaufend. Die Hausnummern springen sodann in den ersten abzweigenden Querweg, laufen dort bis zum Ende und weiter auf der anderen Seite zurück. Ein stringentes Prinzip. Wenn es nicht die „Ausreißer“ gäbe. „Das sind später bebaute Parzellen. So kommt es, dass gegenüber der Nr. 10 zwischen 29 und 30 die 153/154 auftaucht“…

Lies auch:
Die Suche nach Herrn Grünemühl

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